TE Bvwg Beschluss 2018/4/3 W107 2190522-1

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Veröffentlicht am 03.04.2018
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Entscheidungsdatum

03.04.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs4 Z1

Spruch

W107 2190522-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Anke SEMBACHER als Einzelrichterin in Vertretung der Richterin Dr. Sibyll Andrea BÖCK gemäß § 10 Abs. 3 der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes 2018 über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch die Diakonie - Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.01.2018, Zl. XXXX:

A)

I. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 6 AVG iVm. § 17 VwGVG zuständigkeitshalber an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, weitergeleitet.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 05.01.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 19.05.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Unter Spruchpunkt VII. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

2. Mit Schriftsatz vom 14.03.2018, welcher am selben Tag per E-Mail bei der belangten Behörde einlangte, erhob der Beschwerdeführer vollinhaltlich Beschwerde gegen den spruchgegenständlichen Bescheid des BFA. Gemeinsam mit der Beschwerde wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gestellt.

3. Mit Schreiben vom 16.03.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 27.03.2018, übermittelte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde einschließlich des unerledigten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand samt Verwaltungsakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 10.01.2018 in der Justizanstalt XXXX durch Übernahme zugestellt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde am 14.03.2018 per E-Mail an die belangte Behörde übermittelt.

Die Verspätung der gegenständlichen Beschwerde ist dem Beschwerdeführer bekannt; dieser stellte gemeinsam mit der Beschwerde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere aus der sich im Verwaltungsakt befindenden Übernahmebestätigung des bekämpften Bescheides vom 05.01.2018 und dem E-Mail des ausgewiesenen Beschwerdeführervertreters vom 14.03.2018, mit welchem die gegenständliche Beschwerde samt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an die belangte Behörde übermittelt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Allgemeines:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Asylgesetz 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016) ist eine Entscheidung durch Senate nicht vorgesehen. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BAO BGBl 1961/194, des Agrarverfahrensgesetzes AgrVG BGBl 1950/173 und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 DVG BGBl 1984/29, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 2 1. Fall VwGVG kann die mündliche Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag oder die Beschwerde zurückzuweisen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A I.) - Zurückweisung der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG - wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde - mit dem Tag der Zustellung.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Der bekämpfte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer laut der im Verwaltungsakt aufliegenden Übernahmebestätigung am 10.01.2018, einem Mittwoch, durch persönliche Übernahme zugestellt. Die Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des Mittwochs vier Wochen später, sohin mit Ablauf des 07.02.2018.

Die Beschwerde, welche mit E-Mail vom 14.03.2018 bei der belangten Behörde einlangte, stellt sich daher als verspätet dar und war somit gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 iVm § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG wegen Verspätung zurückzuweisen.

Vor dem Hintergrund des gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gerichteten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte auf einen Verspätungsvorhalt vor Zurückweisung der Beschwerde verzichtet werden, da dem Beschwerdeführer die Verspätung seines Rechtsmittels offensichtlich bekannt war.

Im Hinblick auf den gemeinsam mit der Beschwerde gestellten Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand ist zudem auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem bloß anhängigen, aber noch nicht bejahend entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag sogleich auf Grund der Aktenlage zu entscheiden ist. Wird die Wiedereinsetzung später bewilligt, tritt die Zurückweisungsentscheidung von Gesetzes wegen außer Kraft. Diese - insbesondere zu den §§ 71 und 72 AVG ergangene - Rechtsprechung wurde vom VwGH auch auf die durch das VwGVG 2014 neu geschaffene Rechtslage übertragen (vgl. VwGH 21.03.2017, Ra 2017/12/0010 mit Hinweis B vom 21. Oktober 2014, Ra 2014/03/0037).

Auf Grund der Zurückweisung der Beschwerde konnte eine mündliche Verhandlung entfallen.

3.3. Zu Spruchpunkt A II.) - Weiterleitung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

Gemäß § 33 Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Gemäß § 33 Abs. 4 leg. cit. hat bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach diesbezüglich in seiner Entscheidung vom 28.09.2016, Ro 2016/16/0013, aus, die Verwaltungsbehörde sei zur Entscheidung über den bei ihr eingebrachten, überdies an sie gerichteten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuständig. Begründend stützte sich der Verwaltungsgerichtshof auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zu Art. 18 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG, wonach der Gesetzgeber zu einer präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit berufen sei (vgl. VfGH 24.06.1994, G 20/94). Es verbiete sich eine Auslegung des § 33 Abs. 4 VwGVG, die es der belangten Behörde überlassen würde, wer über die Wiedereinsetzung zu entscheiden hat.

§ 33 Abs. 4 VwGVG könne verfassungskonform nur die Bedeutung zugemessen werden, dass über Wiedereinsetzungsanträge, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Verwaltungsbehörde eingebracht werden, von dieser, und über jene, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, von jenem mit Beschluss zu entscheiden sei (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 33 VwGVG K18 und E22).

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemeinsam mit der Beschwerde - somit vor Vorlage der Beschwerde - bei der belangten Behörde eingebracht. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt mitsamt der Beschwerde und dem unerledigten Antrag auf Wiedereinsetzung dem Bundesverwaltungsgericht vor. Damit verabsäumte die belangte Behörde die Wahrnehmung ihrer Zuständigkeit zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag.

Gegenständlich war eine Weiterleitung unter sinngemäßer Anwendung des § 6 AVG durch verfahrensleitende Anordnung in Beschlussform zu treffen (VwGH 24.06.2015, Ra 2015/04/0040), da die Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts angesichts der zitierten Judikatur unzweifelhaft ist und die belangte Behörde eine vermeintliche Unzuständigkeit nicht nachhaltig zum Ausdruck brachte (VwGH 18.02.2015, Ko 2015/03/0001; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 31 VwGVG E7 und E8).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung - siehe dazu die zahlreichen Verweise in der rechtlichen Begründung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Unzuständigkeit, Verspätung, Weiterleitung,
Wiedereinsetzungsantrag, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W107.2190522.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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