TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/27 W207 2110852-1

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Veröffentlicht am 27.03.2018
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Entscheidungsdatum

27.03.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W207 2110852-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 18.06.2015, Passnummer: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen idgF stattgegeben.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Dem Beschwerdeführer wurde am 08.08.2012 vom Sozialministeriumservice (damals in der Kurzbezeichnung noch Bundessozialamt; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) auf Grundlage eines Antrages vom 18.07.2012 ein Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 80 v.H. ausgestellt. Dies erfolgte auf Grundlage eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 31.07.2012, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung die Funktionseinschränkungen 1. "Zustand nach rezidivierenden Harnblasenkarzinomen, Zustand nach Entfernung der Harnblase und der Prostata mit Anlegen einer Neoblase. Harnverhalt und Versorgung mittels Dauerkatheder", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 60 v.H. nach der Positionsnummer 08.01.07 der Anlage der Einschätzungsverordnung, 2. "Bandscheibenprolaps L4/5 mit Spinalkanalstenose", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 60 v.H. nach der Positionsnummer 02.01.03 der Anlage der Einschätzungsverordnung, 3. "Diabetes mellitus", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer 09.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, sowie 4. "Bluthochdruck", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer 05.01.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung, festgestellt wurden. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde zudem mit näherer Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden.

Am 08.01.2014 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO. Am 19.03.2014 stellte er nach Belehrung durch die belangte Behörde, dass Voraussetzung für die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO der Besitz eines gültigen Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ist, den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass und legte medizinische Unterlagen bei.

Die belangte Behörde holte zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 12.05.2014 ein, in dem mit näherer Begründung ausgeführt wurde, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden.

Auf Grundlage einer diesbezüglichen Stellungnahme des Beschwerdeführers und eines weiteren vorgelegten Befundes holte die belangte Behörde zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin, der das Gutachten vom 12.05.2014 erstellt hatte, ein. Dieses Sachverständigengutachten vom 27.04.2015 brachte im Wesentlichen, hier verkürzt wiedergegeben, folgendes Ergebnis:

"Stellungnahme zu gesundheitlichen Veränderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

im Vergleich zum Vorgutachten vorn 12.5.2014 (Abl 38 41) ist das Gehvermögen bei degenerativer Wirbelsäulenveränderungen. sowie Aufbrauchzeichen rechtes Knie- und Sprunggelenk weiterhin als ausreichend anzusehen Gehen erfolgt im Ordinationsbereich ohne Hilfsmittel Stehen gelingt längere Zeit frei Die Verwendung von Hilfsmitteln ist dem AW zumutbar Die körperliche Belastbarkeit ist erhalten Eine Vorlagenversorgung bei Harninkontinenz ist dem AW möglich. Eine Immunschwäche oder psychische Erkrankung mit Verhaltensstörungen liegen nicht vor. Es ergibt sich daher keine Änderung des bereits abgegebenen Gutachtens. Der Befundbericht des Orthopäden Dr. S. bestätigt mit Ausnahme der nicht nachvollziehbaren Einschätzung einer Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel im Wesentlichen das abgegebene Gutachten (Abl 46)

.......

Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

1 Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Geh- und Stehvermögen ist trotz degenerativer Wirbelsäulenveränderungen, sowie Aufbrauchzeichen rechtes Knie- und Sprunggelenk als ausreichend anzusehen Körperliche Belastbarkeit ist vorhanden. AW kann sich sicher anhalten und auch Stufen steigen. Die Verwendung von Vorlagen bei Harninkontinenz ist dem AW zumutbar und möglich. Eine Immunschwäche liegt nicht vor Für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel relevante psychische Erkrankungen oder schwerwiegende Verhaltensstörungen sind nicht feststellbar

2 Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Eine Immunschwäche liegt nicht vor

...."

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.06.2015 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vom 19.03.2014 unter Zugrundelegung der eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten abgewiesen.

Ein bescheidmäßiger (spruchgemäßer) Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht; diesbezüglich wurde in der Begründung dieses Bescheides vom 18.06.2015 allerdings ausgeführt, über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) werde nicht abgesprochen, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden.

Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde vom 18.06.2015, mit dem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen worden war, erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.07.2015 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerde wurden weitere medizinische Unterlagen beigelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht holte aus Anlass des Beschwerdevorbringens sowie der der Beschwerde neu beigelegten Befunde ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Chirurgie ein. Dieses auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 27.12.2017 basierende Sachverständigengutachten vom 27.12.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 09.03.2018, sei hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben:

"Anamnese :

Die Gehunsicherheit hat zugenommen. Zustand nach Blasenoperation wegen bösartigem Tumor, keine Chemotherapie gehabt, derzeit keine Sekundaria, Harnnkontinenz - Einlagenversorgung auch in der Nacht.

Derzeitige Beschwerden:

Gehstrecke nur ein paar Schritte, Schwindel, Schmerzen in den Beinen und den Füßen.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Rabeprazol 20 mg 1x1, Jardiance 10 mg 1x1, Comboglyze 2,5/100C mg 1-0-1, Diamicron 30 mg 3-0-0, Fositens 10 mg 1x1, Norvasc 5 mg 1x1, Duloxetin 60 mg 1x1, TASS 100 mg 1x1, Calciduran 500/800 mg 1x1.

Sozialanamnese:

Pension, geschieden

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Arztbrief KH G. vom 6.7.2015, MRT der Lendenwirbelsäule vom 20.6.2015 MR des KH G.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

altersentsprechend gut

Ernährungszustand:

normal

Größe: 175 cm Gewicht: 80 kg Blutdruck: 140/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput und Collum: grob palpatorisch unauff.

Thorax: symmetrisch

Cor: HT rein,rhythmisch,normfrequent

Pulmo: VA,sonorer KS, keine Ruhedyspnoe

Abdomen: weich, keine Resistenzen tastbar, Z.n. UB-Lap und WS: kein KS gesamte WS, Fingerbodenabstand 10 cm

OE+UE: Genu varus bds, Schürzen-und Nackengriff bds. eingeschränkt

Zehenspitzen- und Fersengang nicht möglich,

Einbeinstand nicht möglich periphere Pulse nicht tastbar, keine Ödeme

Neurologisch: MER mittellebhaft, ASR bds nicht auslösbar

Sensibilität, Kraft und Motorik: grob unauff.

Gesamtmobilität - Gangbild:

beim Bücken Sturzneigung nach hinten - beidseits orthopädisches Schuhwerk, Gehstock.

Status Psychicus:

Kontaktverhalten: unauffällig, Presbyacusis Bewusstsein: klar

Aufmerksamkeit: gegeben Konzentration: vorhanden

Orientierung: zeitlich, örtlich, zur Person und situativ orientiert

Antrieb: unauffällig Sprache: klar,deutlich

Stimmung: unauffällig

Stellungnahme zu Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" des Gutachtens vom 27.4..2015:

Diagnosen:

1. Absolute Spinalkanalstenose Lendenwirbelsäule (L4/L5)

2. Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus II

3. Arterielle Hypertonie

4. Sprunggelenks - und Kniegelenksarthrose rechts

5. hochgradiger Verdacht auf paVK beidseits

6. Zustand nach Blasenkrebs

7. Cholecystektomie

Mittlerweile ist die Einschränkung der Gehstrecke zunehmend, ohne Pause können nur wenige Meter sicher bewältigt werden, es besteht bei Provokation eine Sturzneigung mit Schwindel, ein Gehstock wird verwendet. Bei nicht tastbaren Fußpulsen beidseits ist zusätzlich eine periphere arterielle Verschlußkrankheit im Stadium II b anzunehmen.

Die bildgebenden Befunde von 2014/2015 (Abl.63-68) sind mit den funktionellen Einschränkungen vereinbar, die Gelenkserkrankungen sichtlich langsam fortschreitend.

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten liegen nicht vor.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems liegt nicht vor.

Eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit liegen nicht vor.

Aufgrund der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen, dem Allgemeinzustand - das Alter berücksichtigend, sowie der körperlichen Belastbarkeit, wie oben beschrieben, ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das sichere Ein-und Aussteigen sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zumutbar.

Eine Nachuntersuchung ist nicht vorgesehen.

Neuere Befunde wurden nicht vorgelegt."

Mit Begleitschreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer sowie der belangten Behörde dieses medizinische Sachverständigengutachten vom 27.12.2017 zur Kenntnis gebracht und den Parteien des Verfahrens Gelegenheit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht abzugeben. Die Parteien des Verfahrens wurden darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme Anderes erfordere.

Die Parteien des Verfahrens teilten am 21.03.2018 telefonisch mit, keine Einwendungen vorbringen zu wollen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses.

Er brachte am 19.03.2014 einen Antrag auf Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass bei der belangten Behörde ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18.06.2015 wurde dieser Antrag auf Vornahme dieser Zusatzeintragung in den Behindertenpass abgewiesen.

Der Beschwerdeführer leidet unter folgender Funktionseinschränkung:

1. Absolute Spinalkanalstenose Lendenwirbelsäule (L4/L5)

2. Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus II

3. Arterielle Hypertonie

4. Sprunggelenks - und Kniegelenksarthrose rechts

5. hochgradiger Verdacht auf paVK beidseits

6. Zustand nach Blasenkrebs

7. Cholecystektomie

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt nicht zumutbar.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen und ihren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Chirurgie vom 27.12.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Vorliegen eines Behindertenpasses und zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründet sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte, auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers basierenden Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Chirurgie vom 27.12.2017, in dem sich der medizinische Sachverständige auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und der im Rahmen der Beschwerde neu vorgelegten Befunde umfassend und nachvollziehbar mit der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auseinandergesetzt hat. Der medizinische Sachverständige kommt zum Ergebnis, dass - wegen Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Vergleich zum Vorgutachten - aufgrund des zum Zeitpunkt der Erstellung seines Gutachtens bestehenden Ausmaßes der dauerhaften Einschränkung der Funktion der unteren Extremitäten dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar ist.

Dieses medizinische Sachverständigengutachten vom 27.12.2017 blieb von den Parteien des Verfahrens im Rahmen des ihnen eingeräumten Parteiengehörs unbestritten; es wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Der Vollständigkeit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18.06.2015 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:

" § 1 ....

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a)......

b)......

......

2. ......

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)......"

In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, StF: BGBl. II Nr. 495/2013, wird betreffend § 1 Abs. 2 Z 3 (in der Stammfassung) unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall in Betracht kommend - Folgendes ausgeführt:

"§ 1 Abs. 2 Z 3:

...

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

...

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-

hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-

schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-

nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-

anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),

-

schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-

fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-

selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

-

vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

-

laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

-

Kleinwuchs,

-

gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

-

bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."

..."

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Unter Zugrundelegung des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Chirurgie vom 27.12.2017, das sich mit der dauerhaften Mobilitätseinschränkung des Beschwerdeführers und ihrer Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise auseinandersetzt und dem die Parteien des Verfahrens im Rahmen des ihnen eingeräumten Parteiengehörs nicht entgegengetreten sind, ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" im Sinne des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen im Fall des Beschwerdeführers wegen Vorliegens erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten iSd Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen nunmehr erfüllt sind.

Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben.

Die genannte Zusatzeintragung im Behindertenpass wird daher in weiterer Folge von der belangten Behörde vorzunehmen sein.

Was schließlich den Umstand betrifft, dass die belangte Behörde über einen Antrag auf Ausstellung eines § 29b StVO-Parkausweises nicht bescheidmäßig abgesprochen hat, so ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass diese Frage mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Fragen der Art und des Ausmaßes der Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, von den Parteien des Verfahrens im Rahmen des eingeräumten Parteiengehörs nicht bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens vom 27.12.2017 geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2110852.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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