TE Bvwg Beschluss 2018/3/26 L502 2171795-1

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Veröffentlicht am 26.03.2018
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Entscheidungsdatum

26.03.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

L502 2171795-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RA Mag. Tutus-Kirdere, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2017, FZ. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid

aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die Beschwerdeführerin (BF), eine türkische Staatsangehörige, stellte am 09.10.2012 im Wege der ÖB Ankara einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zwecke der Familiengemeinschaft mit einem langjährig in Österreich niedergelassenen Sohn, einem türkischen Staatsangehörigen.

In weiterer Folge brachte die BF in diesem Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels vor, dass die zusammenführende Person ihre Schwiegertochter mit deutscher Staatsangehörigkeit sei. Ihr Sohn sei wiederum im Jahr 2003 als Volljähriger von der nunmehrigen Ehegattin seines Vaters adoptiert worden.

2. Mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 25.04.2013 wurde der Antrag der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für diesen Zweck gemäß § 21 a NAG iVm § 9b NAG-DV abgewiesen.

In Erledigung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde der Bescheid vom Verwaltungsgericht Wien mit Entscheidung vom 20.10.2014 behoben und die Sache zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

3. Mit Bescheid derselben vom 24.04.2015 wurde der BF ein Aufenthaltstitel gültig von 08.04.2015 bis 08.04.2016 erteilt und in der Folge bis 09.04.2017 verlängert. Am 02.03.2017 brachte sie ebendort einen Verlängerungsantrag ein.

Seit 07.04.2015 hat sie bis dato ihren Wohnsitz bei einem ihrer beiden in Österreich niedergelassenen Söhne, ihrer Schwiegertochter und deren Kindern auf österr. Bundesgebiet. Seit 10.04.2015 verfügt sie über eine Selbstversicherung bei der WGKK und ging bisher noch keiner Erwerbstätigkeit nach.

4. Das Amt der Landesregierung Wien holte mit Schreiben vom 22.08.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eine fremdenpolizeiliche Stellungnahme gemäß § 25 Abs. 1 NAG ein, dies im Hinblick darauf dass die BF das Modul 1 der Integrationsvereinbarung nicht erfüllt habe und auch der Ausnahmetatbestand iSd § 14a Abs. 5 NAG nicht erfüllt sei.

5. Das BFA forderte die BF mit Schreiben vom 24.08.2017 zur Abgabe einer Stellungnahme hinsichtlich der beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf.

6. Mit 05.09.2017 gab die BF eine Stellungnahme ab und legte dazu als Beweismittel einen Versicherungsdatenauszug, einen Mietvertrag, die Bevollmächtigung ihrer Schwiegertochter, ein persönliches Schreiben, eine Reisepasskopie sowie eine Personalausweiskopie und die Anmeldungsbescheinigung ihrer Schwiegertochter, einen Auszug aus dem Mieterkonto, eine Bestätigung der Krankenversicherung und einen ZMR-Auszug vor.

7. Mit im Spruch genannten Bescheid wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt I). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig ist (Spruchpunkt II). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt III).

8. Mit Verfahrensanordnung vom 12.09.2017 wurde der BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

9. Gegen den am 18.09.2017 zugestellten Bescheid des BFA wurde mit Schriftsatz vom 25.09.2017 durch die Rechtsvertreterin der BF innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Vorgelegt wurde unter einem die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Wien vom 20.10.2014 und wurde unter Hinweis darauf ausgeführt, dass die BF einem Gutachten zufolge im Hinblick auf ihren Gesundheitszustandes auf Dauer unfähig sei die deutsche Sprache zu erlernen, und dass sowohl dieser als auch der Umstand, dass die Schwiegertochter eine EWR-Bürgerin ist, vom BFA nicht berücksichtigt worden sei.

10. Am 20.09.2017 langte beim BFA zur Kenntnisnahme ein an die Niederlassungsbehörde gerichtetes Schreiben der nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretung der BF ein, dem zufolge im dortigen Verlängerungsverfahren ein Zweckänderungsantrag eingebracht worden sei.

11. Die gg. Beschwerdevorlage langte am 02.10.2017 beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das Beschwerdeverfahren in der Folge der nunmehr zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der oben wiedergegebene Verfahrensgang sowie die darin enthaltenen Fakten zur Person der BF, ihren Aufenthaltstiteln, ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet und ihren familiären sowie sozialen Verhältnissen stehen im Lichte des vorliegenden Akteninhalts als unstrittig fest.

2. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Mit BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 2 Z. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF BGBl. I Nr. 84/2017, obliegt dem BFA die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF sowie § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Zu A)

1.1.

§ 52 FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

(1) ....

(2) ....

(3) ....

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.-...

1a.-...

2.-...

3.-...

4.-...

5.-das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

1.2.

§ 14a NAG idF BGBl. I Nr. 38/2011, außer Kraft getreten mit 30. September 2017, lautete:

(1) Drittstaatsangehörige sind mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet. Diese Pflicht ist dem Drittstaatsangehörigen nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

(2) Der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 haben Drittstaatsangehörige binnen zwei Jahren ab erstmaliger Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 nachzukommen. Unter Bedachtnahme auf die persönlichen Lebensumstände des Drittstaatsangehörigen kann der Zeitraum der Erfüllungspflicht auf Antrag mit Bescheid verlängert werden. Diese Verlängerung darf die Dauer von jeweils zwölf Monaten nicht überschreiten; sie hemmt den Lauf der Fristen nach § 15.

(3) Für die Dauer von fünf Jahren ab Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 werden bereits konsumierte Zeiten der Erfüllungspflicht auf den Zeitraum der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 2 angerechnet.

(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1.-einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,

2.-einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 vorlegt,

3.-über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht oder

4.-einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 besitzt.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 14b) beinhaltet das Modul 1.

(5) Ausgenommen von der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 sind Drittstaatsangehörige,

1.-die zum Ende des Zeitraumes der Erfüllungspflicht (Abs. 2) unmündig sein werden;

2.-denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustandes die Erfüllung nicht zugemutet werden kann; der Drittstaatsangehörige hat dies durch ein amtsärztliches Gutachten nachzuweisen;

3.-wenn sie schriftlich erklären, dass ihr Aufenthalt die Dauer von zwölf Monaten innerhalb von zwei Jahren nicht überschreiten soll;

diese Erklärung beinhaltet den Verzicht auf die Stellung eines Verlängerungsantrages.

(6) Nähere Bestimmungen über die Durchführung von Deutsch-Integrationskursen und den Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses gemäß Abs. 4 Z 1 sowie über die Nachweise gemäß Abs. 4 Z 2 hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

(7) Die Behörde kann von Amts wegen mit Bescheid feststellen, dass trotz erfolgreichem Abschluss eines Deutsch-Integrationskurses gemäß Abs. 4 Z 1 oder trotz Vorliegen eines Nachweises gemäß Abs. 4 Z 2 der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung mangels erforderlicher Kenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 nicht erfüllt hat.

§ 9 Integrationsgesetz (IntG) idF BGBl. I Nr. 86/2017 lautet:

(1) Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 1 Z 6 NAG) sind mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet. Diese Pflicht ist dem Drittstaatsangehörigen nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

(2) Der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 haben Drittstaatsangehörige binnen zwei Jahren ab erstmaliger Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG nachzukommen. Unter Bedachtnahme auf die persönlichen Lebensumstände des Drittstaatsangehörigen kann der Zeitraum der Erfüllungspflicht auf Antrag mit Bescheid verlängert werden. Diese Verlängerung darf die Dauer von jeweils zwölf Monaten nicht überschreiten; sie hemmt den Lauf der Fristen nach § 14.

(3) Für die Dauer von fünf Jahren ab Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG werden bereits konsumierte Zeiten der Erfüllungspflicht auf den Zeitraum der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 2 angerechnet.

(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1.-einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

2.-einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3.-über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4.-einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder

5.-als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.

(5) Ausgenommen von der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 sind Drittstaatsangehörige,

1.-die zum Ende des Zeitraums der Erfüllungspflicht (Abs. 2) unmündig sein werden;

2.-denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustands die Erfüllung nicht zugemutet werden kann; der Drittstaatsangehörige hat dies durch ein amtsärztliches Gutachten nachzuweisen;

3.-wenn sie schriftlich erklären, dass ihr Aufenthalt die Dauer von 24 Monaten innerhalb von drei Jahren nicht überschreiten soll; diese Erklärung enthält den unwiderruflichen Verzicht auf die Stellung eines weiteren Verlängerungsantrags im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 11 NAG nach dem ersten Verlängerungsantrag.

(6) Die Behörde kann von Amts wegen mit Bescheid feststellen, dass der Drittstaatsangehörige trotz Vorliegen eines Nachweises gemäß Abs. 4 Z 1 oder 2 das Modul 1 der Integrationsvereinbarung mangels erforderlicher Kenntnisse gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 nicht erfüllt hat.

(7) Der Nachweis über die Erfüllung des Moduls 1 gemäß Abs. 4 Z 1 bzw. 2 oder Abs. 4 iVm. § 10 Abs. 2 Z 1 bzw. 2 darf zum Zeitpunkt der Vorlage im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens (§ 24 NAG) nicht älter als zwei Jahre sein.

§ 81 NAG lautet:

....(36) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.

(37) Bei Drittstaatsangehörigen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 zur Erfüllung von Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 verpflichtet sind, dieses aber noch nicht erfüllt haben, richten sich die Bedingungen für die Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung bis 36 Monate nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 nach diesem Bundesgesetz in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017. Erfüllt ein Drittstaatsangehöriger, für den Satz 1 gilt, Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Abs. 4 IntG, gilt dies als Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017. Die Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt richtet sich nach den Bestimmungen des IntG.

1.3.1. Wäre die Beschwerde der BF mit ihrer Behauptung, dass im gegenständlichen Fall eine in rechtlicher Hinsicht relevante Bindung zwischen der BF und ihrem Sohn trotz dessen Adoption bestünde, würde allenfalls das Assoziierungsrecht EWR-Türkei, insbesondere die dazu gehörige sogen. Stillhalteklausel, Bedeutung entfalten. Aus der im Akt enthaltenen Entscheidung des LVwG wurde auch nicht erkennbar, ob der BF im Hinblick auf ihre Schwiegertochter ein "unionsrechtliches Aufenthaltsrecht" zukommen würde. Der zuständigen Niederlassungsbehörde war vom LVwG jedoch aufgetragen worden, nicht nur diese Lebensumstände zu prüfen, sondern überhaupt Ermittlungen zu den aktuellen Lebensverhältnissen und wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen der BF und den übrigen Familienmitgliedern zu tätigen.

Für den Fall, dass die BF dem Assoziierungsrecht EWG-Türkei unterliege, wären wohl weder § 21a NAG noch § 14a NAG anzuwenden, da der ARB 1/80 in Österreich am 01.01.1995 in Kraft getreten ist, die Bestimmung des § 21a NAG mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 bzw. die Bestimmung des § 14a NAG mit der Fremdengesetznovelle 2002 eingeführt wurden und auf der Grundlage der Stillhalteklausel im Falle von Benachteiligungen für den/die Betroffenen unangewendet zu bleiben hätten.

1.3.2. Wie sich aus der Wiedergabe des gg. Verfahrensgangs und Sachverhalts oben ergibt, wurde von der belangten Behörde aufgrund eines Schreibens der zuständigen Niederlassungsbehörde ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingeleitet und stützte die belangte Behörde ihren Bescheid letztlich auf die bloße Mitteilung der Aufenthaltsbehörde vom 22.08.2017, dass die BF die Integrationsvereinbarung nicht erfüllt habe und kein Sachverhalt, der zur Anwendung eines Ausnahmetatbestandes Anlaß gäbe, vorläge. Dass die belangte Behörde darüber hinaus Ermittlungsschritte gesetzt hätte, ließ sich dem Akteninhalt nicht entnehmen.

Aus dem vorliegenden Akt wurde für das BVwG nicht erkennbar, auf der Grundlage welchen Sachverhalts der BF von der Niederlassungsbehörde zuvor ein Aufenthaltstitel erteilt wurde und insbesondere ob bzw. aus welchem Grund vom Nachweis der Deutschkenntnisse abgesehen wurde. In der Beschwerde fand sich diesbezüglich ein möglicher Hinweis, als die Niederlassungsbehörde ein amtsärztliches Attest in Auftrag gegeben habe. Ob allenfalls vorerst aufgrund eines in der Türkei im Hinblick auf den gesundheitlichen Zustandes der BF erstellten Gutachtens vom Nachweis der Deutschkenntnisse abgesehen wurde, war aber ebenso wenig erkennbar wie das Ergebnis eines zwischenzeitig eingeholten neuen Gutachtens bzw. allenfalls dessen Gewichtung im Vergleich zu einem zuvor vorgelegten.

1.3.3. Würde sich erkennen lassen, dass die BF die Integrationsvereinbarung tatsächlich zu erfüllen hat, wäre in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob der Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 3 NAG zur Anwendung käme, wonach die Verlängerung eines Aufenthaltstitels trotz des Fehlens der Integrationsvereinbarung erfolgen kann um das Privat- und Familienleben des Antragstellers iSd Art. 8 EMRK zu gewährleisten.

Diesbezüglich wurden von der belangten Behörde jedoch ebenfalls nur ansatzweise Ermittlungen getätigt, zumal sie sich ausschließlich auf die per se nur sehr kurze Fragenbeantwortung der BF im Rahmen des schriftlichen Parteigehörs stützte.

Neben dem Umstand, dass sich aus dieser Fragenbeantwortung der BF auch kein Hinweis auf den Aspekt der Erfüllung der Integrationsvereinbarung ergab, fiel ins Auge, dass die Ansicht der belangten Behörde, dass kein Familienleben der BF im Bundesgebiet gegeben sei, schon insoweit verfehlt war, als sich in Österreich zwei volljährige Söhne der BF aufhalten und sie dem ZMR zufolge eventuell im gemeinsamen Haushalt mit einem von ihnen sowie dessen Angehörigen lebt.

Ist ein Fremder bereits volljährig, so liegt - anders als bei Beziehungen zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern - nicht ipso iure ein Familienleben iSd Art. 8 MRK vor, sondern ist anhand der konkreten Umstände zu prüfen, ob eine hinreichend stark ausgeprägte persönliche Nahebeziehung zwischen ihm und den rechtmäßig in Österreich aufhältigen Angehörigen des Fremden vorhanden ist (vgl. VwGH 29.03.2007, 2005/20/0040; 16.11.2012, 2012/21/0065; 26.01.2004, 2002/20/0423).

1.3.4. Schließlich hätte die belangte Behörde auch das Schreiben der vormaligen Vertreterin der BF bzw. deren Schwiegertochter vom 01.09.2017 als etwaigen Zweckänderungsantrag ansehen und iSd § 6 AVG an die Niederlassungsbehörde weiterleiten müssen.

2.1. Die Aufhebung eines Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG folgt konzeptionell dem § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Insoweit erscheinen auch die von der höchstgerichtlichen Judikatur - soweit sie nicht die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung betrifft - anwendbar, weshalb unter Bedachtnahme auf die genannten Einschränkungen die im Erkenntnis des VwGH vom 16.12.2009, Zl. 2007/20/0482 dargelegten Grundsätze gelten, wonach die Behörde an die Beurteilung im Behebungsbescheid gebunden ist. Mängel abseits jener der Sachverhaltsfeststellung legitimieren das Gericht nicht zur Behebung aufgrund § 28 Abs. 3, 2. Satz (Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167; vgl. auch Fischer/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anm. 11 zu § 28 VwGVG).

Ausführlich hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, (ebenso VwGH, 27.01.2015, Ro 2014/22/0087) mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es liegen die Voraussetzungen von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst dann vor, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht feststeht, insbesondere weil

1. die Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,

2. die Behörde zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat

3. konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde Ermittlungen unterließ, damit diese im Sinn einer "Delegierung" dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden oder

4. ähnlich schwerwiegende Ermittlungsmängel zu erkennen sind und

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht - hier: das Bundesverwaltungsgericht - selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Ist die Voraussetzung des § 28 Abs 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht über den Inhalt der vor der Verwaltungsbehörde behandelten Rechtsache abspricht, wobei sie entweder die Beschwerde gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid abweist oder dieser durch seine Entscheidung Rechnung trägt, fallbezogen also etwa das verhängte Waffenverbot bestätigt. Das Verwaltungsgericht hat somit nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war.

Geht das Verwaltungsgericht - in Verkennung der Rechtslage - aber von einer Ergänzungsbedürftigkeit des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes aus, die bei einer zutreffenden Beurteilung der Rechtslage nicht gegeben ist, und hebt dieses Gericht daher den Bescheid der Verwaltungsbehörde gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG infolge Verkennung der Rechtslage auf, verstößt das Verwaltungsgericht gegen seine in § 28 Abs 2 VwGVG normierte Pflicht, "in der Sache selbst" zu entscheiden.

Eine solche den Vorgaben des § 28 Abs 2 VwGVG nicht entsprechende Entscheidung erweist sich als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Schon nach dem Wortlaut des § 28 Abs 3 erster Halbsatz VwGVG tritt die Anwendbarkeit des § 28 Abs 3 leg cit erst dann in den Blick, wenn die Voraussetzungen des Abs 2 der genannten Bestimmung nicht vorliegen, weiters ist die Zurückweisungsbestimmung systematisch erst nach dem § 28 Abs 2 in den zweiten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG eingeordnet, weshalb sich ihre Anwendung auf § 28 Abs 3 VwGVG beschränkt und nicht auf die von § 28 Abs 2 VwGVG erfassten Fälle erstreckt.

Auch eine an der verfassungsrechtlichen Vorgabe des Art 130 Abs 4 B-VG orientierte Auslegung ergibt, dass eine Aufhebung des Bescheides der Verwaltungsbehörde jedenfalls erst dann in Betracht kommt, wenn die in § 28 Abs 2 VwGVG normierten Voraussetzungen, die eine Pflicht des Verwaltungsgerichtes zur "Entscheidung in der Sache selbst" nach sich ziehen, nicht vorliegen. Aus den oben wiedergegeben Gesetzesmaterialien zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ist ersichtlich, dass dem Verwaltungsgericht in den in Art 130 Abs 4 B-VG vorgesehenen und in § 28 Abs 2 VwGVG angeordneten Fällen eine kassatorische Entscheidung nicht offensteht.

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Das Vorgesagte ist auch für die Begründung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen maßgeblich. Der Rechtsanspruch eines von einer Entscheidung Betroffenen auf die Beachtung der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit erfasst angesichts des in § 28 VwGVG verankerten Systems auch die Frage, ob das Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache selbst dem § 28 VwGVG konform wahrnimmt. Das Verwaltungsgericht hat daher insbesondere nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs 2 VwGVG verneint bzw wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs 3 erster Satz VwGVG nicht Gebrauch macht."

2.2. Aus den Ausführungen oben unter 1.3. wurde erkennbar, dass die belangte Behörde mehrere maßgebliche Sachverhaltsaspekte nur unzureichend bzw. bloß ansatzweise ermittelte und bei ihre Entscheidung berücksichtigte, aus denen sich allenfalls ein anderes rechtliches Ergebnis als jenes im bekämpften Bescheid ableiten hätte lassen.

Eine Nachholung durch bzw. Verlagerung des Ermittlungsverfahrens vor das Bundesverwaltungsgericht ist nicht als im Sinne des Gesetzgebers gelegen zu erachten, zumal eine erstmalige Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes und Beurteilung der Rechtsfrage durch das Bundesverwaltungsgericht eine (bewusste) Verkürzung des Instanzenzuges bedeuten würde (vgl. dazu VwGH v. 18.12.2014, Ra 2014/07/0002; VwGH v. 10.10.2012, Zl. 2012/18/0104).

Dass eine unmittelbare Durchführung des gesamten Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, war ebenfalls nicht ersichtlich.

Das BFA wird daher im fortgesetzten Verfahren die notwendigen Ermittlungen zu führen und zu prüfen haben, ob die BF die Integrationsvereinbarung grundsätzlich zu erfüllen hat. Bejahendenfalls wird in einem weiteren Schritt zu prüfen sein, ob die BF gemäß § 14 a Abs. 5 NAG oder gemäß § 11 Abs. 3 NAG von der Erfüllungspflicht aus Gründen des Art. 8 EMRK ausgenommen ist.

Vor diesem Hintergrund sich das erkennende Gericht zur Behebung der bekämpften Entscheidung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur neuerlichen Durchführung desselben und Erlassung eines neuen Bescheides veranlasst.

3. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

4. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. der Bescheid im angefochtenen Umfang aufzuheben waren.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Integrationsverfestigung, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, persönliche und soziale Bindungen,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L502.2171795.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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