TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/3 W133 2122398-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.04.2018
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Entscheidungsdatum

03.04.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W133 2122398-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 22.01.2016, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Grad der Behinderung 40 von Hundert (v.H.) beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation mit Hauptwohnsitz in Österreich, stellte zunächst am 07.06.2011 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurztitel:

Sozialministeriumservice; im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet). Nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, in welchem nach der Einschätzungsverordnung auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen 1.) "Zustand nach Quadrantenresektion der rechten Brust wegen bösartiger Neubildung 11/09 mit anschließender Brachytherapie ohne Zeichen von Fernabsiedelungen"/Pos. Nr. 08.03.01.(Einzelgrad der Behinderung 20%) und 2.) "Zustand nach Entfernung der Schilddrüse bei bösartiger Neubildung und anschließender Radio-Jod-Therapie 12/10 ohne Zeichen von Fernabsiedelungen"/ Pos Nr. 13.02.01. (Einzelgrad der Behinderung 50%) sowie ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. medizinisch festgestellt wurden, stellte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin einen - wegen möglicher Heilungsbewährung nach 5 Jahren - bis 12/2015 befristeten Behindertenpass aus.

Einen Antrag der Beschwerdeführerin vom 02.07.2014 auf Vornahme der Zusatzeintragung der "Fahrpreisermäßigung" wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 18.08.2014 ab.

Am 25.11.2015 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Verlängerung ihres befristeten Behindertenpasses.

Nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens einer Ärztin für Allgemeinmedizin, in welchem nach der Einschätzungsverordnung auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen 1.) "Depressio, 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz , da chronifiziert"/Pos. Nr. 03.06.01.(Einzelgrad der Behinderung 30%),

2.) "Zustand nach Quadrantenresektion der rechten Brust wegen bösartiger Neubildung 11/2009, 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da nach Ablauf der Heilungsbewährung ohne Rezidiv"/Pos. Nr. 08.03.01.(Einzelgrad der Behinderung 20%), 3.) "Zustand nach Entfernung der Schilddrüse wegen bösartiger Neubildung 12/2010, eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da nach Ablauf der Heilungsbewährung ohne Rezidiv"/ Pos Nr. 09.01.01. (Einzelgrad der Behinderung 20%) und 4.) "Abnützungserscheinungen des linken Kniegelenks, oberer Rahmensatz, da eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung gegeben ist"/Pos. Nr. 02.05.18. (Einzelgrad der Behinderung 20%) sowie ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v. H. medizinisch festgestellt wurden, wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 25.11.2015 gemäß §§ 40, 41 und 45 des Bundesbehindertengesetzes mit Bescheid vom 22.01.2016 ab.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die nunmehr zu beurteilende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt sie im Wesentlichen aus, sie habe bereits vor 5 Jahren einen Behindertenpass mit einer diagnostizierten Behinderung von 50% bekommen. Da sich ihre gesundheitliche Situation nicht verbessert, sondern im Gegenteil noch verschlimmert habe, bestehe sie auf der Zuerkennung eines Behindertenpasses. Es seien ihre aktuellen Befunde bei der Untersuchung nicht berücksichtigt worden. Sie ersuche deshalb um neuerliche Überprüfung und Untersuchung.

Am 01.03.2016 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt vor.

Das Bundesverwaltungsgericht veranlasste aufgrund der erhobenen Einwendungen in weiterer Folge die neuerliche Begutachtung der Beschwerdeführerin durch eine Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie sowie einen Arzt für Allgemeinmedizin.

Im nervenfachärztlichen Gutachten vom 11.08.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am selben Tag, eingeschätzt nach der Einschätzungsverordnung wurde auszugsweise wie folgt ausgeführt:

"Diagnosen:

+ Posttraumatische Belastungsstörung 03.05.01 40 %

Oberer Rahmensatz da soziale Störungen und Behandlung seit vielen Jahren.

+ Rezidivierende Depressionen mit Angststörung 03,06.01 30%

2 Stufen über unteren Rahmensatz, da chronifziert.

+ Migräne 04.11.01 20%

Oberer Rahmensatz, da Triptane zur Schmerzcoupierung nicht immer ausreichen."

Im zusammenfassenden allgemeinmedizinischen Gutachten vom 21.02.2018, basierend ebenfalls auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, eingeschätzt nach der Einschätzungsverordnung wurde das Ergebnis des nervenfachärztlichen Gutachtens berücksichtigt und auszugsweise wie folgt ausgeführt:

"...Ergebnis der durchgeführten Untersuchung vom 04.10.2017:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: Pos. Nr. GdB %

1 Posttraumatische Belastungsstörung

Oberer Rahmensatz, da soziale Störungen und

Behandlungen seit vielen Jahren. 03.05.01 40

2 Rezidivierende Depressionen mit Angststörung

Eine Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da chronifiziert. 03.06.01 30

3) Migräne

Oberer Rahmensatz, da Triptane zur Schmerzcoupierung nicht immer ausreichen 04.11.01 20

4) Zustand nach Quadrantenresektion der rechten Brust wegen Karzinombefund 11/2009

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da keine bekannte Progression nach Ablauf der Heilungsbewährung. 13.01.02 20

5) Zustand nach Entfernung der Schilddrüse wegen Karzinombefund 12/2010

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da keine bekannte Progression nach Ablauf der Heilungsbewährung. 13.02.01 20

6 Abnützungserscheinungen des linken Kniegelenkes

Oberer Rahmensatz, da leichtergradige Bewegungsstörung vorliegt; die laufende NOAK-Therapie wegen einer alten bzw. älteren tiefen Thrombose der linke Vena poplitea ist in dieser Beurteilung mitberücksichtigt. 02.05.18 20"

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H."

Der Gutachter begründete den Gesamtgrad der Behinderung im Gutachten und nahm auch zu den erhobenen Einwendungen Stellung.

Das Bundesverwaltungsgericht brachte den Parteien beide Gutachten mit Schreiben vom 05.03.2018 in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis und räumte ihnen die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.

Beide Parteien erstatteten keine Stellungnahme. Die Gutachten wurden nicht bestritten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin brachte am 25.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, hat aber ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1 Posttraumatische Belastungsstörung mit sozialer Störung und

Behandlungen seit vielen Jahren;

2 Rezidivierende Depressionen mit Angststörung, chronifiziert;

3 Migräne, Triptane zur Schmerzcoupierung nicht immer ausreichend;

4 Zustand nach Quadrantenresektion der rechten Brust wegen Karzinombefund 11/2009, ohne Rezidiv nach Ablauf der Heilungsbewährung;

5 Zustand nach Entfernung der Schilddrüse wegen Karzinombefund 12/2010, ohne Rezidiv nach Ablauf der Heilungsbewährung;

6 Abnützungserscheinungen des linken Kniegelenkes, leichtergradige Bewegungsstörung vorliegt; die laufende NOAK-Therapie wegen einer alten bzw. älteren tiefen Thrombose der linke Vena poplitea ist in dieser Beurteilung mitberücksichtigt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 40 v. H.

Leiden 1 wird durch Leiden 2 wegen Leidensüberschneidung nicht weiter erhöht. Die Leiden 3-6 erhöhen das führende Leiden 1 auch nicht weiter, da diese Gesundheitsschädigungen das Hauptleiden nicht ungünstig negativ beeinflussen. Leiden 3-6 erhöhen auch deshalb nicht, da diese Leiden per se keine maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz aufweisen - sie verursachen im Zusammenwirken mit den anderen Gesundheitsschädigungen keine wesentliche zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung. Die Leiden 3-6 wirken sich auf die anderen Gesundheitsschädigungen nicht besonders nachteilig aus und sie führen auch gemeinsam zu keiner wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung - das heißt das Gesamtbild der Behinderung lässt keine andere Beurteilung als gerechtfertigt erscheinen.

Die neuerliche Begutachtung ergab eine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe von 30% auf nunmehr 40%. Der ermittelte Gesamtgrad der Behinderung besteht ab dem Zeitpunkt der Antragstellung.

Diese Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zum Gutachten erster Instanz ergibt sich im Ergebnis aus der Neuaufnahme der Leiden 1 "Posttraumatische Belastungsstörung" und 3 "Migräne", die nunmehr aufgrund der fachärztlichen Neubegutachtung als eigene Leiden festgestellt werden können.

Die beiden Tumorerkrankungen sind nach erfolgreicher Heilungsbewährung - ohne Progressionshinweise - nun neu adäquat einzustufen, wie unter Punkt 4 und 5 ausgeführt. Damit ist auch ein Einfluss auf den Gesamtgrad der Behinderung gegeben.

Eine Nachuntersuchung ist aus medizinischer Sicht nicht erforderlich.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in den Sachverständigengutachten einer Ärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 11.08.2017 und eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 21.02.2018 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden ZMR-Auszug und ihren eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf den seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Sachverständigengutachten vom 11.08.2017 und 21.02.2018. In diesen Gutachten wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, welche auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden basieren, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Führendes Leiden der Beschwerdeführerin ist die nunmehr neu aufgenommene Posttraumatische Belastungsstörung. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie ordnete diese Funktionseinschränkung ausgehend von der bei der Beschwerdeführerin damit verbundenen beginnenden Einschränkung im sozialen Bereich korrekt dem oberen Rahmensatz der Positionsnummer 03.05.01. der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu. Diese betrifft auch PTSD-Erkrankungen. Begründend für die Wahl der Positionsnummer sowie den herangezogenen Grad der Behinderung von nunmehr 40 v.H. führt die Sachverständige nachvollziehbar aus, dass die vorliegenden Befunde die traumatischen Kriegserlebnisse, in deren Folge die Beschwerdeführerin nach wie vor an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, bestätigen. Auch die Zeichen beginnender sozialer Desintegration werden von den vorliegenden Befunden bestätigt.

Unter Leiden 2 wird die - schon bisher eingestufte - Rezidivierende Depression mit Angststörung entsprechend berücksichtigt. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie ordnete diese Funktionseinschränkung ausgehend wiederum von der bei der Beschwerdeführerin damit verbundenen beginnenden Einschränkung im sozialen Bereich und der Chronifizierung dieses Leidens, korrekt 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 03.06.01. der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu. Da eine Leidensüberschneidung zwischen den Leiden 1 und 2 vorliegt, ging der, beide Gutachten zusammenfassende Sachverständige zu Recht davon aus, dass Leiden 2 das führende Leiden 1 nicht erhöht. Dies würde zu einer rechtlich nicht zulässigen doppelten Berücksichtigung der Funktionseinschränkungen führen.

Als Leiden 3 wurde nun erstmals die vorliegende Migräne der Beschwerdeführerin berücksichtigt und als eigenes Leiden ausgewiesen. Da die Behandlung mit Triptanen zumeist, aber eben nicht immer ausreicht, um den Schmerz zu kupieren, ordnete die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie diese Funktionseinschränkung korrekt dem oberen Rahmensatz der Positionsnummer 04.11.01. der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu.

Die Leiden 4, 5, und 6 waren auch schon vom Gutachter im erstinstanzlichen Vorgutachten entsprechend richtig und mit dem nunmehrigen Gutachten im Wesentlichen übereinstimmend eingeschätzt worden. Die beiden Tumorerkrankungen sind nach erfolgreicher Heilungsbewährung - ohne Progressionshinweise - nun neu adäquat einzustufen, wie unter Punkt 4 und 5 ausgeführt. Die Zuordnung des Leidens 5 wurde vom Gutachter nicht richtig dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 13.02.01 zugeordnet. Zutreffend ist jedoch die Zuordnung zum unteren Rahmensatz der Positionsnummer 13.01.02. Die Höhe des gewählten Einzelgrades der Behinderung ist jedoch vom Gutachter korrekt eingeschätzt worden.

Auch Leiden 6 wurde vom Sachverständigen richtig und vor dem Ergebnis der Untersuchung nachvollziehbar medizinisch eingeschätzt.

Die Beurteilung des Sachverständigen für den gewählten Gesamtgrad der Behinderung ist unter Berücksichtigung der Art und Schwere sowie der gegebenen Leidensüberschneidungen ebenfalls schlüssig und richtig.

Zusammenfassend ist daher vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht ersichtlich, dass die Gutachter die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin tatsachenwidrig beurteilt hätten. Die Beschwerdeführerin ist den aktuellen Gutachten auch nicht mehr entgegen getreten.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde ist somit im Ergebnis nicht geeignet, die vorliegenden Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Die Beschwerdeführerin ist den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten vom 11.08.2017 und 21.02.2018. Diese werden wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 155/2017, lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, werden der gegenständlichen Entscheidung die schlüssige Sachverständigengutachten vom 11.08.2017 und 21.02.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 40 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in den Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwendungen nicht geeignet, die vorliegenden aktuellen Gutachten zu entkräften.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 40 v. H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v. H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 Bundesbehindertengesetz eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Beide Verfahrensparteien stellten zudem auch keinen Verhandlungsantrag. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachten geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W133.2122398.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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