TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/31 LVwG-AV-1474/001-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

31.01.2018

Norm

WRG 1959 §138 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde von 1. AH sowie 2. MH, beide vertreten durch Dr. Josef Kattner, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 27. Oktober 2017, MEW2-WA-04312/001, betreffend Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), zu Recht erkannt:

I.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 27. Oktober 2017, MEW2-WA-04312/001, hinsichtlich der Sachentscheidung (Verpflichtung zur Entfernung einer Mauer im Hochwasserabflussbereich eines Zubringers zur ***) ersatzlos behoben. Die Kostenentscheidung bleibt unberührt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 138 Abs. 1 und 2 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)

§§ 9 Abs. 1, 24, 27 sowie 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)

§ 13 Abs. 1 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991,
BGBl. Nr. 51/1991 idgF)

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF)

Entscheidungsgründe

1.   Verwaltungsbehördliches Verfahren und angefochtener Bescheid

MH und AH sind Wasserberechtigte einer im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Melk unter der PZ *** eingetragenen Fischteichanlage in der KG ***. Bei der Bezirkshauptmannschaft Melk als Wasserrechtsbehörde sind Streitigkeiten zwischen den Genannten und deren Nachbarn KHa und MHa aktenkundig.

Mit Ladung vom 04. Mai 2017 beraumte die Bezirkshauptmannschaft Melk für 22. Mai 2017 eine mündliche Verhandlung zum Thema einer Anzeige von MH und AH betreffend angeblich durch MHa und KHa vorgenommene Veränderungen am Zubringer, der den Fischteich speist, an.

Aus der – mit 19.05.2017 datierten – Verhandlungsschrift ergibt sich, dass die Wasserrechtsbehörde sich mit mehreren Themen im Umfeld der erwähnten Fischteichanlage befasste; explizit angeführt sind die Errichtung eines Zaunes im Hochwasserabflussbereich, die Umleitung eines Zubringers zur ***, das schwallartige Ablassen eines Löschteiches, die Errichtung einer Mauer im Hochwasserabflussbereich des Zubringers zur *** sowie die Errichtung einer geplanten Verrohrung. Zu diesen Themen äußerten sich der wasserbautechnische Amtssachverständige sowie die oben angeführten Parteien. Zwischen diesen war unter anderem strittig, wer für die Entfernung der vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen als Anlage im Hochwasserabflussbereich beurteilten Mauer verantwortlich sei. Die Grundeigentümer KHa und MHa forderten, das Mauerwerk unverzüglich zu entfernen.

Nach weiteren Erhebungen der Behörde und Vorsprachen der Parteien schrieb die Bezirkshauptmannschaft Melk den Parteien am 28. Juli 2017, dass die Mauer in näher definierten Umfang „durch das Ehepaar H“ bis zum 30. September 2017 zu entfernen wäre. Der Name des Genehmigenden ist auf diesem Schriftstück nicht zu ersehen.

Nach weiterer Korrespondenz erließ die Bezirkshauptmannschaft Melk den Bescheid vom 27. Oktober 2017, MEW2-WA-04312/001. Darin verpflichtete sie AH und MH zur Entfernung der im Spruch näher beschriebenen Mauer bis zum 30. Juni 2018.

Weiters findet sich im Spruch die Verpflichtung, Verfahrenskosten (nämlich Kommissionsgebühren in Höhe von € 331,20 für die mündliche Verhandlung am 19.05.2017) zu bezahlen.

Die Sachentscheidung stützte die Behörde auf die §§ 9, 12, 105 und 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959; die Kostenentscheidung auf § 77 AVG und § 1 der Landes-Kommissionsgebührenverordnung 1976.

Begründend trifft die Behörde Ausführungen zum Verfahrensverlauf und macht Feststellungen betreffend die in Rede stehende Mauer, wobei sie sich auf den Akteninhalt und den durchgeführten Lokalaugenschein beruft.

Nach Zitierung des § 138 WRG 1959 kommt die Behörde zum Schluss, dass es sich bei der bescheidgegenständlichen Mauer um eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 handelte, welche den nunmehrigen Beschwerdeführern zuzurechnen sei. Eine nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung käme nicht in Betracht, da die Mauer teils auf fremden Grund läge, dessen Eigentümer seine Zustimmung nicht erteilt hätte. Auch im Hinblick auf die negativen Auswirkungen der Mauer als Hochwasserhindernis und dem daraus resultierenden Widerspruch zu öffentlichen Interessen und fremden Rechten käme eine Bewilligung nicht in Frage. Es sei daher die Entfernung aufzutragen gewesen.

Zur Kostenentscheidung findet sich lediglich der lapidare Satz, dass sich diese auf die angeführten Bestimmungen stütze.

2.   Beschwerde

Gegen den ihnen am 31. Oktober 2017 zugestellten Bescheid erhoben AH und MH rechtzeitig Beschwerde. Darin wird erklärt, den bezeichneten Bescheid „seinem gesamten Inhalt nach“ anzufechten. Begründet wird dies einerseits damit, dass die in Rede stehenden Mauerteile im Sinne der Anordnung der Behörde bereits Ende September, somit vor Erlassung des bekämpften Bescheides, beseitigt worden wären. Andererseits seien die Voraussetzungen für die Erteilung eines wasser-polizeilichen Auftrags von vornherein nicht gegeben gewesen, da sie – die Beschwerdeführer – die betreffende Mauer nicht errichtet hätten; jedenfalls hätten sie nicht alleine zur Beseitigung der von den gemeinsamen Rechtsvorgängern der beteiligten Grundeigentümer hergestellten Mauer verpflichtet werden dürfen.

Schließlich wird der Antrag gestellt, „den bekämpften Bescheid in der Weise ab(zu)ändern, dass der uns gegenüber erteilte wasserpolizeiliche Auftrag aufgehoben, sohin der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben“ würde.

Vorgelegt wird eine Fotodokumentation zum Beleg der Beseitigung einer Mauer.

3.   Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich forderte KHa und MHa auf, sich zum Beschwerdevorbringen, insbesondere zur Behauptung der Entfernung der strittigen Mauer zu äußern. Dementsprechend teilten die Genannten dem Gericht mit, dass nach ihren Beobachtungen am 30. September 2017 lediglich mit der Entfernung eines Zauns begonnen gewesen sei; die Entfernung der Mauer sei erst später erfolgt. Dem Auftrag der Behörde sei mittlerweile aber auch aus ihrer Sicht nachgekommen worden.

4.   Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:

4.1.     Feststellung und Beweiswürdigung

Die unter den Punkten 1. bis 3. getroffenen Feststellungen zum Verfahrensverlauf und Inhalt von Schriftstücken ergeben sich aus den Akten der Bezirkshaupt-mannschaft Melk bzw. des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich und sind unstrittig.

Darüber hinaus stellt das Gericht fest, dass die Mauer an der Grenze zwischen den Grundstücken Nr. *** und ***, beide KG ***, bis auf Höhe der Unterkante des noch im Gerinne befindlichen Betonrohrs im Sinne des gegenständlichen gewässerpolizeilichen Auftrags noch vor Zustellung des angefochtenen Bescheides entfernt wurde.

Dass die strittige Mauer beseitigt wurde, bringen sowohl die Beschwerdeführer als auch die Nachbarn Ha übereinstimmend vor. Dies wird auch durch die der Beschwerde angeschlossenen Fotos belegt. Im Hinblick auf die offensichtlich gegenläufigen Interessen zwischen den Nachbarn hat das Gericht angesichts der in diesem Punkt bestehenden Einigkeit keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, sodass sich weitere Ermittlungsschritte, insbesondere die Einvernahme der Parteien erübrigte.

Was den Zeitpunkt der Entfernung der Anlage anbelangt, widersprachen die Nachbarn Ha zwar der Darstellung, dass die Mauer bereits Ende September entfernt war; immerhin räumen sie ein, dass damals mit Maßnahmen bereits begonnen worden war. Für die Darstellung der Beschwerdeführer spricht allerdings die auf dem „Screenshot“ der Fotodokumentation aufscheinende Datumsangabe „20170923“, was mit dem Vorbringen und der handschriftlichen Datumsangabe auf dem Ausdruck übereinstimmt. Dies scheint daher dem Gericht plausibel, sodass es davon ausgeht, dass die Entfernung der Mauer jedenfalls vor dem 31. Oktober 2017, als der nun in Beschwerde gezogene Bescheid zugestellt wurde, erfolgt war, zumal wenigstens dies nicht mit dem Vorbringen der Nachbarn Ha im Widerspruch steht. Auch hatten die Beschwerdeführer der Behörde bereits vor Bescheidzustellung ihre Bereitschaft zur „freiwilligen“ Beseitigung der strittigen Mauer mitgeteilt, sodass der Schluss nicht berechtigt wäre, erst die Erlassung des Bescheides hätte sie dazu veranlasst.

4.2.     Anzuwendende Rechtsvorschriften

WRG 1959

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes

übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu

verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b) Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß

lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand )

möglich ist,

c) die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände zu beheben,

d) für die sofortige Wiederherstellung beschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen zu sorgen.

(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die

Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche

Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

(…)

VwGVG

§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

1.   die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2.   die Bezeichnung der belangten Behörde,

3.   die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4.   das Begehren und

5.   die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

(…)

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche

mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.   der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.   die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3.   wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei W ochen nicht übersteigender Frist einen Antrag

auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der

anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines

Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere

Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum

Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien

ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die

Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden,

wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse d er Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(…)

AVG

§ 13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(…)

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision

gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

B-VG

Art. 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des

Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe

Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

4.3.     Rechtliche Beurteilung

Wie sich aus § 27 iVm § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG ergibt, ist die Prüfbefugnis des Gerichts durch den Inhalt der Beschwerde, welcher wiederum aus den Gründen und dem Begehren resultiert, beschränkt.

Der in Beschwerde gezogene Bescheid enthält sowohl einen gewässerpolizeilichen Auftrag nach § 138 Abs. 1 WRG 1959, als auch einen Ausspruch betreffend die Verpflichtung zur Bezahlung von Verfahrenskosten. Da sich die Beschwerde erklärtermaßen einerseits gegen „den gesamten Inhalt“ des angefochtenen Bescheides richtet, andererseits jedoch ausschließlich ein Vorbringen betreffend die Rechtswidrigkeit des gewässerpolizeilichen Auftrags erfolgt, stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführer lediglich den gewässerpolizeilichen Auftrag oder aber auch die Kostenentscheidung angefochten haben. Dies ist nach den Regeln über die Auslegung von Anbringen zu beantworten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (statt vieler: VwGH 5.4.2017, Ra 2016/04/0126; 20.9.2017, Ra 2017/19/0068) sind Anbringen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, wobei es auf den erkenn- und erschließbaren Zweck ankommt. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes kommt das Gericht im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass sich die gegenständliche Beschwerde auf die Anfechtung des gewässerpolizeilichen Auftrages beschränkt. Denn nur gegen letzteren richtet sich das inhaltliche Vorbringen und nur dessen ersatzlose Behebung wird begehrt. Wie aus dem Beschwerdebegehren deutlich wird, meint die Beschwerde nur den gewässerpolizeilichen Auftrag, wenn vom „gesamten Inhalt“ des Bescheides gesprochen wird, weil sie den gewässerpolizeilicher Auftrag mit dem bekämpften Bescheid gleichsetzt (arg.: …der wasserpolizeiliche Auftrag aufgehoben, sohin der bekämpfte Bescheid …“ ;Hervorhebung durch das Gericht).

In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass im gegenständlichen Fall ein untrennbarer Zusammenhang zwischen gewässerpolizeilichem Auftrag und Kostenentscheidung bestanden hätte, indem letztere als Annex zu ersterer deren Schicksal notwendigerweise teilen würde. Abgesehen davon, dass die insofern völlig substanzlose Begründung einen solchen Zusammenhang nicht herstellt, ergibt sich aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, auf die sich die Kostenentscheidung bezieht, dass jene Angelegenheit, die zum angefochtenen gewässerpolizeilichen Auftrag geführt hat, nur eines von mehreren dabei behandelten Themen war. Dazu kommt, dass die vorliegende Anberaumung der mündlichen Verhandlung einen ganz anderen Anlass, noch dazu ein Begehren der nunmehrigen Beschwerdeführer, nennt. Es wäre daher keineswegs der Schluss berechtigt, die Kostenentscheidung müsse aufgrund eines untrennbaren Zusammenhangs das Schicksal der Sachentscheidung teilen, weshalb das Gericht auch ohne ein diesbezügliches Vorbringen seine Prüfung auf die Kostenentscheidung erstrecken dürfte bzw. müsste.

Zusammenfassend ergibt sich sohin, dass mit der vorliegenden Beschwerde lediglich der gewässerpolizeiliche Auftrag bekämpft wurde und vom Gericht zu überprüfen ist.

Da mittlerweile die strittige Mauer entfernt wurde, ist davon auszugehen, dass insofern eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959, also das Bestehen einer Anlage, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (zB VwGH 25.05.2000, 97/07/0054), nicht (mehr) vorliegt.

Vom Grundsatz, dass das Verwaltungsgericht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung anzuwenden hat (z.B. VwGH 19.5.2015, Ra 2015/05/0017) macht die Judikatur in Bezug auf gewässerpolizeiliche Aufträge eine Ausnahme dahingehend, dass Erfüllungshandlungen nach Erlassung des angefochtenen Bescheides keine maßgebliche Änderung der Sachlage darstellen (z.B. VwGH 13.12.1994, 91/07/0098). Wohl aber müssen die Tatbestandsvoraussetzungen des

§ 138 WRG 1959 zum Zeitpunkt der Zustellung der erstinstanzlichen wasserpolizeilichen Aufträge vorliegen, um diese nicht aus dem Grunde einer Beseitigung des anlassgebenden Sachverhalts schon vor ihrer Erlassung rechtswidrig zu machen (VwGH 29.10.1998, 96/07/0006).

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass der gegenständliche gewässerpolizeiliche Auftrag auf Grund der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes vor seiner Erlassung nicht gerechtfertigt war. Der Beschwerde war daher schon aus diesem Grunde Folge zu geben, sodass es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr bedurfte.

Anzumerken ist, dass nach Lage des Falles davon auszugehen ist, dass die Behörde – ungeachtet der Erklärung von KHa und MHa bei der mündlichen Verhandlung – nicht über einen förmlichen Antrag eines Betroffenen abgesprochen hat, sondern von Amts wegen vorgegangen ist. Doch selbst wenn man gegenteilige Auffassung vertreten würde, müsste die nunmehrige Erklärung von KHa und MHa, dass die Beschwerdeführer auch aus ihrer Sicht den gewässerpolizeilichen Auftrag erfüllt hätten, geschlossen werden, dass sie einen allfälligen Antrag auf Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrags nicht (mehr) aufrechterhalten, sodass darüber auch vom Verwaltungsgericht nicht zu entscheiden ist.

Es ergibt sich somit, dass der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 27. Oktober 2017, MEW2-WA-04312/001, hinsichtlich des darin enthaltenen gewässerpolizeilichen Auftrags ersatzlos zu beheben war. Die nicht angefochtene Kostenentscheidung bleibt unberührt.

Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht, da diese von den anwaltlich vertretenen Parteien nicht beantragt worden war (die Behörde hatte mit Beschwerdevorlage einen Verzicht ausgesprochen) und das Gericht aufgrund der im Wesentlichen unstrittigen Sachlage eine weitere Erörterung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer Verhandlung nicht für erforderlich erachtete (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall nicht zu lösen, erfolgt diese Entscheidung doch im Einklang mit der widerspruchsfreien Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die angeführten Entscheidungen). Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; eigenmächtige Neuerung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1474.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten