Index
E3R E02201010;Norm
31987R2658 Kombinierte Nomenklatur;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der K GmbH in S, vertreten durch Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 12. August 2016, Zl. RV/3200018/2016, betreffend nachträgliche buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Gesellschaft (Revisionswerberin) gegen die Mitteilung des Zollamtes Innsbruck über die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben und Vorschreibung einer Abgabenerhöhung als unbegründet ab. Es stellte fest, dass mit einer "Fallback-Anmeldung" Pulver für ein Gel mit der Warennummer 3307 90 00 der Kombinierten Nomenklatur (KN), zum freien Verkehr abgefertigt worden sei. Der vom Abfertigungsbeamten veranlasste und durch die Technische Untersuchungsanstalt erstellte Untersuchungsbefund habe ergeben, das in Wasser klar lösliche und dabei verdickende Pulver sei eine Zubereitung aus einem Polyetherin, einer Matrix auf Basis von Saccharose und wenig Stärke; arzneiliche Wirkstoffe seien nicht enthalten. Laut Ankündigung werde das Mittel direkt als eine Art pulvrige Handseife verwendet und es ergebe in Wasser gerührt eine schleimige Flüssigkeit, die zum geburtshilflichen Gebrauch bei Tieren bestimmt sei. Rechtlich schloss das Bundesfinanzgericht aus dem Vorliegen eines Pulvers, dass keine Einreihung als Kontaktgel oder Gel als Gleitmittel der KN-Position 3006 erfolge, sondern vielmehr als Zubereitung der chemischen Industrie, anderweitig weder genannt noch inbegriffen (KN 3824 90 97). Es gehöre nicht zu den Arzneiwaren, weil sowohl die Anmerkung 4 ij) zu Kapitel 30 der KN als auch der Wortlaut der Unterposition 3006 70 der KN eine Zubereitung in Form eines Gels erfordere. Die Ware weise im vorliegenden Zustand zum Zeitpunkt der Einfuhr (als Pulver) auch nicht die in Anmerkung 2 lit. a der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware (eines Gels) auf. Es sei nicht als pharmazeutisches Erzeugnis im Sinne Kapitel 30 der KN anzusehen, weil es erst in der Verbindung mit Wasser die Verwendung u. a. im medizinischen Bereich ermögliche. Die Funktion als Hilfsmittel zur Reibungsminderung bei der Untersuchung erfülle es im Zeitpunkt der Einfuhr noch nicht. Die am 4. Februar 2015 vom Hauptzollamt Hannover für das gegenständliche Produkt erteilte verbindliche Zolltarifauskunft sei widerrufen worden. Schließlich sprach das Bundesfinanzgericht noch aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit geltend macht, das Bundesfinanzgericht habe stillschweigend die von der Revisionswerberin zitierten Urteile des Europäischen Gerichtshofes übergangen, zeigt sie nicht auf, welche Rechtsfrage damit gelöst werden sollte.
6 Wenn die Revisionswerberin die Problematik, "ob das bloße Hinzufügen von Wasser, um eine pulverförmige Ware in ihren gelförmigen Verwendungszustand zu versetzen, eine derartige Bearbeitung bzw. Veränderung der Ware darstellt, dass für die KN-Einordnung der Ware ihre Pulverform das wesentliche Kriterium darstellt, die Ware in Pulverform anders zu beurteilen ist als nach bloßem Hinzufügen von Wasser in Gelform," als eine Frage von allgemeinem Interesse sieht, zeigt sie damit - mangels Angabe, in welche Position der KN die in Rede stehende Ware eingereiht werden soll - ebenso wenig die Rechtsfrage auf, welche das Bundesfinanzgericht in Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst habe, oder zu der eine solche Rechtsprechung fehle oder uneinheitlich sei. Der Umstand allein, dass die zu lösenden Fragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten können, bewirkt nicht ihre Erheblichkeit im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 26.3.2014, Ro 2014/03/0024).
7 Dem Vorbringen, das Bundesfinanzgericht habe sich zur Feststellung der genauen stofflichen Zusammensetzung der Ware und ihres Verwendungszwecks auf ein behördliches Beweismittel beschränkt, eine "externe Sachverständigenbeurteilung" erst gar nicht zugelassen und damit die Revisionswerberin "in ihren Verteidigungsmitteln verkürzt," fehlt die Darstellung der Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels für den Ausgang des Verfahrens.
8 Mit der in der Zulassungsbegründung der Revision gerügten Unterlassung einer Auseinandersetzung des Bundesfinanzgerichtes mit einer "Zollfreiheit gemäß KN Teil III Abschnitt II Anhang 6" für die aus Saccharose bestehenden Ware weicht sie - ohne dies näher zu begründen - vom festgestellten Sachverhalt ab, nach dem das Pulver auch aus anderer Substanz besteht.
9 Entgegen der Behauptung der Revisionswerberin setzte sich das Bundesfinanzgericht ausdrücklich mit der verbindlichen Zollauskunft des Hauptzollamtes Hannover vom 4. Februar 2015 auseinander.
10 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. März 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016160109.L00Im RIS seit
12.04.2018Zuletzt aktualisiert am
04.07.2018