TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/5 VGW-131/036/10658/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.03.2018
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Entscheidungsdatum

05.03.2018

Index

90/02 Führerscheingesetz

Norm

FSG §3 Abs1
FSG §5 Abs5
FSG §8 Abs3
FSG §24 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fritz über die Beschwerde des (1997 geborenen) Herrn S. B., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 26.06.2017, Zl. F/4546/VA/17, betreffend Erteilung einer befristeten Lenkberechtigung, nach am 23.01.2018 durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aber, was die Dauer der Befristung betrifft, insofern abgeändert, als aufgrund des ärztlichen Gutachtens der Amtsärztin Dr. L. vom 30.11.2017 die für die Klassen AM und B erteilte Lenkberechtigung gemäß § 5 Abs. 5 FSG 1997 bis zum 30.11.2019 befristet und eine amtsärztliche Nachuntersuchung bei Ablauf der Befristung verfügt wird.

Als Auflage werden ärztliche Kontrolluntersuchungen durch Vorlage von ICD-Protokollen alle 6 Monate vorgeschrieben.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der im Jahr 1997 geborene Beschwerdeführer leidet nach der Aktenlage an einem angeborenen Herzfehler (hypertrophe Kardiomyopathie), welcher Herzrhythmusstörungen mit auslösen kann. Ihm wurde erstmals am 25.11.2016 eine befristete Lenkberechtigung für die Klassen AM und B erteilt (gültig bis 01.08.2017).

Am 16.05.2017 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung der mit 01.08.2017 befristeten Lenkberechtigung.

Der Beschwerdeführer legte einen Befundbericht der Univ. Klinik für Innere Medizin – Abteilung Kardiologie vom 12.05.2017 vor. In diesem Bericht heißt es, dass sich bei der heutigen Kontrolluntersuchung ein unauffälliger Befund gezeigt habe. Insbesondere hätten sich in der Abfrage keine durch das Gerät abgegebenen Therapien befunden, sowie eine normale Reizschwelle und ein normaler Batteriestatus des ICD. Es habe keinerlei Ereignisse oder ICD-Therapie seit der ICD-Implantation gegeben, daher sei von rhythmologischer Seite keine spezielle zeitliche Beschränkung der Fahrtauglichkeit notwendig (nächste Kontrolle: 30.01.2018). Auch legt er einen Abschlussbericht des AKH Wien vom 24.11.2016 (einschließlich Echokardiographie) vor. Der Polizeiamtsarzt Dr. P. hat sich für eine Befristung (jährlich) der Lenkberechtigung ausgesprochen sowie eine Kontrolluntersuchung durch einen Facharzt für interne Medizin. Er merkte an, dass ein erhöhtes Risiko durch Kardiomyopathie mit erhöhtem cardialen Infarktrisiko bestehe.

Mit (am 22.07.2017 mündlich verkündetem) Bescheid vom 26.06.2017 befristete die belangte Behörde gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 Führerscheingesetz 1997 (FSG) aufgrund des ärztlichen Gutachtens (§ 8 Abs. 3 FSG) die für die Klasse(n) AM und B erteilte Lenkberechtigung bis zum 22.06.2018. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG aus, laut amtsärztlichem Gutachten vom 22.06.2017 sei der Beschwerdeführer wegen Kardiomyopathie zum Lenken von Kraftfahrzeugen nur bedingt geeignet, weshalb eine Nachuntersuchung in einem Jahr erforderlich sei. Das amtsärztliche Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Er brachte vor, er sei früher aktiver Leistungssportler gewesen und habe im Jahr 2011 eine Herzkatheter Untersuchung vornehmen lassen müssen, da eine hypertrophe Kardiomyopathie festgestellt worden sei. Um in Folge die Gefahr einer Herzrhythmusstörung auszuschließen, sei ihm ein Stimulationsgerät implantiert worden. Dabei handle es sich um ein kleines Gerät, welches im Falle, dass ein Herzstillstand oder eine schwere Herzrhythmusstörung einsetze, Stromimpulse abgebe, um den Herzrhythmus zu stabilisieren (vergleichbar mit einem Mini-Defibrillator). Bei den Nachuntersuchungen habe sich eine deutliche Stabilisierung gezeigt, es sei kaum mehr zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Bei der letzten Untersuchung im November 2016 habe festgestellt werden können, dass überhaupt keine Therapieabgaben mehr erfolgt seien (also es zu keinen Herzrhythmusstörungen mehr gekommen sei). Bei der Kontrolluntersuchung am 12.05.2017 habe sich dieses Ergebnis bestätigt, was bedeute, dass das Gerät keine Stromimpulse an das Herz abgebe habe müssen („Therapieabgaben“). Der behandelnde Spezialist (Dozent Dr. So.) führe in der Zusammenfassung bei der Kontrolluntersuchung aus, dass keine zeitliche Beschränkung der Fahrtauglichkeit notwendig sei. Entgegen diesem eindeutigen Befund habe die belangte Behörde zu Unrecht und ohne Begründung die zeitliche Befristung der Lenkberechtigung ausgesprochen, diese Entscheidung aber weder näher begründet, noch die angebliche Grundlage vorgelegt. Sämtliche Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 8 FSG zur Erteilung einer unbefristeten Lenkberechtigung lägen vor, der Beschwerdeführer sei (auch) gesundheitlich vollständig geeignet, ein Kraftfahrzeug zu lenken und habe er ein ärztliches Attest dazu vorgelegt. Es wurde der Antrag gestellt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Lenkberechtigung nicht zeitlich befristet werde.

Über hg. Ersuchen erstattete die Amtsärztin Dr. L. (von der Magistratsabteilung 15 – Gesundheitsdienst der Stadt Wien) ein amtsärztliches Gutachten vom 30.11.2017, in welchem diese zusammenfassend Folgendes ausführte:

„Herr B. wurde 2015 wegen Kammerflimmerns im Alter von 17 Jahren reanimiert. Bekannt war damals eine angeborene hypertrophe Kardiomyopathie.

Einige Tage nach der Wiederbelebung wurde ein ICD (intracardialer Defibrillator) implantiert. Bereits 2012 wurden kleine Areale der Herzmuskulatur wegen Verdickung minimal invasiv abgetragen werden.

Ein implantierter Defibrillator heilt jedoch nicht die Ursache der angeborenen Herzmuskelverdickung, sondern kann nur diese lebensbedrohliche Symptomatik, nämlich maligne Herzrhythmusstörung im Sinne von Kammerflimmern mit funktionellem Herzstillstand unterbinden.

Im Langzeitverlauf kann eine Hypertrophie (Verdickung) der Herzmuskulatur zu einer Dilatation (Ausweitung der Herzkammern und Vorhöfe) und somit zu einer Herzinsuffizienz führen (insbesondere bei Bluthochdruck). Zusätzlich besteht bei einer Hypertrophie der Herzmuskulatur die Gefahr, dass die Durchblutung durch die Herzkranzgefäße nicht Schritt halten kann und somit eine Mangeldurchblutung im Sinne von Angina pectoris oder ein Herzinfarkt resultiert.

Die beschriebenen hochdruckbedingten Augenhintergrundveränderungen weisen auf eine bereits länger bestehende Hypertonie hin.

Im Langzeit-EKG vom 02.11.2017 ist beschrieben, dass ein Wechsel zwischen normofrequentem Sinusrhythmus und Schrittmacher-EKG vorliegt. Somit ist das Reizleitungssystem des Herzens mitbetroffen, da es ohne Schrittmacher auf eine Herzfrequenz von unter 45 Schlägen pro Minuten käme.

Ein ICD stellt für FS-Gruppe 2 ein permanentes Ausschlusskriterium dar, da ein erhöhtes Risiko für weitere Synkopen besteht. Lenken von KFZ der FS-Gruppe 1 ist zwar möglich, eine Befristung ist bei Herrn B. jedoch erforderlich, da der Beobachtungszeitraum seit der Reanimation noch zu kurz ist, um den weiteren Krankheitsverlauf beurteilen zu können.

Eine Befristung der Lenkberechtigung auf 2 Jahre wird daher empfohlen. ICD-Protokolle alle 6 Monate.“

Als Beilage zu seinem Schreiben von 06.12.2017 legte der Beschwerdeführer einen Langzeit-EKG Befund vom 08.11.2017, durchgeführt durch das AKH Wien, sowie die Echokardiographie, durchgeführt durch die Gruppenpraxis F. vom 13.11.2017 vor. Ergänzend brachte er vor, dass sowohl das Langzeit-EKG als auch die Echokardiographie bestätigt hätten, dass keinerlei Einschränkungen bei ihm vorliegen würden, sodass diese ergänzenden Unterlagen auch zum Beweis für das Beschwerdevorbringen dienen würden.

Das Verwaltungsgericht Wien führte am 23.01.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, der in Begleitung von Herrn Mag. W. als seinen Rechtsvertreter erschienen war, teilnahm. Der Vertreter des Beschwerdeführers verwies auf die schriftlichen Ausführungen und auf die zuletzt geschickten Eingaben. Die letzte ICD-Kontrolle hätte keinen Hinweis darauf ergeben, dass im letzten halben Jahr ein Impuls gegeben hätte werden müssen. Die Entwicklung sei als positiv zu sehen. Die nächste Untersuchung würde am 06.02.2018 stattfinden.

Der Vertreter des Beschwerdeführers verwies in seinem Schlusswort darauf, dass der behandelnde Arzt keine zeitliche Beschränkung der Lenkberechtigung gefordert habe. Die anwesende Partei verzichtete auf die mündliche Verkündung der Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3 (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

...

Verfahren bei der Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 5 ...

(4) Die Lenkberechtigung ist zu erteilen, wenn das in den §§ 6 bis 11 angeführte Verfahren ergibt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen. Sind seit der Einbringung des Antrages auf Erteilung der angestrebten Lenkberechtigung mehr als 18 Monate verstrichen, so hat die Behörde neuerlich zu prüfen, ob der Antragsteller verkehrszuverlässig ist.

(5) Die Lenkberechtigung ist, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z 2). Personen, die nach dem ärztlichen Gutachten „beschränkt geeignet“ sind, darf nur eine eingeschränkte Lenkberechtigung erteilt werden, die ausschließlich zum Lenken eines oder mehrerer, auf Grund der Beobachtungsfahrt bestimmter Ausgleichkraftfahrzeuge berechtigt (§ 9 Abs. 5). Die aufgrund des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befristungen, Beschränkungen oder Auflagen sind dem Antragsteller von der Behörde zur Kenntnis zu bringen.

...

Gesundheitliche Eignung

§ 8 (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen. Die militärärztliche Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einer oder mehrerer Gruppe(n) gilt für die Dauer von 18 Monaten ab ihrer Ausstellung auch als solches ärztliches Gutachten.

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen: „geeignet“, „bedingt geeignet“, „beschränkt geeignet“ oder „nicht geeignet“. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten „geeignet“ für diese Klassen zu lauten;

2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten „bedingt geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;

3. zum Lenken nur eines bestimmten Fahrzeuges nach § 2 Z 24 KFG 1967 geeignet, so hat das Gutachten „beschränkt geeignet“ zu lauten und anzugeben, durch welche körperlichen Beeinträchtigungen die Eignung beschränkt ist und in welcher Form diese körperlichen Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können;

4. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten „nicht geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten.

(3a) Die Dauer der Befristung ist vom Zeitpunkt der Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens zu berechnen.

(4) Wenn das ärztliche Gutachten die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen von der Erfüllung bestimmter Auflagen, wie insbesondere die Verwendung von bestimmten Behelfen oder die regelmäßige Beibringung einer fachärztlichen Stellungnahme abhängig macht, so sind diese Auflagen beim Lenken von Kraftfahrzeugen zu befolgen.

...

Entziehung, Einstellung der Löschung der Lenkberechtigung- Allgemeines

§ 24 (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit:

1.   die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.   die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

...“

Weiters sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheits-verordnung (FSG-GV) von Bedeutung:

„Allgemeines

§ 2. (1) Das ärztliche Gutachten hat gegebenenfalls auszusprechen:

1. ob und nach welchem Zeitraum eine amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist,

2. ob und in welchen Zeitabständen ärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich sind,

3. ob die Verwendung eines Körperersatzstückes oder Behelfes unumgänglich notwendig ist, um das sichere Lenken eines Kraftfahrzeuges zu gewährleisten,

4. ob der Bewerber oder Führerscheinbesitzer nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet ist.

Werden in den Fällen der §§ 5 bis 16 ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage vorgeschrieben, so dürfen diese niemals alleine, sondern immer nur in Verbindung mit einer Befristung der Lenkberechtigung und einer amtsärztlichen Nachuntersuchung bei Ablauf dieser Befristung verfügt werden.

(3) Im Falle, dass das ärztliche Gutachten eine amtsärztliche Nachuntersuchung oder ärztliche Kontrolluntersuchungen oder die Verwendung von bestimmten Körperersatzstücken oder Behelfen vorschreibt, ist die Lenkberechtigung nur bis zu dem Zeitpunkt der nächsten amtsärztlichen Nachuntersuchung befristet, erforderlichenfalls unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen, oder unter der Auflage der Verwendung dieser Körperersatzstücke oder Behelfe zu erteilen. Die Befristung oder Auflage ist gemäß § 13 Abs. 2 FSG in den Führerschein einzutragen. Werden ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage vorgeschrieben, so ist der Befund oder das Gutachten in den vorgeschriebenen Zeitabständen gemeinsam mit dem Führerschein der Behörde vorzulegen.

Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung

zum Lenken von Kraftfahrzeugen

§ 3 (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriftendie

1.   nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt

...

Gesundheit

§ 5 (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

1.   schwere Allgemeinerkrankungen oder schwere lokale Erkrankungen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

2.   organische Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

3.   Erkrankungen, bei denen es zu unvorhersehbaren Bewusstseinsstörungen oder -trübungen kommt,

4.   schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13

a)   Alkoholabhängigkeit oder

b)   andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

5.   Augenerkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen.

Herz- und Gefäßkrankheiten

§ 10 (1) Personen mit Herzrhythmusstörungen, die zu unvorhergesehenen Bewußtseinstrübungen oder -störungen führen können, darf eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden.

(2) Personen mit Herzschrittmacher darf eine Lenkberechtigung nur vorbehaltlich einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden.

(3) Ob einer Person, die unter Blutdruckanomalien leidet, eine Lenkberechtigung erteilt oder belassen werden kann, ist nach den übrigen Ergebnissen der ärztlichen Untersuchung, den möglichen Komplikationen und der daraus gegebenenfalls für die Sicherheit im Straßenverkehr erwachsenden Gefahr zu beurteilen.

(4) Personen, bei denen es im Ruhe- oder Erregungszustand zu Angina-pectoris-Anfällen kommt, darf eine Lenkberechtigung der Gruppe 2 weder erteilt noch belassen werden; für die Gruppe 1 kann eine Lenkberechtigung nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden. Personen, die einen Herzinfarkt erlitten haben, darf eine Lenkberechtigung nur vorbehaltlich einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden“

Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer nach der Aktenlage keine unbefristete Lenkberechtigung besessen hat, deren Gültigkeit gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG durch eine Befristung hätte eingeschränkt werden können. Dem Beschwerdeführer war vielmehr nur eine befristete Lenkberechtigung erteilt gewesen. Auch bei dem angefochtenen Bescheid handelt es sich der Sache nach um die neuerliche Erteilung einer (bloß) befristeten Lenkberechtigung. Soweit sich der angefochtene Bescheid auf § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG stützt, ist er demnach rechtswidrig, doch wurden dadurch Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt, weil sowohl für die Befristung (§ 24 Abs. 1 Z. 2 FSG) als auch für die Erteilung einer befristeten Lenkberechtigung die Vorschriften betreffend das ärztliche Gutachten gemäß § 8 Abs. 3 FSG in Verbindung mit den Bestimmungen des FSG-GV gelten (siehe dazu das Erkenntnis des VwGH vom 23.05.2003, Zl. 2002/11/0066). Nach Durchführung ergänzender Ermittlungen ist im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer daher eine Lenkberechtigung gemäß § 5 Abs. 5 FSG befristet erteilt (verlängert) worden.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.06.2017 die Lenkberechtigung bis zum 22.06.2018 befristet (also auf ein Jahr).

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Z. 2 FSG ist dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Sinne des zuletzt Gesagten anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (siehe dazu das Erkenntnis des VwGH vom 18.01.2000, Zl. 99/11/0266, mwN).

Für die Annahme einer eingeschränkten gesundheitlichen Eignung im oben genannten Sinn reicht es nicht, wenn eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. das zitierte Erkenntnis des VwGH, Zl. 2012/11/0132, mit Hinweis auf die Erkenntnisse vom 13.08.2003, Zl. 2002/11/0228, und vom 25.04.2006, Zl. 2006/11/0042).

Um die für die Befristung der Lenkberechtigung vorausgesetzte bloß eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung, und zwar in ausreichendem Maß, für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. das zitierte Erkenntnis des VwGH Zl. 2012/11/0132, mit Hinweis auf die Erkenntnisse vom 22.06.2010, Zlen. 2010/11/0067, 0068, und vom 15.09.2009, Zl. 2009/11/0084).

Demnach ist Voraussetzung sowohl für die Vorschreibung von Nachuntersuchungen als auch für die Befristung der Lenkberechtigung, dass beim Betreffenden eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (siehe das Erkenntnis vom 02.04.2014, Zl. 2012/11/0096).

Im vorliegenden Fall gelangte die Amtsärztin Dr. L. – nach Auswertung der vorgelegten ärztlichen Unterlagen durch den Beschwerdeführer und nach Befundaufnahme – zum Ergebnis, dass eine Befristung der Lenkberechtigung auf zwei Jahren empfohlen werde. Sie merkte nach Darstellung des Krankheitsbildes des Beschwerdeführers an, dass ein implantierter Defibrillator nicht die Ursache der angeborenen Herzmuskelverdickung heile, sondern könne nur diese lebensbedrohliche Symptomatik, nämlich maligne Herzrhythmusstörung im Sinne von Kammerflimmern mit funktionellem Herzstillstand unterbinden. Im Langzeitverlauf könne eine Hypertrophie der Herzmuskulatur zu einer Dilatation und somit zu einer Herzinsuffizienz führen (insbesondere bei Bluthochdruck). Zusätzlich bestehe bei einer Hypertrophie der Herzmuskulatur die Gefahr, dass die Durchblutung durch die Herzkranzgefäße nicht Schritt halten könne und somit eine Mangeldurchblutung im Sinne von Angina pectoris oder ein Herzinfarkt resultiere. Die beschriebenen hochdruckbedingten Augenhintergrundveränderungen wiesen auf eine bereits länger bestehende Hypertonie hin. Ein ICD stelle für die FS-Gruppe 2 ein permanentes Ausschlusskriterium dar, da ein erhöhtes Risiko für weitere Synkopen bestehe. Das Lenken von KFZ der FS-Gruppe 1 sei zwar möglich, eine Befristung (beim Beschwerdeführer) sei erforderlich, da der Beobachtungszeitraum seit der Reanimation noch zu kurz sei, um den weiteren Krankheitsverlauf beurteilen zu können.

Da nach dem Gesagten das im Beschwerdeverfahren beigeschaffte amtsärztliche Gutachten eine ausreichende Grundlage für die Befristung (und der Auflage von ärztlichen Kontrolluntersuchungen) bietet, war die Beschwerde (was das Begehren nach einer unbefristeten Lenkberechtigung betrifft) als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe zu bestätigen, dass die Dauer der 2-jährigen Befristung vom Zeitpunkt der Ausfertigung des im Beschwerdeverfahren eingeholten amtsärztlichen Gutachtens berechnet wird.

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich keine über die Bedeutung des Einzelfalles hinausgehenden Rechtsfragen stellten.

Schlagworte

Lenkberechtigung; Eignung; Herzrhythmusstörungen; Gutachten; Befristung über zwei Jahre

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.131.036.10658.2017

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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