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72/13 Studienförderung;Norm
StudFG 1992 §27;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde der G H in H, vertreten durch Dr. Hubert Heigl und Dr. Willibald Berger KEG, Rechtsanwälte in Marchtrenk, Linzer Straße 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 2. November 1995, Zl. 56.037/56-I/7a/95, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin bezieht seit dem Studienjahr 1988/89 Studienbeihilfe; zunächst bereitete sie sich auf die Studienberechtigungsprüfung für die Studienrichtung Sozialwirtschaft vor, nahm aber später die Studienrichtung Betriebswirtschaft an der Universität Linz auf. Sie erhielt die Studienbeihilfe unter Berücksichtigung des Einkommens ihrer Mutter und der eigenen Waisenpension nach dem Tod des Vaters zuerkannt.
Auf Grund ihres bei der Studienbeihilfenbehörde am 12. Oktober 1994 eingegangenen Antrages auf (Weiter-)Gewährung einer Studienbeihilfe wurde ihr Antrag mit Bescheid vom 11. November 1994 bewilligt und ihre Studienbeihilfe ab 1. Oktober 1994 mit monatlich S 3.410,-- bemessen. Maßgebend dafür war die Anrechnung einer zumutbaren Unterhaltsleistung von S 19.943,-- auf die jährliche Höchststudienbeihilfe von S 54.000,--.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie durch einen ununterbrochenen Zeitraum von sechs Jahren und elf Monaten selbst für ihren Lebensunterhalt aufgekommen sei. Das Einkommen ihrer Mutter dürfe daher keine Berücksichtigung bei der Berechnung ihrer Studienbeihilfe finden.
Diese Vorstellung wurde vom Senat der Studienbeihilfenbehörde für Studierende an der Universität Linz mit Bescheid vom 10. Juli 1995 abgewiesen, nachdem durch die belangte Behörde am 14. Juni 1995 eine Weisung hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung erteilt worden war.
Gegen diesen Bescheid erhob die dann anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin Berufung, in der sie neuerlich vorbrachte, dass sie durch sechs Jahre und elf Monate für ihren Lebensunterhalt selbst aufgekommen sei. Man hätte bei der Berücksichtigung des Einkommens eine Indexanpassung der von ihr in den Jahren 1984 bis 1988 erzielten Einkommen vornehmen müssen. Außerdem sei es unrichtig, von der jährlichen Höchststudienbeihilfe eine Unterhaltsleistung der Mutter der Beschwerdeführerin abzuziehen, weil diese zivilrechtlich nicht mehr für sie unterhaltspflichtig sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß den §§ 26 Abs. 1, 27 und 30 Abs. 2 StudFG 1992 keine Folge.
Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der §§ 26 Abs. 1 und 27 im Wesentlichen aus:
Die Beschwerdeführerin, die ab dem Wintersemester 1988/89 regelmäßig Studienbeihilfe unter Zugrundelegung des elterlichen Einkommens bezogen habe, habe an Einkünften für die Zeit vor der erstmaligen Zuerkennung von Studienbeihilfe folgende Bezüge nachweisen können:
" - 1984: brutto S 65.620,--
-
1985: brutto S 107.426,--
-
1986: brutto S 102.982,--
-
1987: brutto S 85.380,--
-
1988: brutto S 64.035,--"
Nach Darstellung des Verfahrensablaufes führte die belangte Behörde weiter aus, die Frage der zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung von Eltern gegenüber einem Studierenden sei von der Berücksichtigung des elterlichen Einkommens für die Berechnung der Studienbeihilfe zu trennen. Der Gesetzgeber des Studienförderungsgesetzes 1992 habe bewusst die Vorfrage eines allfälligen Unterhaltsanspruches des Studienbeihilfenbewerbers nach dem ABGB ausgeklammert und die Frage der Selbsterhaltungsfähigkeit durch den §§ 27 StudFG (Selbsterhalter) eigenständig geregelt. Nach dieser Bestimmung sei es nicht entscheidend, ob nach Zivilrecht allenfalls eine Selbsterhaltungsfähigkeit vorliege, sondern lediglich von Bedeutung, ob die Voraussetzungen des § 27 StudFG für das Absehen vom elterlichen Einkommen gegeben seien. Diese Voraussetzungen seien vier volle Jahre Selbsterhaltung durch ein Einkommen im Sinne des Studienförderungsgesetzes, das mindestens der Höhe der Höchststudienbeihilfe für Selbsterhalter entspreche.
Zu der Berufungsbegründung, dass der für die Selbsterhaltung jährlich nachzuweisende Einkommensbetrag durch Indexanpassung hätte berechnet werden müssen, sei auf den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes hinzuweisen, das ein durch vier Jahre mindestens nachzuweisendes Einkommen von S 84.000,-- jährlich (der Betrag der Höchststudienbeihilfe für Selbsterhalter) vorsehe. Im Studienförderungsgesetz 1992 fänden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieser Betrag entweder der in den vergangenen Jahren jeweils geltenden (geringeren) Höchststudienbeihilfe anzugleichen oder unter Berücksichtigung der Lohn- und Preisentwicklung oder der jeweiligen Lebenshaltungskosten zu ermitteln wäre. Es sei dies weder einer Übergangsbestimmung noch einem Gesamtgrundsatz des Studienförderungsgesetzes zu entnehmen. Da - wie auch in der Berufung nicht bestritten worden sei - entsprechende Einkommensnachweise von der Beschwerdeführerin nicht hätten vorgelegt werden können, um die Voraussetzungen des § 27 Abs. 2 StudFG zu erbringen, sei die Berufung abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid wandte sich die Beschwerdeführerin vorerst an den Verfassungsgerichtshof, der aber die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 28. November 1997, B 3900/95, ablehnte und diese an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
In der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzten Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind auf Grund der zeitlichen Lagerung die folgenden Bestimmungen in der Stammfassung des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 - StudFG, anzuwenden.
Nach § 26 Abs. 1 beträgt die Höchststudienbeihilfe monatlich S 5.400,--, soweit im Folgenden nicht anderes festgelegt ist.
Die Höchststudienbeihilfe für Selbsterhalter beträgt nach § 27 Abs. 1 monatlich S 8.400,-- für Studierende, die sich vor der ersten Zuerkennung von Studienbeihilfe durch Einkünfte im Sinne dieses Bundesgesetzes mindestens vier Jahre zur Gänze selbst erhalten haben und weder mit einem eigenen Elternteil noch mit einem Elternteil des Ehegatten im gemeinsamen Haushalt leben. Ein Selbsterhalt liegt nach Abs. 2 der genannten Bestimmung aber nur dann vor, wenn das jährliche Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes während dieser Zeit wenigstens die Höhe der jährlichen Höchststudienbeihilfe gemäß Abs. 1 (= S 84.000,-- p.a.) erreicht hat.
Nach der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 4 StudFG sind Studierende, die nach den Vorschriften des Studienförderungsgesetzes 1983 die erforderlichen Zeiten des Selbsterhaltes bereits nachgewiesen haben, als Selbsterhalter im Sinne dieses Bundesgesetzes (= StudFG 1992) anzusehen.
Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, sie hätte zum Zeitpunkt des erstmaligen Bezuges der Studienbeihilfe auf Grundlage des Studienförderungsgesetzes 1983 die damals geltenden Voraussetzungen für die Zuerkennung der Höchststudienbeihilfe infolge Selbsterhaltungsfähigkeit erfüllt. Wenn diese Voraussetzungen vor der ersten Zuerkennung der Studienbeihilfe nach den Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1983 bereits erfüllt gewesen seien, so gelte dies auf Grund der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 4 StudFG auch für den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf Zuerkennung der Studienbeihilfe. Ausgehend von der unrichtigen Rechtsansicht, wonach es sich bei den nachzuweisenden Einkommen von S 84.000,-- jährlich um einen fest vorgegebenen Betrag handle, habe sich die belangte Behörde nicht mit der Übergangsvorschrift des § 75 Abs. 4 StudFG und daraus resultierend auch nicht mit der Frage auseinander gesetzt, ob vor der ersten Zuerkennung von Studienbeihilfe die gesetzlichen Voraussetzungen für "Selbsterhaltung" im Sinne der Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1983 erfüllt gewesen wären. Bei Berücksichtigung der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 4 StudFG wäre die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Höchststudienbeihilfe für Selbsterhalter im Sinne des § 27 StudFG gegeben seien.
Demnach ist im Beschwerdefall allein strittig, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Frage der Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführerin nach § 27 StudFG und nicht auf Grund der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 4 StudFG nach den diesbezüglich seinerzeit geltenden Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1983 zu beurteilen ist.
Im Beschwerdefall steht sachverhaltsmäßig unbestritten fest, dass die Beschwerdeführerin bereits im Geltungsbereich des Studienförderungsgesetzes 1983 Studienbeihilfe erhalten, aber erst nach Inkrafttreten des Studienförderungsgesetzes 1992 sich erstmals darauf berufen hat, entsprechende Zeiten des Selbsterhaltes vorweisen zu können. Nach dem klaren Wortlaut des § 75 Abs. 4 StudFG sind nur Studierende, die nach den seinerzeit geltenden Vorschriften des Studienförderungsgesetzes 1983 die erforderlichen Zeiten des Selbsterhaltes bereits nachgewiesen haben, als Selbsterhalter im Sinne des Studienförderungsgesetzes 1992 anzusehen. Wenn diese Voraussetzung nicht gegeben ist, also wie im Beschwerdefall ein derartiger Nachweis unter der Geltung des StudFG 1983 nicht geführt, sondern diese Frage erst im zu beurteilenden Beihilfenverfahren 1994 geltend gemacht worden ist, muss die notwendige Überprüfung der Selbsterhaltungsfähigkeit nach den Bestimmungen des § 27 des Studienförderungsgesetzes 1992 vorgenommen werden. Die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 4 StudFG verhindert nur, dass Beihilfenbezieher, die bereits den Nachweis als Selbsterhalter geführt haben, diesen Status im Hinblick auf die strengeren Kriterien des Studienförderungsgesetzes 1992 verlieren. Die belangte Behörde hat daher im Beschwerdefall zu Recht die von der Beschwerdeführerin 1994 erstmalig angestrebte Beurteilung der Frage ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit nach den Bestimmungen des § 27 StudFG und nicht nach den 1988/89 (= erstmaliger Bezug von Studienbeihilfe) bzw. vorher geltenden Bestimmungen beurteilt.
Die Beschwerde musste daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. März 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998120053.X00Im RIS seit
20.11.2000