TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/30 97/16/0195

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Veröffentlicht am 30.03.2000
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
22/01 Jurisdiktionsnorm;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

ABGB §891;
GGG 1984 §14;
GGG 1984 §15 Abs1;
GGG 1984 §15 Abs2;
JN §56 Abs2;
JN §59;
JN §60 Abs2;
ZPO §11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde 1. der M in H,

2. des T, 3. der M und 4. des F, letztere in M, alle vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien I, Stock im Eisen-Platz 3, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 22. Dezember 1996, Zl. Jv 1353-33a/96, betreffend Pauschalgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Für Abgabenverbindlichkeiten der K.-GesmbH wurden deren Geschäftsführer, die Dritt- und Viertbeschwerdeführer, mit Haftungsbescheiden aus 1984 gemäß § 9 BAO in Anspruch genommen.

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind die Kinder der dritt- und viertbeschwerdeführenden Ehegatten. Hinsichtlich ihres Liegenschaftsbesitzes räumten die Dritt- und Viertbeschwerdeführer mit Vereinbarungen aus Juni 1990 ihren Kindern, bei bestimmten Liegenschaften den Kindern und einander wechselseitig, ein lebenslanges Veräußerungs- und Belastungsverbot ein.

Anlass der hier gegenständlichen Gerichtsgebührenforderung ist die (Anfechtungs-)Klage des Bundes gegen die vier Beschwerdeführer als Beklagte hinsichtlich der genannten Vereinbarungen aus Juni 1990. Urteilsmäßig begehrt wurde (unterschiedlich nach Beklagten und nach Liegenschaften) zur Hereinbringung jeweils bestimmter Forderungen, jegliche Exekution in diese Liegenschaften im Range der einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbote zu dulden (Punkte 1 bis 3 des Urteilsbegehrens). Punkt 5 des Urteilsbegehrens lautete:

"Die erst-, die zweit- und die drittbeklagte Partei können sich von den erhobenen Anfechtungsansprüchen durch Bezahlung eines Betrages von S 4,789.750,-- befreien. Die viertbeklagte Partei kann sich von den erhobenen Anfechtungsansprüchen durch Bezahlung eines Betrages von S 1,625.537,-- befreien."

Mit Schriftsatz der damaligen Klägerin vom 25. Mai 1992 erfolgte eine Ausdehnung insoferne, dass der Punkt 5 des Klagebegehrens lautete:

"Die erst-, die zweit und die drittbeklagte Partei können sich von erhobenen Anfechtungsansprüchen durch Bezahlung eines Betrages von S 11,279.075,58 befreien. Die viertbeklagte Partei kann sich von den erhobenen Anfechtungsansprüchen durch Bezahlung eines Betrages von S 1,625.537,-- befreien."

Mit Schriftsatz der Klägerin vom 29. April 1993 erfolgte eine Einschränkung des Klagebegehrens hinsichtlich des Befreiungsbetrages dahingehend, dass dieser bezüglich der erst- bis drittbeklagten Parteien (hier: Erst- bis Drittbeschwerdeführer) auf S 9,653.538,58, hinsichtlich der viertbeklagten Partei auf S 42.781,50 reduziert wurde.

In der Klage wurde der Streitwert mit S 1,625.537,-- beziffert; davon ging die Klägerin auch in ihrer Kostennote anlässlich des Schlusses der Verhandlung und das Erstgericht beim urteilsmäßigen Kostenzuspruch aus; die Beschwerdeführer haben demgegenüber ihrer Kostennote jeweils die Höhe des den Erst- bis Drittbeschwerdeführern eingeräumten Befreiungsbetrages zu Grunde gelegt.

Für die gegen das vollinhaltlich stattgebende Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 27. Oktober 1993 von allen Beschwerdeführern erhobene Berufung entrichteten sie eine Pauschalgebühr nach TP 2 auf Grundlage eines Streitwertes von S 1,625.537,--. Auf der selben Basis entrichteten sie für ihre außerordentliche Revision gegen die abweisende Berufungsentscheidung die Pauschalgebühr nach TP 3 unter Abzug eines nicht verbrauchten Kostenvorschusses von S 30.000,--. Die außerordentliche Revision wurde vom OGH zurückgewiesen, sodass sich die Pauschalgebühr um die Hälfte reduzierte.

Der Kostenbeamte erliess am 2. Februar 1996 einen Zahlungsauftrag über S 362.227,--. Er legte seiner Berechnung einen Streitwert im Verfahren zweiter und dritter Instanz von S 9,653.540,-- zu Grunde. In ihrem Rückzahlungs- und Berichtigungsantrag wehrten sich die Beschwerdeführer gegen diese Bemessungsgrundlage, hinsichtlich des Viertbeschwerdeführers verwiesen sie darauf, dass der Befreiungsbetrag nur S 42.781,50 betragen habe. Der eingeklagte Anspruch habe sich auf ein Liegenschaftsvermögen als Pfandgegenstand bezogen, weshalb sich der Streitwert nach dem Wert des Pfandgegenstandes (§ 57 JN) bemesse. Dafür sei gemäß § 60 Abs. 2 JN der Einheitswert maßgeblich. Davon ausgehend hätten die Beschwerdeführer um S 63.200,-- zu viel gezahlt; die Rückzahlung dieses Betrages wurde begehrt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Rückzahlungsantrag nicht stattgegeben und dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben. Der Zahlungsauftrag wurde dahingehend berichtigt, dass ausgehend von einem Streitwert von S 9,653.540,-- für die beiden Rechtsmittelverfahren, einem Streitwert von S 11,279.080,-- für das Verfahren erster Instanz (in Anwendung des § 20 GGG) unter Berücksichtigung eines Guthabens von S 30.000,-- ein Betrag von S 362.277,-- festgesetzt wurde. Eine Anwendung des § 15 Abs. 1 GGG (Einheitswert als Bemessungsgrundlage) kam für die belangte Behörde nicht in Betracht, weil nicht die Liegenschaft selbst Ziel des Klagebegehrens gewesen sei. Eine Streitwertfestsetzung gemäß § 60 Abs. 1 JN sei nicht erfolgt, weshalb der Kostenbeamte zu Recht von einem Streitwert nach § 56 Abs. 1 JN (Höhe des Befreiungsbetrages) ausgegangen sei.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, nicht entgegen den Vorschriften des Gerichtsgebührengesetzes zur Zahlung von Gerichtsgebühren heran gezogen zu werden, sowie darin, zu viel entrichtete Gerichtsgebühren gemäß § 30 GGG rückerstattet zu erhalten. Sie begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 44 bis 60 JN.

"Etwas anderes" wäre nach Auffassung der Beschwerdeführer im § 15 Abs. 1 GGG bestimmt, wonach als Wert einer unbeweglichen Sache der Einheitswert anzusehen sei. Diese Bestimmung sei dem § 60 Abs. 2 JN nachgebildet, wonach als Wert einer grundsteuerpflichtigen, unbeweglichen Sache jener Betrag anzusehen sei, welcher als Steuerwert für die Gebührenbemessung in Betracht komme. Dabei räumen die Beschwerdeführer allerdings ein, dass kein Anspruch etwa auf Übertragung des Eigentumsrechtes an den angeführten Liegenschaften Gegenstand des Klagenbegehrens sei. Die Klage sei aber darauf gerichtet gewesen, der Klägerin die Exekution in diese Liegenschaften zu ermöglichen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Einheitswert nur dann als Streitwert in Frage kommt, wenn die Liegenschaft selbst Ziel des Klagebegehrens ist (siehe die Nachweise aus der hg. Judikatur bei Tschugguel-Pötscher, die Gerichtsgebühren6, 70 f.). Da sich das hier vorliegende Begehren auf die Duldung einer (Forderungs-) Exekution richtet, kann keine Rede davon sein, dass die Liegenschaft selbst das Ziel des Klagebegehrens wäre.

Da der Sachverhalt auch keiner sonstige Bewertungsbestimmung des GGG (§§ 15 f.) unterstellt werden kann, gelangen für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage die §§ 54 bis 60 JN zur Anwendung. Die Beschwerdeführer verweisen auf § 57 JN, wonach bei Streitigkeiten, welche nur die Sicherung einer Forderung oder ein Pfandrecht zum Gegenstand haben, der Betrag der Forderung, oder wenn der Pfandgegenstand einen geringeren Wert hat, dessen Wert für die Bewertung des Streitgegenstandes maßgeblich ist.

Hier wurde die Duldung jeglicher Exekution in bestimmte Liegenschaften begehrt; es geht weder um die Sicherstellung einer Forderung, noch ist Gegenstand der Klage ein Pfandrecht. Somit liegt ein Fall, in dem der Kläger gemäß § 56 Abs. 2 JN die Bewertung nach den Vorschriften der §§ 57 bis 89 JN vornehmen müsste (vgl. Fasching, Kommentar I, 352) gar nicht vor, weil der Streitgegenstand in einem Geldbetrag bestand: Gemäß § 56 Abs. 1 JN ist die in der Klage angegebene Geldsumme für die Beurteilung der Zuständigkeit und für die Besetzung des Gerichtes maßgebend, wenn sich der Kläger erbietet, an Stelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen, oder wenn er ein alternatives Begehren auf Zuerkennung einer Geldsumme stellt. Hat ein Kläger bereits in der Klage den Antrag gestellt, auszusprechen, dass sich der Beklagte an Stelle der begehrten Sachleistung durch Zahlung eines bestimmten Geldbetrages von der Schuld befreien kann, dann richtet sich der Streitwert nach der Höhe des zur Lösung begehrten Geldbetrages (Fasching a.a.O., 350). Ein in einem Geldbetrag bestehender Streitgegenstand liegt nämlich immer dann vor, wenn im Klagebegehren selbst die begehrte Leistung mit einer Geldsumme ausgedrückt wird, also auch bei einem Eventualbegehren oder einem Alternativbegehren, falls zumindest eines dieser Begehren auf eine Geldsumme lautet, oder bei einer Lösungsbefugnis (Fasching, Lehrbuch2, RZ 259).

Das Argument der Beschwerdeführer, § 56 Abs. 1 JN sei nur für die Beurteilung der Zuständigkeit und für die Besetzung des Gerichtes maßgebend, ist daher verfehlt, was sich auch schon aus der Überschrift über den § 54 bis 56 JN "Wert des Streitgegenstandes" ergibt.

Hier hat sich der Kläger erboten, an Stelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen, sodass allein dieser Betrag streitwertbestimmend ist. Es bedarf daher gar nicht der Heranziehung des § 56 Abs. 2 JN, wonach in allen anderen Fällen, in welchen der Wert des nicht in einem Geldbetrage bestehenden Streitgegenstandes für die Bestimmung der Zuständigkeit oder für die Besetzung des Gerichtes von Belang ist, der Kläger diesen Wert in der Klage anzugeben hätte. Dort wo es sich um ein Geldleistungsbegehren oder ein Sachleistungsbegehren mit einer auf Geld lautenden Lösungsbefugnis, einem auf Geld lautenden Alternativbegehren oder einem auf Geld lautenden Eventualbegehren handelt, ist der Kläger an die im Begehren genannte Geldsumme gebunden (Fasching, Kommentar I, 351). Es spielt daher auch keine Rolle, welchen Streitwert der Kläger in seiner Klage (hier S 1,625.357,--) angegeben hat. Insbesondere kann es zu einer Anwendung des § 59 JN (bei Klagen auf Duldung oder Unterlassung ist die vom Kläger angegebene Höhe seines Interesses als Wert des Streitgegenstandes anzusehen) nicht kommen.

Daraus ergibt sich aber, dass die belangte Behörde völlig zu Recht den Befreiungsbetrag (bzw. die jeweils aktuellen Befreiungsbeträge im erstinstanzlichen Verfahren unter Anwendung des § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG) bei ihrer Gebührenbemessung herangezogen hat. Dass der Befreiungsbetrag beim Viertbeschwerdeführer wesentlich niedriger war, spielt keine Rolle, weil gemäß § 15 Abs. 2 GGG mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen sind; einen Unterschied, ob die Parteienhäufung auf Kläger- oder Beklagtenseite stattfindet, trifft das Gesetz nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1982, Zl. 1669/80), zumal die Gebührenpflicht zunächst den Kläger, dann aber den Rechtsmittelwerber - also gegebenenfalls den Beklagten - trifft. Die Zusammenrechung gilt nach der hg. Judikatur sowohl für materielle als auch für formelle Streitgenossen (siehe zuletzt das hg. Erkenntnis vom 30. April 1999, Zl. 96/16/0276), sodass es nicht darauf ankommt, ob eine Solidarhaftung zwischen den Beklagten vorliegt oder nicht.

Damit erwies sich die Beschwerde aber insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997160195.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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