TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/27 W207 2140143-1

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Veröffentlicht am 27.03.2018
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Entscheidungsdatum

27.03.2018

Norm

BBG §41 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W207 2140143-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 12.10.2016, Passnummer: XXXX, betreffend Einstellung eines Verfahrens auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41 Abs. 3 BBG, zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 41 Abs. 3 Bundesbehindertengesetz (BBG) behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Dem Beschwerdeführer wurde am 19.02.2002 vom Sozialministeriumservice (damals noch Bundessozialamt; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) ein Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt. Mit Datum 24.06.2004 wurde der Grad der Behinderung von 50 auf 60 v.H. angehoben.

Letztmalig wurde - soweit dem vorgelegten Verwaltungsakt entnommen werden kann - mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.02.2009 der am 31.10.2008 eingelangte Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen und festgestellt, dass der Grad der Behinderung weiterhin 60 v.H. beträgt.

Am 13.05.2016 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis für Menschen mit Behinderung), der entsprechend dem vom Beschwerdeführer unterfertigten Antragsformular für den Fall, dass er nicht über einen Behindertenpass mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in diesem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme dieser Zusatzeintragung in den Behindertenpass gilt.

Soweit dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt implizit entnommen werden kann, wurde der Beschwerdeführer offenkundig zunächst zu einer medizinischen Untersuchung am 13.09.2016 geladen, dürfte aber zu diesem Untersuchungstermin nicht erschienen sein. Dem vorgelegten Verwaltungsakt kann aber jedenfalls entnommen werden - dies ist tatsächlich aktenkundig -, dass seitens der belangten Behörde eine mit 13.09.2016 datierte "letztmalige Einladung" erging, mit der der Beschwerdeführer gemäß § 40 BBG letztmalig zur Untersuchung am 11.10.2016 eingeladen wurde, dies unter Hinweis darauf, dass, wenn er dieser Aufforderung ohne triftigen Grund nicht nachkomme, das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt werde. Der Beschwerdeführer wurde darüber hinaus darauf hingewiesen, dass, sollte es ihm aus triftigen Gründen unmöglich sein, den genannten Termin einzuhalten, er ersucht werde, dies so rasch wie möglich der belangten Behörde telefonisch bekannt zu geben.

Diese Ladung zu einer medizinischen Untersuchung am 11.10.2016 wurde dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen mittels RSa-Postsendung übermittelt. Diese Postsendung wurde von der belangten Behörde am 14.09.2016 zur Post gegeben und am 15.09.2016 beim Postamt hinterlegt. Am 05.10.2016 wurde diese Postsendung vom Hinterlegungspostamt an die belangte Behörde rückübermittelt, dies versehen mit dem Vermerk "ZURÜCK; NICHT BEHOBEN".

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.10.2016 wurde das (laut diesem Bescheid auf Grund eines am 13.05.2016 eingelangten Antrages) eingeleitete Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt, dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer sei schriftlich zur Untersuchung am 13.09.2016 und am 11.10.2016 eingeladen worden, aber zu diesen beiden Terminen unentschuldigt nicht erschienen. Da er somit ohne triftigen Grund nicht am Verfahren mitgewirkt habe, sei das Verfahren einzustellen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.10.2016 wurde auch das auf Grund des am 13.05.2016 eingelangten Antrages eingeleitete Verfahren auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt, dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer sei schriftlich zur Untersuchung am 13.09.2016 und am 11.10.2016 eingeladen worden, aber zu diesen beiden Terminen unentschuldigt nicht erschienen. Da er somit ohne triftigen Grund nicht am Verfahren mitgewirkt habe, sei das Verfahren einzustellen.

Ein bescheidmäßiger (spruchgemäßer) Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht; diesbezüglich wurde in der Begründung des Bescheides vom 14.10.2016 allerdings ausgeführt, über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) werde nicht abgesprochen, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden.

Am 03.11.2016 langte ein mit 03.11.2016 datiertes handschriftliches Schreiben des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein, in dem ausgeführt wird, der Beschwerdeführer sei im Zeitraum vom 13.09.2016 bis 21.10.2016 im Krankenhaus gewesen und habe aus diesem Grund nicht antworten können, da es ihm so schlecht gegangen sei. Er ersuche um Wiederaufnahme des Verfahrens und lege noch die neuesten Befunde bei.

Diesem Schreiben beigelegt wurde ein Konvolut an medizinischen Unterlagen, darunter ein Entlassungsbericht und ein Patientenbrief des Krankenhauses XXXX vom 20.10.2016, in dem von einem stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 04.10.2016 bis 21.10.2016 berichtet wird und aus dem sich zudem ergibt, dass der Beschwerdeführer nach einem am 15.09.2016 erfolgten Ambulanzbesuch im Krankenhaus XXXX am 16.09.2016 auf der Neurochirurgie im XXXX aufgenommen wurde, von wo er dann nach Aufenthalt bis 04.10.2016 am 04.10.2016 ins Krankenhaus XXXX überstellt wurde, aus dem er dann am 21.10.2016 entlassen wurde. Eine ebenfalls vom Beschwerdeführer vorgelegte Rechnung des XXXX vom 31.10.2016 bestätigt überdies einen Aufenthalt des Beschwerdeführers in diesem Krankenhaus von 16.09.2016 bis 04.10.2016. Die weiteren vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen bestätigen lediglich erfolgte Behandlungen im Juli und August 2016. Ein stationärer Aufenthalt des Beschwerdeführers in einem Krankenhaus ab dem 13.09.2016 (konkret vom 13.09.2016 bis einschließlich 15.09.2016), wie in der Beschwerde behauptet, wird mit den vom Beschwerdeführer der Beschwerde beigelegten medizinischen Unterlagen hingegen nicht belegt.

Einem Aktenvermerk der belangten Behörde über ein Gespräch vom 08.12.2016 mit dem Beschwerdeführer ist zu entnehmen, dass dieses Schreiben des Beschwerdeführers vom 03.11.2016 auch als Beschwerde zu sehen ist.

Dem Vorbringen in dieser Beschwerde ist zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Argument, er habe der Aufforderung der belangten Behörde wegen Krankenhausaufenthalten nicht antworten und nicht an der medizinischen Untersuchung teilnehmen können, im Ergebnis gegen beide ergangenen Bescheide der belangten Behörde vom 12.10.2016 und vom 14.10.2016, mit denen das jeweils eingeleitete Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt wurde, wendet.

Die belangte Behörde machte trotz der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen von der ihr eingeräumten Möglichkeit der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung keinen Gebrauch und legte die Beschwerde(n) und den Verwaltungsakt, versehen mit dem Betreff "Behindertenpass - Vornahme der Zusatzeintragung: Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" am 14.11.2016 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, dies versehen mit der Bemerkung: "Keine neuen Erkenntnisse daher keine Beschwerdevorentscheidung".

Über den Bescheid der belangten Behörde vom 14.10.2016, mit dem das eingeleitete Verfahren auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt wurde, ergeht ein gesondertes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über den Bescheid der belangten Behörde vom 12.10.2016, mit dem das eingeleitete Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt wurde, erwogen:

Feststellungen:

Die belangte Behörde leitete auf Grundlage eines Antrages des Beschwerdeführers vom 13.05.2016 sowohl ein Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses (obwohl der Beschwerdeführer laut Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes im Besitz eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 v.H. ist) als auch ein Verfahren auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ein.

Mit mit 13.09.2016 datiertem Schreiben, bezeichnet als "letztmalige Einladung", forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, sich einer ärztlichen Untersuchung am 11.10.2016 zu unterziehen, dies unter Hinweis darauf, dass, sollte der Beschwerdeführer dieser Aufforderung ohne triftigen Grund nicht nachkommen, das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt werde. Der Beschwerdeführer wurde darüber hinaus darauf hingewiesen, dass, sollte es ihm aus triftigen Gründen unmöglich sein, den genannten Termin einzuhalten, er ersucht werde, dies so rasch wie möglich der belangten Behörde telefonisch bekannt zu geben.

Diese Ladung zu einer medizinischen Untersuchung am 11.10.2016 wurde dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen mittels RSa-Postsendung übermittelt. Diese Postsendung wurde von der belangten Behörde am 14.09.2016 zur Post gegeben und am 15.09.2016 beim Postamt hinterlegt. Am 05.10.2016 wurde diese Postsendung vom Hinterlegungspostamt an die belangte Behörde rückübermittelt, dies versehen mit dem Vermerk "ZURÜCK; NICHT BEHOBEN".

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.10.2016 wurde das (laut diesem Bescheid auf Grund eines am 13.05.2016 eingelangten Antrages) eingeleitete Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt, dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer sei schriftlich zur Untersuchung am 13.09.2016 und am 11.10.2016 eingeladen worden, aber zu diesen beiden Terminen unentschuldigt nicht erschienen. Da er somit ohne triftigen Grund nicht am Verfahren mitgewirkt habe, sei das Verfahren einzustellen.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer vom 16.09.2016 bis 04.10.2016 im XXXX sowie in der Folge vom 04.10.2016 bis 21.10.2016 im Krankenhaus XXXX stationär aufhältig war und die am 15.09.2016 beim zuständigen Postamt hinterlegte behördliche Postsendung nicht behoben hat und er daher vom Inhalt der Postsendung keine Kenntnis hatte. Nicht festgestellt werden kann hingegen, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 13.09.2016 bis einschließlich 15.09.2016 in einem Krankenhaus stationär aufhältig gewesen wäre; nicht festgestellt werden kann in diesem Zusammenhang insbesondere, dass der Beschwerdeführer am 15.09.2016 nicht in seiner Wohnung aufhältig gewesen bzw. dass er an diesen Tag durchgehend von dieser ortsabwesend gewesen wäre.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den von der belangten Behörde auf Grundlage der gegenständlichen Antragstellung vom 13.05.2016 eingeleiteten und in der Folge mit den angefochtenen Bescheiden auf der Rechtsgrundlage des § 41 Abs. 3 BBG eingestellten Verfahren ergeben sich aus dem Akteninhalt; dies gilt auch für die Feststellung zu der mit 13.09.2016 datierten letztmaligen Ladung zu einer medizinischen Untersuchung am 11.10.2016.

Die Feststellung, dass diese letztmalige Ladung dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen mittels RSa-Postsendung übermittelt wurde, welche von der belangten Behörde am 14.09.2016 zur Post gegeben, am 15.09.2016 beim Postamt hinterlegt und am 05.10.2016 vom Hinterlegungspostamt versehen mit dem Vermerk "ZURÜCK; NICHT BEHOBEN" rückübermittelt wurde, gründet sich auf den im Akt aufliegenden, nicht behobenen RSa-Brief und die darauf befindlichen entsprechenden Vermerke.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer vom 16.09.2016 bis 04.10.2016 im XXXX sowie in der Folge vom 04.10.2016 bis 21.10.2016 im Krankenhaus XXXX stationär aufhältig war sowie die Negativfeststellung, dass Beschwerdeführer im Zeitraum vom 13.09.2016 bis einschließlich 15.09.2016 und somit insbesondere am 15.09.2016 entgegen seinem Beschwerdevorbringen nicht in einem Krankenhaus stationär aufhältig war, gründet sich auf die vom Beschwerdeführer zum Beleg seiner diesbezüglichen Angaben vorgelegten medizinischen Unterlagen. Diese bestätigen zwar unzweifelhaft den stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers von 16.09.2016 bis 21.10.2016 und damit eine Abwesenheit von der Abgabestelle seiner Wohnung in diesem Zeitraum, hingegen bestätigen diese gerade nicht eine Abwesenheit vom 13.09.2016 bis einschließlich 15.09.2016 von seiner Wohnung und damit von seiner Abgabestelle. Dem Beschwerdeführer ist es daher mit den von ihm zum Beleg einer Ortsabwesenheit vorgelegten Unterlagen nicht gelungen, eine Ortsabwesenheit von seiner Wohnung gerade insbesondere am 15.09.2016 zu belegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

...

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

(3) Entspricht ein Behindertenpasswerber oder der Inhaber eines Behindertenpasses ohne triftigen Grund einer schriftlichen Aufforderung zum Erscheinen zu einer zumutbaren ärztlichen Untersuchung nicht, verweigert er eine für die Entscheidungsfindung unerlässliche ärztliche Untersuchung oder weigert er sich, die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen, ist das Verfahren einzustellen. Er ist nachweislich auf die Folgen seines Verhaltens hinzuweisen."

§ 17 Zustellgesetz (ZustG) lautet:

"Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Der Beschwerdeführer wurde mit als "letztmalige Einladung" bezeichnetem Schreiben der belangten Behörde, datiert mit 13.09.2016, aufgefordert, sich einer ärztlichen Untersuchung am 11.10.2016 zu unterziehen, dies unter Hinweis darauf, dass, sollte der Beschwerdeführer dieser Aufforderung ohne triftigen Grund nicht nachkommen, das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt werde. Diese Ladung wurde dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen mittels RSa-Brief übermittelt. Diese Postsendung wurde von der belangten Behörde am 14.09.2016 zur Post gegeben und nach einem erfolglosen Zustellversuch am 15.09.2016 beim Postamt hinterlegt, in der Folge aber vom Beschwerdeführer nicht behoben und daher am 05.10.2016 vom Hinterlegungspostamt an die belangte Behörde rückübermittelt.

Wie den getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, war der Beschwerdeführer ab 16.09.2016 bis 21.10.2016 in Krankenhäusern dauernd stationär aufhältig, nicht hingegen schon am 15.09.2016, dem Tag der Hinterlegung der mit 13.09.2016 datierten "letztmaligen Einladung" iSd § 41 Abs. 3 BBG. Für diesen Tag vermochte der Beschwerdeführer keine Ortsabwesenheit von seiner Wohnung zu belegen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung nicht durch die Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (Hinweis E vom 25. Juni 2015, Ro 2014/07/0107, vom 26. Juni 2014, 2013/03/0055, und vom 25. April 2014, 2012/10/0060).

Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 11.10.2011, Zl. 2010/05/0115, ausgeführt hat, konnte der Empfänger rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen, wenn die Abwesenheit von der Abgabestelle erst am Tag nach dem Zustellversuch und der Hinterlegung der Sendung sowie der Verständigung hievon beginnt, Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es hiebei nach stRsp des VwGH nicht an (Hinweis E 25.6.1986, 85/11/0245, B 21.2.1990, 89/02/0209). Die durch die Abwesenheit des Beschwerdeführers von seiner Wohnung bewirkte Unmöglichkeit, die Sendung selbst abzuholen, ist für die Rechtswirksamkeit der Zustellung ohne Bedeutung. § 17 ZustG stellt nämlich - außer in seinem hier nicht zum Tragen kommenden Satz 4 - nicht darauf ab, ob einem Empfänger die Abholung einer hinterlegten Sendung möglich ist oder nicht.

Ausgehend davon- die Hinterlegung der "letztmalige Einladung" erfolgte am 15.09.2016 - verhindert im gegenständlichen Fall die nachfolgende Abwesenheit von der Abgabestelle ab 16.09.2016 nicht die Rechtswirksamkeit der Zustellung der "letztmaligen Einladung" an den Beschwerdeführer durch Hinterlegung iSd § 17 Abs. 3 ZustG.

Dennoch ist der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde im Ergebnis im Recht:

Der Beschwerdeführer hatte objektiv einen triftigen Grund iSd § 41 Abs. 3 BBG, der schriftlichen Aufforderung zum Erscheinen zu einer zumutbaren ärztlichen Untersuchung, welche für den 11.10.2016 vorgesehen war, nicht zu entsprechen, weil er belegter Weise zu diesem Zeitpunkt stationär in einem Krankenhaus aufhältig war und weil - die Ladung zu dieser Untersuchung wurde am 15.09.2016 hinterlegt, ab 16.09.2016 war der Beschwerdeführer bis 21.10.2016 stationär in einem Krankenhaus aufhältig, die Ladung wurde vom Beschwerdeführer (in dieser Fallkonstellation verständlich) in der Folge nicht behoben und diese am 05.10.2016 an die belangte Behörde retourniert - er von diesem Untersuchungstermin auch keine Kenntnis hatte, weshalb es ihm auch nicht möglich war, die belangte Behörde vom Vorliegen dieses triftigen Grundes rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.

Da sich daher die auf Rechtsgrundlage des § 41 Abs. 3 BBG erfolgte Einstellung des Verfahrens im gegenständlichen Fall als rechtswidrig erweist, war der angefochtene Bescheid spruchgemäß aufzuheben.

Was schließlich den Umstand betrifft, dass die belangte Behörde über einen Antrag auf Ausstellung eines § 29b StVO-Parkausweises nicht bescheidmäßig abgesprochen hat, so ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass diese Frage mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG entfallen.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Krankheit, triftige Gründe, Untersuchung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2140143.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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