TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/28 W108 2139985-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.03.2018
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Entscheidungsdatum

28.03.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W108 2139968-1/9E

W108 2139984-1/8E

W108 2139975-1/8E

W108 2139972-1/8E

W108 2139980-1/8E

W108 2139985-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , 4. XXXX , geb. XXXX , 5. XXXX , geb. XXXX , 6. XXXX , geb. XXXX , 2. bis 6. vertreten durch 1., alle syrische Staatsangehörige, gegen jeweils Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 17.10.2016, 1. Zl. 1078242502/150870784/BMI-BFA_STM_RD, 2. Zl. 1078243107/150871543/BMI-BFA_STM_RD, 3. Zl. 1078247400/150871241/BMI-BFA_STM_RD, 4. Zl. 1078247607/150871335/BMI-BFA_STM_RD, 5. Zl. 1078247302/150871165/BMI-BFA_STM_RD, 6. Zl. 1078247509/150871306/BMI-BFA_STM_RD, jeweils wegen Nichtzuerkennung des Asylstatus nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.01.2018 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG sowie XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX gemäß § 34 Abs. 1 AsylG iVm 34 Abs. 2 AsylG der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang, Sachverhalt und Vorbringen:

1. Die beschwerdeführenden Parteien sind syrische Staatsangehörige kurdischer Abstammung moslemisch-sunnitischen Glaubens. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der fünf minderjährigen Zweitbis Sechstbeschwerdeführer. Sie stellten nach Einreise in Österreich am 16.07.2015 Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (im Folgenden: Antrag bzw. Asylantrag und AsylG). Ebenfalls am 16.07.2015 stellten der Bruder der Erstbeschwerdeführerin XXXX , geb. XXXX , sowie der Halbbruder der Erstbeschwerdeführerin XXXX , geb. XXXX , Asylanträge in Österreich.

Zu den Asylanträgen wurde folgendes Vorbringen erstattet:

Bei der Erstbefragung nach § 19 Abs. 1 AsylG verwies die Erstbeschwerdeführerin auf ihren Bruder und ihren Halbbruder und gab an, sie sei vor einigen Monaten, als der "Islamische Staat" (IS bzw. ISIS) in ihre Heimatstadt XXXX einmarschiert sei, mit ihren Kindern und der Familie ihrer zwei Brüder aus Syrien in die Türkei geflüchtet. Sie hätten Syrien wegen des Krieges verlassen. Kämpfer des IS hätten XXXX belagert und viele Kurden getötet. Ihr aller Leben sei unmittelbar durch den IS bedroht worden. Sie habe keine andere Wahl gehabt, als ihre Heimat samt ihrer Familie zu verlassen. Im Falle der Rückkehr befürchte sie den sicheren Tod durch die Kämpfer des IS.

Bei der nachfolgenden Einvernahme vor der belangte Behörde gab die Erstbeschwerdeführerin eingangs an, geschieden zu sein. Ihr Mann habe die letzten drei Jahre aus dem Libanon Geld geschickt, sie habe mit den Kindern alleine in XXXX gelebt. Dokumente könne sie keine vorlegen. Das Familienbuch sei beim Vater der Kinder im Libanon. Alle Kinder seien in XXXX geboren. Sie selbst sei in einem Dorf in der Umgebung XXXX , XXXX , geboren, habe aber seit der Hochzeit im Alter von 18 Jahren immer in XXXX gelebt. Ihr (geschiedener) Mann sei ebenfalls Kurde und habe vor drei Jahren seine zweite Frau geheiratet und in den Libanon mitgenommen. Das Haus in XXXX , in dem sie gewohnt habe, sei zerstört. Dies habe ihr einer ihrer Brüder, der noch immer dort lebe und gegen den IS kämpfe, erzählt. Aus Syrien sei sie gemeinsam mit zwei (anderen) ihrer Brüder, XXXX und XXXX , geflüchtet. Sie hätten Syrien vor zwei Jahren illegal verlassen. Jemand habe gegen drei Uhr in der Moschee gerufen, dass der IS komme und sie flüchten sollten. Daraufhin habe sie ihre Kinder genommen und sei geflüchtet. Es sei von allen Seiten gerufen worden, dass Frauen und Kinder die Stadt verlassen sollten. Es seien viele geflüchtet. Der IS habe die Stadt angegriffen. Sie seien etwa einen Monat an der Grenze gewesen, dann hätten auch Flugzeuge die Stadt bombardiert. Es seien damals mehrere tausend Leute aus XXXX geflüchtet. Der IS habe mindestens 350 Menschen "geschlachtet". Ihre Nachbarn seien nicht geflüchtet und bis auf den Sohn, der sich versteckt hätte, getötet worden. Sie habe Sicherheit für ihre Kinder gewollt, diese seien noch jung und sollten sie nicht so sterben müssen. Sie sehe keine Möglichkeit mehr, dort zu leben. Vor dem syrischen Präsidenten Assad hätten die Kurden den Mund nicht aufmachen dürfen, nun "schlachte" sie der IS. Sie sei vom Regime nicht persönlich bedroht worden. Sie könne wegen der allgemeinen Lage und wegen dem IS nicht in Syrien leben.

Der Bruder der Erstbeschwerdeführerin XXXX gab an, er sei - u.a. gemeinsam mit den beschwerdeführenden Parteien - illegal aus Syrien ausgereist, als der IS in ihr Gebiet einmarschiert sei. Die PKK wolle, dass er für sie kämpfe, aber er wolle keine Menschen töten. Er habe seinen Militärdienst abgeleistet, von einer nunmehrigen Einberufung als Reservist wisse er nichts.

4. Während das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) dem Bruder und dem Halbbruder der Erstbeschwerdeführerin aufgrund ihrer Asylanträge jeweils den Status des Asylberechtigten zuerkannte, wies sie die Asylanträge der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich des Status des Asylberechtigten mit den angefochtenen Bescheiden gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (jeweils Spruchpunkt I. der Bescheide). Unter Spruchpunkt II. dieser Bescheide wurde den beschwerdeführenden Parteien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihnen unter Spruchpunkt III. dieser Bescheide gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Aus der Begründung der angefochtenen Bescheide geht hervor, dass die belangte Behörde die Angaben der beschwerdeführenden Parteien zu Grunde legte, aber als nicht asylrelevant qualifizierte, und zwar im Wesentlichen mit der Begründung, dass eine individuelle Verfolgungssituation nicht gegeben sei und die drohenden Gefahren der allgemein schwierigen Lage in Syrien zuzuschreiben seien (weshalb den beschwerdeführenden Parteien der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde). Die Furcht vor möglichen Auswirkungen der Kampfhandlungen zwischen der syrischen Staatsmacht und den unterschiedlichsten Oppositions-/Rebellengruppierungen stelle sich unter Zugrundelegung der Angaben der beschwerdeführenden Parteien im Abgleich mit dem notorischen Wissen über die Vorgänge in Syrien als nachvollziehbar und daher auch glaubhaft dar. Die beschwerdeführenden Parteien hätten aufgrund der allgemeinen Folgen des Bürgerkrieges Syrien verlassen, sie hätten jedoch unmissverständlich individuelle Verfolgungshandlungen verneint. Die Behörde verkenne nicht, dass die überwiegende Mehrheit der syrischen Zivilbevölkerung, in unterschiedlichsten Ausformungen von den Auseinandersetzungen des syrischen Kriegs/Bürgerkriegsparteien betroffen sei. Die entscheidende Komponente einer individuellen Betroffenheit, die die Situation der beschwerdeführenden Parteien in den Bereich asylrechtlicher Relevanz rücken würde, hätten die beschwerdeführenden Parteien nicht glaubhaft machen können bzw. nicht geltend gemacht.

5. Gegen Spruchpunkt I. der Bescheide (Versagung des Asylstatus) richtet sich die fristgerecht eingebrachte gemeinsame Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, in welcher im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wird:

Die beschwerdeführenden Parteien stammten aus XXXX und gehörten der kurdischen Volksgruppe an. Der Bruder der Erstbeschwerdeführerin sei Mitglied der kurdischen Miliz YPG, die der PKK nahestehe. Sie befürchteten Verfolgung seitens des IS, aber auch seitens anderer Kriegsakteure aufgrund der Unterstellung einer PKK-nahen politischen Gesinnung. Als alleinstehende Frau ohne familiäres Auffangnetz und ohne Existenzgrundlage in Syrien komme der Erstbeschwerdeführerin besondere Vulnerabilität zu, in der angesichts der Berichtslage zu Übergriffen auf Frauen und deren massiver Schutzbedürftigkeit auch ein Asylgrund zu sehen sei. Die Situation von Frauen habe sich durch den fortgesetzten Konflikt dramatisch verschlechtert und würden Frauen aufgrund ihres Geschlechts zunehmend Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien. Frauen würden inhaftiert, als Geisel genommen, gefoltert, sexueller und sonstiger Gewalt ausgesetzt und Opfer einer strengen Auslegung der Scharia. Syrischen Staatsangehörigen und Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Syrien, die aus dem Land geflohen seien, könne Verfolgung aufgrund einer politischen Überzeugung drohen, die ihnen wegen einer vermeintlichen Verbindung mit einer Konfliktpartei unterstellt werde. Die beschwerdeführenden Parteien würden bereits durch ihre Herkunft aus XXXX ein asylrelevantes Merkmal aufweisen, weil ihnen aus diesem Grund vom syrischen Staat politische Unzuverlässigkeit sowie seitens des IS eine Gegnerschaft sowie seitens der syrischen Rebellengruppe eine ideologische Nähe zur PKK-Miliz unterstellt werden würde.

6. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerden samt den bezughabenden Akten der Verwaltungsverfahren dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

7. Am 10.01.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache der beschwerdeführenden Parteien eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher sich die Erstbeschwerdeführerin und die Zweitbeschwerdeführerin persönlich beteiligten und der Bruder der Beschwerdeführerin XXXX als Zeuge vernommen wurde.

Die Erstbeschwerdeführerin sagte u.a. aus, dass ihre Ausreise illegal, ohne Ausreisegenehmigung, erfolgt sei. Ihre Ehe mit dem Vater ihrer Kinder sei nicht offiziell aufgelöst, dieser habe Syrien vor dem Krieg verlassen. Ihr Vater und ihre Schwiegereltern befänden sich noch in Syrien, XXXX . Weder ihr Ehemann noch andere Angehörige aus ihrer Familie hätten sich politisch betätigt, ihr Halbbruder XXXX habe sich in Syrien der kurdischen Miliz angeschlossen. In Syrien sei noch keine Sicherheit und es herrsche noch Krieg. Der IS könne jederzeit zurückkommen.

Der Zeuge sagte aus, er sei gemeinsam mit seiner Schwester, der Erstbeschwerdeführerin, ausgereist. Er sei geflüchtet, weil damals der IS in das Gebiet einmarschiert sei. Alle seien deswegen geflüchtet. XXXX sei von der PKK sechs Monate inhaftiert worden. Nach seiner Freilassung sei er für 10 Monate zum kurdischen Militär gekommen und sei derzeit noch in Syrien. Er und seine Brüder seien in Gefahr, zum syrischen Militärdienst einberufen bzw. zwangsrekrutiert zu werden. Das syrische Regime zwangsrekrutiere derzeit alle Männer bis 45 Jahre. Es gebe ein präsidiales Dekret, wonach es die Aufgabe aller syrischen Männer bis 45 Jahre sei, das Vaterland zu verteidigen, und sich zum Militärdienst zu melden. In diesem Dekret stehe, dass alle als Reservisten gelten würden und daher jederzeit einberufen werden könnten. Er habe keinen persönlichen Einberufungsbefehl erhalten. Sein Cousin väterlicherseits XXXX , der sich in Deutschland befinde, stehe auf einer Liste von Personen, die vom syrischen Regime gesucht würden. Er solle seinen Militärdienst antreten. XXXX habe ihm diese Liste mit den Namen geschickt. Die Liste sei XXXX von einem Freund übermittelt worden. Das sei vor ca. 2 Jahren gewesen. Er hätte mit XXXX telefoniert und dieser habe ihm mitgeteilt, dass er nicht nach Syrien zurück könne, weil das syrische Regime nach ihm fahnde. Er nehme an, dass die Liste vom syrischen Geheimdienst gewesen sei. Dass ein Cousin väterlicherseits vom Regime gesucht werde, könne eine Gefahr für ihn und seine Schwester darstellen, da es bekannt sei, dass das syrische Regime immer schon Verwandte oder andere Familienmitglieder verhaftet habe, um die Person, nach der gefahndet werde, zu zwingen, sich zu stellen. XXXX habe in XXXX gelebt, bis der IS dort eingedrungen sei und die Kurden vertrieben habe. Er habe Kontakt zu seinen Familienangehörigen in XXXX , dort gebe es kein syrisches Regime. Derzeit bestünden Probleme mit der Türkei, die die Kurden beschuldige, die PKK zu unterstützen. Vor 10 bis 15 Jahren hätten sich viele Verwandte den kurdischen Parteien angeschlossen. Niemand aus der Familie habe sich an den Demonstrationen oder Protesten gegen das Regime beteiligt. Er wolle weder mit der PKK noch dem Regime etwas zu tun haben. Es gebe niemanden aus seiner Familie, der dem Regime nahestehe oder es unterstütze.

Die Erstbeschwerdeführerin gab nach der Aussage des Zeugen an, nichts von der Suche der syrischen Regierung nach ihrem Cousin gewusst zu haben. Ein Bruder ihres Cousins sei durch einen Angriff der Regierung mit Fassbomben ums Leben gekommen. Es sei wahrscheinlich, dass die Suche nach ihrem Cousin Auswirkungen auf sie habe, weil die syrische Regierung, wenn sie nach jemandem fahnde und die Person selbst nicht "erwische", einen Verwandten oder eine andere Person aus der Familie in Haft nehme. Sie gehöre zur Familie ihres Cousins väterlicherseits XXXX , als Cousine väterlicherseits bestehe die Gefahr, vom Regime wegen XXXX verhaftet zu werden, um so Druck auf XXXX auszuüben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Es wird von dem im Punkt I. dargestellten Verfahrensgang, Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien und Aussagen des Zeugen, ausgegangen. Es wird der Entscheidung daher zusammengefasst zu Grunde gelegt:

Die beschwerdeführenden Parteien sind syrische Staatsangehörige kurdischer Abstammung moslemisch-sunnitischen Glaubens aus dem überwiegend von Kurden bewohnten Gebiet XXXX im Gouvernement Aleppo in Syrien. Das von den beschwerdeführenden Parteien bewohnte Gebiet wurde Schauplatz der Aufstandsbewegung (von Protesten) gegen das syrische Regime und des Bürgerkrieges mit (zeitweiser) Präsenz von oppositionellen (auch radikal islamistischen) bewaffneten Gruppierungen (wie IS) bzw. Gegnern des Assad-Regimes. Wegen des Eindringens des IS in dieses Gebiet und der damit in Zusammenhang stehenden Gefahr, als Kurden vom IS verfolgt zu werden, verließen die beschwerdeführenden Parteien ihr Herkunftsgebiet und in weiterer Folge Syrien gemeinsam mit dem Bruder und dem Halbbruder der Erstbeschwerdeführerin ( XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX ), denen in Österreich der Status von Asylberechtigten zuerkannt wurde, wobei die Ausreise aus Syrien illegal erfolgte. Ein Halbbruder der Erstbeschwerdeführerin hat sich den kurdischen Milizen angeschlossen und kämpft gegen den IS. Den in Österreich asylberechtigten Brüdern der Erstbeschwerdeführerin droht in Syrien die zwangsweise Einziehung in den Militärdienst der syrischen Regierung, in den sie nicht eintreten wollen. Der aus XXXX (wo u.a. die zur syrischen Regierung oppositionellen Gruppierungen al-Nusra-Front, IS und Freie Syrische Armee zweitweise Gebietsbereiche kontrollierten) stammende Cousin der Erstbeschwerdeführerin väterlicherseits XXXX , der sich in Deutschland befindet, wird von der syrischen Regierung wegen des Militärdienstes gesucht und steht auf einer Liste der von der syrischen Regierung gesuchten Personen. Die Erstbeschwerdeführerin hatte und hat bei einem Aufenthalt in Syrien bei einem Behördenkontakt/Kontakt mit der syrischen Regierung damit zu rechnen, wegen ihres gesuchten Cousins und/oder wegen ihrer Brüder in Österreich in Anspruch genommen zu werden und/oder als politisch oppositionell angesehen zu werden. Die Erstbeschwerdeführerin ist keine Anhängerin der syrischen Regierung und lehnt eine Unterstützung der syrischen Regierung ab.

Der beschwerdeführenden Parteien sind nicht straffällig geworden.

1.2. hinsichtlich der Lage in Syrien:

Im Laufe des Konflikts wird die kurdische Bevölkerung vor allem durch ISIS und Al-Nusra-Front als Unterstützer der YPG wahrgenommen, die beträchtliche Teile des Gebiets im Norden Syriens, das zuvor in der Hand von ISIS war, unter ihre Kontrolle gebracht hat. Extremistische Gruppen betrachten Berichten zufolge Kurden als "Ungläubige". Berichten zufolge hat ISIS in dem Bemühen, seine Herrschaft zu installieren und zu konsolidieren, vorsätzlich Zivilpersonen aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Meinung und/oder religiösen oder ethnischen Identität angegriffen, u. a. durch willkürliche Überfälle auf (Minderheits-)Regionen, Massenhinrichtungen und Zwangsvertreibungen.

Derzeit führt ISIS eine Offensive im Gebiet Kobane/Ain al-Arab durch. Vor allem Kämpfer der kurdischen YPG, des bewaffneten Arms der PYD (Kurdish Democratic Union Party) verteidigen das Gebiet, welches für beide strategisch wichtig ist.

Experten drückten wiederholt ihre Besorgnis über die fortgesetzte Sicherheitsbedrohung für Minderheiten in Syrien aus, darunter für Alawiten, Armenier, Assyrer, Drusen, Ismailis und Kurden, die aufgrund ihrer religiösen oder ethnischen Identität getötet, verfolgt oder auf andere Weisen angegriffen werden - vorwiegend durch nichtstaatliche bewaffnete Gruppen, darunter die Al-Nusra-Front und der so genannte "Islamische Staat im Irak und der Levante". Gemäß der unabhängigen UN-Untersuchungskommission wurden Minderheiten in von ISIS kontrollierten Gebieten, in denen unterschiedliche ethnische und religiöse Gemeinschaften lebten, zur Assimilation oder Flucht gezwungen. Bereits im Juli 2013 wurden Kurden aus Städten in ArRaqqah durch ISIS zwangsvertrieben. Erst im November 2014 wurden die kurdischen Bewohner von Al Bab (Aleppo) vertrieben. ISIS hat ferner christliche Kirchen und schiitische Heiligtümer in den Gebieten unter seiner Kontrolle zerstört. Berichten ist zu entnehmen, dass bewaffnete oppositionelle Gruppen den Begriff "regierungsnah" in einer breiten Auslegung auf die Zivilbevölkerung anwenden. Als regierungsnah werden u. a. Einwohner von Gebieten betrachtet, die unter der Kontrolle der Regierung stehen, Gebiete, auf denen sich Militäranlagen der Regierung oder deren Personal befinden (häufig in Wohngebieten stationiert), sowie Bevölkerungsgruppen, bei denen aufgrund ihres religiösen Hintergrunds davon ausgegangen wird, dass sie die Regierung unterstützen. Diese Zivilpersonen werden von bewaffneten oppositionellen Gruppen als gegnerisch angesehen. Als "regierungsnah" wahrgenommene Zivilpersonen, die in Nachbarschaften, Städten und Dörfern leben, die sich derzeit oder vormals unter der Kontrolle der Regierung befinden bzw. befanden, werden Berichten zufolge regelmäßig von oppositionellen bewaffneten Gruppen angegriffen. Ähnlich werden vorwiegend von religiösen Minderheiten bewohnte Nachbarschaften, Städte und Dörfer Berichten zufolge von oppositionellen bewaffneten Gruppen angegriffen, da die Bewohner als Unterstützer der Regierung wahrgenommen werden. Zu den gewaltsamen Methoden, die oppositionelle bewaffnete Gruppen gegen Zivilpersonen einsetzen, die in als "regierungsnah" wahrgenommenen Ortschaften leben, gehören Mörser- und Raketenangriffe, Heckenschützenbeschuss, Selbstmordattentate und Autobomben sowie Bodenangriffe, begleitet von Geiselnahmen, extralegalen Hinrichtungen einschließlich Massakern sowie Plünderungen und Brandschatzungen. Aus Berichten geht außerdem hervor, dass bewaffnete oppositionelle Gruppen einige Gebiete, die sie als regierungsnah ansehen, belagern oder Zivilpersonen in diesen Gebieten von grundlegender Versorgung und humanitärer Hilfe abschneiden. Zivile Bewohner von "regierungsnahen" Ortschaften werden Berichten zufolge als Geiseln für die Erpressung von Lösegeld oder für Gefangenenaustausch benutzt.

Opposition/Zuschreibung einer oppositionellen Gesinnung

Bestimmte Personen werden aufgrund ihrer politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen oder ihnen wird auf andere Weise Schaden zugefügt. Aber die Konfliktparteien wenden Berichten zufolge breitere Auslegungen an, wen sie als der gegnerischen Seite zugehörig betrachten. Diese basieren z.B. auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in einem bestimmten Gebiet, das als "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" gilt.

Eine sich verstärkende Besonderheit des Konflikts in Syrien ist der Umstand, dass - auch - die syrische Regierung als Konfliktpartei oftmals größeren Personengruppen, einschließlich Familien, Stämmen, religiösen bzw. ethnischen Gruppen sowie ganzen Städten, Dörfern und Wohngebieten, eine politische Meinung unterstellt. Die Annahme, dass eine Person eine bestimmte politische Meinung hat, oder eine bestimmte Konfliktpartei unterstützt, basiert oft nur auf wenig mehr als der physischen Anwesenheit dieser Person in einem bestimmten Gebiet oder ihrer Abstammung aus diesem Gebiet oder auf ihrem ethnischen oder religiösen Hintergrund oder ihrer Stammeszugehörigkeit.

Personen, die tatsächlich oder vermeintlich regierungsfeindliche Ansichten haben

Einwohner Syriens, die tatsächlich oder vermeintlich regierungskritische politische Ansichten im weitesten Sinne haben, sind als Personen anzusehen, die gefährdet sind durch die Regierung verfolgt zu werden. Es liegen schon seit längerem Berichte darüber vor, dass die syrische Regierung politischen Dissens durch Einschüchterung, Überwachung und Inhaftierung von politischen Aktivisten, Journalisten, Schriftstellern und Intellektuellen unterdrückt. Auf die im März 2011 aufkommenden Protestbewegungen und die sich anschließenden bewaffneten Aufstände, reagierten die Regierung und regierungsfreundliche Kräfte, wie aus Berichten hervorgeht, mit massiver Unterdrückung und Gewalt. Die Regierung wendet, wie berichtet wird, bei der Beurteilung von politischem Dissens sehr breite Kriterien an: jegliche Kritik, Opposition oder sogar unzureichende Loyalität der Regierung gegenüber, wie auch immer ausgedrückt - friedlich oder gewalttätig, organisiert oder spontan, im Rahmen einer politischen Partei, bewaffneten Gruppe oder individuell, virtuell im Internet oder im bewaffneten Konflikt - führte Berichten zufolge zu schweren Vergeltungsmaßnahmen für die betreffenden Personen. Es wurde berichtet, dass zahlreiche Protestteilnehmer, Aktivisten, Wehrdienstentzieher, Deserteure, Laienjournalisten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Ärzte und andere Personen, denen regierungsfeindliche Haltungen zugeschrieben wurden, willkürlich verhaftet, in incommunicado Haft genommen, gefoltert oder anderen Misshandlungen ausgesetzt, oder Opfer von extralegalen oder Massenhinrichtungen wurden. Gegen zahlreiche Personen wurden Berichten zufolge Strafverfahren gemäß dem Terrorbekämpfungsgesetz (Gesetz Nr. 19 vom 2. Juli 2012) durchgeführt. Das Gesetz sieht schwere Strafen - von langjährigen Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe - für Personen vor, bei denen festgestellt wird, dass sie "terroristische" Handlungen begangen haben. "Terrorismus" ist vage und mit sehr weiten Begriffen in den Gesetzen definiert, die viel Raum für Strafverfolgung wegen zahlreicher unterschiedlicher Aktivitäten bieten, einschließlich Teilnahme an Protesten, Äußerungen in sozialen Medien, Bereitstellung humanitärer Hilfsdienste, Schmuggeln von Arzneimitteln und Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen. Berichten ist zu entnehmen, dass die meisten Häftlinge nie förmlich angeklagt werden. Gegen tausende Zivilisten wurden Berichten zufolge von Strafgerichten, dem Antiterrorismus-Gericht in Damaskus und militärischen Feldgerichten Strafverfahren durchgeführt, die gegen die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren verstoßen. In der Regel gingen den Verfahren monatelange Untersuchungshaft in Einrichtungen der Sicherheitsdienste und erzwungene Geständnisse voraus. Es wird berichtet, dass die Strafen für jene Personen, die vor Gericht gestellt und verurteilt wurden, auch dann hart sind, wenn die fraglichen Aktivitäten selbst friedlich waren. Wie aus Berichten hervorgeht, überwacht die Regierung Korrespondenz, Online-Aktivitäten und politische Zusammenkünfte. Die Regierung hört Berichten zufolge mit Hilfe von entsprechender Ausrüstung Gespräche ab, installiert Spysoftware auf den Computern von Aktivisten, blockiert Textnachrichten und ortet Mobil- und Satellitentelefone. Aus Berichten geht hervor, dass die Online-Überwachung zu willkürlichen Verhaftungen, incommunicado Haft, Folter und Tötungen von zahlreichen politischen Dissidenten, Aktivisten, Laienjournalisten und anderen Personen geführt hat. Zahllose Personen wurden Berichten zufolge inhaftiert, nachdem sie über soziale Medien Fotos oder Videos, die regierungskritische Proteste oder Aufstände unterstützen, weitergeleitet, positiv bewertet oder kommentiert hatten. Wie berichtet wird, hackt die seit April 2011 bestehende so genannte Syrische Elektronische Armee mit stillschweigender Zustimmung der Regierung Websites und Seiten sozialer Medien von oppositionellen Gruppen, von bestimmten westlichen Medien und Menschenrechtsorganisationen und blockiert sie oder überflutet sie mit regierungsfreundlichen Inhalten. Wie aus Berichten hervorgeht, wurden nach Ausbruch der regierungskritischen Proteste im März 2011 Syrer, die im Ausland an solchen Protesten teilnahmen, durch Mitarbeiter syrischer Botschaften und durch andere Personen, die mutmaßlich im Auftrag der syrischen Regierung handelten, kontrolliert, eingeschüchtert und teilweise körperlich angegriffen. Berichten zufolge wurden die in Syrien gebliebenen Angehörigen von syrischen Staatsangehörigen, die sich an Protesten oder damit verbundenen Aktivitäten im Ausland beteiligt hatten, Befragungen unterzogen, durch telefonische Anrufe, E-Mails und Facebook-Nachrichten bedroht, sie wurden verhaftet, misshandelt oder sogar getötet. In Deutschland wurden vier Mitarbeiter der syrischen Botschaft, die mutmaßlich Aktivitäten syrischer Oppositionsmitglieder überwachten, ausgewiesen. Wie berichtet wird, befürchten im Exil lebende Syrer von Landsleuten, die aus eigener Initiative oder als Informanten im Auftrag der syrischen Regierung handeln, überwacht, bedroht oder in sozialen Medien als "regierungsfeindlich" dargestellt zu werden.

(Arabische) Sunniten werden im Allgemeinen und insbesondere, wenn sie aus Gebieten stammen, die bekanntermaßen mit der Opposition sympathisieren oder unter der de facto Kontrolle bewaffneter oppositioneller Gruppen stehen, als regierungsfeindlich wahrgenommen. Aus diesem Grund waren ihre Wohngebiete von Beschießungen, Artilleriefeuer und Militärangriffen betroffen und von der Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Grundbedarfsgütern abgeschnitten. Darüber hinaus wurden Sunniten von Streitkräften der Regierung aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Verbindung mit sunnitischen Islamisten oder Salafisten bzw. ganz allgemein bewaffneten oppositionellen Gruppen willkürlich verhaftet, in Isolationshaft genommen, gefoltert und auf andere Weisen misshandelt sowie extralegal und standrechtlich hingerichtet. Der unabhängigen UN-Untersuchungskommission zufolge besteht "in von der Regierung kontrollierten Gebieten für sunnitische Männer aus Unruhegebieten das größte Risiko, an Kontrollstellen oder bei Hausdurchsuchungen inhaftiert zu werden, da sie als wahrscheinliche Sympathisanten oder Unterstützer von oppositionellen bewaffneten Gruppen gelten. Diese Gemeinschaft ist insbesondere in Hinblick auf Zwangsverschleppung, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen während Inhaftierungen gefährdet.

Berichten ist zu entnehmen, dass Zivilpersonen, die aus Gebieten stammen oder in Gebieten wohnen, in denen es zu Protesten der Bevölkerung kam und/oder in denen bewaffnete oppositionelle Gruppen in Erscheinung treten oder (zeitweise) die Kontrolle übernommen haben, im Allgemeinen mit der Opposition in Verbindung gebracht werden und daher von der Regierung als regierungsfeindlich angesehen werden. Es gehört Berichten zufolge zu einer umfassenden Politik, Zivilisten aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, ihrer Anwesenheit in einem Gebiet oder ihrer Herkunft aus einem Gebiet, das als regierungsfeindlich und/oder als Unterstützer oppositioneller bewaffneter Gruppen betrachtet wird, ins Visier zu nehmen.

Die tatsächlich oder vermeintlich oppositionellen Ansichten einer Person werden häufig auch Personen in ihrem Umfeld, wie Familienmitgliedern, Nachbarn und Kollegen zugeschrieben. Die Familienangehörigen (beispielsweise Ehegatten, Kinder, Geschwister, Eltern und auch entferntere Verwandt) von (tatsächlichen oder vermeintlichen) Protestteilnehmern, Aktivisten, Mitgliedern von Oppositionsparteien oder bewaffneten oppositionellen Gruppen, Überläufern und Wehrdienstentziehern und anderen Personen wurden Berichten zufolge willkürlich verhaftet, in incommunicado Haft genommen, gefoltert und in sonstiger Weise - einschließlich unter Anwendung sexueller Gewalt - misshandelt sowie auch willkürlich hingerichtet. Verläuft die Fahndung nach einem Regierungsgegner bzw. einer Person, die für einen Regierungsgegner gehalten wird, erfolglos, gehen die Sicherheitskräfte Berichten zufolge dazu über, die Familienangehörigen der betreffenden Person festzunehmen oder zu misshandeln. Dies geschieht entweder, um Vergeltung zu üben für die Aktivitäten bzw. den Loyalitätsbruch der gesuchten Person oder um Informationen über ihren Aufenthaltsort zu gewinnen und/oder mit der Absicht, die betreffende Person dazu zu bewegen, sich zu stellen bzw. die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zu gestehen. Wie aus Berichten hervorgeht, wurden weibliche Verwandte verhaftet und als "Tauschobjekte" für Gefangenenaustausch mit regierungsfeindlichen bewaffneten Gruppen verwendet. Darüber hinaus liegen Berichte vor, dass sogar Nachbarn, Kollegen und Freunde verfolgt wurden.

Aus Angst, selbst inhaftiert und misshandelt zu werden, sehen Familienmitglieder, wie Berichten zu entnehmen ist, häufig davon ab, nach dem Aufenthaltsort von verhafteten Familienmitgliedern zu forschen oder sich über die Verhaftung zu beklagen. Wie aus Berichten hervorgeht, sehen sie sich stattdessen gezwungen, korrupten Staatsbediensteten Schmiergelder zu bezahlen, um Informationen über den Aufenthaltsort eines inhaftierten Angehörigen zu erhalten, seine Verlagerung von einer Haftanstalt des Sicherheitsdienstes in die zentrale Haftanstalt zu veranlassen oder für seine Freilassung zu sorgen - dabei besteht für sie keine Erfolgsgarantie. Amnestien durch den Präsidenten haben, wie berichtet wird, auch Richtern die Möglichkeit eröffnet, Bestechungsgelder von Familien entgegen zu nehmen, die die Freilassung eines inhaftierten Familienmitglieds erreichen möchten. In besonders schwerwiegenden Fällen wurden Berichten zufolge ganze Familien von Oppositionsmitgliedern oder Überläufern verhaftet oder extralegal hingerichtet, beispielsweise bei Hausdurchsuchungen.

Aufgrund verfügbarer Herkunftslandinformationen reicht allein der Verdacht, dass eine Person regierungskritische Ansichten hat oder mit einer Person in Verbindung steht, die solche Ansichten hat, für die Verfolgung aus.

Wehrdienstverweigerer, Deserteure und ihre Familienangehörigen

Die Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates zu Syrien und das Syrian Human Rights Committee berichteten 2013 über Exekutionen von desertierten Soldaten, über Verhaftungen von Familienangehörigen von Deserteuren und über willkürliche Verhaftungen von Personen, die sich nicht ausweisen können und aus umkämpften Gebieten geflohen sind.

Syrische Oppositionelle oder Deserteure sind im mit Syrien verbündeten Libanon ebenfalls von Verhaftung bedroht. Sogar Familienangehörige von Deserteuren und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, sind im Ausland in Gefahr.

Zivilisten, die für die Armee gearbeitet haben und die Armee verlassen haben, gelten als Verräter und werden wie Deserteure bestraft. Personen, die nach einem bewilligten Aufenthalt im Ausland nicht nach Syrien zurückkehren, werden als Wehrdienstverweigerer oder Deserteur eingestuft und dementsprechend bestraft.

Wenn die Personen, die vom syrischen Regime einberufen wurden, nicht freiwillig erscheinen, werden sie als Wehrdienstverweigerer gelistet und werden von den Behörden gesucht. Die Truppen der Regierung sind ausgedünnt und es mangelt an Militärs.

Wehrdienstentzieher, die sich nicht innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der festgelegten Frist zum Militärdienst melden, werden (in Friedenszeiten) mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft. Die Wehrdienstpflicht besteht dabei weiterhin fort. Wenn Personen sich innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der Frist freiwillig melden, wird die Strafe um 50 Prozent herabgesetzt. In Kriegszeiten wird Wehrdienstentziehung je nach den Umständen mit Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren bestraft. Nach Verbüßung der Strafe muss der Wehrdienstentzieher weiterhin den regulären Militärdienst ableisten.

Es wird berichtet, dass Wehrdienstentzieher in der Praxis festgenommen und unterschiedlich lange inhaftiert werden und danach in ihrer militärischen Einheit Dienst leisten müssen. Aus Berichten geht hervor, dass sie während der Haft dem Risiko der Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind. Die Regierung inhaftiert Berichten zufolge außerdem gezielt Familienmitglieder von Wehrdienstentziehern, um Druck auf Männer im wehrfähigen Alter auszuüben, in den Militärdienst zu treten. Wie aus Berichten hervorgeht, ist es unklar, auf welche Weise Personen über die Verpflichtung informiert werden, sich zum Militärdienst zu melden. Ferner ist unklar, wie viel Zeit vergeht, bis der Name einer Person, die dem Einberufungsbefehl nicht Folge leistet, an das Militär und an Personenkontrollstellen mit der Anweisung gemeldet wird, die betreffende Person aufgrund von Wehrdienstentziehung festzunehmen. Einzelne Berichte legen außerdem nahe, dass zumindest in manchen Fällen Personen nach ihrer Festnahme an Kontrollstellen in die Armee eingezogen wurden, ohne zuvor einen Einberufungsbescheid erhalten zu haben. Ungeachtet des genauen Zeitpunkts, zu dem eine Person gemäß anwendbarem syrischem Recht als wehrdienstpflichtig betrachtet wird (und sich daher strafbar macht, wenn sie dem Einberufungsbefehl nicht Folge leistet), kann nach Beobachtungen von UNHCR "eine Wehrdienstentziehung auch präventiv erfolgen, indem die betreffende Person noch vor Eintreffen des eigentlichen Erfassungs- oder Einberufungsbefehls handelt", indem sie zum Beispiel das Land verlässt.

Die syrische Regierung betrachtet, wie Berichten zu entnehmen ist, Wehrdienstentziehung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen "terroristische" Bedrohungen zu schützen.

Jenen, die den Wehrdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen.

Auch Familien von Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern haben mit Konsequenzen zu rechnen. Eine Familie könnte von der Regierung unter Druck gesetzt werden, wenn der Deserteur dadurch vielleicht gefunden werden kann. Familienmitglieder (auch weibliche) können festgenommen werden, um den Deserteur dazu zu bringen, sich zu stellen.

Manchmal wird ein Bruder oder der Vater eines Deserteurs ersatzweise zur Armee rekrutiert.

Die Familien und besonders die Väter von Militärdienstverweigerern und Deserteuren werden üblicherweise schikaniert, um die Söhne zu zwingen, sich zu stellen. Die Behörden treten auch an bestimmte Gemeinschaften heran und verlangen, dass die Familien die Mitglieder, die für den Militärdienst gesucht werden, übergeben. Obwohl die Soldaten streng beaufsichtigt werden und ihre Familien bei Fahnenflucht mit Repressalien rechnen müssen, gibt es immer wieder Deserteure. Die meisten von ihnen seien Angehörige der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit. Das Regime verwendet weiterhin alle möglichen Druckmittel von bürokratischen Auflagen bis hin zu Gefängnis und Folter, um die syrischen Streitkräfte oder die paramilitärischen Verbände zu verstärken. Amnestien dienen im Endeffekt nicht dazu, den Wehrdienstverweigerern und Deserteuren eine Strafe zu ersparen, sondern ihrer habhaft zu werden, um sie zum Militärdienst und letztendlich zum Kampfeinsatz einziehen zu können. Auch Familienangehörige von Deserteuren, von Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, oder von Zivilisten, die bei der Armee gearbeitet haben, werden bestraft. Geschwister, Brüder und Schwestern, wie auch Mütter und Väter werden verhaftet. Neben Plünderung ihrer Häuser und Verhaftungen werden Familienangehörige von Deserteuren und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, häufig aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Die Maßnahmen gegen die Familien von Deserteuren variieren in den verschiedenen Regionen. Väter oder Brüder werden rekrutiert, um den Deserteur in der Armee zu ersetzen. Desertiert jemand mit der Waffe, werden die Familienangehörigen verhaftet. Wenn sie sich nicht mehr in Syrien aufhalten, werden sie auf eine der Suchlisten gesetzt.

Wie Berichte belegen, griffen Regierungskräfte zum Beispiel bei Verhaftungskampagnen in Gebieten, in denen ihrer Wahrnehmung nach die Opposition unterstützt wurde, gezielt Angehörige von Deserteuren heraus. Das Eigentum von Deserteuren wurde, wie berichtet wird, durch Plünderung und Brandstiftung zerstört.

Personen, die im Ausland auf bestimmte Weise aktiv sind

Wie aus Berichten hervorgeht, betrachtet die Regierung bestimmte Aktivitäten von im Ausland lebenden Syrern als Ausdruck einer oppositionellen Einstellung, darunter Anträge auf Asyl, Teilnahme an regierungskritischen Protesten, Kontakte zu Oppositionsgruppen oder andere Ausdrucksformen der Kritik an der Regierung, einschließlich über soziale Medien.

Frauen

Die Situation von Frauen verschlechtert sich durch den fortgesetzten Konflikt dramatisch, da Frauen aufgrund ihres Geschlechts zunehmend Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien werden. Berichten zufolge wurden Tausende von Frauen bei dem Beschuss ziviler Gebiete und durch Heckenschützen sowie im Rahmen von Überfällen und Massakern getötet. Andere werden inhaftiert, als Geisel genommen, gefoltert, sexueller und sonstiger Gewalt ausgesetzt, als menschliche Schutzschilde verwendet oder werden Opfer einer strengen Auslegung der Scharia. Zunehmend übernehmen Frauen die überwiegende oder ausschließliche Versorgung der Familie, da die männlichen Familienangehörigen verletzt, behindert, festgenommen, verschwunden, getötet oder aufgrund ihrer Beteiligung am Konflikt nicht vor Ort sind oder aus Angst vor Inhaftierung oder vor Massenhinrichtungen an Kontrollstellen nicht wagen, ihre Häuser zu verlassen. Diese Frauen und Mädchen sind besonderen Schwierigkeiten während ihrer Bemühungen ausgesetzt, ihr Leben neu aufzubauen und trotz erhöhtem Missbrauchs- und Ausbeutungsrisiko für ihre Familien zu sorgen.

Ethnische/religiöse Minderheiten

Auch unter den Minderheiten gibt es eine Spaltung zwischen Gegnern und Befürwortern des syrischen Regimes. Auch unter (bzw. gerade unter) den Kurden gibt es [auch exilpolitisch tätige] Regimegegner. Das Regime geht verstärkt gegen christliche und alawitische Regimegegner vor, welche der Regime-Narrative von "der sunnitisch gesponserten Gewalt" widersprechen könnten. Die ChristInnen werden beschuldigt, auf Seiten des Regimes zu stehen. In noch stärkerem Ausmaß werden AlawitInnen kollektiv als verantwortlich für Taten des Regimes wahrgenommen, obwohl bereits unter Hafiz al-Assad aus ihren Reihen die bekanntesten RegimekritikerInnen stammten. Der Anstieg an interkonfessioneller Gewalt traf besonders AlawitInnen, DruzInnen, schiitische MuslimInnen und ChristInnen. Mitglieder religiöser Minderheiten sind Drohungen und Einschüchterungen, Entführungen, Folter und Hinrichtungen durch bewaffnete Oppositionsgruppen ausgesetzt, weil sie Unterstützer oder Angehörige der Regierung, seiner Streitkräfte und Milizen sind bzw. als solche wahrgenommen werden. Staatsangestellte, die das Land ohne Bewilligung verlassen haben, werden als Verräter eingestuft und dementsprechend bestraft. Staatsangestellte und (insbesondere christliche und alawitische) Minderheiten werden dem syrischen Regime zugerechnet. Die Regierung erwartet von Personen "in ihren eigenen Reihen" umso mehr eine Unterstützung und ein eindeutiges Bekenntnis zum Regime.

Menschenrechtsverletzungen

Die syrische Regierung, ihre Streitkräfte und regierungsfreundliche Kräfte begehen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, wie Mord, Vernichtung, Folter, Vergewaltigung, Zwangsverschleppungen, Angriffe auf die Zivilbevölkerung und andere unmenschliche Akte. Im Zuge mehrerer großer Militäroperationen von Regierungs- und regierungsfreundlichen Truppen verübten diese Massenmorde, auch an Frauen und Kindern. Der fortgesetzte Konflikt führte zu einigen der abscheulichsten Bedingungen für Menschenrechte und humanitäre Lage weltweit, darunter Ermordungen, Folter, willkürliche Haft, Verschwindenlassen, Verweigerung des Zugangs zu Justiz, schwere Einschränkungen der Meinungsfreiheit und die Verfolgung von Frauen und Minderheiten. Kinder wurden ermordet, gefoltert und der Gewalt durch alle Parteien ausgesetzt. Es kommt auch zu frühen Zwangsheiraten von Mädchen. Die meisten Menschenrechtsverletzungen und Brüche des humanitären Gesetzes wurden systematisch von syrischen Regierungskräften und ihren verbündeten Gruppen begangen.

Der bewaffnete Konflikt in Syrien ist Berichten zufolge weiterhin von weit verbreiteten und systematischen Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts gekennzeichnet, die in einem Klima der Straflosigkeit stattfinden. Die Unabhängige UN-Untersuchungskommission zu Syrien und Menschenrechtsorganisationen haben syrische Regierungskräfte der Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt. Willkürliche und direkte Angriffe auf Zivilisten, Belagerungen und Verwehrung des Zugangs von humanitärer Hilfe sowie Angriffe auf medizinische Einrichtungen und Mitarbeiter haben sich Berichten zufolge als typisches Schema von Menschenrechtsverletzungen auf Seiten der syrischen Regierungskräfte erwiesen. Wie aus Berichten hervorgeht, haben syrische Regierungskräfte Waffen auf willkürliche Weise eingesetzt, darunter Artillerie, Luftangriffe, Fassbomben, Brandwaffen, Streumunition und chemische Waffen.

Aus den Berichten der unabhängigen UN-Untersuchungskommission und von Menschenrechtsorganisationen geht hervor, dass bewaffnete oppositionelle Gruppen Kriegsverbrechen in Form von Mord, Hinrichtung ohne Gerichtsverfahren, Folter, Geiselnahme, Rekrutierung von Kindern und deren Einsatz für Kampfhandlungen und für andere Zwecke sowie Angriffe auf Mitarbeiter medizinischer und religiöser Einrichtungen, Journalisten und geschützte Objekte begehen. Von der Regierung kontrollierte Ortschaften, einschließlich solcher Gebiete, die von religiösen Minderheiten bewohnt werden, sind Berichten zufolge häufig Ziel willkürlicher Mörser-, Raketen- und USBV-Angriffe durch bewaffnete oppositionelle Gruppen. Diese bewaffneten oppositionellen Gruppen haben Berichten zufolge Zivilgebiete, die als regierungsnah angesehen werden, belagert oder zeitweise von der Wasser- und/oder Stromversorgung abgeschnitten.

Ausreise aus Syrien

Die Informationen beschreiben die Situation gemäß geltenden syrischen Gesetzen. Im Kontext des Konflikts in Syrien werden Berichten zufolge Gesetze jedoch auf willkürliche und nicht vorhersehbare Weise umgesetzt. Hinzu kommt, dass Grenzbehörden interne Anweisungen erhalten können, zu denen Informationen nicht öffentlich verfügbar sind.

Im Prinzip steht es syrischen Staatsangehörigen frei, mit ihrem syrischen Pass (oder bei einer Ausreise in den Libanon: mit gültigem Personalausweis) über alle funktionsfähigen Grenzübergänge, einschließlich dem Flughafen Damaskus, das Land zu verlassen. Syrische Staatsangehörige müssen eine Ausreisegebühr in einer Höhe zahlen, die vom Ausreisepunkt (Landgrenze oder Flughafen) abhängt. Auf Grundlage von Gesetz Nr. 18 aus dem Jahr 2014 kann die Ausreise oder Rückkehr ohne gültigen Pass oder ohne die erforderliche Genehmigung oder über einen nicht genehmigten Ausreisepunkt je nach Umständen des Einzelfalls Freiheits- und/oder Geldstrafen nach sich ziehen. Es ist nicht klar, ob das Gesetz tatsächlich angewandt wird und ob Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, gemäß Gesetz Nr. 18 von 2014 einer Strafverfolgung ausgesetzt waren.

Personen der folgenden Kategorien benötigen eine Reiseerlaubnis, um das Land legal zu verlassen:

a) Staatsbedienstete

Staatsbedienstete genießen keine unbeschränkte Reisefreiheit, sondern brauchen eine Ausreisegenehmigung des jeweiligen Ministeriums. Je nach ihrer Position kann eine solche Genehmigung mit bestimmten Auflagen verknüpft sein, bis hin zu einer erforderlichen "Vor-Genehmigung" bei Anträgen auf Ausstellung eines Passes.

b) Berufssoldaten

Berufssoldaten brauchen vor jeder Auslandsreise eine Genehmigung. In den vergangenen Jahren wurde berichtet, dass derartige Genehmigungen jedoch nur solchen Personen bewilligt wurden, die das Land für offizielle Zwecke verlassen mussten. Berufssoldaten, die ohne Genehmigung außer Landes reisen, werden Berichten zufolge gemäß den für Deserteure geltenden Gesetzen behandelt.

c) Weitere Gruppen, die eine Reisegenehmigung brauchen:

Kinder können nicht ohne schriftliche Genehmigung ihres Vaters ins Ausland reisen (selbst wenn sie sich in Begleitung ihrer Mutter befinden).

Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 42 benötigen für eine legale Ausreise eine Genehmigung des Rekrutierungsamts. Gemäß Informationen, die UNHCR zur Verfügung stehen, trifft dies in der Praxis auch auf Personen zu, die (etwa aus medizinischen Gründen) vom Militärdienst befreit wurden oder deren Militärdienst (wie etwa bei Studenten) aufgeschoben wurde. Nach Ende der Aufschubfrist wird erwartet, dass diese Personen zurückkehren, um Militärdienst zu leisten. Sofern sie nicht wie vorgesehen zurückkehren, gelten sie, wie aus Berichten hervorgeht, als Wehrdienstentzieher.

Männer, welche ihren Militärdienst geleistet haben, brauchen sowohl für die Ausstellung von Pässen, von Heiratsurkunden wie auch für die Arbeit im öffentlichen Dienst die Bewilligung der Armee. Ein syrischer Journalist bestätigt, dass alle Männer zwischen 18 und 42 Jahren die Bewilligung ihres Rekrutierungsbüros brauchen, damit sie einen Pass beantragen können.

Gemäß einer Quelle das Finnish Immigration Service erhalten Jugendliche ab 16 Jahre selten Pässe, da die Behörden nicht wollen, dass sie das Land verlassen. Wenn ihnen ein Pass ausgestellt wird, ist dieser nur zwei Jahre gültig.

Seit März 2012 implementiert die syrische Regierung eine Quasi-Reisesperre für Männer zwischen 18 und 42 Jahren. Es handelt sich dabei nicht um ein offizielles Reiseverbot. Die Männer dürfen in der Theorie reisen, aber sie brauchen die Bewilligung der Armee. Im Herbst 2014 erließ das Regime weitere Maßnahmen, um die Ausreise wehrdienstpflichtiger Männer zu verhindern. In einer Regulierung vom Oktober 2014 ist festgehalten, dass alle, welche eine Ausreisebewilligung haben, ein Depot von 50'000 syrischen Pfund hinterlegen müssen, das erst bei der Rückkehr nach Syrien wieder ausgehändigt wird. Zusätzlich muss ein Sponsor, entweder ein Beamter oder ein Kaufmann, die Rückkehr des Ausreisewilligen garantieren.

Gemäß dem Bericht des Danish Immigration Service wurden im Dezember 2014 die syrischen Immigrations- und Grenzbehörden erneut darüber informiert, dass syrische Männer, welche den obligatorischen Militärdienst abgeschlossen haben und sich als Reservisten bereithalten müssen, nicht ausreisen dürfen, es sei denn sie haben die Bewilligung ihres Rekrutierungsbüros. Auch Reservisten, die bereits einen Pass haben, brauchen die Bewilligung des Rekrutierungsbüros, damit sie das Land verlassen können. Für die Ausreisebewilligung müssen Dokumente vorgelegt werden, welche die Dringlichkeit der Reise belegen. Gründe können benötigte medizinische Versorgung oder eine Weiterbildung sein.

Sogar Zivilisten, die bei der Armee oder im Staatsdienst arbeiten, brauchen eine Bewilligung, damit sie das Land verlassen dürfen. Diese Bewilligung ist sehr schwierig zu erhalten. Verlassen sie das Land trotzdem ohne Bewilligung, werden sie, da sie Informationen über die Armee haben, als Verräter eingestuft und dementsprechend bestraft.

Am 20. Oktober 2014 verbot die General Mobilisation Administration des Department of Defense allen Männern die Ausreise, die zwischen 1985 und 1991 geboren sind. Die Washington Post berichtet, dass seither die Ausreise für Männer, die um die 20 bis 30 Jahre alt sind, praktisch unmöglich ist.

Der Finnish Immigration Service, der Danish Immigration Service wie auch ein syrischer Journalist weisen darauf hin, dass in Syrien Willkür vorherrscht. Es kommt vor, dass die Bewilligungen nicht akzeptiert werden. Andererseits können Bewilligungen von bestechlichen Beamten gekauft werden.

Die Art der Ausreise - ob offiziell oder inoffiziell -, für die Syrer sich entscheiden, hängt Berichten zufolge von verschiedenen Faktoren und Gründen ab, darunter vorhandene oder fehlende Papiere, Sicherheitserwägungen (einschließlich Sicherheit der Flugroute), finanzielle Lage der betroffenen Personen, Nähe eines bestimmten Grenzübergangs, usw. Da es für syrische Staatsbürger zunehmend schwierig wurde, offizielle Grenzübergänge der Nachbarstaaten zu benutzen, gab es Berichte, dass immer mehr Syrer gezwungen waren, Syrien auf gesetzeswidrige Weise zu verlassen. Wie berichtet wird, haben einige Männer aus Furcht vor Einziehung zum Wehrdienst Syrien innerhalb des knappen Zeitfensters ab Erhalt des Einberufungsbescheids bis zu dem Zeitpunkt, an dem ihre Namen an Grenzkontrollstellen geleitet wurden, über offizielle Grenzübergänge verlassen, oder Staatsbedienstete bestochen, ihre Namen vorübergehend aus der an Grenzkontrollstellen vorliegenden Liste gesuchter Personen zu entfernen.

Behandlung bei Rückkehr nach Syrien aus dem Ausland

Es liegen kaum konkrete Informationen über die Behandlung von Rückkehrern nach Syrien vor. Quellen zufolge werden Personen an der Grenzübergangsstelle (Landgrenze, Flughafen) bei ihrer Einreise untersucht, um festzustellen, ob sie im Zusammenhang mit sicherheitsbezogenen Vorfällen (wie Straftaten, tatsächliche oder vermeintliche regierungsfeindliche Aktivitäten oder Ansichten, Kontakte zu politischen Oppositionellen im Ausland, Einberufung etc.) gesucht werden. Personen, deren Profil irgendeinen Verdacht erregt, insbesondere aus den unter den Risikoprofilen unten beschriebenen Gründen, sind Berichten zufolge dem Risiko einer längeren incommunicado Haft und Folter ausgesetzt. Es wird berichtet, dass für Rückkehrer außerdem das Risiko besteht, inhaftiert zu werden, weil Familienmitglieder von den Behörden gesucht werden, weil sie ihren Militärdienst nicht geleistet haben, weil sie aus einem Gebiet stammen, das sich unter der Kontrolle der Opposition befindet, oder weil sie aufgrund ihrer konservativen Kleidung als religiös wahrgenommen werden. Andere werden, wie berichtet wird, ohne bestimmten Grund entsprechend der weit verbreiteten Willkür und des Machtmissbrauchs durch Sicherheitsbeamte inhaftiert und misshandelt.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch (HRW) haben mehrere Fälle dokumentiert, in denen Syrer am Flughafen Damaskus oder an Landgrenzübergängen bei Ein- oder Ausreisen durch Sicherheitsdienste verhaftet und später gefoltert wurden und/oder gewaltsam verschwanden. Auch nach der ersten Einreise nach Syrien kann das Inhaftierungsrisiko weiterhin bestehen. Berichten der Unabhängigen UN-Untersuchungskommission zu Syrien zufolge wurde ein Syrer, der zwangsweise aus Jordanien nach Syrien zurückgewiesen wurde, an einer Kontrollstelle in einem ländlichen Gebiet des Gouvernements Homs verhaftet.

Länger zurückliegende Gesetzesverletzungen im Heimatland (z.B. illegale Ausreise) können von den syrischen Behörden bei einer Rückkehr verfolgt werden. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Verhaftungen. Quellen des kanadischen IRB gaben an, dass Personen bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert werden. Bei männlichen Personen im wehrfähigen Alter wird auch kontrolliert, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar. Bereits im Jahr 2012 hat ein britisches Gericht festgestellt, dass für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr besteht, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Seit dieser Feststellung hat sich die Situation weiter verschlimmert. Bei Rückkehr nach einem abgelehnten Asylantrag würde eine Person inhaftiert und im Zuge von Befragungen gefoltert werden. Die Person könnte für die Verbreitung falscher Informationen über Syrien im Ausland verurteilt werden, oder die Behörden würden versuchen durch Folter Informationen über andere Asylwerber oder die Opposition zu bekommen. Es kann jedoch auch sein, dass eine Person, trotz eines abgelehnten Asylantrages, auch nach der Rückkehr nach Syrien noch als Unterstützer des Asad-Regimes angesehen wird. Das Gesetz bestraft auch Personen, welche versuchen in einem anderen Land Zuflucht zu suchen, um eine Strafe in Syrien zu vermeiden.

Den Berichten des UK Home Office ist zu entnehmen, dass die Asylantragstellung im Ausland als illoyaler Akt und als Zeichen oppositioneller Gesinnung gilt und dass bei (nach negativem Asylverfahren) nach Syrien zurückgeführten Personen die Gefahr der Inhaftierung/Misshandlung aufgrund einer ihnen unterstellten missliebigen politischen Gesinnung droht, sofern sie nicht (nach wie vor) als Unterstützer des Assad-Regimes betrachtet werden.

Quellen zufolge beinhaltet die Sicherheitsprüfung durch die Grenzbehörden am Flughafen Damaskus und an anderen Grenzübergangsstellen die Prüfung, ob ein Rückkehrer Syrien gesetzeswidrig verlassen hat.

Das syrische Gesetz bestraft auch Personen, welche versuchen in einem anderen Land Asyl zu suchen, um eine Strafe in Syrien zu vermeiden.

Die syrische Regierung hat Interesse an politischen Aktivitäten von Syrern im Ausland, auch deshalb, um oppositionelle Alternativen zum gegenwärtigen Regime zu unterbinden. Die Regierung überwacht Aktivitäten dieser Art im Ausland, auch in Österreich. Dass die syrische Regierung Kenntnis von solchen Aktivitäten hat, ist wahrscheinlich, und sie hat die Möglichkeit, ihr diesbezügliches Wissen zu nützen, wenn sich dazu die Gelegenheit ergibt. Eine Überwachung von exilpolitischen Aktivitäten passiert hauptsächlich an Orten mit einer größeren syrischen Gemeinde, weil sich dort eher Informanten der Regierung befinden können. Eine Gefährdung eines Rückkehrers im Falle von exilpolitischer Aktivität hängt jedoch von den Aktivitäten selbst, dem Profil der Person und von zahlreichen anderen Faktoren, wie dem familiären Hintergrund und den Ressourcen ab, die der Regierung zur Verfügung stehen.

Risikoprofile

Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Mitglieder politischer Oppositionsparteien; Aufständische, Aktivisten und sonstige Personen, die als Sympathisanten der Opposition angesehen werden; Mitglieder bewaffneter oppositioneller Gruppen bzw. Personen, die als Mitglieder bewaffneter oppositioneller Gruppen angesehen werden; Wehrdienstverweigerer und Deserteure der Streitkräfte; Mitglieder der Regierung und der Baath-Partei, die ihre Ämter niedergelegt haben; Familienangehörige von tatsächlichen oder vermeintlichen Regierungsgegnern sowie andere Personen, die mit tatsächlichen oder vermeintlichen Regierungsgegnern in Verbindung gebracht werden; Zivilisten, die in vermeintlich regierungsfeindlichen städtischen Nachbarschaften, Städten und Dörfern leben.

Personen, die tatsächlich oder vermeintlich die Regierung unterstützen, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Mitglieder von Parteien, die der Regierung verbunden sind; tatsächliche und vermeintliche Mitglieder von Streitkräften der Regierung sowie Zivilbürger, von denen angenommen wird, dass sie mit Streitkräften der Regierung zusammenarbeiten; Familienangehörige von Personen, die tatsächlich oder vermeintlich die Regierung unterstützen; Zivilisten, die in vermeintlich regierungsnahen städtischen Nachbarschaften, Städten und Dörfern leben.

Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner von ISIS sind, und sich in Gebieten aufhalten, in denen ISIS de facto die Kontrolle oder Einfluss ausübt.

Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner bewaffneter oppositioneller Gruppen sind, und sich in Gebieten aufhalten, in denen diese Gruppen de facto die Kontrolle ausüben.

Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner von PYD/YPG sind und sich in Gebieten aufhalten, in denen PYD/YPG de facto die Kontrolle ausüben.

Angehörige bestimmter Berufsgruppen, insbesondere Journalisten und andere in der Medienbranche tätige Personen, Laienjournalisten;

Ärzte und andere im Gesundheitswesen tätige Personen;

Menschenrechtsaktivisten; humanitäre Helfer; Künstler; Unternehmer und andere Personen, die tatsächlich oder vermeintlich vermögend oder einflussreich sind.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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