Entscheidungsdatum
27.03.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W229 2104401-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 29.04.2014, AZ XXXX , betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2008, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 24.04.2008 stellte der Beschwerdeführer einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2008 für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen. Der Beschwerdeführer war im gegenständlichen Antragsjahr Auftreiber auf den Almen mit den BNr. XXXX , XXXX und XXXX .
2. Mit Bescheid der AMA vom 30.12.2008 wurde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2008 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 8.320,02 gewährt. Dabei wurden 139,97 Zahlungsansprüche, eine beantragte Fläche im Ausmaß von 178,36 ha, davon 159,62 ha Almfläche, ein Minimum Fläche/ZA im Ausmaß von 139,97, sowie eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 139,97 ha zugrunde gelegt, sodass sich keine Differenzfläche ergab. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
3. Am 28.06.2010 fand auf der Alm mit der BNr. XXXX eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der Flächenabweichungen festgestellt wurden. Die Vor-Ort-Kontrolle ergab für das gegenständliche Antragsjahr eine Almfutterfläche von lediglich 175,18 ha.
4. Mit Schreiben vom 27.07.2011 teilte die AMA dem Almbewirtschafter der Alm mit der BNr. XXXX mit, dass im Rahmen eines zwingend durchzuführenden Vergleichs der beantragten Flächen der Jahre 2007-2010 festgestellt worden sei, dass die Almfutterflächen in diesem Vergleichszeitraum in verringertem Ausmaß beantragt worden seien. Die AMA müsse aufgrund der vorliegenden Unterlagen davon ausgehen, dass die Almflächen in den Jahren vor der Verringerung möglicherweise zu groß angegeben worden seien.
5. Mit Schreiben vom 04.08.2011 führte der Almobmann der Alm mit der BNr. XXXX aus, es sei freiwillig eine Anpassung der Futterfutterfläche innerhalb der beantragten Feldstücke vorgenommen worden - auch wenn aufgrund der Interpretation des Luftbildes mehr Futterfläche beantragt werden hätte können. Die Reduzierung sei im guten Glauben erfolgt, dass sie keine negativen Auswirkungen auf die Vorjahre habe, da die bisher beantragte Futterfläche tatsächlich auf der Alm vorhanden sei.
6. Am 27.08.2013 fand auf der Alm mit der BNr. XXXX eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der Flächenabweichungen festgestellt wurden. Die Vor-Ort-Kontrolle ergab für das gegenständliche Antragsjahr eine Almfutterfläche von lediglich 129,99 ha.
7. Mit Bescheid der AMA vom 29.04.2014 wurde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2008 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 6.943,96 gewährt und EUR 1.376,06 rückgefordert. Dabei wurden 139,97 Zahlungsansprüche, eine beantragte Fläche im Ausmaß von 178,36 ha, davon 159,62 ha Almfläche, ein Minimum Fläche/ZA im Ausmaß von 139,97, sowie eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 116,82 ha zugrunde gelegt, sodass sich eine Differenzfläche von 23,15 ha ergab. Bei der Vor-Ort-Kontrolle vom 27.08.2013 seien Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt worden, daher müsse der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt werden. Die vierjährige Verjährungsfrist gemäß Art. 73 Abs. 6 VO (EG) Nr. 796/2004 sei jedoch bereits verstrichen, weshalb keine (zusätzliche) Sanktion verhängt würde.
8. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.05.2014 fristgerecht Beschwerde und beantragte das Bundesverwaltungsgericht möge:
1. den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben, andernfalls
2. den angefochtenen Bescheid in der Weise abändern, dass
a) die Berechnung der Rückzahlung nach Maßgabe seiner Berufungsgründe erfolge
b) jedenfalls keine Kürzungen und Ausschlüsse verfügt werden,
c) Kürzungen und Ausschlüsse nur nach Maßgabe seiner Berufungsgründe verhängt werden
3. in jedem Falle sämtliche angebotenen Beweise aufnehmen und
4. möge der AMA aufgetragen werden, ihm die Berechnungen vorlegen, und
5. aussprechen, dass bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Verfahrens die Rückzahlung vorerst nicht zu tätigen ist und daher dem Bescheid eine aufschiebende Wirkung zugesprochen wird.
Der Beschwerdeführer führte aus, seinem Antrag auf Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie sei nicht bzw. nur teilweise entsprochen worden. Es treffe ihn kein Verschulden, die Antragstellung sei durch den Almbewirtschafter erfolgt. Dieser habe sich bisher als zuverlässig und sorgfältig erwiesen und kenne die Verhältnisse auf der Alm besser als der Beschwerdeführer. Es entspreche dem Wesen einer Bevollmächtigung, dass der Vollmachtgeber durch Weisungen in der Lage ist, die Rechtshandlungen des Vollvertreters zu steuern. Dies sei hier nicht der Fall. Ein allfälliges Verschulden seines Vertreters könne nicht zu einer Bestrafung des Beschwerdeführers durch die Anwendung von Kürzungs-und Ausschlussfristen führen. Die Verfolgung der ihm vorgeworfenen Unregelmäßigkeit sei bereits verjährt. Bezüglich der Almfutterflächenentwicklung verweise er auch auf die Einsprüche bzw. Beschwerden und Stellungnahmen der Almobmänner.
9. Die Beschwerde wurde gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt. Im Akt befinden sich Erklärungen des Beschwerdeführers gemäß § 8i MOG vom 12.06.2014 betreffend die Alm mit der BNr. XXXX und die Alm mit der BNr. XXXX für das Antragsjahr 2008, worin der Beschwerdeführer bekräftigt, er sei bloßer Auftreiber und dass er sich immer über das Ausmaß der Almfutterfläche ausreichend informiert habe und auch keine sonstigen Umstände vorgelegen seien, die für ihm Zweifel an den fachlichen Angaben hätten wecken müssen. Er habe von der Zuverlässigkeit des Antragstellers ausgehen können und somit die zumutbare Sorgfalt gewahrt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Hinsichtlich der Feststellung des Sachverhalts wird auf die in Punkt I. "Verfahrensgang" gemachten Ausführungen verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und wurden nicht bestritten. Die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen wurden vom Beschwerdeführer nicht bestritten, vielmehr wurden in der Beschwerde lediglich Ausführungen zum Verschulden und zur Verjährung getätigt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und Allgemeines:
Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels spezieller Bestimmung besteht Einzelrichterzuständigkeit.
Gemäß § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007, ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes, soweit sich nicht der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Interesse der Wahrung des Gesamtzusammenhangs und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durch Verordnung Angelegenheiten der Vollziehung des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts vorbehält.
Gemäß § 1 AMA-Gesetz, BGBl. Nr. 376/1992, können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die aufgrund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.2.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen
Die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21.04.2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem gemäß den Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003 und (EG) Nr. 73/2009 des Rates sowie mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates, ABl. L 141 vom 30.04.2004, S. 18, im Folgenden VO (EG) 796/2004, lautet auszugsweise:
"Artikel 2
[...]
22. "Ermittelte Fläche": Fläche, die allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt; im Rahmen der Betriebsprämienregelung ist die beantragte Fläche nur zusammen mit der entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen als ermittelte Fläche zu betrachten;"
"Artikel 12
Inhalt des Sammelantrags
(1) Der Sammelantrag muss alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere
a) die Identifizierung des Betriebsinhabers;
b) die betreffenden Beihilferegelungen;
c) die Identifizierung der Zahlungsansprüche entsprechend dem Identifizierungs- und Registrierungssystem gemäß Artikel 7 im Rahmen der Betriebsprämienregelung;
d) die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs, ihre Fläche ausgedrückt in Hektar mit zwei Dezimalstellen, ihre Lage und gegebenenfalls ihre Nutzung mit dem Hinweis, ob die Parzelle bewässert wird;
[...]
f) eine Erklärung des Betriebsinhabers, dass er von den Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfen Kenntnis genommen hat."
"Artikel 19
Berichtigung offensichtlicher Irrtümer
Unbeschadet der Artikel 11 bis 18 kann ein Beihilfeantrag nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt."
"Artikel 22
Rücknahme von Beihilfeanträgen
(1) Ein Beihilfeantrag kann jederzeit schriftlich ganz oder teilweise zurückgenommen werden. [...]
Hat die zuständige Behörde den Betriebsinhaber jedoch bereits auf Unregelmäßigkeiten im Beihilfeantrag hingewiesen oder ihn von ihrer Absicht unterrichtet, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, und werden bei dieser Kontrolle Unregelmäßigkeiten festgestellt, so können die von einer Unregelmäßigkeit betroffenen Teile des Beihilfeantrags nicht zurückgenommen werden.
(2) Rücknahmen nach Absatz 1 versetzen den Antragsteller wieder in die Situation, in der er sich vor Einreichung des betreffenden Antrags oder Antragsteils befand."
"Artikel 23
Allgemeine Grundsätze
(1) Die in dieser Verordnung geregelten Verwaltungskontrollen und Vor-Ort-Kontrollen werden so durchgeführt, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfen und die Anforderungen und Standards für die anderweitigen Verpflichtungen eingehalten wurden."
"Artikel 50
Berechnungsgrundlage in Bezug auf die angemeldeten Flächen
(1) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angemeldeten Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angemeldete Fläche berücksichtigt.
(2) Ergibt sich bei einem Beihilfeantrag im Rahmen der Betriebsprämienregelung eine Abweichung zwischen den angemeldeten Zahlungsansprüchen und der angemeldeten Fläche, so wird für die Berechnung der Zahlung die niedrigere der beiden Größen zugrunde gelegt.
(3) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], die im Sammelantrag angegebene Fläche über der ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird die Beihilfe, unbeschadet der gemäß den Artikeln 51 und 53 vorzunehmenden Kürzungen und Ausschlüsse, auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.
[...]"
"Artikel 51
Kürzungen und Ausschlüsse in Fällen von Übererklärungen
(1) Liegt bei einer Kulturgruppe die angemeldete Fläche für die Zwecke der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], über der gemäß Artikel 50 Absätze 3 und 5 der vorliegenden Verordnung ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht.
Liegt die Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt.
Beläuft sich die Differenz auf mehr als 50 %, so ist der Betriebsinhaber ein weiteres Mal bis zur Höhe des Betrags, der der Differenz zwischen der angegebenen Fläche und der gemäß Artikel 50 Absätze 3 und 5 der vorliegenden Verordnung ermittelten Fläche entspricht, von der Beihilfegewährung auszuschließen. [...]"
"Artikel 68
Ausnahmen von der Anwendung der Kürzungen und Ausschlüsse
(1) Die in Kapitel I vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.
(2) Die in Kapitel I vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung auf die betreffenden Teile des Beihilfeantrags, wenn der Betriebsinhaber die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, der Betriebsinhaber hat von der Absicht der zuständigen Behörde Kenntnis erlangt, bei ihm eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, oder die zuständige Behörde hat den Betriebsinhaber bereits über Unregelmäßigkeiten in Bezug auf den Beihilfeantrag unterrichtet.
Die nach Unterabsatz 1 erfolgte Mitteilung des Betriebsinhabers führt zu einer Anpassung des Beihilfeantrags an die tatsächliche Situation."
"Artikel 73
Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge
(1) Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 3 berechneten Zinsen verpflichtet.
[...]
(4) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte.
Bezieht sich der Irrtum auf Tatsachen, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist.
(5) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn zwischen dem Tag der Zahlung der Beihilfe und dem Tag, an dem der Begünstigte von der zuständigen Behörde erfahren hat, dass die Beihilfe zu Unrecht gewährt wurde, mehr als zehn Jahre vergangen sind.
Der in Unterabsatz 1 genannte Zeitraum wird jedoch auf vier Jahre verkürzt, wenn der Begünstigte in gutem Glauben gehandelt hat.
(6) Für Beträge, die aufgrund von Kürzungen und Ausschlüssen gemäß den Bestimmungen des Artikels 21 und des Titels IV zurückgezahlt werden müssen, gilt eine Verjährungsfrist von vier Jahren.
(7) Die Absätze 4 und 5 gelten nicht bei Vorschüssen."
Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, im Folgenden VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95:
"Artikel 3
(1) Die Verjährungsfrist für die Verfolgung beträgt vier Jahre ab Begehung der Unregelmäßigkeit nach Artikel 1 Absatz 1. Jedoch kann in den sektorbezogenen Regelungen eine kürzere Frist vorgesehen werden, die nicht weniger als drei Jahre betragen darf.
Bei andauernden oder wiederholten Unregelmäßigkeiten beginnt die Verjährungsfrist an dem Tag, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird. Bei den mehrjährigen Programmen läuft die Verjährungsfrist auf jeden Fall bis zum endgültigen Abschluß des Programms.
Die Verfolgungsverjährung wird durch jede der betreffenden Person zur Kenntnis gebrachte Ermittlungs- oder Verfolgungshandlung der zuständigen Behörde unterbrochen. Nach jeder eine Unterbrechung bewirkenden Handlung beginnt die Verjährungsfrist von neuem.
Die Verjährung tritt jedoch spätestens zu dem Zeitpunkt ein, zu dem eine Frist, die doppelt so lang ist wie die Verjährungsfrist, abläuft, ohne daß die zuständige Behörde eine Sanktion verhängt hat; ausgenommen sind die Fälle, in denen das Verwaltungsverfahren gemäß Artikel 6 Absatz 1 ausgesetzt worden ist.
[...]"
3.2.2. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:
Im vorliegenden Fall wurde im Hinblick auf das Antragsjahr 2008 Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % bezüglich der betroffenen Almen mit den BNr. XXXX und XXXX festgestellt. Sanktionen bzw. Kürzungen und Ausschlüsse wurden im angefochtenen Bescheid nicht verhängt, weil die vierjährige Verjährungsfrist gemäß Art. 73 Abs 6 VO (EG) Nr. 796/2004 bereits verstrichen war. Sämtliches diesbezügliches Vorbringen geht daher ins Leere. Weder legt der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer nämlich ein Verschulden zur Last, noch werden darin Kürzungen und Ausschlüsse verhängt, sondern ordnet dieser eine verschuldensunabhängige Rückforderung der zu viel bezahlten Beihilfebeträge an.
Die VO (EG) Nr. 796/2004 enthält in Art. 73 Abs. 5 spezielle Verjährungsbestimmungen. Danach gilt die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht gezahlten Beiträgen nicht, wenn zwischen dem Tag der Zahlung der Beihilfe und dem Tag, an dem der Begünstigte erfahren hat, dass die Beihilfe zu Unrecht gewährt wurde, mehr als 10 Jahre bzw. bei gutem Glauben mehr als 4 Jahre vergangen sind. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer über seine Beteuerung hinaus, die Almfutterfläche sei nach bestem Wissen und Gewissen beantragt worden, nicht glaubhaft gemacht hat, guten Glaubens gehandelt zu haben, kann der Rückforderung des übersteigenden Betrages auch deswegen nicht Verjährung entgegen gehalten werden, weil am 28.06.2010 auf der Alm mit der BNr. XXXX eine Vor-Ort-Kontrolle stattgefunden hat und die AMA mit dem Schreiben vom 27.07.2011 an den Almobmann der Alm mit der BNr. XXXX eine Verfolgungshandlung zu vermuteten Unregelmäßigkeiten auch im Antragsjahr 2008 gesetzt hat, durch die die Verjährungsfrist unterbrochen wurde (vgl. VwGH 2012/17/0198, 29.05.2015).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Vor diesem Hintergrund erübrigt sich ein Eingehen auf den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Zum Beweisantrag, es mögen dem Beschwerdeführer die Berechnungen vorgelegt werden, ist festzustellen, dass sämtliche Daten und Unterlagen, die Grundlage für die Gewährung der Beihilfe darstellen, dem Landwirt, insbesondere als Almobmann, online im Rahmen der Internet-Applikation INVEKOS-GIS zur Verfügung stehen, soweit diese nicht ohnehin persönlich zugestellt werden (§ 10 INVEKOS-GIS-Verordnung). Darüber hinaus ist ebenso auf die ungenützte Möglichkeit zur Akteneinsicht zu verweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft und die Tatsachenfeststellungen nicht substantiiert bestritten wurden. Das Gericht konnte so aufgrund des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte (VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146). Auch der EuGH setzt offensichtlich voraus, dass die Flächenermittlung im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (INVEKOS) primär auf Basis der vorliegenden Orthofotos zu erfolgen hat (vgl. EuGH Urteil vom 27. Juni 2013, C-93/12 Agrokonsulting).
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter 3.2.2. angeführte umfangreiche Rechtsprechung des VwGH und des EuGH zu den in der Beschwerde angesprochenen Punkten).
Schlagworte
beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit, Bescheidabänderung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W229.2104401.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.04.2018