Entscheidungsdatum
30.01.2018Norm
FSG 1997 §7 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Hollerer als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn JS, vertreten durch Dr. Gerhard Rößler, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen Spruchpunkt 1.des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 24.10.2017,
Zl. ZTS1-F-05157/002, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2, A, B, C1, C und F auf sechs Monate herabgesetzt. Die Entziehung der Lenkberechtigung endet somit mit Ablauf des 3. März 2018.
2. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§§ 7 und 26 Führerscheingesetz – FSG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 24.10.2017,
Zl. ZTS1-F-05157/002, wurde die Vorstellung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 7.9.2017 abgewiesen und die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2, A, B, C1, C und F bis einschließlich 3.5.2018 entzogen. Als begleitende Maßnahme wurde eine Nachschulung angeordnet und die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens unter Einbeziehung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde ausgeschlossen.
Gegen diesen Bescheid wurde zu Spruchpunkt 1. Beschwerde erhoben. Es wird die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf sechs Monate beantragt. Im Wesentlichen wird ausgeführt, dass der gegenständliche Vorfall in auffallendem Widerspruch zu dem sonstigen Verhalten des Beschwerdeführers stehe. Der Beschwerdeführer habe die grundsätzliche Linie, dass er kein Auto lenke, wenn er Alkohol trinkt. An diesem Tag hätte er nicht die Absicht gehabt, nach Hause zu fahren. Der Beschwerdeführer habe sein Fehlverhalten auch immer eingesehen und versuche es nicht zu entschuldigen. Da keine Umstände hinzugekommen seien, die auf eine längere Verkehrsunzuverlässigkeit als von sechs Monaten hinweisen, sei mit der Mindestentzugsdauer von sechs Monaten durchaus das Auslangen zu finden. Die hohe Alkoholisierung sei bereits bei Mindestentzugsdauer berücksichtigt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hierüber erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 Führerscheingesetz (FSG) gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
Gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.
Gemäß § 26 Abs. 2 FSG ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gem. § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird.
Nach der Anzeige der Polizeiinspektion *** hat Herr JS am 3.9.2017 um 03:45 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen *** im Ortsgebiet *** auf der *** in Richtung *** gelenkt. Im Zuge der Fahrzeugkontrolle wurde festgestellt, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat. Der Alkotest am 3.9.2017 um 04:08 Uhr und 04:09 Uhr hat 1,00 mg/l bzw. 1,04 mg/l Atemluftalkoholgehalt ergeben. Der Führerschein wurde an Ort und Stelle abgenommen.
Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 7.9.2017,
Zl. ZTS1-F-05157/002, wurde die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2, A, B, C1, C und F bis einschließlich 3.5.2018 entzogen.
In der dagegen erhobenen Vorstellung wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer das Volksfest in *** besucht habe. Er habe nicht vorgehabt, mit dem Fahrzeug nach Hause zu fahren. Er wollte mit einem Freund fahren. Dieser habe vergeblich versucht ihn anzurufen und er habe ihn vergeblich zurückgerufen. Auf die gespeicherten Anrufe werde verwiesen. Beim Taxistandplatz hätte er kein Taxi vorgefunden und die fahrenden Taxis hätten seine Handzeichen ignoriert. Die Freundin wäre mit einem Migräneanfall zu Hause gewesen. Er habe sich dann für die Autofahrt von 10 Minuten anstatt des Fußweges von eineinhalb Stunden nach Furth entschlossen. Er bereue seine damalige Entscheidung. Es sei ihm eine Lehre.
Der Vorstellung wurde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid keine Folge gegeben. Die belangte Behörde verweist im Wesentlichen auf die hohe Alkoholisierung und die Lenkung zur Nachtzeit. Dies sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwerflich und gefährlich.
Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer am 3.9.2017 um 03:45 Uhr in *** ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Der Blutalkoholgehalt betrug 2 ‰. Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt erfolgte mit einem geeichten Alkomaten. Die Alkoholisierung wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Das Delikt gem. § 99 Abs.1 StVO ist sohin als erwiesen anzunehmen.
Von der belangten Behörde wurde eine Nachschulung angeordnet und die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme. Vom Beschwerdeführer wird nur die Entziehungsdauer bekämpft.
Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung:
Seitens des erkennenden Gerichtes wurde Einsicht in die Akte der belangten Behörde genommen. Diese besteht im Wesentlichen aus der Anzeige der Polizeiinspektion ***, dem Mandatsbescheid, der Vorstellung und der Stellungnahme des Rechtsvertreters.
Nach der zitierten Bestimmung des § 26 FSG ist ab einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,8 mg/l eine Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten vorgesehen. Diese Bestimmung steht der Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (s. VwGH v. 16.10.2012, 2009/11/0245). Von der belangten Behörde wird die Entziehungsdauer von acht Monaten mit der hohen Alkoholisierung und der Lenkung zur Nachtzeit begründet. Bei der Verkehrszuverlässigkeit handelt es sich um eine Charaktereigenschaft, die auf Grund der nach außen in Erscheinung getretenen strafbaren Handlungen einer Person zu beurteilen ist. Der Beschwerdeführer hat – soweit aktenkundig – erstmals ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Er ist im Besitz einer Lenkberechtigung seit dem Jahr 2004. Bei der belangten Behörde scheinen keine Verwaltungsstrafvormerkungen auf. Im Zuge der Lenkung des Kraftfahrzeuges und der Anhaltung des Beschwerdeführers wurde kein weiteres verkehrswidriges Verhalten gesetzt.
Das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zählt grundsätzlich zu den schwerwiegendsten verkehrspolizeilichen Verstößen. Diese allgemeine Wertung der Verwerflichkeit von Alkoholdelikten wird vom
Gesetzgeber dadurch vorgenommen, indem er für Alkoholdelikte im Straßenverkehr eine Mindestentziehungsdauer oder eine fixe Entziehungsdauer festgelegt hat (s. VwGH v. 19.10.2010, 2010/11/0101). Die Entziehung der Lenkberechtigung über die Mindestentziehungsdauer hinaus ist dann zulässig, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung oder wegen des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers eine Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen längeren, die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen.
Die besondere Gefährlichkeit zur Nachtzeit wird insofern relativiert, als der Beschwerdeführer das Kraftfahrzeug im Ortsgebiet von *** gelenkt hat und im Hinblick auf die Tatzeit (03:45 Uhr) ein geringes Verkehrsaufkommen gegeben ist. Es wurde kein weiteres rechtswidriges Verhalten gesetzt, das einer Wertung nach § 7 Abs.4 FSG zugänglich wäre und zu einer ungünstigen Prognose führen könnte. Nicht unberücksichtigt soll bleiben, dass sich der Beschwerdeführer auch einer Nachschulung zu unterziehen hat, wo ihm das rechtswidrige Verhalten und die Eigen- und Fremdgefährdung nahegebracht wird. Diese Schulung wird neben den beruflichen Nachteilen und privaten Mobilitätsschwierigkeiten eine Änderung im Umgang mit Alkohol im Straßenverkehr herbeiführen, sodass das erkennende Gericht zum Ergebnis kommt, dass mit der Mindestentziehungsdauer gerade noch das Auslangen gefunden werden kann, zumal auch keine exzessive Alkoholisierung (wesentlich über 2 ‰) festgestellt wurde.
Es ist sohin der Beschwerde Folge zu geben und die Entziehungsdauer spruchgemäß festzusetzen.
Die Spruchpunkte 2. bis 4. bleiben von dieser Entscheidung unberührt.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG entfallen, weil der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage ausreichend geklärt erscheint und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Schlagworte
Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Alkohol; Entziehungsdauer;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1436.001.2017Zuletzt aktualisiert am
10.04.2018