TE Bvwg Beschluss 2018/3/27 W209 2154492-1

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Veröffentlicht am 27.03.2018
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Entscheidungsdatum

27.03.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VOG §1
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W209 2154492-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden und den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer in der Beschwerdesache XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 15.03.2017, OB: 410-601792-007, betreffend Abweisung eines Antrages auf Übernahme der Kosten für eine psychotherapeutische Krankenbehandlung gemäß § 4 Abs. 1 Verbrechensopfergesetz (VOG) beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden die Beschwerdeführerin) stellte am 16.03.2016 einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine psychotherapeutische Krankenbehandlung wegen einer durch eine mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung erlittenen Gesundheitsschädigung. Begründend führte sie aus, dass sie in ihrer Kindheit wiederholt durch zwei Bekannte ihres Vaters sexuell missbraucht worden sei.

2. Mit Parteiengehör vom 30.03.2016 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass die bloße abstrakte Möglichkeit der Verursachung für eine Leistung nach den Bestimmungen des VOG nicht ausreiche. Die Verursachung müsse mit Wahrscheinlichkeit vorliegen, wofür ausreichende Anhaltspunkte gegeben sein müssten. Um eine Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen zu ermöglichen, wurde um eine genaue Schilderung des Tatherganges, um Namhaftmachung von Zeugen und um Mitteilung ersucht, ob die Beschwerdeführerin wegen der Vorfälle in Behandlung gewesen sei und Anzeige erstattet habe. Des Weiteren wurde die Beschwerdeführerin um Mitteilung ersucht, ob sie bereits früher ein Therapie gemacht habe und zutreffendenfalls aus welchem Grund dies geschehen sei, ob in der Therapie über die Vorfälle in der Kindheit gesprochen worden sei, was das auslösende Moment für die aktuelle Therapie gewesen sei und ob sie dafür bereits einen Kostenzuschuss von der Krankenkasse erhalten habe. Hingewiesen wurde auch, dass allfällige erbrachte Leistungen nach dem VOG vom Schädiger im Regressweg zurückgefordert werden könnten.

3. Mit Schreiben vom 15.06.2016 wurden die Beantwortung der Fragen und die Übermittlung von Beweismitteln urgiert.

4. In der Folge lange eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin ein, in der sie ausführt, dass sich die Vorfälle in der Volksschulzeit ereignet hätten, als sie zwischen 9 und 10 Jahren alt gewesen sei. Sie sei wiederholt von mindestens zwei Tätern sexuell missbraucht worden. Ein Täter habe XXXX geheißen, er sei bereits verstorben. Dieser sei ein Freund und Nachbar ihres Vaters gewesen und sie habe Onkel zu ihm sagen müssen. Sie sei in den Keller geschickt worden, um Most zu holen. Die Männer seien ihr nachgegangen. Sie sei am Nacken festgehalten worden und ihr dann der Penis in den Mund gedrückt worden, wo sich der Täter befriedigt habe. Sie sei bedroht worden und habe sich nichts sagen getraut. Es habe auch noch andere sexuelle Handlung gegeben. Wo diese stattgefunden hätten, könne sie nicht mehr genau sagen. Sie sei am ganzen Körper gegrapscht worden. Sie habe es auch nicht gewagt, sich ihrer Mutter anzuvertrauen. Sie habe den größten Teil ihres Lebens mit niemandem darüber gesprochen. Erst als ihre körperlichen Beschwerden (Erstickungsanfälle, Schmerzen im Nacken, an der Stelle, wo sie zum Zweck des Oralverkehrs festgehalten worden sei) zugenommen hätten, habe sie sich ihrer Schwester, ihrer Therapeutin und schließlich auch ihrem damaligen Lebensgefährten anvertraut. Auch ihr derzeitiger Lebensgefährte wisse davon.

Sie sei seit August 2015 zwei Mal in der Woche in psychotherapeutischer Behandlung. Davor habe sie keine Therapie gemacht, weil sie von dieser Möglichkeit nichts gewusst habe. Sie sei aber damals wiederholt wegen ihrer Erstickungsanfälle infolge des Oralverkehrs bei ihrem Hausarzt in Behandlung gewesen. Da dies in ihrer Volksschulzeit gewesen sei, könne sie jedoch keine genauen Zeitangaben machen. Von den Missbräuchen hätten jedoch weder ihrer Mutter noch der Hausarzt gewusst.

Das auslösende Moment für die nunmehrige Therapie sei gewesen, dass sie zu diesem Zeitpunkt wiederholt Erstickungsanfälle, insbesondere bei Umarmungen, gehabt habe. Auch könne sie fast nicht mehr in den Keller gehen, weil sie dies an die Vorfälle erinnere. Sie habe einen Teilbetrag für den Zeitraum 03.11.2015 bis 30.04.2016 als Zuschuss bewilligt bekommen.

5. Mit Parteiengehör vom 26.07.2016 wurde die Beschwerdeführerin um Mitteilung gebeten, ob ihr Vater, den sie als Zeugen namhaft gemacht habe, noch lebe, und gegebenenfalls um Übermittlung dessen Daten ersucht.

6. In der Folge teilte die Beschwerdeführerin mit, dass ihr Vater am 30.03.1988 verstorben sei und es keine weiteren Zeugen mehr gebe, die sie benennen könne.

7. Am 04.01.2017 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei gab sie bekannt, dass sich ihre Schwester zu den Vorgängen nicht äußern möchte, da sie selbst von den Übergriffen - allerdings durch andere Täter - betroffen gewesen sei. Ihre damalige Freundin - ein Kind aus der Nachbarschaft - sei von ihren Eltern immer gewarnt worden, nicht zum Haus der Beschwerdeführerin zu gehen, wenn fremde Autos davor stünden. Sie habe ihr letzten Sommer erzählt, dass allgemein bekannt gewesen sei, dass ihr die Besucher beim Mostholen in den Keller gefolgt seien, wobei dies nicht die einzigen Übergriffe gewesen sein dürften. Ihr Hausarzt sei bereits verstorben. Er habe aber damals nichts Organisches feststellen können, weswegen sie auch nicht ins Krankenhaus geschickt worden sei, obwohl sich die Anfälle öfter wiederholt hätten. Da sich die Vorfälle vor rund 40 Jahren ereignet hätten, können sie keine weiteren lebenden Zeugen mehr namhaft machen. Ihre Mutter sei 73 Jahre alt und blocke bei jeder Frage über die damaligen Geschehnisse sofort ab. Sie müsse aufgrund ihrer psychischen Erkrankung ständig Tabletten nehmen und sei bereits in stationärer Behandlung gewesen. Sie habe sechs Kinder und ihren alkoholkranken Vater zu betreuen gehabt und bereits mehrmals versucht, sich das Laben zu nehmen.

8. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.03.2017 wurde der Antrag auf Übernahme der Kosten für die psychotherapeutische Krankenbehandlung abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin keine zweckdienlichen Hinweise habe geben können, die eine Überprüfung ihres Vorbringens ermöglicht hätten.

9. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen das bisherigen Vorbringen widerholt und eine Stellungnahme der behandelnden Psychotherapeutin übermittelt wird, aus der hervorgeht, dass die Mutter die Arztbesuche in der Kindheit bezeugen könne, die Beschwerdeführerin derzeit arbeitsunfähig sei und Rehageld beziehe und die heutige Symptomatik der Beschwerdeführerin mit großer Wahrscheinlichkeit auf einen sexuellen Missbrauch in der Kindheit zurückzuführen sei.

10. Am 27.04.2017 einlangend legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 9d Abs. 1 VOG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Gegenständlich liegt daher Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Nach dem klaren Wortlaut des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ist Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach dieser Bestimmung das Fehlen notwendiger Ermittlungen des Sachverhaltes seitens der belangten Behörde.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 28 VwGVG, Anm. 11.)

§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).

Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als gravierend mangelhaft:

Tatbestandsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Z 1 VOG ist - soweit im gegenständlichen Fall relevant - zunächst das wahrscheinliche Vorliegen einer mit mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung, durch die wahrscheinlich eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten wurde.

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung darauf, dass die Beschwerdeführerin keine zweckdienlichen Hinweise geben habe können, die eine Überprüfung ihres Vorbringens ermöglicht hätten. Dabei übersieht sie aber, dass die Beschwerdeführerin sowohl ihre Schwester als auch das Nachbarkind genannt hat, die die Vorfällen bezeugen könnten. Zudem könnte die Mutter der Beschwerdeführerin bestätigen, dass sie als Kind an Erstickungsanfällen gelitten habe und deswegen öfters beim Arzt gewesen sei. Zudem hätte auch eine Befragung des früheren sowie des derzeitigen Lebensgefährten der Beschwerdeführerin Aufschluss über die Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin geben können, da sie diesen ebenfalls von den Vorfällen berichtet hätte.

Anhaltspunkte, wieso die belangte Behörde davon ausgegangen ist, das nähere Umfeld der Beschwerdeführerin nicht zu den vorgebrachten strafbaren Handlungen befragen zu müssen, liegen nach der Aktenlage nicht vor. Soweit die Beschwerdeführerin angab, dass ihre Schwester zu den Vorfällen nichts sagen möchte, ist darauf hinzuweisen, dass dies für die Behörde nicht binden ist und die Behörde daher zunächst selbst versuchen muss, die Schwester zu befragen oder zumindest eine Bestätigung der Angaben der Beschwerdeführerin von ihr zu erhalten.

Damit hat die belangte Behörde nicht alle verfügbaren Beweismittel genutzt, um entsprechende Feststellungen zum Vorliegen einer Straftat iSd § 1 Abs. 1 VOG treffen zu können. Dies offenkundig in der Erwartung, dass die mangelnde Beweisaufnahme in der Folge ohnehin durch das Verwaltungsgericht nachzuholen sein wird, womit das Verfahren im Sinne der oben aufgezeigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an einem groben Verfahrensmangel leidet, der das Verwaltungsgericht berechtigt, die Angelegenheit zu Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde somit alle zweckmäßigen Ermittlungen zum Sachverhalt tätigen müssen, dies insbesondere im Hinblick auf die Frage des wahrscheinlichen Vorliegens einer mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung.

Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.

Sollte in der Folge feststehen, dass wahrscheinlich eine solche strafbare Handlung konkret vorliegt, wobei eine ausreichende Wahrscheinlichkeit iSd § 1 Abs. 1 VOG erst dann gegeben ist, wenn erheblich mehr für als gegen das Vorliegen einer Vorsatztat spricht (vgl. VwGH vom 21.11.2013, Zl. 2011/11/0205 mit Verweis auf VwGH vom 26.04.2013, Zl. 2012/11/0001), hat die belangte Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen, das Ausschluss darüber gibt, ob die bestehende Gesundheitsschädigung auf das angeschuldigten Ereignis zurückzuführen ist. Dabei ist bei der rechtlichen Würdigung des Ergebnisses des medizinischen Sachverständigenbeweises auf die Theorie der wesentlichen Bedingung Bedacht zu nehmen, wonach es für eine solche Bedingtheit - dann, wenn die festgestellte Gesundheitsschädigung auf mehrere Ursachen, darunter auch ein vom Gesetz erfasstes schädigendes Ereignis zurückgehen könnte - erforderlich ist, dass das in Betracht kommende schädigende Ereignis eine wesentliche Ursache der Schädigung ist (VwGH 06.01.2012, Zl. 2011/09/0113).

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht liegt im Lichte obiger rechtlicher Ausführungen und unter Berücksichtigung der bereits genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht im Sinne des Gesetzes. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - auch nicht ersichtlich.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W209.2154492.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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