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E000 EU- Recht allgemein;Norm
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art2 Abs2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Amtsführenden Präsidenten des Stadtschulrats für Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Jänner 2017, W228 2122190-1/11E, betreffend Nachkauf von Ruhegenussvordienstzeiten gemäß § 56 Pensionsgesetz 1965 (mitbeteiligte Partei: Mag. G D in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im angefochtenen Umfang (hinsichtlich der Absätze 2 und 3 des Spruchpunkts A) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte stand - (nach den unbestrittenen Ausführungen in der Revision) bis 31. August 2016 - als Lehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Aktivdienstverhältnis zum Bund.
2 Mit Antrag vom 5. Oktober 2015 begehrte die Mitbeteiligte, ihr Studienzeiten im Gesamtausmaß von 24 Monaten, deren Anrechnung sie anlässlich der Ruhegenussvordienstzeitenanrechnung seinerzeit von der Anrechnung ausgeschlossen hatte, nachträglich als Ruhegenussvordienstzeiten anzurechnen.
3 Über diesen Antrag entschied die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde und nun revisionswerbende Partei mit Bescheid vom 9. November 2015 wie folgt:
"Durch Ihre Erklärung vom 05. Oktober 2015 haben Sie bewirkt, dass gemäß § 53 Abs. 2a in Verbindung mit § 56 Abs. 3a und 3b des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 aus jenen Zeiten, die Sie seinerzeit anlässlich der Ruhegenussvordienstzeitenanrechnung von der Anrechnung ausgeschlossen haben, die Zeiträume vom 01.01.1973 bis 30.06.1974 und vom 01.08.1974 bis 31.01.1975 durch nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages als nachgekaufte Zeit zur ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zählt.
Gemäß § 56 Abs. 3b des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, beträgt der besondere Pensionsbeitrag für 24 Monate EUR 59.540,832.
Dieser besondere Pensionsbeitrag, in der Höhe von insgesamt EUR 59.540,83 wird Ihrem Antrag entsprechend in zwei Jahresraten, wie folgt beglichen:
-
bis Dezember 2015 eine Rate zu EUR 34.540,83
-
bis Dezember 2016 eine Rate zu EUR 25.000,-- mittels Überweisung, hereingebracht.
Der besondere Pensionsbeitrag, ist auf das Konto: (...) zu überweisen."
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der dagegen von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde statt und änderte den Spruch dahingehend ab, dass dieser zu lauten habe:
"Durch Ihre Erklärung vom 05. Oktober 2015 haben Sie bewirkt, dass gemäß § 53 Abs. 2a in Verbindung mit § 56 Abs. 3a des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der Fassung BGBl. I Nr. 176/2004, aus jenen Zeiten, die Sie seinerzeit anlässlich der Ruhegenussvordienstzeitenanrechnung von der Anrechnung ausgeschlossen haben, die Zeiträume vom 01.01.1973 bis 30.06.1974 und vom 01.08.1974 bis 31.01.1975 durch nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages als nachgekaufte Zeit zur ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zählt.
Gemäß § 56 Abs. 3a des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der Fassung BGBl. I Nr. 176/2004, in Verbindung mit § 22 Abs. 2 PG 1965, beträgt der besondere Pensionsbeitrag für 24 Monate EUR 8.648,40.
Dieser besondere Pensionsbeitrag ist auf das Konto des Stadtschulrates für Wien in einem binnen 14 Tagen ab Rechtskraft zu überweisen. Für den Fall, dass aufgrund der ersten 2015 fälligen Rate des Ausgangsbescheides die Zahlung in Höhe von EUR 34.540,83 trotz aufschiebender Wirkung der Beschwerde diese bereits entrichtet wurde, hat die Rückzahlung des Differenzbetrages von EUR 25.932,43 binnen 14 Tagen ab Rechtskraft auf das Konto der Beschwerdeführerin zu erfolgen."
5 Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig.
6 Rechtlich begründete das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis fallbezogen zusammengefasst damit, der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 27. September 2014, B 113/2014 und B 143/2014, einen Eingriff in verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte verneint. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 17. August 2015, Ro 2014/12/0072, unter Verweis auf das Erkenntnis vom 25. März 2015, Ro 2014/12/0045, ausgeführt, dass die Novellierungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und des Pensionsgesetzes 1965 angesichts der für den Nachkauf von Ruhegenussvordienstzeiten geltenden Bedingungen, insbesondere durch den in § 56 Abs. 3b Pensionsgesetz 1965 (PG 1965) vorgesehenen Risikozuschlag, eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung im Sinn des Art. 2 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2000/78/EG einführten. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG stelle eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dann keine Diskriminierung dar, wenn sie objektiv und angemessen sei sowie im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen seien, gerechtfertigt sei und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich seien. Die nähere Prüfung, ob derartige Regelungen mit der Richtlinie zu vereinbaren seien, stelle nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Europäischen Gerichtshofs) eine Aufgabe des nationalen Gerichts dar. Eine solche Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof im Wege der nachprüfenden Kontrolle eines verwaltungsbehördlichen Bescheids setze aber voraus, dass die sich auf eine innerstaatliche Norm, die eine Ungleichbehandlung auf Grund des Alters vorsehe, stützende Verwaltungsbehörde von sich aus Rechtfertigungsgründe im Verständnis des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG ins Treffen führe und auch die hierfür erforderlichen Tatsachengrundlagen feststelle. Dazu sei den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. August 2015, Ro 2014/12/0072, liege im Hinblick auf den gleichgelagerten Sachverhalt im gegenständlichen Fall eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Diskriminierung vor.
7 Unter Prüfung der Rechtfertigungsgründe führte das Verwaltungsgericht zum Vorliegen eines legitimen Ziels weiter aus, dass gemäß § 56 Abs. 3b PG 1965 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, der besondere Pensionsbeitrag für die nachträgliche Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten nach § 53 Abs. 2 lit. h und i PG 1965 (Schul- und Studienzeiten) abweichend von Abs. 3a 22,8 % der am Tag des Antrags auf nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrags geltenden monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG und für jeden restlichen Tag ein Dreißigstel davon betrage. Dieser Betrag erhöhe sich für vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamte, die den Antrag auf Nachkauf nach dem vollendeten 55. jedoch vor dem 60. Lebensjahr stellten um 122 %; bei Beantragung nach dem vollendeten 60. Lebensjahr um 134 % (Risikozuschlag). Damit sei einerseits der Nachkauf von Schul- und Studienzeiten verteuert worden. Andererseits müssten vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamte einen "Risikozuschlag" leisten.
8 Während in Bezug auf die Verteuerung des Nachkaufs der Schul- und Studienzeiten für die Beschwerdeführerin die gleichen Bedingungen wie für andere Beamte gegolten hätten, die zur selben Zeit Schul- und Studienzeiten hätten nachkaufen wollen, und die Verteuerung des Nachkaufpreises somit zu keiner auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung im Sinn des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG führe, betreffe der "Risikozuschlag" nur bestimmte Geburtsjahrgänge. Abgesehen von den vorgesehenen Übergangsregelungen, die ebenso eine Altersdiskriminierung darstellen könnten, soweit sie das berechtigte Vertrauen der Betroffenen nicht zu schützen vermochten, stelle sich daher zunächst die Frage, ob die Einführung des "Risikozuschlages" gemäß § 56 Abs. 3b letzter Satz PG 1965 mit Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar sei.
9 Die Materialien (RV 981 BlgNR 24. GP) gäben als Ziel der Neuregelung des § 56 Abs. 3b PG 1965 an, dass die bisherigen getrennten Bestimmungen betreffend die Nachkaufmöglichkeit von zuvor von der Anrechnung als Ruhegenussvordienstzeiten ausgeschlossenen Zeiten in eine neue Bestimmung zusammengefasst, der Nachkaufpreis für Schul- und Studienzeiten jenem des ASVG angepasst und für Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1954 ein sogenannter "Risikozuschlag" eingeführt werden solle. Eine Begründung, welches konkrete rechtspolitische Ziel mit der Einführung des Risikozuschlags verfolgt werde, sei den Materialien nicht zu entnehmen.
10 Soweit die Gesetzesmaterialien keinen Aufschluss darüber gäben, welche konkreten Ziele mit der Einführung des Risikozuschlags verfolgt würden, sei auf die bereits im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. August 2015 zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu verweisen, wonach aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG nicht abzuleiten sei, dass eine nationale Regelung, die das angestrebte Ziel nicht genau angebe, automatisch von einer Rechtfertigung nach dieser Bestimmung ausgeschlossen sei. Fehle es an einer solchen genauen Angabe, sei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allerdings wichtig, dass andere - aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete - Anhaltspunkte die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichten, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden könne.
11 In einer für den Stadtschulrat für Wien abgegebenen Stellungnahme zu den rechtspolitischen Überlegungen, die zur Einführung des Risikozuschlags im ASVG und im Pensionsgesetz 1965 geführt hätten, führe das Bundesministerium für Bildung aus, dass der Risikozuschlag gemäß § 56 Abs. 3b letzter Satz PG 1965 auf vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamte eingeschränkt und dadurch gerechtfertigt sei, dass diese Gruppe von der Parallelrechnung (Abschnitt XIII des PG 1965) nicht erfasst sei und daher Anspruch auf Ruhegenüsse habe, die ausschließlich nach den günstigeren Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 zu ermitteln seien. Als weiteren Rechtfertigungsgrund führe das Bundesministerium an, dass sich der in § 56 Abs. 3b letzter Satz PG 1965 vorgesehene und dem ASVG nachgebildete (vom Lebensalter bei Antragstellung abhängige) Risikozuschlag gegen "Spekulationsüberlegungen" im Hinblick auf die Erlebenswahrscheinlichkeit einer Pensionsleistung richte. Das Erfolgsrisiko einer Person, die zum Beispiel im Alter von 40 Jahren (nachträglich) Ruhegenussvordienstzeiten erwerbe, sei ungleich höher als das Risiko, das eine Person eingehe, die kurz vor dem Antritt des Ruhestands stehe. Wer im Alter von fast 60 Jahren beschließe, einen Geldbetrag in den Nachkauf (weiterer) Ruhegenussvordienstzeiten - zwecks Antritt der Korridorpension mit 62 Jahren - zu investieren, könne mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass das erhoffte Ereignis (Antritt des Ruhestands mit 62 Jahren) auch tatsächlich eintrete, weil - wie auch die Sterbetafeln bestätigten - die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person das 62. Lebensjahr erlebe, bei einer Person im Alter von 59 Jahren höher sei als bei einer Person im Alter von 40 Jahren. Weder die gesetzliche Pensionsversicherung noch die beamtenrechtliche Altersversorgung seien darauf ausgelegt, Überlegungen zur möglichst rentablen Investition zusätzlicher Beiträge zu unterstützen. Ein Risikozuschlag, der den späten Nachkauf (weiterer) Ruhegenussvordienstzeiten unattraktiv mache und damit spekulative Überlegungen zurückdränge, sei daher im gegebenen Kontext sachgerecht und im Sinn des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt.
12 Die Änderung der für den Nachkauf von Ruhegenussvordienstzeiten geltenden Bestimmungen sei Teil bzw. die Fortführung eines Regelungskomplexes, der insgesamt das Ziel verfolge, angesichts der demographischen Entwicklung die langfristige Finanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems sicherzustellen In den Materialien zum Pensionsharmonisierungsgesetz komme die generelle Zielsetzung der Pensionsreform zum Ausdruck, wonach damit das Ziel verfolgt werde, die langfristige und nachhaltige Finanzierbarkeit des österreichischen Pensionssystems zu sichern und insbesondere den Generationenvertrag, vor allem aber Gerechtigkeit zwischen und innerhalb der Generationen, aufrechtzuerhalten. Mit dem Ziel, "Strukturmaßnahmen zu setzen, die eine Entlastung des Staatshaushalts erreichen (‚Konsolidierungspaket 2012 bis 2016')", habe das zweite Stabilitätsgesetz 2012 insbesondere auch Maßnahmen und Regelungen mit sich gebracht, die "zur rascheren Harmonisierung des Beamten-Pensionssystems mit dem Allgemeinen Pensionssystem" hätten führen sollen. Zu diesem Zweck habe "das faktische Pensionsantrittsalter durch eine Erschwerung der Zugangsvoraussetzungen für die Korridorpension angehoben" werden sollen. Die Vereinheitlichung des Preises für den Nachkauf von Schul- oder Studienmonaten, die Anpassung desselben an das ASVG-Niveau bzw. die Einführung eines Risikozuschlags für "Nicht-Harmonisierte" (das heiße Geburtsjahrgänge vor 1955) seien - nach den Erläuterungen - aus demselben Grund erfolgt.
13 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs könnten sich die betreffenden nationalen Stellen bei der Festlegung ihrer Sozialpolitik auf Grund politischer, wirtschaftlicher, sozialer, demografischer und/oder haushaltsbezogener Erwägungen veranlasst sehen, zu entscheiden, die Lebensarbeitszeit der Arbeitnehmer zu verlängern oder, im Gegenteil, deren früheren Eintritt in den Ruhestand vorzusehen. Es sei Sache dieser Stellen, einen gerechten Ausgleich zwischen den verschiedenen widerstreitenden Interessen zu finden, wobei sie darauf zu achten hätten, nicht über das hinauszugehen, was zur Erreichung des verfolgten legitimen Ziels angemessen und erforderlich sei.
14 Wie der Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung zu entnehmen sei, verfolge die Einführung des "Risikozuschlages" das Ziel, einen Ausgleich zwischen harmonisierten und nicht harmonisierten Beamtinnen und Beamten herbeizuführen, weil Letztere mangels Anwendbarkeit der Parallelrechnung vergleichsweise hohe Ruhebezüge hätten. Im Lichte der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs werde damit ein legitimes Ziel im Sinn der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt, indem damit zum einen die Frage der Bedingungen für den Eintritt in den Ruhestand (und damit eine Frage der Beschäftigungspolitik) berührt werde und zum anderen ein gerechter Ausgleich zwischen Angehörigen derselben Generation, die in den vorzeitigen Ruhestand träten, in Bezug auf den hierfür für den Nachkauf von Vordienstzeiten zu leistenden besonderen Pensionsbeitrag und die zu erwartende Pensionsleistung geschaffen werden solle.
15 Unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 16. Oktober 2007, Palacios de la Villa, C-411/05, Rn. 68, führte das Bundesverwaltungsgericht weiter aus, dass die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die Sozialpartner auf nationaler Ebene nicht nur bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollten, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügten. Es sei daher festzuhalten, dass die Einführung des "Risikozuschlages" ein legitimes Ziel im Sinn der Richtlinie 2000/78/EG darstelle.
16 Zur Erforderlichkeit und Angemessenheit des Risikozuschlags führte das Bundesverwaltungsgericht sodann aus, dass aber, um eine verpönte Altersdiskriminierung zu vermeiden, darauf zu achten sei, dass nicht über das hinausgegangen werde, was zur Erreichung des verfolgten legitimen Ziels angemessen und erforderlich - das heiße verhältnismäßig - sei. Wenn man sich die (näher zitierten) Zeitschriftenartikel in der Zeit vor Erlassung des Budgetbegleitgesetzes ansehe, so stehe die Erforderlichkeit der Einführung von Maßnahmen zum Zweck der Beibehaltung der Finanzierbarkeit des Pensionssystems, wie im gegenständlichen Fall die Einführung des Risikozuschlags, außer Frage. Ein ergänzender Blick in die Daten der Statistik Austria zeige, dass sich die Anzahl der Lebendgeborenen von einem Tiefststand im Jahr 1953 mit 102.867 bis zum Höchststand im Jahr 1964 mit 133.841 verändert habe. Der Anstieg der Anzahl Lebendgeborener in diesen Jahren sei relativ gleichmäßig erfolgt. Daher sei die Erforderlichkeit des Risikozuschlags aus Sicht des erkennenden Richters gegeben.
17 Hinsichtlich der Angemessenheit der Regelung des Budgetbegleitgesetzes 2011 blieben aber das Bundesministerium für Bildung wie auch die Erläuterungen zum Gesetzestext eine Rechtfertigung schuldig. Die schlagartige Einführung eines Risikozuschlags - ohne eine Einschleifregelung bzw. stufenweise Übergangsbestimmung - sei aus Sicht des erkennenden Richters nicht rechtfertigbar. Die Ungleichbehandlung des Geburtenjahrgangs 1954 - insbesondere gegenüber dem Jahrgang 1953 - sei nicht nachvollziehbar. Aus den demografischen Daten sei kein Ausschlag in Form einer Spitze bei der Steigerung der Anzahl Lebendgeborener zwischen 1953 und 1964 erkennbar, die die abrupte Einführung eines Risikozuschlags rechtfertigen würde. Somit schlage der Versuch einer Rechtfertigung der Angemessenheit der Regelung des Risikozuschlags fehl. Als Vorbild für diese Abwägung nannte das Bundesverwaltungsgericht auch die "sachverhaltsmäßig leicht anders gelagerte" Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Oktober 2016, Ro 2016/12/0014.
18 Da die allgemeinen Rechtfertigungsversuche hinsichtlich der Angemessenheit der Bestimmung nicht erfolgreich seien, sei die durch das Budgetbegleitgesetz 2011 eingeführte Bestimmung im vorliegenden Fall unanwendbar, sodass § 56 Abs. 3a PG 1965, BGBl. Nr. 340/1965, in der Fassung BGBl. I Nr. 176/2004 zur Berechnung heranzuziehen sei. Davon ausgehend errechnete das Verwaltungsgericht die Höhe des besonderen Pensionsbeitrags für 24 Monate mit EUR 8.648,40.
19 Eine von der Mitbeteiligten mit Schriftsatz vom 21. September 2016 vorgenommene Einschränkung des Verfahrensgegenstands, wonach lediglich die Höhe des zu leistenden besonderen Pensionsbeitrags, nicht aber der erste Spruchpunkt des Bescheids angefochten werde, sei nicht zielführend, weil selbst die Mitbeteiligte von "nachgekaufter Zeit" spreche und die Zahlung des besonderen Pensionsbeitrags mit dem Hinzuzählen der 24 Monate eine Einheit bilde.
20 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Vereinbarkeit des § 53 (gemeint: § 56) Abs. 3b PG 1965 mit der Richtlinie 2000/78/EG fehle und die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen auch nicht klar und eindeutig sei.
21 Gegen dieses Erkenntnis - soweit es den Bescheid in der Höhe des zu entrichtenden besonderen Pensionsbeitrags abänderte und eine Anordnung über eine Rückzahlung des Differenzbetrags traf (Absätze 2 und 3 des Spruchs) - richtet sich die Revision der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts. Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung. Auch der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung erstattete einen als "Revisionsbeantwortung" bezeichneten Schriftsatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
22 Die Amtsrevision rügt, das Bundesverwaltungsgericht habe für die Bemessung der Höhe des besonderen Pensionsbeitrags als Rechtsgrundlage eine Bestimmung herangezogen, die auf im Jahr 2015 gestellte Anträge nicht mehr anwendbar gewesen sei. Die Mitbeteiligte habe den gegenständlichen Antrag auf nachträgliche Anrechnung von Studienzeiten nach Vollendung ihres 60. Lebensjahrs am 5. Oktober 2015 gestellt, sodass sie nicht mehr unter den Anwendungsbereich der Übergangsbestimmung zur Novelle BGBl. I Nr. 111/2010 (§ 236e Abs. 1 BDG 1979) falle. Selbst unter der Annahme, dass der Risikozuschlag als Ungleichbehandlung auf Grund des Alters im Verständnis des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG nicht gerechtfertigt wäre und unangewendet zu bleiben hätte, würde sich der besondere Pensionsbeitrag für die nachträgliche Anrechnung von zuvor ausgeschlossenen Schul- und Studienzeiten als Ruhegenussvordienstzeiten nach den in § 56 Abs. 3b erster Satz PG 1965 festgelegten altersunabhängigen Parametern mit 22,9 % der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach ASVG zum Zeitpunkt der Antragstellung auf nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrags berechnen. Für die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Berechnung des besonderen Pensionsbeitrags auf der Grundlage des Monatsbezugs des ersten vollen Monats der Dienstleistung bestehe keine gesetzliche Grundlage. Auch würde eine derartige Bemessung all jene Beamtinnen und Beamten (alters-)diskriminieren, die nach 1954 geboren seien und daher der Parallelrechnung unterlägen und eine nachträgliche Anrechnung von Schul- und Studienzeiten nach den altersunabhängig gestalteten Bedingungen anstrebten.
23 Den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Novelle BGBl. I Nr. 111/2010, dass die Ungleichbehandlung des Geburtsjahrgangs 1954 gegenüber dem Geburtsjahrgang 1953 nicht nachvollziehbar sei, hält die revisionswerbende Partei entgegen, dass die Bestimmung betreffend nachträgliche Anrechnung (Nachkauf) von vorerst ausgeschlossenen Schul- oder Studienzeiten als Ruhegenussvordienstzeiten nicht zwischen dem Geburtsjahrgang 1953 und dem Geburtsjahrgang 1954 unterscheide. In § 56 Abs. 3b PG 1965 werde zunächst vielmehr altersunabhängig auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt. Erst in einem zweiten Schritt werde für Beamte, deren Bemessung des Ruhegenusses ausschließlich nach den günstigeren Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 vorzunehmen sei (vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamte) festgelegt, dass, wenn der Antrag nach Vollendung des 55. Lebensjahrs gestellt werde, ein Risikozuschlag von 122 %, wenn er nach Vollendung des 60. Lebensjahrs gestellt werde, von 134 % zu entrichten sei. Im gegenständlichen Fall gehe es nicht um eine Ungleichbehandlung zwischen den Beamten des Jahrgangs 1953 und des Jahrgangs 1954 betreffend der Abschläge bei Inanspruchnahme des Pensionskorridors. Verfahrensgegenständlich sei ausschließlich die nachträgliche Anrechnung von ursprünglich ausgeschlossenen Schul- und Studienzeiten als Ruhegenussvordienstzeiten und die Bemessung des dafür erforderlichen besonderen Pensionsbeitrags. Die Einschränkung des Risikozuschlags gemäß § 56 Abs. 3b letzter Satz PG 1965 auf vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamte sei dadurch gerechtfertigt, dass diese Gruppe von der Parallelrechnung (Abschnitt XXIII des Pensionsgesetzes 1965) nicht erfasst seien und daher Anspruch auf Ruhegenüsse habe, die ausschließlich nach den günstigeren Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 ermittelt würden. Der Risikozuschlag richte sich weiter gegen "Spekulationsüberlegungen" im Hinblick auf die Erlebenswahrscheinlichkeit einer Pensionsleistung. Er mache den späteren Nachkauf (weiterer) Ruhegenussvordienstzeiten unattraktiv und solle damit spekulative Überlegungen zurückdrängen, sodass er im gegebenen Kontext sachgerecht und im Sinn des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt sei.
24 Der Risikozuschlag betreffe ausschließlich den Nachkauf von Schul- und Studienzeiten gemäß § 53 Abs. 2 lit. h und i PG 1965 und gehe somit primär zu Lasten jener nicht harmonisierten Beamten, die auf Grund ihrer Ausbildung erst später - also in der Regel erst nach Absolvierung eines Universitätsstudiums - in den Bundesdienst eingetreten seien und auf Grund der damit verbundenen höherwertigen Einstufung mit einem höheren Ruhebezug rechnen könnten. Diese Gruppe könne mehr zu dem im Pensionsharmonisierungsgesetz erwähnten Ausgleich beitragen als harmonisierte Beamte, aber auch als nicht harmonisierte Beamte, die auf Grund ihres frühen Eintritts in den Bundesdienst über die für die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand erforderlichen Ruhegenussvordienstzeiten verfügten, auf Grund ihrer Einstufung in eine niedrigere Verwendungsgruppe aber vergleichsweise geringere Ruhebezügen hätten. Damit betreffe der Risikozuschlag eine Gruppe von Beamten mit besonders hohen Ruhebezügen im Vergleich zu anderen Beamten, die in den vorzeitigen Ruhestand träten, und erweise sich auch insofern zur Erreichung des verfolgten Ziels, einen gerechten Ausgleich innerhalb der Generationen zu schaffen, als angemessen und erforderlich.
25 Gegen die vom Bundesverwaltungsgericht konstatierte abrupte Einführung des Risikozuschlags führt die revisionswerbende Partei aus, dass anhängige Anträge gemäß der Übergangsbestimmung des § 236e Abs. 1 BDG 1979 nach Altrecht zu behandeln gewesen seien, womit der Anforderung der Angemessenheit Rechnung getragen worden sei. Darüber hinaus seien Beamte des Geburtsjahrgangs 1954 (letzter Jahrgang, für den der Ruhegenuss ausschließlich nach den günstigen Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 bemessen werde) bei Inkrafttreten der neuen Bemessungsregelung für die nachträgliche Anrechnung von Schul- und Studienzeiten bereits im
57. Lebensjahr gewesen, sodass eine stufenweise Übergangsbestimmung den Normzweck des Risikozuschlags, nämlich die Hintanhaltung von Spekulationsüberlegungen, völlig verfehlt hätte. Die Regelung sei daher zur Erreichung des Normzwecks auch erforderlich.
26 Gegen die Anordnung der Rückzahlung des Differenzbetrages führte die revisionswerbende Partei aus, dass eine bescheidförmige Absprache über ein reines Liquidierungsbegehren, für dessen Behandlung eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs nach Art. 137 B-VG bestehe, unzulässig sei. Die Mitbeteiligte habe auch kein derartiges Begehren gestellt. Darüber hinaus habe sie bereits den gesamten besonderen Pensionsbeitrag in Höhe von EUR 59.540,83 entrichtet.
27 Abschließend hielt die revisionswerbende Partei fest, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts die nachträgliche Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten von der Bemessung des dafür zu entrichtenden besonderen Pensionsbeitrags trennbar sei.
Die Amtsrevision ist aus den angeführten Gründen zulässig und berechtigt:
28 Zunächst ist zum Einwand in der Revisionsbeantwortung, dass die Revision unzulässig und nicht ordnungsgemäß ausgeführt sei, weil sie keinen Revisionspunkt enthalte und dieser in Wahrheit nur den Anfechtungsumfang definiere, auf die Rechtslage und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen. Im Fall einer sogenannten Amtsrevision geht es nicht um die Geltendmachung subjektiver Rechte, weshalb in solchen Revisionen das Formerfordernis der Angabe der Revisionspunkte nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG nicht zum Tragen kommt. Vielmehr tritt an die Stelle der Angabe der Revisionspunkte nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG das in § 28 Abs. 2 VwGG enthaltene Gebot der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (siehe VwGH 26.6.2014, Ra 2014/03/0004; noch zum Beschwerdeverfahren: VwGH 27.4.1995, 95/11/0018).
29 Zur maßgeblichen Rechtslage und deren Entwicklung wird in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das Erkenntnis vom 17. August 2015, Ro 2014/12/0072, verwiesen.
Hervorgehoben seien folgende Bestimmungen:
30 § 56 Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340/1965, in der
Fassung BGBl. I Nr. 32/2015, lautete (auszugsweise):
"Besonderer Pensionsbeitrag
§ 56. (1) Soweit der Bund für die angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten keinen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhält, hat der Beamte einen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten. Stirbt der Beamte, so geht diese Verpflichtung auf seine Hinterbliebenen über. Wenn der Beamte abgängig wird, so fällt diese Verpflichtung so lange auf seine Angehörigen, als sie Anspruch auf Versorgungsgeld haben.
(2) Ein besonderer Pensionsbeitrag ist nicht zu entrichten,
a) soweit es sich um die Anrechnung von
Ruhegenussvordienstzeiten nach § 53 Abs. 2 lit. g handelt,
b) soweit als Ruhegenussvordienstzeit die Zeit der
Erfüllung einer inländischen Zivil- oder Wehrdienstpflicht oder
die Zeit der Leistung des Ausbildungsdienstes (§ 53 Abs. 2 lit. d)
oder die Zeit einer Karenz nach dem MSchG oder dem VKG angerechnet
worden ist,
c) soweit der Beamte für die angerechnete
Ruhegenussvordienstzeit bereits in einem Dienstverhältnis zu einer
inländischen Gebietskörperschaft besondere Pensionsbeiträge
entrichtet hat und sie ihm nicht erstattet worden sind,
d) soweit dem Beamten, seinen Hinterbliebenen oder
Angehörigen für die angerechnete Ruhegenussvordienstzeit eine Anwartschaft oder ein Anspruch auf wiederkehrende Leistungen aus Mitteln eines öffentlich rechtlichen Dienstgebers zugestanden ist und die aus dieser Anwartschaft oder aus diesem Anspruch sich ergebenden Leistungen dem Bund abgetreten worden sind.
(3) Die Bemessungsgrundlage des besonderen Pensionsbeitrages bildet der um ein Sechstel erhöhte Monatsbezug, der dem Beamten für den ersten vollen Monat seiner Dienstleistung gebührt hat.
(3a) Der besondere Pensionsbeitrag beträgt für jeden vollen Monat der angerechneten Zeiten jenen Prozentsatz der Bemessungsgrundlage, der sich aus § 22 Abs. 2 GehG 1956 in der zur Zeit des ersten vollen Monats der Dienstleistung geltenden Fassung ergibt und für jeden restlichen Tag ein Dreißigstel davon. Der besondere Pensionsbeitrag für die nachträgliche Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten gemäß § 53 Abs. 2a ist ausgenommen für nach § 53 Abs. 2 lit. h und i angerechnete Zeiten mit jenem auf drei Kommastellen gerundeten Faktor zu vervielfachen, um den sich das Gehalt der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung einschließlich einer allfälligen Teuerungszulage bzw. der Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 GehG seit dem Tag, an dem das Dienstverhältnis des Beamten begonnen hat, bis zum Tag der Antragstellung erhöht hat.
(3b) Abweichend von Abs. 3a beträgt der besondere Pensionsbeitrag für die nachträgliche Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten nach § 53 Abs. 2 lit. h und i gemäß § 53 Abs. 2a 22,8% der am Tag des Antrags auf nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages geltenden monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG und für jeden restlichen Tag ein Dreißigstel davon. Dieser Betrag erhöht sich für vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamte, die den Antrag auf Nachkauf nach dem vollendeten 55. bis zum 60. Lebensjahr stellen, um 122% und nach dem vollendeten 60. Lebensjahr um 134% (Risikozuschlag).
(4) Der besondere Pensionsbeitrag ist nach dem Eintritt der Rechtskraft des Bemessungsbescheides durch Abzug vom Monatsbezug, Ruhebezug, Versorgungsbezug, Versorgungsgeld, Unterhaltsbezug, von der Abfertigung, Ablöse oder Abfindung hereinzubringen. Bei der Hereinbringung durch Abzug von den monatlich wiederkehrenden Leistungen dürfen nicht mehr als 60 Monatsraten bewilligt werden. Bei der Festsetzung der Monatsraten ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten billige Rücksicht zu nehmen. Der besondere Pensionsbeitrag kann auch auf einmal entrichtet werden.
(5) Wenn die Hereinbringung des besonderen Pensionsbeitrages in 60 Monatsraten eine besondere Härte bedeuten würde, so können bis zu 90 Monatsraten bewilligt werden.
..."
31 Die durch BGBl. I Nr. 64/2016 mit 1. September 2017 aufgehobene Bestimmung des § 236e Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, lautete:
"Übergangsbestimmungen zur Novelle BGBl I Nr 111/2010
§ 236e. (1) Die Höhe des für den Nachkauf von Zeiten nach § 53 Abs. 2 lit. h und i PG 1965 zu entrichtenden besonderen Pensionsbeitrages richtet sich für vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamte nach § 236b Abs. 4 bis 7 in der vor der Kundmachung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I Nr. 111/2010, geltenden Fassung, wenn der Nachkauf bzw. die nachträgliche Anrechnung spätestens bis zum Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes beantragt wird.
(2) Für Beamtinnen und Beamte, die die Voraussetzungen für die Versetzung in den Ruhestand nach § 15 in Verbindung mit § 236b vor dem 1. Februar 2011 erfüllen, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines besonderen Pensionsbeitrages für Zeiten gemäß § 236b Abs. 3 Z 2."
32 Das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, trat am 31. Dezember 2010 in Kraft.
33 Im genannten Erkenntnis Ro 2014/12/0072 führte der Verwaltungsgerichtshof zu einem vergleichbaren Sachverhalt aus, dass die Novellierungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und des Pensionsgesetzes 1965 angesichts der für den Nachkauf von Ruhegenussvordienstzeiten geltenden Bedingungen, insbesondere durch den in § 56 Abs. 3b PG 1965 vorgesehenen Risikozuschlag, eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung im Sinn des Art. 2 Abs. 2 lit. a der Richtlinie einführten.
34 In seinem Erkenntnis vom 25. März 2015, Ro 2014/12/0045, führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang aus:
"Nach Art. 6 Abs. 1 der (entsprechend ihrem 6. und 25. Erwägungsgrund inhaltlich die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer konkretisierenden) RL stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dann keine Diskriminierung dar, wenn sie objektiv und angemessen ist sowie im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind (vgl. etwa die Urteile des EuGH vom 6. November 2012, Kommission/Ungarn, C- 286/12, Rn 60; vom 5. Juli 2012, Hörnfeldt, C-141/11, Rn 21; Fuchs und Köhler, Rn 35; und Georgiev, Rn 36).
Die nähere Prüfung, ob derartige Regelungen (nach Untersuchung des mit ihnen verfolgten Zieles) mit der RL zu vereinbaren sind, stellt nach der Rechtsprechung des EuGH eine Aufgabe des nationalen Gerichtes dar (Urteil Georgiev, Rn 43; sowie Urteil vom 5. März 2009, Age Concern England, C-388/07, Rn 47).
Eine solche Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof im Wege der nachprüfenden Kontrolle eines verwaltungsbehördlichen Bescheides setzt aber voraus, dass die sich auf eine innerstaatliche Norm, welche eine Ungleichbehandlung auf Grund des Alters vorsieht, stützende Verwaltungsbehörde von sich aus Rechtfertigungsgründe im Verständnis des Art. 6 der RL ins Treffen führt und auch die hierfür erforderlichen Tatsachengrundlagen feststellt. Dazu ist den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten."
35 Im vorliegenden Fall vertrat das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis die Ansicht, dass die Einführung des Risikozuschlags einem legitimen Ziel im Sinn der Richtlinie 2000/78/EG diene und führte weiters aus, dass auch die Erforderlichkeit des Risikozuschlags aus Sicht des Gerichts gegeben sei. Lediglich die Angemessenheit sah das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die schlagartige Einführung des Risikozuschlags als nicht gerechtfertigt an. Darin erblickte es eine Ungleichbehandlung von Beamten des Geburtsjahrgangs 1954 insbesondere gegenüber jenen des Jahrgangs 1953, die nicht nachvollziehbar sei. Es vermeinte daher, dass die Berechnung des besonderen Pensionsbeitrags nach § 56 Abs. 3a PG 1965 in der Fassung BGBl. I Nr. 176/2004 durchzuführen sei.
36 Dieser Argumentation ist zunächst entgegenzuhalten, dass - wie die Revision zutreffend aufzeigt - damit nicht zu erklären ist, weshalb das Bundesverwaltungsgericht auch die allgemeine Anhebung des besonderen Pensionsbeitrags nach § 56 Abs. 3b erster Satz PG 1965 auf 22,8 % der am Tag des Antrags auf nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrags geltenden monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG für nicht anwendbar ansah. So wird auch im angefochtenen Erkenntnis festgehalten, dass betreffend die Verteuerung des Nachkaufs der Schul- und Studienzeiten für die Mitbeteiligte die gleichen Bedingungen wie für andere Beamte galten, die zur selben Zeit Schul- und Studienzeiten hätten nachkaufen wollen, sodass die Verteuerung des Nachkaufs zu keiner auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung im Sinn des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG führe. Sollte das Verwaltungsgericht auch in diesem Fall die "schlagartige Einführung" als (alters-)diskriminierend erachtet haben, ist zu berücksichtigen, dass diese Bestimmung - wie dargestellt - gemäß § 236e Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 bereits mit 31. Dezember 2010 in Kraft trat. Die Mitbeteiligte stellte den hier gegenständlichen Antrag erst am 5. Oktober 2015 und bewirkte ihre Ruhestandsversetzung erst mit Ablauf des 31. August 2016. Die schon mehr als fünf Jahre vor dem letztgenannten Zeitpunkt erfolgte Novellierung kann für die Mitbeteiligte im vorliegenden Fall daher nicht als überraschend bezeichnet werden. Inwiefern die Mitbeteiligte durch diese allgemeine Verteuerung des besonderen Pensionsbeitrags aufgrund ihres Alters - und gegenüber welcher (bevorzugten) Gruppe von Beamten - diskriminiert worden sein sollte, ist nicht erkennbar.
37 Eine Diskriminierung im Hinblick auf den Risikozuschlag argumentiert das Verwaltungsgericht mit einer Ungleichbehandlung von Beamten des Geburtsjahrgangs 1954 gegenüber jenen des Jahrgangs 1953. Diese Argumentation ist jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang der Einführung eines "Risikozuschlags" zum besonderen Pensionsbeitrag nicht tragfähig. Es fallen nämlich die Beamten beider Jahrgänge gleichermaßen unter die Bestimmung des § 56 Abs. 3b PG 1965. Danach ist der Risikozuschlag von allen Beamten, die vor dem 1. Jänner 1955 geboren sind, zu entrichten. Eine Altersdiskriminierung aus dem vom Bundesverwaltungsgericht argumentierten Grund liegt daher nicht vor.
38 Die Revision wendet sich ferner gegen den Rückzahlungsausspruch. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist über ein bloßes Liquidierungsbegehren kein Leistungsbescheid zu erlassen, wohl aber ist - infolge Unklarheit bzw. Strittigkeit der Gebührlichkeit des in Rede stehenden Bezugsbestandteils - die Erlassung eines Feststellungsbescheids betreffend die Frage seiner Gebührlichkeit zulässig (VwGH 13.9.2017, Ra 2017/12/0006, mwN). Das mittels Beschwerde angerufene Verwaltungsgericht ist bei seinem Ausspruch aber an die Sache des Beschwerdeverfahrens gebunden. Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG 2014 vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0026; siehe auch 21.2.2017, Ro 2017/12/0001, ua).
39 Das Verwaltungsgericht begründete seinen Rückzahlungsausspruch nicht näher. Eine gesetzliche Grundlage für einen solchen Ausspruch wurde nicht aufgezeigt und ist auch nicht zu erkennen. Ein Antrag der Mitbeteiligten in diesem Sinne lag ebenfalls nicht vor. Eine amtswegige Feststellung eines Rückzahlungsbetrags war dem Verwaltungsgericht hier schon mit Blick auf die Sache des Beschwerdeverfahrens verwehrt.
40 Die Revisionsausführungen zu einer Teilbarkeit des Bescheidspruchs zwischen dem Ausspruch über die Anrechung und jenem, mit dem die Höhe des besonderen Pensionsbeitrags festgesetzt wurde, sind zutreffend. Da - zulässigerweise - mit der Revision ausschließlich der zweite und der dritte Absatz des Spruchs des Verwaltungsgerichts über die Höhe des besonderen Pensionsbeitrags und die Auferlegung der Rückzahlungsverpflichtung angefochten wurden, erwuchs der, über die Anrechnung absprechende erste Absatz in (Teil-)Rechtskraft.
41 Indem das Bundesverwaltungsgericht die vorstehend dargestellte Rechtslage verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb jenes im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Wien, am 8. März 2018
Gerichtsentscheidung
EuGH 62010CJ0159 Fuchs und Köhler VORABSchlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Besondere RechtsgebieteAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017120008.J00Im RIS seit
13.04.2018Zuletzt aktualisiert am
27.11.2018