Entscheidungsdatum
27.03.2018Norm
AVG §13 Abs7Spruch
W207 2123614-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, Passnummer: XXXX , vom 29.02.2016, betreffend Abweisung eines Antrages auf Verlängerung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 iVm § 13 Abs. 7 AVG ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführerin wurde mit Datum 03.10.2011 vom Sozialministeriumservice (damals noch Bundessozialamt; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) ein befristeter Behindertenpass mit Gültigkeit bis 31.12.2015 mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt.
Am 09.11.2015 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.02.2016 gemäß §§ 40, 41 und 42 BBG abgewiesen. Der Grad der Behinderung wurde in diesem Bescheid auf Grundlage eines eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens vom 26.01.2016 mit 40 v.H. festgestellt.
Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde vom 29.02.2016 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht mit E-Mail vom 21.03.2016 Beschwerde.
Mit Schreiben vom 09.03.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 14.03.2018, gab die Beschwerdeführerin bekannt, dass sie ihren Antrag aus dem Jahr 2016 auf "Neufestsetzung Behindertenpass von 2016" zurückzieht. Die Beschwerdeführerin ersuchte in diesem Schreiben um dringende Rücksendung der Akten wegen aktueller Neufestsetzung des Grades der Behinderung durch das Sozialministeriumservice.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die zu treffenden Feststellungen entsprechen der Darstellung des Verfahrensgeschehens im Verfahrensgang, auf die verwiesen wird.
Ausdrücklich festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin mit schriftlicher Erklärung vom 09.03.2018 den verfahrenseinleitenden Antrag vom 09.11.2015 auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses zurückgezogen hat.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf den Akteninhalt. Aus dem Wortlaut, den "Antrag" zurückziehen zu wollen, und aus dem Inhalt der schriftlichen Erklärung der Beschwerdeführerin vom 09.03.2018 ergibt sich unzweifelhaft, dass der Wille der Beschwerdeführerin auf die Beendigung des gegenständlichen antragsbedürftigen Verfahrens, konkret auf die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages vom 09.11.2015, gerichtet ist, auch wenn dieser Antrag aus dem Jahr 2015 und nicht aus dem Jahr 2016 datiert.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Nach § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 23.01.2014, Zl. 2013/07/0235, ausgeführt hat, bewirkt - wenn der verfahrenseinleitende Antrag im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht eine wesentliche Änderung erfährt und der Antragsteller damit eindeutig zu erkennen gibt, dass er seinen ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag nicht mehr aufrechterhält - die (konkludente) Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit gehalten, den bekämpften Bescheid (ersatzlos) zu beheben (vgl. VwGH E 19. November 2014, Ra 2014/22/0016; E 23. Jänner 2014, 2013/07/0235).
Im gegenständlichen Fall einer noch offenen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ihren ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag zurückgezogen. Der von der Beschwerdeführerin bekämpfte Bescheid war somit spruchgemäß in Erledigung der Beschwerde ersatzlos zu beheben.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt und liegt ein Fall des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG vor, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Eine mündliche Verhandlung konnte daher entfallen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Antragszurückziehung, ersatzlose BehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2123614.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.04.2018