Index
L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des Dr. R V in B, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 30. Juni 2017, LVwG-318-011/R6-Ü-2014, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Berufungskommission der Marktgemeinde Lauterach; mitbeteiligte Parteien: 1. E G und
2. U G, beide in L, beide vertreten durch manhart einsle partner, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19; weitere Partei:
Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Berufungskommission der Marktgemeinde L. vom 14. Dezember 2017, mit welchem den mitbeteiligten Parteien die Baubewilligung für die Errichtung eines Geräteeinstellraumes für kraftstoffbetriebene Fahrzeuge, einer Geräteeinstellhalle und eines überdachten Mistlagers sowie für weitere bauliche Maßnahmen und Nutzungsänderungen auf einem näher bezeichneten Grundstück erteilt worden war, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid "nach Maßgabe der vorliegenden Plan- und Beschreibungsunterlagen sowie der ergänzenden Feststellungen zum Sachverhalt" bestätigt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
5 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen führt der Revisionswerber aus, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass Einwendungen gegen den Betrieb der mitbeteiligten Parteien für das Verfahren nicht von Relevanz seien, weil der Nachbar keinen Anspruch auf Einhaltung der "Flächenwidmungsvorgaben" habe. Die Abweisung der Beweisanträge und die Entscheidungsbegründung seien direkte Folge dieser unzutreffenden Rechtsansicht. Wenn alle Emissionen, die von einer flächenwidmungsplankonformen Bauführung ausgehen, nach § 8 Baugesetz (im Folgenden: BauG) stets zulässig seien, dann müsse sich mittelbar die Frage nach der Vereinbarkeit einer Baueingabe mit dem Flächenwidmungsplan stellen. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden, in dieser Rechtssache ergangenen Erkenntnis (Anm.: VwGH 22.12.2015, 2013/06/0201) ausdrücklich ausgesprochen, sodass die gegenteilige Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes nicht erklärbar sei. Die angefochtene Entscheidung verletze sohin die Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes, einen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Zustand herzustellen.
6 Weiters regt der Revisionswerber an, wegen der Unsachlichkeit der Wortfolge "über die Baugrenze, die Baulinie und die Bauhöhe des Bauwerks" in § 26 Abs. 1 lit. e BauG einen Normprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem in dieser Rechtssache ergangenen, oben zitierten Erkenntnis vom 22. Dezember 2015 ausgesprochen, dass der Katalog des § 26 Abs. 1 BauG kein eigenes Nachbarrecht auf Einhaltung der Flächenwidmung enthalte, ein solches aber mittelbar über die Voraussetzungen des § 8 BauG geregelt sei. Ist eine bestimmte Widmungskategorie für das Baugrundstück festgelegt, so sind die Immissionen, die sich im Rahmen des in einer solchen Wimungskategorie üblichen Ausmaßes halten, als zumutbar anzusehen. Ob eine Belästigung des Revisionswerbers das ortsübliche Ausmaß im Sinn des § 8 Abs. 1 BauG unter Berücksichtigung der Flächenwidmung am Standort des Bauvorhabens übersteigt, konnte nicht abschließend beurteilt werden, weil weder eine konkrete Nutzung des als "Multifunktionswirtschaftsraum" bezeichneten Raumes dargestellt noch die Notwendigkeit des Bauvorhabens im Sinn des § 18 Abs. 3 Raumplanungsgesetz (im Folgenden: RPG) nachvollziehbar dargelegt waren.
8 In Entsprechung dieser vom Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis geäußerten Rechtsansicht hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis umfangreiche Feststellungen zur Nutzung des nunmehr als "Mehrfunktionsraum 2" bezeichneten Raumes getroffen und in Auseinandersetzung mit den dazu erstatteten Immissionseinwendungen des Revisionswerbers dargelegt, dass von diesem Raum keine ortsunüblichen Emissionen ausgingen. Weiters hat sich das Verwaltungsgericht mit der Frage der Notwendigkeit des Bauvorhabens auseinandergesetzt und diese gestützt auf das eingeholte Sachverständigengutachten als gegeben angesehen. Diesen Ausführungen tritt der Revisionswerber nicht entgegen, sodass der Frage, ob den Nachbarn tatsächlich ein Recht auf Einhaltung des in § 18 Abs. 3 RPG normierten Kriteriums der Notwendigkeit des Bauvorhabens zusteht, bei der Entscheidung über die vorliegende Revision keine Relevanz zukommt (vgl. VwGH 1.6.2017, Ra 2017/06/0097 und 0098, mwN).
9 Zum Vorbringen betreffend die Abweisung der Beweisanträge des Revisionswerbers ist auszuführen, dass bei Verfahrensmängeln in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 1.6.2017, Ra 2017/06/0094, mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht, weil sie nicht ansatzweise aufzeigt, welche Ergebnisse bei Durchführung der beantragten Beweise zu erwarten gewesen wären bzw. welche Feststellungen hätten getroffen werden müssen, sodass insoweit schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.
10 Soweit der Revisionswerber die Stellung eines Normprüfungsantrages durch den Verwaltungsgerichtshof anregt, ist auszuführen, dass die Frage der Rechtmäßigkeit von generellen Rechtsvorschriften keine vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG darstellt (vgl. VwGH 27.2.2015, Ra 2015/06/0009).
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 28. Februar 2018
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018060014.L00Im RIS seit
13.04.2018Zuletzt aktualisiert am
27.08.2018