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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §24 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des C in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 23. Mai 1997, Zl. LGS600/LA2/1218/1997-Dr.J/Fe, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der vom 13. Juni 1994 bis zum 8. Jänner 1995 Arbeitslosengeld bezogen hatte, beantragte im Anschluss daran die Notstandshilfe, die ihm mit Mitteilung über den Leistungsanspruch vom 7. März 1995 - mit einer Unterbrechung am 2. Februar 1995 - zunächst für die Zeit bis zum 7. Jänner 1996 zuerkannt wurde. Am 8. Jänner 1996 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich Notstandshilfe. Mit Mitteilung über den Leistungsanspruch vom 13. Mai 1996 wurde ihm die Notstandshilfe - mit einer Unterbrechung vom 3. Mai bis zum 5. Mai 1996 - für die Zeit bis zum 5. Jänner 1997 zuerkannt. In den Anträgen auf Notstandshilfe gab der Beschwerdeführer jeweils an, weder selbständig noch unselbständig erwerbstätig zu sein.
Am 12. Juni 1996 richtete die Bundespolizeidirektion Graz, Kriminalpolizeiliche Abteilung, an den Magistrat Graz, Gewerbeamt, und an das Arbeitsmarktservice Graz ein Schreiben folgenden Inhalts:
"Im Zuge einer Amtshandlung gegen die Fa. X.-Trans, Graz, ... etabliert, konnte festgestellt werden, dass Anita X. ... lt. Gewerberegister des Mag. Graz, einen Gewerbeschein zur Zahl ..., v. 25.07.1995, hat, sie ein Transportgewerbe gemeldet hat, dieses Gewerbe aber mit 31.05.1996, zurückgelegt hat.
Dazu wird berichtet, dass die Fa. X.-Trans nicht von X. Anita, sondern von (dem Beschwerdeführer) betrieben wurde. Sämtliche Aufträge und Abrechnungen wurden von (dem Beschwerdeführer) durchgeführt und kümmerte sich X. Anita nicht um ihre Firma. X. Anita bestätigte gegenüber dem Krb. R. auch, dass (der Beschwerdeführer) die Geschäfte abwickelt, aber unentgeldlich wie sie ausdrücklich bedohnte, zumal (der Beschwerdeführer), Notstandsbezieher ist.
Auch die Mutter der Anita X., ..., bestätigte gegenüber dem Krb. R., dass es wie geschildert läuft und sie damit nicht einverstanden sei, sie sich jedoch nicht einmische.
Aufgrund der Hauserhebungen gegen (den Beschwerdeführer) kann auch gesagt werden, dass er aufgrund seines Vorlebens die Voraussetzung für das Erlangen eines Gewerbescheines nicht erbringt und deshalb Anita X. einspringen musste.
Hr. ..., stellv. Geschäftsführer der Fa. Funktrans, ..., bestätigte gegenüber dem Krb. R. ebenfalls, dass die Geschäftsangelegenheiten der Fa. X. Trans, ausschließlich von (dem Beschwerdeführer) abgewickelt werden und Anita X. nur mit dem Gewerbeschein gerade steht. Zu bestimmen hat sie in der Fa. nichts.
Eine Gleichschrift diese Anschreiben wird dem Arbeitsmarktservice Graz, zur Kenntnisnahme übersendet, zumal auf telefonische Anfrage mitgeteilt wurde, dass (der Beschwerdeführer), Notstandsbezieher ist und wie bereits erwähnt, von Anita X. angegeben wurde, dass (der Beschwerdeführer) bei ihr arbeite, jedoch unentgeldlich!!! - und dies täglich!!!."
Am 28. Juni 1996 nahm das Arbeitsmarktservice Graz mit dem Beschwerdeführer folgende Niederschrift auf:
"Ich teile dem AMS Graz mit, dass ich lediglich an einem Samstag im März 1996 und an einem Samstag im April 1996 (das Datum weiß ich nicht genau) Telefondienst von ca. 12.00 Uhr mittags bis ca. 17.00 Uhr nachmittags machte. Es gibt kein Büro, sondern ich war lediglich an der Handy-Nummer Tel. ..., das ich mit mir trug, erreichbar. Ich erhielt kein Geld für diese Dienstleistung, habe jedoch das Auto von Fr. Anita X. erhalten und Zigaretten."
Mit Bescheid vom 4. Juli 1996 sprach das Arbeitsmarktservice Graz gegenüber dem Beschwerdeführer aus, der Bezug (gemeint: die Zuerkennung) der Notstandshilfe werde widerrufen "bzw." die Bemessung rückwirkend berichtigt sowie der Beschwerdeführer zur Rückzahlung unberechtigt empfangener Notstandshilfe im Gesamtbetrag von S 71.280,-- verpflichtet. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer die Leistung für den Zeitraum vom 25. Juli 1995 bis zum 31. Mai 1996 zu Unrecht bezogen habe, weil er "die Arbeitsaufnahme bei Fa. X.-Trans, Graz, nicht gemeldet" habe.
Hiegegen erhob der Beschwerdeführer eine Berufung, in der er ausführte, er sei "niemals in irgendeinem Dienstverhältnis der Fa. X.-Trans gestanden" und bitte, der Berufung stattzugeben, weil er für drei Kinder unterhaltspflichtig sei und außer der Notstandshilfe kein Einkommen beziehe.
Die belangte Behörde nahm u.a. Einsicht in den Strafakt über
den Vorgang, der Anlass zum kriminalpolizeilichen Einschreiten
gegeben hatte, und gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid
keine Folge. Dabei ging sie in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon
aus, dass während des Zeitraumes vom 25. Juli 1995 bis zum
31. Mai 1996 zwar Anita X. "die Inhaberin des
Transportunternehmens" gewesen sei, dieses Unternehmen aber vom
Beschwerdeführer "betrieben" worden sei. Er habe "sämtliche
Aufträge und Abrechnungen ... durchgeführt", während sich Anita X.
"nicht um 'ihre Firma' gekümmert" habe. Der Beschwerdeführer habe
"die Geschäfte geleitet und abgewickelt". Für seine Tätigkeit habe
er "nach eigener Angabe ... das Auto erhalten und Zigaretten". In
der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde u.a. aus,
der Beschwerdeführer sei "für die Firma X.-Trans tätig ... bzw. ...
dort beschäftigt" gewesen und dieses Unternehmen habe "tatsächlich eine Tätigkeit entfaltet". Dass "der Beschwerdeführer nur mit dem Auto bzw. mit Zigaretten entlohnt" worden sei, sei "dem nicht entgegenstehend". Davon, dass er "hinsichtlich Ausmaß und Umfang eine Tätigkeit entfaltet" habe, "die hinsichtlich der gebührlichen Entlohnung als geringfügig entlohnt anzusehen wäre", sei "nicht auszugehen und daher das Vorliegen von Arbeitslosigkeit in dem Zeitraum vom 25.7.1995 bis 31.5.1996 zu verneinen". Die Rückforderung der zu Unrecht gewährten Leistung entspreche der Rechtslage, weil das Arbeitsmarktservice "von dieser Tätigkeit bzw. Beschäftigung für die Firma X.-Trans" erst im Nachhinein erfahren habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gemäß § 33 Abs. 1 AlVG ist Arbeitslosigkeit eine der Voraussetzungen für die Gewährung von Notstandshilfe. Arbeitslos im Sinne des § 12 AlVG war der Beschwerdeführer während des strittigen Zeitraums u.a. nur dann, wenn er nicht aus einem Dienstverhältnis ein die Geringfügigkeitsgrenze übersteigendes Entgelt erzielte (§ 12 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit Abs. 6 lit. a AlVG). Bei der Beurteilung dieser Voraussetzung kommt es nicht auf jenes Entgelt an, welches der Betreffende tatsächlich erhalten hat, sondern auf den "Anspruchslohn" im Sinne des § 49 ASVG (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 16. Februar 1999, Zl. 97/08/0618, und das dort zitierte Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 95/08/0106).
Eine die Arbeitslosigkeit ausschließende (nicht in der Bewirtschaftung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bestehende) selbständige Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers würde gemäß § 12 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit Abs. 6 lit. c AlVG in der gemäß § 79 Abs. 19 AlVG im Falle des Beschwerdeführers für die Zeit bis zum 31. Dezember 1995 anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 297/1995 die Erzielung eines Umsatzes voraussetzen, von dem 11,1 v.H. die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt. Für die Zeit ab dem 1. Jänner 1996 wäre gemäß § 79 Abs. 19 AlVG nach § 12 Abs. 6 lit. c AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 297/1995 alternativ auf das Einkommen oder den Umsatz abzustellen. Dass der Beschwerdeführer das Transportunternehmen, für das er tätig war, auf eigene Rechnung führte, hat die belangte Behörde aber offenbar nicht angenommen.
In der Beschwerde wird der belangten Behörde vorgeworfen, sie habe es unterlassen, den Sachverhalt geeignet aufzubereiten, keine ihren Spruch tragenden Feststellungen getroffen und dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben, zu den Beweisergebnissen Stellung zu nehmen. Im Besonderen sei nicht konkret festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer Arbeitsleistungen erbracht habe, für die der "Anspruchslohn" die Geringfügigkeitsgrenze übersteige, und die vom Beschwerdeführer zugestandenen "Benefizien" (nämlich der Umstand, er habe "das Auto erhalten und Zigaretten") seien nicht bewertet worden. Die Ansicht der belangten Behörde, die Geringfügigkeitsgrenze sei überschritten worden, könne daher nicht nachvollzogen werden.
Diesen Ausführungen ist zuzugestehen, dass die belangte Behörde mehr Feststellungen über unwesentliche Begleitumstände des Falles als über die zu beurteilende Beschäftigung getroffen hat. Dem steht jedoch gegenüber, dass der Beschwerdeführer seine Beschäftigung bei Anita X. im Verfahren vor dem Arbeitsmarktservice und der belangten Behörde rundweg abgestritten und den Standpunkt eingenommen hat, seine Tätigkeit im Transportunternehmen habe sich auf je einen Telefondienst an einem Samstagnachmittag im März 1996 und einem Samstagnachmittag im April 1996 beschränkt. Auf eine Bereitschaft des Beschwerdeführers, unter der - nicht unschlüssigen - Annahme der belangten Behörde, er habe sämtliche Geschäfte des Transportunternehmens abgewickelt, an der Ermittlung der näheren Modalitäten dieser Tätigkeit mitzuwirken, konnte sich die belangte Behörde daher nicht stützen. Auch in der Beschwerde wird - etwa im Zusammenhang mit dem Vorwurf, die Beweisergebnisse seien dem Beschwerdeführer nicht zur Stellungnahme vorgehalten worden - kein zweckdienliches Vorbringen nachgetragen, wenngleich die Behauptung, die Tätigkeit des Beschwerdeführers habe nur in zwei Telefondiensten bestanden, nicht wiederholt wird. Vor dem Hintergrund des Verhaltens des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren und angesichts des Fehlens von Beschwerdeausführungen darüber, welche Feststellungen die belangte Behörde auf Grund der Ermittlungsergebnisse zu treffen gehabt hätte und welcher zu einer anderen Entscheidung führende Sachverhalt durch weitere Ermittlungen und Einräumung des Parteiengehörs noch hervorgekommen wäre, erscheint es aber als ausreichend und schlüssig, wenn die belangte Behörde daraus, dass der Beschwerdeführer sämtliche Geschäfte des Unternehmens abwickelte, den Schluss zog, es habe sich um eine so weit gehende Inanspruchnahme seiner Arbeitskraft gehandelt, dass die nach den Maßstäben des Arbeitsrechtes dafür gebührende Entlohnung die Geringfügigkeitsgrenze überstiegen hätte.
War der Widerruf der Leistung demnach berechtigt, so ergab sich aus dem Umstand, dass die Beschäftigung dem Arbeitsmarktservice nicht gemeldet worden war, nach § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG auch die Pflicht des Beschwerdeführers zum Rückersatz der empfangenen Beträge.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. März 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997080449.X00Im RIS seit
18.10.2001