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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §25 Abs1 Z2 lita idF 2009/I/0052;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Dr. E A, Rechtsanwalt in H, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 16. September 2015, Zl. RV/1100114/2012, betreffend Einkommensteuer 2010 bis 2012, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Rechtsanwalt, erklärte in den Jahren 2010 bis 2012 steuerfreie Einkünfte aus einer Zusatzpension.
2 Mit den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2010 bis 2012 wich das Finanzamt von den Abgabenerklärungen insoweit ab, als es die Zusatzpension als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer einbezog.
3 In den dagegen gerichteten Berufungen führte der Revisionswerber zunächst aus (Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010), die Bezüge aus der gegenständlichen Pensionszusatzversicherung seien gemäß § 29 Z 1 EStG 1988 nicht steuerpflichtig, weil sie aufgrund einer Überweisung einer BV-Kasse (§ 17 BMSVG oder gleichartige österreichische Rechtsvorschriften) geleistet würden. Gleichartige Vorschriften iSd § 29 Z 1 EStG 1988 enthalte der VII. Abschnitt der Rechtsanwaltsordnung (RAO) unter dem Titel Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung. Auf dieser gesetzlichen Grundlage beruhe die Satzung der Versorgungseinrichtung der für den Revisionswerber zuständigen Rechtsanwaltskammer, von der die Zusatzpension ausbezahlt werde. Die Geschäfte der Versorgungseinrichtung würden gemäß § 18 der Satzung von der X AG geführt, deren Alleinaktionär die Y AG, eine Pensionskasse, sei.
4 Das Finanzamt hielt dem Revisionswerber vor, dass Bezüge aus einer Pensionszusatzversicherung nur insoweit steuerbefreit seien, als sie auf prämienbegünstigen Beiträgen beruhten, und forderte ihn auf, eine Bestätigung der X AG nachzureichen, aus der hervorgehe, welche Teile der Zusatzpension auf prämienbegünstigt geleisteten Beiträgen beruhten.
5 In einer Stellungnahme zum Vorhalt wiederholte der Revisionswerber das Vorbringen in der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 und führte ergänzend aus, im Unterschied zur prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge werde bei der "Abfertigung Neu" nicht zwischen prämienbegünstigten Beitragsleistungen und Überzahlungen differenziert. "Steuerfrei ist der gesamte Betrag, der aufgrund einer Überweisung einer BV-Kasse zur Auszahlung gelangt".
6 Das Finanzamt wies die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 mit Berufungsvorentscheidung ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, Bezüge aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen stellten gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar, wenn sie Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung gleichartig seien. Dies treffe auf die in Rede stehende Zusatzpension zu, die auf laufende Pflichtbeiträge und nicht auf die "Abfertigung Neu" zurückzuführen sei.
7 Der Revisionswerber beantragte die Vorlage der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
8 In den Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 brachte er sodann vor, die gegenständliche Zusatzpension zähle - als einer Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung gleichartiger Bezug - zu den Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988. Nach dieser Bestimmung gelte § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 entsprechend, soweit die Pensionsbezüge auf Ansprüche entfielen, die von einer Pensionskasse an eine Versorgungseinrichtung übertragen würden. In § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 werde geregelt, dass Bezüge, die auf Grund einer Überweisung einer BV-Kasse (§ 17 BMSVG oder gleichartige österreichische Rechtsvorschriften) geleistet würden, nicht steuerpflichtig seien. Die hier in Rede stehende Zusatzpension werde von einer Pensionskasse an die Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer überwiesen und von dieser an den Revisionswerber ausbezahlt. Damit sei der Befreiungstatbestand nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 iVm § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 erfüllt.
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht den Berufungen (nunmehr Beschwerden) gegen die Einkommensteuerbescheide 2010 bis 2012 keine Folge und begründete dies im Wesentlichen damit, dass § 25 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 iVm § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 nicht als allgemeiner Befreiungstatbestand für Pensionsbezüge aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen von Kammern der selbständig Erwerbstätigen anzusehen, sondern in dem Sinne zu verstehen sei, dass Vorleistungen bzw. Beiträge zur Pension auch bei einer Übertragung von einer Pensionskasse an eine Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung in der steuerbegünstigten Form erhalten bleiben bzw. die daraus resultierenden Bezüge bei der Auszahlung steuerbegünstigt behandelt werden sollten. Die ordentliche Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil der in § 25 Abs. 1 Z 3 lit. b zweiter Satz EStG 1988 enthaltene Verweis auf § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 erst mit dem Budgetbegleitgesetz 2007, BGBl I Nr. 24/2007, eingefügt worden sei.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 § 4 Abs. 4 EStG 1988 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, lautet auszugsweise:
(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Betriebsausgaben sind jedenfalls:
(...)
b) Pflichtbeiträge zu Versorgungs- und
Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit diese Einrichtungen der Kranken-, Unfall-, Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung dienen,
(...)"
12 § 25 EStG 1988 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, lautet auszugsweise:
"(1) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:
(...)
2. a) Bezüge und Vorteile aus inländischen Pensionskassen
und aus betrieblichen Kollektivversicherungen im Sinne des § 18f
des Versicherungsaufsichtsgesetzes. Jene Teile der Bezüge und
Vorteile, die auf die
aa) vom Arbeitnehmer,
bb) vom wesentlich Beteiligten im Sinne des § 22 Z 2 und
cc) von einer natürlichen Person als Arbeitgeber für sich
selbst
eingezahlten Beträge entfallen, sind nur mit 25% zu erfassen.
Soweit für die Beiträge eine Prämie nach § 108a oder vor einer Verfügung im Sinne des § 108i Abs. 1 Z 3 eine Prämie nach § 108g in Anspruch genommen worden ist oder es sich um Bezüge handelt, die auf Grund einer Überweisung einer BV-Kasse (§ 17 BMSVG) oder gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften geleistet werden, sind die auf diese Beiträge entfallenden Bezüge und Vorteile steuerfrei. (...)
3. a) Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung. (...)
b) Gleichartige Bezüge aus Versorgungs- und
Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen. Soweit diese Bezüge auf Ansprüche entfallen, die von einer Pensionskasse an eine Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung übertragen wurden, gilt Z 2 lit. a entsprechend."
13 § 67 Abs. 3 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2007 lautet auszugsweise:
"Die Lohnsteuer von Abfertigungen sowie von Kapitalbeträgen (§§ 55 und 67 BMSVG) aus BV-Kassen beträgt 6%. Wird der Abfertigungsbetrag oder der Kapitalbetrag (...) an eine Pensionskasse übertragen, fällt keine Lohnsteuer an. (...)"
14 In der Revision wird wie im Beschwerdeverfahren der Standpunkt vertreten, die Bezüge aus der verfahrensgegenständlichen Zusatzpension seien gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 iVm § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 steuerfrei, weil sie auf Ansprüche entfielen, "deren Erfüllung von einer Pensionskasse an eine Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung einer Kammer der selbständig Erwerbstätigen übertragen wurde".
15 Bezüge und Vorteile aus inländischen Pensionskassen stellen gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 grundsätzlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar, die voll steuerpflichtig oder teilweise bzw. ganz steuerfrei sein können.
16 Zur Gänze von der Steuer befreit sind nach § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 laufende Bezüge, soweit für die Beiträge eine Prämie nach § 108a oder vor einer Verfügung im Sinne des § 108i Abs. 1 Z 3 eine Prämie nach § 108g in Anspruch genommen worden ist oder es sich um Bezüge handelt, die auf Grund einer Überweisung einer BV-Kasse (§ 17 BMSVG) oder gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften geleistet werden. Die Steuerfreistellung der auf Grund einer Überweisung einer BV-Kasse geleisteten Bezüge ist darauf zurückzuführen, dass die Lohnsteuer von Abfertigungen sowie von Kapitalbeträgen (§§ 55 und 67 BMSVG) aus BV-Kassen gemäß § 67 Abs. 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 102/2007 lediglich 6% beträgt, und für den Fall, dass der Abfertigungs- oder der Kapitalbetrag an eine Pensionskasse übertragen wird, keine Lohnsteuer anfällt. Wird der übertragene Abfertigungsbetrag in weiterer Folge als laufende Rente ausbezahlt, ist diese Rente steuerfrei (vgl. 300 BlgNR 23. GP 17).
17 Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. b zweiter Satz EStG 1988 gilt § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 entsprechend, soweit Bezüge aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, die Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung gleichartig sind, auf Ansprüche entfallen, die von einer Pensionskasse an eine Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung übertragen wurden. Durch die Bestimmung wird u.a. sichergestellt, dass die Steuerfreiheit für laufende Bezüge erhalten bleibt, soweit für die Beiträge eine Prämie nach § 108a oder vor einer Verfügung im Sinne des § 108i Abs. 1 Z 3 eine Prämie nach § 108g in Anspruch genommen worden ist oder es sich um Bezüge handelt, die auf Grund einer Überweisung einer BV-Kasse (§ 17 BMSVG) oder gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften geleistet werden. Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden Pensionszahlungen auf prämienbegünstigten Beiträgen beruhen oder auf Grund einer Überweisung einer BV-Kasse geleistet wurden, liegen nicht vor. Derartiges wird auch in der Revision nicht behauptet.
18 Die Revision erweist sich daher, selbst für den Fall, dass die in Rede stehende Zusatzpension tatsächlich auf Ansprüchen beruhen sollte, "deren Erfüllung von einer Pensionskasse an eine Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung einer Kammer der selbständig Erwerbstätigen übertragen wurde", als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
19 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. Februar 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2016150001.J00Im RIS seit
13.04.2018Zuletzt aktualisiert am
14.05.2018