Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14. März 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Vincent O***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom 16. Oktober 2017, GZ 8 Hv 55/17b-196, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden der Wahrspruch der Geschworenen und das darauf beruhende Urteil aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz als Geschworenengericht verwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Vincent O***** im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten 13 Os 129/16v) des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 21. Oktober 2015 in G***** Edu Ov***** vorsätzlich zu töten versucht, indem er ihm mit einem Jagdmesser einen Stich in den Bauch und zumindest zwei Stiche ins Gesicht versetzte, wobei der Bauchstich eine lebensgefährliche Verletzung mit Darmaustritt zur Folge hatte.
Die Geschworenen hatten die Hauptfrage I nach dem Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB stimmenmehrheitlich bejaht. Die bezughabenden, entsprechend dem Frageschema gesondert zu beantwortenden Zusatzfragen Ia nach dem Rechtfertigungsgrund der Notwehr nach § 3 Abs 1 erster Satz StGB und Ib nach dem Schuldausschließungsgrund der Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt nach § 3 Abs 2 StGB hatten sie stimmenmehrheitlich (nämlich jeweils 6 : 2) verneint.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6, 8 und 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Zutreffend zeigt die Fragenrüge (Z 6) auf, dass
– wie bereits im ersten Rechtsgang – erneut verfehlt entgegen dem Grundsatz der Totalabstimmung (RIS-Justiz RS0102740) nicht eine einzige – alternativ gefasste – Zusatzfrage, über die in einem abzustimmen ist, gestellt wurde. Solcherart ist nicht unzweifelhaft erkennbar (§ 345 Abs 3 StPO), dass die Mehrheit der Geschworenen die Straflosigkeit nicht bejahte (vgl Lässig, WK-StPO § 313 Rz 11 ff, § 317 Rz 11 ff).
Dieses Defizit erfordert abermals, den Wahrspruch der Geschworenen und das darauf beruhende Urteil bereits bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben (§§ 285e, 344 StPO), weshalb sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt.
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung zu verweisen.
Schlagworte
Strafrecht;Textnummer
E121118European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00005.18M.0314.000Im RIS seit
11.04.2018Zuletzt aktualisiert am
11.04.2018