Entscheidungsdatum
19.03.2018Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §4 Abs1 litaText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Findeis über die Beschwerde des Herrn Ba. R. vom 17.1.2018 gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Meidling für die Bezirke 12 und 13, vom 18.12.2017, Zahl VStV/917301579288/2017, wegen Übertretung von 1. § 4 Abs. 5 StVO und 2. § 4 Abs. 1 lit. a StVO, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren zu beiden Spruchpunkten gemäß § 45 Abs. 1
Z 1 VStG eingestellt.
Dem Beschwerdeführer werden keine Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
Gegen dieses Erkenntnis ist zu Spruchpunkt 2. eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG unzulässig. Im Übrigen ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
B E G R Ü N D U N G
Die Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Meidling für die Bezirke 12 und 13, erkannte den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 18.12.2017 schuldig, er sei am 6.10.2017 um 11.15 Uhr in 1120 Wien, Längenfeldgasse 80, Längenfeldgasse Kreuzung Eichenstraße Fahrtrichtung stadtauswärts, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W-3... mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe 1. nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl er und die Person, in deren Vermögen der Schaden eingetreten sein, einander ihre Namen und Anschriften nicht nachgewiesen habe; und habe 2. sein Fahrzeug nicht sofort angehalten. Wegen Verletzung von 1. § 4 Abs. 5 StVO und 2. § 4 Abs. 1 lit .a StVO verhängte die belangte Behörde gemäß 1. § 99 Abs. 3 lit. b StVO und
2. § 99 Abs. 2 lit. a StVO über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen von 1. 200 Euro und 2. 400 Euro (zwei Ersatzfreiheitsstrafen: 1. 3 Tage und 2. 5 Tage und 17 Stunden) und schrieb gemäß § 64 VStG einen Gesamtverfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 60 Euro vor.
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Beschwerde des Beschuldigten. Dieser bestreitet seine Verwicklung in einen Verkehrsunfall. Da keine Kollision stattgefunden habe, sei auch kein Schaden entstanden, weshalb er die ihm angelasteten Übertretungen nicht begangen habe.
Dem Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde liegt eine Anzeige des Polizeikommissariates Meidling zugrunde. Demnach sei das KFZ des Aufforderers B. F. (Honda ..., schwarz lackiert; Kennzeichen W-6...) infolge Rotlichtes in der Längenfeldgasse 80 hinter dem PKW des Beschwerdeführers (Ford ..., schwarz lackiert, Kennzeichen: W-3...) gestanden, als das vordere Fahrzeug aus Anlass des Rechtsabbiegens eines Busses in die Längenfeldgasse zurück geschoben habe und dabei die vordere Stoßstange des Auffordererfahrzeuges beschädigt (Lackschaden) habe; eine Kontaktnahme mit dem Lenker sei nicht möglich gewesen, da der Angezeigte plötzlich davon gefahren sei.
Nach Bekanntgabe des Beschwerdeführers als Lenker des gegenständlichen Taxikraftfahrzeuges zur Tatzeit sowie dessen Unterlassen einer Stellungnahme zur Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.10.2017 erließ die belangte Behörde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht,
wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.
Entsprechend § 4 Abs. 5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs. 1 genannten Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Voraussetzung für die Meldepflicht gemäß § 4 Abs. 1 und 5 StVO 1960 ist der unfallbedingte Eintritt eines Sachschadens als objektives Tatbestandsmerkmal und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens.
Zur Frage der technischen Möglichkeit, ob das vom Beschuldigten gelenkte Kraftfahrzeug W-3... Beschädigungen am Kraftfahrzeug W6... verursacht haben kann, hätte es im Beschwerdefall einer Befundnahme durch den kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 46 bedurft, wozu jedoch die Vornahme einer Stellprobe der beiden betroffenen Fahrzeuge unerlässlich gewesen wäre.
Das Verwaltungsgericht forderte daher Herrn B. F., den Aufforderer und Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges W-6... mit RSb-Schreiben vom 19.2.2018 auf, die durch den Verkehrsunfall verursachten Beschädigungen an seinem Fahrzeug genau darzulegen, mitzuteilen, ob der Schaden bereits repariert worden sei, ob Schadenersatzansprüche geltend gemacht worden seien und ob er sich bereit erkläre, das Fahrzeug der Landesfahrzeugprüfstelle in Wien zur Erstellung eines kraftfahrzeugtechnischen Gutachtens vorzuführen.
Diese Aufforderung blieb von Herrn F. unbeantwortet.
Mangels Mitwirkung der Geschädigten, nämlich der Vorführung seines Fahrzeuges zur Stellprobe, ist der gegen den Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, dass am Kraftfahrzeug W-6... Beschädigungen vorliegen, die von einer Kontaktnahme mit dem vom Beschwerdeführer gelenkten PKW herrühren, nicht erweisbar.
Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren zu allen drei Spruchpunkten gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs. 8 VwGVG.
Eine Revision des Beschwerdeführers wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) zu Spruchpunkt 1. ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ausgeschlossen, da keine höhere Geldstrafe als 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte sowie im Erkenntnis keine höhere Geldstrafe als 400 Euro verhängt wurde. Im Übrigen ist die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Stehendes Kfz; Rotlicht; Zurückschieben; Stoßstange; Lackschaden; keine Stellprobe; keine Mitwirkung der Geschädigten; EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.014.2165.2018Zuletzt aktualisiert am
12.04.2018