TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/27 W207 2122735-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.03.2018
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Entscheidungsdatum

27.03.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W207 2122735-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle

Niederösterreich, vom 13.01.2016, Passnummer: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu

Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin stellte erstmals am 30.07.2012 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, der mit Bescheid des Bundessozialamtes (nunmehr: Sozialministeriumservice, in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) vom 31.10.2012 rechtskräftig abgewiesen wurde. Festgestellt wurde damals ein Grad der Behinderung von 30 v.H. Dies erfolgte auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 07.10.2012, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung die Funktionseinschränkungen 1. "abnützungsbedingte Beschwerden in beiden Kniegelenken re>li, Schultergelenk rechts, Fußwurzelbereich", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H. nach der Positionsnummer 02.02.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung, und

2. "Karpaltunnelsyndrom recht, links operiert 07/2012", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 10 v.H. nach der Positionsnummer 04.05.06 der Anlage der Einschätzungsverordnung, festgestellt wurden. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 30 v. H. festgesetzt, da keine ungünstige, den Gesamtgrad der Behinderung erhöhende Leidensbeeinflussung vorlag.

Am 21.10.2015 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen - weil sie nicht im Besitz eines Behindertenpasses war - als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu wertenden Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung. Die Beschwerdeführerin legte ein Konvolut an medizinischen Unterlagen bei.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Unfallchirurgie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Sachverständigengutachten vom 23.12.2015 wurde nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 15.12.2015 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"....

Anamnese, derzeitige Beschwerden:

Im Vorgutachten festgestellter Gesamtbehinderungsgrad von 30% wegen Kniebeschwerden, Schultergelenksbeschwerden und Problemen am Fußwurzelbereich und Karpaltunnelsyndrom rechts.

Aktuell: Es bestehen Probleme am Bewegungsapparat vornehmlich an den Kniegelenken hier sind Abnützungen bekannt, sie wird beim Orthopäden behandelt Hat auch schon Cortisonspritzen bekommen, das ist jetzt aber nicht mehr möglich, weil sie Diabetikerin ist. Sie wurde jetzt homöopathisch behandelt, man wartet auf eine Wirkung.

Eine Knieendoprothese möchte sie sich nicht einsetzen lassen.

Sie hat Beschwerden an beiden Schultern, wobei sie rechts vor etwa 2,5 Jahren wegen eines Impingement Syndroms schon operiert worden ist, links soll das demnächst auch erfolgen. Schmerzen hat sie eher beim Bewegen. Beide Hände sind mittlerweile bei Karpaltunnelsyndrom operiert, links vor 2,5 Jahren, ganz gut ist es noch nicht. Sie hat weniger Kraft.

Der Diabetes ist medikamentös eingestellt.

Ein Syndrom der unruhigen Beine besteht auch und wird medikamentös behandelt.

Es bestehen Wirbelsäulenbeschwerden, anlässlich einer Computertomographie wurde eine Verkrümmung festgestellt, hier ist eine WIRT ausständig. Mittels Computertomographie wurde ein Nabelbruch nachgewiesen, gemacht wurde die Untersuchung wegen unklarer Bauchschmerzen.

Sie beschreibt Beschwerden an beiden Füßen, sie habe hier eine Arthrose.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Xigduo 5mg/1000mg 2x tgl., Sifrol 0,35mg 14, Sifrol 0,18mg 14, Nebivolol 5mg, Xefo 8mg bei Schmerzen, Lorano 10mg bei Juckreiz an der Haut

Sozialanamnese:

War im Iran Kindergärtnerin, konnte in Österreich als solche nicht arbeiten, ist verheiratet, mit dem Mann mitversichert und Hausfrau.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkL Datumsangabe):

Arztbrief Interne XXXX 2010 - Diabetes; MRT linke Schulter 7/2005 - Tendinose mit kleinem Teilriss der Supraspinatussehne, Attest des Hausarztes 9/15 weiters CT Befund des Abdominalbereichs 10/14 - mit Nierenzysten und Umbilicalhernie.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut Ernährungszustand: adipös

Größe: 156 cm Gewicht: 80 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Wirbelsäule:

Becken- und Schulterstand gerade, Wirbelsäulenachse im Lot, Krümmung normal. Muskulatur im Nackenbereich druckempfindlich, aber nicht wesentlich verspannt.

HWS: Rechts-/Linksdrehung 60/0/50° Beschwerden vor allem nach links, KJA 2/15 cm.

BWS: Seitneigung und Rumpfdrehung 45°.

LWS: FBA 20 cm, Schoberzeichen 14/10 cm, Beschwerden vor allem in den Knien.

Im Sitzen kann sie Hüft- und Kniegelenke beugen und die Beine von der Unterlage abheben, erreicht bds. die Unterschenkelregion.

Schultern: Narbe an der rechten Schulter und an beiden Händen nach Operation. Das Heben der Arme über die Schultern ist möglich aber mühsam und gibt dabei Schmerzen an. Mit leichter Hilfe geht es dann eigentlich ziemlich problemlos. Sie kann die Arme dann auch halten. Eine Kraftminderung ist nicht objektivierbar, wobei sie bei der Kraftprüfung nicht wirklich mitarbeitet. Ellbogen, Unterarme, Handgelenke und Finger sind passiv frei. Sie berichtet über eine Kraftminderung der Hände nach Karpalkanalspaltung.

Im Liegen Beinlänge seitengleich, Beinachse normal.

Hüftfunktion: Bds. S 0/0/115°, R 40/0/20°.

Kniegelenke: Bds, S 0/0/140° bland, erguss- und entzündungsfrei, Seitenband stabil, bei der Beugung aber diffus schmerzhaft,

Sprunggelenke: S 15/0/35° bandfest.

Vorfüße: Auswärts- und Einwärtsdrehung bds. 5/0/15° Beschwerden nach direktem Nachfragen an den Mittelfüßen bzw. am Fersenbein, an der Sohlenseite. Leichter Spreizfuß ohne Zehendeformation.

Peripher keine trophischen Störungen, kein sensomotorisches Defizit.

Im Liegen Beinlänge seitengleich, Beinachse normal.

Hüftfunktion: Bds. S 0/0/115°, R 40/0/20°.

Kniegelenke: Bds. S 0/0/140° bland, erguss- und entzündungsfrei, Seitenband stabil, bei der Beugung aber diffus schmerzhaft.

Sprunggelenke: S 15/0/35° bandfest.

Vorfüße: Auswärts- und Einwärtsdrehung bds. 5/0/15° Beschwerden nach direktem Nachfragen an den Mittelfüßen bzw. am Fersenbein, an der Sohlenseite. Leichter Spreizfuß ohne Zehendeformation.

Peripher keine trophischen Störungen, kein sensomotorisches Defizit.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt in Begleitung des Gatten zur Untersuchung. Sie trägt orthopädisch adaptierte Schuhe. Das Aus- und Ankleiden ist mit Hilfe möglich, bei den Socken stützt sie sich auf der Untersuchungsliege ab und das Gangbild ist dann sehr kleinschrittig, vorsichtig, langsam, ohne eigentlich erkennbares Hinken oder Abrollstörung. Zehen-/Fersen- und Einbeinstand sind möglich, wobei sie sich beim einbeinigen Stehen festhäit, bzw. das Knie des gehobenen Beines schmerzt, das bringt sie sogar zum Weinen. Eine Kniebeuge ist bis etwa 70° möglich, dann hat sie Knieschmerzen.

Status Psychicus:

Stimmungslage wirkt es etwas gedrückt, die Schmerzen werden sehr dramatisch geschildert. Diesbezüglich etwas klagsam sie ist aber orientiert und gut kontaktfähig.

Ergebnis

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat Oberer Rahmensatz, da vor allem Schmerzen an den Schultergelenken, an den Kniegelenken und an der Wirbelsäule angegeben werden. Sie wurde an der rechten Schulter schon operiert, an den Kniegelenken hat man radiologisch leichte Abnützungserscheinungen festgestellt, an der Lendenwirbelsäule besteht hier eine leichte Verkrümmung. Die Funktion ist soweit objektivierbar gut, jedoch schmerzüberlagert, teilweise ist der angegebene Schmerz mit dem objektivierbaren Befund nicht in Einklang zu bringen. Berücksichtigt werden auch Schmerzen an den Fersen.

020202

40

2

Diabetes mellitus Typ II Mittlerer Rahmensatz, da medikamentös behandelbar.

090201

20

3

Karpaltunnelsyndrom beidseits Unterer Rahmensatz, da mäßiggradige Schwäche und Gefühlsstörungen angegeben werden.

040506

10

4

Depressive Verstimmung Unterer Rahmensatz, da einerseits vom Hausarzt bestätigt und man auch bei der Untersuchung den Eindruck einer derartigen Verstimmung hat jedoch ohne Therapieerfordernis.

030601

10

5

Nabelbruch Unterer Rahmensatz, da es sich um einen sehr kleinen Bruch handelt.

070801

10

Ergebnis der

durchgeführten Begutachtung

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht weiter erhöht, da keine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht. Leiden 1 wird wegen zu geringer funktioneller Relevanz von Leiden 3,4 und 5 nicht weiter erhöht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Das Restless-Legs-Syndrom wird nicht durch einen fachärztlichen Befund untermauert, der angegebene Juckreiz der Haut nicht mit einem Facharztbefund bestätigt Hier wird kein einschätzungsrelevanter Behinderungsgrad festgestellt.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

im Vergleich zum Vorgutachten wurden die Leiden des Bewegungsapparates angehoben und der Diabetes neu erfasst, ebenso die psychische Beeinträchtigung. Der Gesamtbehinderungsgrad steigt um eine Stufe.

.......

X Dauerzustand

........"

Mit Bescheid vom 13.01.2016 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Dieses medizinische Sachverständigengutachten wurde der Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.

Mit Schriftsatz vom 20.02.2016 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der (hier in anonymisierter Form wiedergegeben) in inhaltlicher Hinsicht Folgendes ausgeführt wird:

".....

Bei der MR-Untersuchung am 07.01.2016 wurde eine mehrmalige Diskusprotrusion festgestellt (siehe MR-Befund vom 08.01.2016 vom Landesklinikum X). Durch diese Bandscheibenvorwölbung habe ich sehr starke Schmerzen im Lendenwirbelbereich. Dazu kommt meine, wie bereits bei der durchgeführten Begutachtung festgestellten Schmerzen an den Schulter- und Kniegelenken. In den Schultern wurde eine beginnende Gonarthrose beidseitig festgestellt (siehe Befund vom Orthopädie Zentrum Y vom 11.02.2016). Meine rechte Schulter wurde bereits operiert, die linke Schulter werde ich in nächster Zeit auch operieren müssen. Nach der Operation erhoffte ich mir, dass ich nach einigen Monaten schmerzfrei sein würde, jedoch habe ich auch heute noch starke Schmerzen in der Schulter und kann aufgrund dieser Erkrankung leider nichts heben. Die Schmerzen sind von Tag zu Tag unerträglicher. Auch in den Knien zeigt sich bereits eine beginnende Gonarthrose, sodass ich auch hier sehr starke Schmerzen bei jedem Schritt verspüre. In dem Befund des Orthopädie Zentrums Y vom 11.02.2016 wurde ein Streckdefizit von 5° und ein Beugeendlagenschmerz bei 115° beidseitig festgestellt Mit jedem Schritt, jeder Stufe und Beugung habe ich Schmerzen.

Weiters kommt noch das Karpaltunnelsyndrom beidseits dazu, welches mir auch täglich Schmerzen bereitet. Durch die Anhäufung dieser Krankheiten habe ich mittlerweile eine depressive Stimmung. Ich kann fast nicht außer Haus gehen, jede Bewegung schmerzt, sei es in den Knien, in den Schultern, in den Händen oder an der Wirbelsäule. Ich bin an mein Zuhause fast schon gebunden und kann auch hier nicht viel im Haushalt machen.

Es kommt noch dazu, dass ich unter Diabetes mellitus Typ II leide, welches meine ganze Leidensgeschichte nicht gerade vereinfacht. Aufgrund dieser vielen und sich immer mehr häufenden Krankheiten hoffe ich auf die Ausstellung eines Behindertenpasses, welcher mir und meiner Familie einiges erleichtern würde.

Mit der Bitte um positive Bearbeitung verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Name der Beschwerdeführerin"

Der Beschwerde wurde beigelegt ein

* MR-Befund eines näher genannten Landesklinikums vom 08.01.2016.

* Befund eines nähergenannten Radiologieinstitutes vom 06.07.2015

* Befund eines näher genannten Orthopädiezentrums vom 11.02.2016

* Karteiblatt eines näher genannten Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 19.02.2016

Mit Begleitschreiben vom 06.06.2016 reichte die Beschwerdeführerin weitere medizinische Unterlagen nach, die sie allerdings bereits vorgelegt hatte.

Das Bundesverwaltungsgericht legte die Beschwerde sowie die der Beschwerde beigelegten und nachgereichten Befunde dem Arzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Unfallchirurgie, der das medizinische Sachverständigengutachten vom 23.12.2015 erstattet hatte, zur Stellungnahme mit dem Ersuchen vor, zu prüfen, ob diese eine abweichende Beurteilung der bisherigen Einschätzung bewirken würden.

Der medizinische Sachverständige erstattete am 06.02.2018 ein ergänzendes Aktengutachten, in dem er auf Grundlage des Beschwerdevorbingens und der der Beschwerde beigelegten Befunde ausführte wie folgt (hier in anonymisierter Form wiedergegeben):

".....

Die zur Erstellung des Gutachtens erforderlichen Unterlagen wurden vom Bundesverwaltungsgericht bereitgestellt.

Zur Gutachtenserstellung wurden herangezogen:

• Eigenes Vorgutachten 23.12.2015.

• Orthopädische Stellungnahme Orthopädiezentrum X., 11.2.2016.

• MRT-Befund linke Schulter, Institut Y., 6.7.2015.

• MRT-Befund Lendenwirbelsäule, LK X, 8.1.2016.

• Karteikartenauszug und Nervenleitgeschwindigkeitsbefund Dr. Z, Neurologe, X, 2004 - 2015.

• Schriftlich erhobene Beschwerde gegen den Bescheid vom 20.2.2016.

I. ANAMNESE

F. wurde am 15.12.2015 unter Einsichtnahme in die damals zur Verfügung stehenden Befunde untersucht und der Behinderungsgrad wegen degenerativer Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat sowie Diabetes mellitus, Karpaltunnelsyndrom, depressiver Verstimmung und Nabelbruch mit 40 % eingeschätzt.

Es liegt ein neurologischer Befundausdruck 2004 - 2015 von Dr. Z. vor, 06/15, somit zeitlich vor der eigenen Untersuchung, er beschreibt eine Verbesserung der Nervenfunktionsparameter nach einer beidseitigen Karpalkanaloperation.

Ein MRT-Befund der linken Schulter 07/15 beschreibt degenerative Veränderungen und lag bei der Begutachtung auch schon vor.

Ein MRT-Befund 01/16 beschreibt eine Bandscheibenvorwölbung und degenerative Gelenksveränderungen mit geringen Einengungen der Nervenwurzelkanäle.

Eine orthopädische Stellungnahme 02/16 beschreibt chronische Schmerzen im Nackenbereich (Cervicalsyndrom) und eine Kreuzschmerzsymptomatik (Lumbalgie) mit Ausstrahlung in beide Beine ohne neurologische Ausfälle. Weiters werden beginnende Knieabnützungen beidseits mit Schmerzen bei Beugung bzw. ein Schulterengpasssyndrom an beiden Schultern beschrieben.

II. BEANTWORTUNG DER FRAGE

Die vorliegenden Befunde waren zum Zeitpunkt der Erstellung des Vorgutachtens zum Teil bereits bekannt bzw. bringen sie keine relevanten Zusatzinformationen.

Die Knie und die Schultern waren schon bei der Untersuchung leicht schmerzhaft bzw. hat man Abnützungserscheinungen festgestellt.

Auch die Funktionsstörung an der Lendenwirbelsäule wurde erfasst.

Der MRT-Befund, aber auch der Facharztbefund des Orthopäden unterstreichen eigentlich die bereits getroffene Einschätzung.

Mit anderen Worten: Aus den nachgereichten Befunden ergibt sich keine einschätzungsrelevante Änderung, der festgestellte Behinderungsgrad bleibt aus medizinischer Sicht unverändert."

Mit Begleitschreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.02.2018 wurde der Beschwerdeführerin sowie der belangten Behörde dieses ergänzende medizinische Sachverständigengutachten vom 06.02.2018 zur Kenntnis gebracht und den Parteien des Verfahrens Gelegenheit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht abzugeben. Die Parteien des Verfahrens wurden darauf hingewiesen, dass, sollte eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt werden, das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden. Das Bundesverwaltungsgericht werde seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme Anderes erfordere.

Weder die Beschwerdeführerin noch die belangte Behörde gaben eine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin brachte am 21.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:

1. Degenerative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat; vor allem Schmerzen an den Schultergelenken, an den Kniegelenken und an der Wirbelsäule; an der rechten Schulter bereits operiert, an den Kniegelenken radiologisch leichte Abnützungserscheinungen, an der Lendenwirbelsäule besteht eine leichte Verkrümmung. Die Funktion ist soweit objektivierbar gut, jedoch schmerzüberlagert, teilweise ist der angegebene Schmerz mit dem objektivierbaren Befund nicht in Einklang zu bringen. Berücksichtigt sind auch Schmerzen an den Fersen

2. Diabetes mellitus Typ II; medikamentös behandelbar

3. Karpaltunnelsyndrom beidseits; mäßiggradige Schwäche und Gefühlsstörungen

4. Depressive Verstimmung ohne Therapieerfordernis

5. Nabelbruch; sehr kleiner Bruch

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 40 v.H.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Unfallchirurgie vom 23.12.2015, ergänzt durch dessen ergänzendes Gutachten vom 06.02.2018, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin gründet sich auf das Ergebnis einer ZMR-Abfrage vom 19.02.2018 und ist im Übrigen unbestritten.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Unfallchirurgie vom 23.12.2015, ergänzt durch das vom Bundesverwaltungsgericht auf Grundlage des Beschwerdevorbringens und der der Beschwerde beigelegten Befunde eingeholte ergänzende medizinische Sachverständigengutachten dieses Arztes vom 06.02.2018, das das Ergebnis des ursprünglich eingeholten Sachverständigengutachtens bestätigt.

In diesem medizinischen Sachverständigengutachten vom 23.12.2015, ergänzt und bestätigt durch das Sachverständigengutachten vom 06.02.2018, wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde und in weiterer Folge der im Rahmen der Beschwerde vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Die in der Beschwerde vorgebrachten Schmerzempfindungen und Gefühlsstörungen wurden im Rahmen der (oben wiedergegebenen) Statuserhebung im Zuge der persönlichen Untersuchung und bei der Gutachtenserstellung im Rahmen der vorzunehmenden Einstufungen berücksichtigt, wobei die angegebenen Schmerzen teilweise mit dem objektivierbaren Befund nicht in Einklang zu bringen waren und daher in der von der Beschwerdeführerin geschilderten Intensität nicht objektiviert werden konnten. Die durch das Ausmaß der Beweglichkeit und Belastbarkeit belegten und objektivierten Funktionsbeeinträchtigungen wurden auf Grundlage der von der Beschwerdeführerin ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen sowie auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Begutachtung durch den beigezogenen medizinischen Sachverständigen entsprechend berücksichtigt und entsprechend den Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung eingestuft.

Der Beschwerde wurden daher im Ergebnis keine medizinischen Unterlagen beigelegt, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder die diesen entgegenstehen würden. Dies ergibt sich auch aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten ergänzenden medizinischen Sachverständigengutachten vom 06.02.2018, das von der Beschwerdeführerin trotz eingeräumten Parteiengehörs unbestritten blieb.

Die Beschwerdeführerin ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 23.12.2015 und dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 06.02.2018 daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Unfallchirurgie vom 23.12.2015, ergänzt durch dessen Aktengutachten vom 06.02.2018. Diese Sachverständigengutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

......

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Unfallchirurgie vom 23.12.2015, ergänzt durch dessen Sachverständigengutachten vom 06.02.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 40 v.H. beträgt.

Das medizinische Sachverständigengutachten ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, nicht gegeben sieht. Auch in der Beschwerde werden diesbezüglich keine Ausführungen getroffen.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde, wie bereits erwähnt, auch unter Berücksichtigung der der Beschwerde beigelegten medizinischen Unterlagen im Ergebnis keine Befunde vor, die geeignet wären, die durch den medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche einschätzungsrelevante Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes der Beschwerdeführerin zu belegen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und auf den von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Beschwerdeführerin ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten und dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten ergänzenden Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachten geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2122735.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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