Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AlVG 1977 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des A in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 28. Juni 1999, Zl. LGS NÖ/JUR/12181/1999, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht seit vielen Jahren mit kurzen Unterbrechungen im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Zuletzt wurde ihm Notstandshilfe ab 13. Oktober 1998 gewährt.
Die zuständige regionale Geschäftsstelle des AMS nahm mit dem Beschwerdeführer am 10. Dezember 1998 eine Niederschrift über die Nichtannahme bzw. das Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung auf. Danach sei dem Beschwerdeführer eine Beschäftigung als Transitarbeiter beim Dienstgeberprojekt "Alte Schmiede" mit Arbeitsantritt am 1. Dezember 1998 zugewiesen worden. Auf dem für die Niederschrift verwendeten Formular findet sich unter "Stellungnahme des Dienstgebers" folgender handschriftlicher Vermerk:
"Durch Frau R. wurde im Telefonat vom 3.12.98 angegeben, dass keine Einstellung erfolgt ist, weil Hr. L. angegeben hat, dass die Auflagen bezüglich des Alkoholverbots während der Arbeitszeit nicht eingehalten werden können, weil Hr. L. sein Bier brauche."
Die Stellungnahme des Beschwerdeführers ist wie folgt wörtlich festgehalten:
"Ich gebe Folgendes bekannt:
Ich habe mich am 27.11. um 9.00 Uhr vorgestellt. Ich bin hineingekommen und habe der Frau R. gesagt, dass wir uns ja schon kennen.
Sie hat mich gefragt, von wo wir uns kennen. Ich habe ihr gesagt, dass ich mich schon einmal vorgestellt habe, aber keine Aufnahme war, weil ich ein Alkoholproblem habe.
Sie hat mich gefragt, ob ich es immer noch habe. Ich habe gesagt, dass ich noch ein Problem hab, denn es ist schwer von der Flasche wegzukommen, der Wille wäre da, aber das Fleisch ist schwach. Sie hat dann gesagt, dass ich dann nicht in Frage komme. Ich habe dann gesagt, dass ich aber anfangen muss und dass sie mich nehmen soll. Das habe ich mehrere Male wiederholt.
Sie hat aber Nein gesagt.
Ich habe noch gefragt, ob sie auf die zweite Seite (VV!) nichts draufschreibt, sie hat aber gesagt, dass das schon so passt. Dann bin ich gegangen.
Zu den Angaben des Dienstgebers wird Folgendes erklärt:
Das stimmt überhaupt nicht. Das Gespräch ist wie oben verlaufen. Von der Arbeitszeit ist überhaupt nicht gesprochen worden.
Über das Bier oder Tee mit Wein in der Früh ist bereits beim ersten Vorstellungsgespräch vor ca. 3 oder 4 Jahren gesprochen worden. Damals habe ich gesagt, dass ich schwer alkoholkrank bin und das bei jeden Arzt aufliegt.
Diesmal ist über die Arbeitszeit nicht gesprochen worden. Es ist mir klar und das sagt der klare Menschenverstand, dass wenn in einem Betrieb Alkoholverbot herrscht, dass ich mich daran zu halten habe. In meiner Freizeit kann ich machen was ich will, den Paragraphen gibt es nicht!"
Mit Bescheid vom 23. Dezember 1998 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aus, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 i.V.m.
§ 10 AlVG in der Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 11. Jänner 1999 verloren habe. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen worden sei. Nachsicht werde nicht erteilt. In der Begründung ist nach Wiedergabe der im Spruch genannten Gesetzesstellen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe das Dienstverhältnis beim Projekt "Alte Schmiede" aus seinem Verschulden nicht angenommen.
Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, der Vorwurf, er habe eine zumutbare Beschäftigung nicht angenommen, sei unberechtigt. Frau R. habe dem AMS mitgeteilt, er, der Beschwerdeführer, würde auch unter der Arbeitszeit auf alkoholische Getränke bestehen bzw. würde er diese brauchen. Daran sei kein Wort wahr. Er habe nur gesagt, dass er immer noch Alkoholprobleme habe. Er habe schon zweimal einen Vorstellungstermin gehabt und damals sei ausgesprochen worden, dass er zu Hause zum Frühstück seinen Tee bzw. seine Flasche Bier trinke.
Es sei ihm ein Rätsel, was das AMS unter einer Arbeitsverweigerung verstehe, weil er mehrmals wiederholt habe, dass er anfangen wolle und müsse, weil er sonst Schwierigkeiten mit dem AMS habe. Frau R. sei aber nicht zu einer Aussprache bereit gewesen. Er wäre sofort bereit, den Job in der "Alten Schmiede" anzunehmen, weil er in der Arbeitszeit keinen Alkohol zu sich nehme und die Arbeit zufriedenstellend erledigen würde.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und sprach aus, dass für die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 21. Jänner 1999 kein Anspruch auf "Arbeitslosengeld" bestehe. In der Begründung führte die belangte Behörde nach auszugsweiser Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesstellen und kurzer Darstellung des Verfahrensganges aus, der Beschwerdeführer stehe nach negativen Pensionsverfahren seit Oktober 1998 wieder laufend in Betreuung. Es sei ihm von der regionalen Geschäftsstelle am 18. November 1998 die Beschäftigung als Transitarbeiter beim Gemeindeprojekt "Alte Schmiede" mit einer zumindest kollektivvertraglichen Entlohnung und Arbeitsantritt am 1. Dezember 1998 zugewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe den vereinbarten Vorstellungstermin eingehalten, er sei aber nicht eingestellt worden. Bei seiner Befragung am 10. Dezember 1998 habe der Beschwerdeführer dazu ausgeführt, dass er die Frage nach seinem Alkoholproblem bejaht habe.
Frau R. vom Gemeindeprojekt habe am 3. Dezember 1998 mitgeteilt, dass keine Einstellung des Beschwerdeführers erfolgt sei, weil dieser angegeben habe, dass er die Auflagen bezüglich des Alkoholverbotes während der Arbeitszeit nicht einhalten könne, weil er sein Bier brauche.
Der Beschwerdeführer sei vom 15. Dezember bis 31. Dezember 1998 geringfügig beschäftigt gewesen und habe vom 2.
bis 18. Jänner 1999 Krankengeld bezogen.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe im Zuge der Vorstellung mitgeteilt, dass er nach wie vor ein Alkoholproblem habe. Auf Grund dieses Umstandes sei von seiner Einstellung Abstand genommen worden. Der Beschwerdeführer habe damit den Tatbestand der Vereitelung gemäß § 10 Abs. 1 AlVG verwirklicht. Er habe damit bezogen auf den konkret angebotenen Arbeitsplatz seine Arbeitswilligkeit in Zweifel gestellt. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers sei der potenzielle Dienstgeber von seiner Einstellung abgebracht worden, das Verhalten des Beschwerdeführers sei daher kausal für die Nichteinstellung.
Bezüglich der Einwendungen des Beschwerdeführers sei der glaubwürdigen Darstellung der Frau R. über den Inhalt des Vorstellungsgespräches zu folgen. Da der Beschwerdeführer vom
2. bis 18. Jänner 1999 Krankengeld bezogen habe, sei die Ausschlussfrist gemäß § 10 Abs. 1 letzter Satz AlVG für die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 21. Jänner 1999 zu verhängen gewesen.
Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 2 AlVG (Arbeitsaufnahme innerhalb der Ausschlussfrist) lägen nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer meint, bei dem vermittelten Transitarbeitsplatz handle es sich um eine Maßnahme zur Wiedereingliederung Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt im Sinne des § 9 Abs. 1 AlVG. Die Behörde hätte prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für eine Zuweisung zu einer Wiedereingliederungsmaßnahme gegeben seien.
Dem ist entgegenzuhalten, dass dem Beschwerdeführer ein Beschäftigungsverhältnis vermittelt wurde. Der Umstand, dass unter anderem das AMS dem Träger des Projektes finanzielle Unterstützung leistet, ändert nichts daran, dass dem Beschwerdeführer ein vollversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angeboten wurde.
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (u.a.) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Eine solche Beschäftigung ist gemäß § 9 Abs. 2 AlVG zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Grundvoraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung an einen Arbeitslosen ist, dass dessen Kenntnisse und Fähigkeiten jenen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/08/0414).
Gemäß § 10 Abs. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/08/0122) sind die genannten Bestimmungen Ausdruck der dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszwecke, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene, zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, das heißt bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein.
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits (und deshalb) aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern.
Das Nichtzustandekommen eines den Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen somit auf zwei Wegen verschuldet (das heißt dessen Zustandekommen vereitelt) werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermines, Nichtantritt der Arbeit etc.), oder aber, dass er den Erfolg seiner (nach Außen zu Tage tretenden) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht.
Unter "Vereitelung" iSd § 10 Abs. 1 AlVG ist daher ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt; das Nichtzustandekommen muss in einem darauf gerichteten oder dieses zumindest in Kauf nehmenden Tun des Vermittelten seinen Grund haben. Die Vereitelung i. S.d. § 10 Abs. 1 AlVG verlangt ein vorsätzliches Handeln des Vermittelten, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung dieses Tatbestandes hingegen nicht hin (vgl. das Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Slg. 13.722/A - ständige Rechtsprechung).
Der Beschwerdeführer bestreitet die Zuweisungstauglichkeit der ihm angebotenen Beschäftigung, weil die belangte Behörde nicht geprüft habe, ob die vermittelte Beschäftigung seinen körperlichen Fähigkeiten entsprochen habe. Der regionalen Geschäftsstelle des AMS sei auf Grund eines im Jahre 1994 erstellten Gutachtens bekannt, dass seine körperliche Leistungsfähigkeit eingeschränkt sei. Im Jahre 1998 sei diese reduzierte Arbeitsfähigkeit in einem sozialgerichtlichen Verfahren vor dem Landesgericht K. als Arbeits- und Sozialgericht von einem diesem Verfahren beigezogenen Sachverständigen bestätigt worden. Die belangte Behörde hätte seine Leistungsfähigkeit und die Anforderungen der zugewiesenen Beschäftigung feststellen müssen, um die Zumutbarkeit beurteilen zu können.
Der Beschwerdeführer ist darauf hinzuweisen, dass er diese Ausführungen erstmals in der Beschwerde erhebt. Da er sie im Verwaltungsverfahren nicht zum Gegenstand der Erörterungen machte, ist zufolge des Neuerungsverbotes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darauf nicht einzugehen.
Weiters führt der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung aus, dass der regionalen Geschäftsstelle des AMS bekannt sei, dass er chronisch alkoholkrank, also alkoholabhängig sei. Dem AMS sei aber auch bekannt, dass für die Erlangung des zugewiesenen Arbeitsplatzes absolute Alkoholabstinenz verlangt werde. Daraus ergebe sich, dass der angebotene Arbeitsplatz unzumutbar im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG sei.
Auch dieses Vorbringen wird erstmals in der Beschwerde erhoben. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens hat der Beschwerdeführer niemals geltend gemacht, sein "Alkoholproblem" sei als eine nicht beherrschbare Sucht, als Krankheit, einzustufen. Aus den vorliegenden Unterlagen, insbesonders dem vom Beschwerdeführer angesprochenen Gutachten im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem Landesgericht K. als Arbeits- und Sozialgericht ergeben sich keine Hinweise dafür. Zufolge des erwähnten Neuerungsverbotes ist daher auch darauf nicht einzugehen.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt der Beschwerdeführer aus, die Berücksichtigung des handschriftlichen Zusatzes auf dem Formular über die Niederschrift vom 10. Dezember 1998 sei unzulässig, weil sie den Bestimmungen über Aktenvermerke nicht entspreche. Bei einer verfahrensrechtlich einwandfreien Vorgangsweise hätte die belangte Behörde entweder eine schriftliche Stellungnahme der Frau R. einholen oder mit ihr eine Niederschrift aufnehmen müssen.
Dem ist entgegenzuhalten, dass gemäß § 46 AVG als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des Falles zweckdienlich ist. Dieser Grundsatz der Unbeschränktheit und Gleichwertigkeit der Beweismittel führt dazu, dass die Behörde auch das Ergebnis einer telefonischen Erhebung bei ihrer Entscheidung verwerten darf.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, der erwähnte handschriftliche Vermerk gebe nur das wieder, woran sich der Verfasser erinnern könne, ist eine bloße, durch nichts belegbare Mutmaßung. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich die nicht zu beanstandende Übung, dass Informationen automationsunterstützt gespeichert werden und bei Bedarf in Form eines Textausdruckes dem Akt beigelegt werden, oder wie im vorliegenden Fall einfach in das Formblatt übertragen werden.
Die Berücksichtigung der so angefertigten Aktennotiz als Beweismittel stellt keinen Verfahrensmangel dar, weil das Ergebnis dieser Beweisaufnahme dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wurde.
Der Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand der Vereitelung verwirklicht hat, weil er im Zuge der Vorstellung mitgeteilt hat, dass er nach wie vor ein Alkoholproblem hat, ist zuzustimmen. Vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund hatte der Beschwerdeführer die Verpflichtung, sich um die zugewiesene Stelle auf eine solche Art zu bewerben, welche einen potenziellen Arbeitgeber nicht von vornherein von der Einstellung abhält. Nach dem unstrittigen Inhalt der mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift sei es bereits bei einem früheren Vorstellungstermin zu keinem Beschäftigungsverhältnis gekommen, weil der Beschwerdeführer ein Alkoholproblem gehabt habe. Diesen Umstand habe der Beschwerdeführer - nach seiner eigenen Darstellung in der Niederschrift - im nunmehrigen Vorstellungsgespräch von sich aus zur Sprache gebracht, und auf die Frage, ob dieses Problem noch bestehe, geantwortet, "ich habe noch ein Problem, denn es ist schwer von der Flasche wegzukommen, der Wille wäre da, aber das Fleisch ist schwach." Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass diese Art, ein Vorstellungsgespräch zu führen, geeignet war, den potenziellen Arbeitgeber von der Einstellung abzuhalten. Der Beschwerdeführer hätte entweder der regionalen Geschäftsstelle von der Unbeherrschbarkeit seines "Alkoholproblems" unverzüglich Mitteilung machen müssen oder aber sich des Alkoholkonsums in der Arbeitszeit zu enthalten gehabt. Im letztgenannten Fall bestand aber keine Notwendigkeit, ein "Alkoholproblem" darzustellen. Bereits solche Aussagen stellen eine Vereitelung im Sinn des § 10 AlVG dar und nicht erst - wie der Beschwerdeführer meint - Erklärungen, Alkoholverbote während der Arbeitszeit nicht einhalten zu wollen.
Schließlich macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe zu Unrecht § 10 Abs. 2 AlVG nicht zur Anwendung gebracht. Er müsse aus arbeitsrechtlichen Gründen bei allen Vorstellungsgesprächen auf seine herabgesetzte körperliche Leistungsfähigkeit hinweisen und seine "Alkoholkrankheit" bekannt geben, anderenfalls er sich des Deliktes der Täuschung gemäß § 108 StGB schuldig machen würde.
Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Gründe für eine Nachsichtserteilung können nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich - sieht man von dem im Gesetz ausdrücklich angeführten Fall ab - nur solche sein, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes (hier: der Notstandshilfe) den Arbeitslosen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst ganz allgemein der Fall ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. Mai 1997, 97/08/0096). Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren keine Nachsichtsgründe geltend gemacht und konnte die belangte Behörde dem Akt auch keine tatsächlichen Umstände entnehmen, die eine Ausnahme nach den eben dargestellten Grundsätzen rechtfertigten.
Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. März 2000
Schlagworte
Grundsatz der Gleichwertigkeit Grundsatz der Unbeschränktheit Parteiengehör Unmittelbarkeit Teilnahme an BeweisaufnahmenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999080159.X00Im RIS seit
18.10.2001