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L08010 Vereinbarungen nach Art 15a;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Landes Vorarlberg als Träger der Sozialhilfe gemäß § 15 Abs. 2 des Vorarlberger Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 6/1997, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 28. Februar 1996, betreffend Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den von der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn als Vertreterin des Landes Vorarlberg eingebrachten Antrag auf Entscheidung gemäß der Ländervereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe (gerichtet auf Ersatz der Hilfeleistung für die Zeit des Aufenthalts eines näher bezeichneten Hilfebedürftigen im Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 9. Dezember 1993 bis 10. Juni 1994) gestützt auf Art. 7 der genannten Ländervereinbarung abgewiesen.
Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid nach ausführlicher Darstellung des Sachverhaltes und der wesentlichen Bestimmungen der genannten Ländervereinbarung im Wesentlichen damit, dass die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn von der erbrachten Hilfeleistung der belangten Behörde nicht innerhalb der sechsmonatigen Frist des Art. 5 Abs. 2 lit. e der Ländervereinbarung Mitteilung gemacht habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, von der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn namens des Landes Vorarlberg (vgl. § 15 Abs. 2 des Vorarlberger Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 6/1997) erhobene, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausschließlich auf die genannte Vereinbarung der Länder über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe gemäß Art. 15a B-VG gestützt.
Diese Ländervereinbarung war jedoch keine von der belangten Behörde anzuwendende Norm: Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 13.780/1994 (unter Hinweis auf seine Vorjudikatur) ausgesprochen hat, berechtigen und verpflichten Ländervereinbarungen nach Art. 15a B-VG als solche nur die Vertragsparteien, also ausschließlich die Bundesländer. Ohne entsprechenden Transformationsakt, der ausschließlich zwischen den Ländern geltendes Vertragsrecht in Recht umwandelt, das den Normunterworfenen (hier: Sozialhilfeträger) berechtigt und verpflichtet, entfaltet eine Ländervereinbarung für den Normunterworfenen keine Rechtswirkungen. Solche Rechtswirkungen vermag daher ausschließlich das die Ländervereinbarung speziell transformierende Gesetz zu entfalten (hier daher: § 53 des Salzburger Sozialhilfegesetzes LGBl. Nr. 19/1975 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 27/1994).
Da die belangte Behörde § 53 SSHG nicht beachtet, sondern ihren Bescheid ausschließlich auf die genannte Ländervereinbarung gestützt hat, hat sie diesen mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde den geltend gemachten Ersatzanspruch aufgrund des § 53 des Salzburger Sozialhilfegesetzes (in der Folge: SSHG) in der genannten Fassung zu beurteilen haben. Sie wird dabei insbesondere zu beachten haben, dass § 53 Abs. 6 lit. e SSHG das Land Salzburg ua zwar nur verpflichtet, jene Kosten zu ersetzen, die "sechs Monate vor der Anzeige nach Abs. 7 entstanden sind", dass andererseits aber der in dieser Bestimmung verwiesene § 53 Abs. 7 SSHG eine Verpflichtung, die Hilfeleistung längstens innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der Hilfeleistung anzuzeigen, nur dem Land Salzburg gegenüber dem voraussichtlich zum Kostenersatz verpflichteten Träger (sc. eines anderen Bundeslandes) auferlegt. Eine vergleichbare Verpflichtung für Sozialhilfeträger anderer Bundesländer zur Verständigung des Landes Salzburg findet sich in dieser Bestimmung hingegen nicht, sodaß die Einschränkung des § 53 Abs. 6 lit. e SHG - wenn auch möglicherweise aufgrund eines unbeabsichtigten Fehlers des Landesgesetzgebers - ins Leere geht. Da es aber dem Landesgesetzgeber freistand, in Umsetzung der Ländervereinbarung eine Regelung zu treffen, die für Ersatzleistungen an andere Bundesländer weniger strenge Voraussetzungen normiert, als nach der Ländervereinbarung zulässig wären, besteht kein Anlaß zu einer anderen Gesetzesauslegung, insbesondere fehlt es an den Voraussetzungen, eine Lücke anzunehmen, die einer Schließung durch Analogie bedurfte.
Die belangte Behörde wird ferner zu beachten haben, daß sie - anders als im bisherigen Verfahren - das Land Salzburg als Verfahrenspartei dem Verfahren beizuziehen haben und ihm auch den Bescheid zuzustellen haben wird (vgl. dazu den in einem vergleichbaren Fall ergangenen hg. Beschluss vom 3. Juni 1997, Zl. 97/08/0087).
Kostenersatz war nicht zuzusprechen, da das Land Vorarlberg vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht anwaltlich vertreten ist (§ 49 Abs. 1 VwGG).
Wien, am 29. März 2000
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Fürsorge Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1996080111.X00Im RIS seit
13.07.2001