TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/27 W207 2013569-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.03.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.03.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W207 2013569-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland (KOBV), gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, Passnummer: XXXX , vom 05.08.2016, betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2

Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen idgF abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin stellte am 16.12.2013 beim Bundessozialamt (nunmehr Sozialministeriumservice; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel".

Mit Datum 01.09.2014 wurde der Beschwerdeführerin auf ihren Antrag von der belangten Behörde ein befristeter Behindertenpass mit Gültigkeit bis 30.06.2016 mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 80 v.H. ausgestellt. Dies erfolgte auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 07.04.2014, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung die Funktionseinschränkungen

1. Operierter Mammatumor rechts (06/2011); Unterer Rahmensatz, da kein Lymphödem und kein Rezidiv, Pos. Nr.: 130103, 50% GdB.

2. Diabetes mellitus, insulinpflichtig; Unterer Rahmensatz, da keine Endorganschäden dokumentiert, Pos. Nr.: 090202, 30% GdB.

3. Knietotalendoprothese rechts, Gonarthrose links; Oberer Rahmensatz, beidseits Beugehemmung bis 90°, Pos. Nr.: 020519, 30% GdB.

4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule; Unterer Rahmensatz, da keine höhergradigen degenerativen Veränderungen dokumentiert sind und kein sensomotorisches Defizit vorliegt, Pos. Nr.: 020102, 30% GdB.

5. Arterielle Hypertonie; Fixer Richtsatzwert, Pos. Nr.: 050102, 20 % GdB.

6. Carpaltunnelsyndrom links; Unterer Rahmensatz, da Sensibilitätsstörungen ohne motorisches Defizit, Pos. Nr.: 040506, 10% GdB.

festgestellt wurden. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 80 v. H. festgesetzt, weil Leiden 1 durch Leiden 2, 3 und 4 um insgesamt 3 Stufen erhöht wurde, da jeweils relevante Zusatzbehinderungen vorliegen würden. Die weiteren Leiden erhöhten nicht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken bestand. Eine Nachuntersuchung wurde in diesem medizinischen Sachverständigengutachten für 06/2016 vorgesehen, weil eine Besserung prognostisch für möglich erachtet wurde. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde darüber hinaus auch ausgeführt, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.08.2014 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 16.12.2013 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.05.2015 nach Einholung eines ergänzenden medizinischen Sachverständigengutachtens, welches das bereits eingeholte Sachverständigengutachten vom 07.04.2014, GZ: W218 2013569-1/8E, bestätigte, als unbegründet abgewiesen.

Am 31.03.2016 stellte die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland (KOBV), beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Verlängerung des bis 30.06.2016 befristet ausgestellten Behindertenpasses sowie einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass. Die Beschwerdeführerin legte diesen Anträgen medizinische Unterlagen bei.

Die belangte Behörde holte zur Frage des Grades der Behinderung und zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In diesem allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 23.07.2016, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 15.07.2016, wurde auszugsweise - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

"Anamnese und Sozialanamnese: ausgeübter Beruf: Pensionistin

Stand: verheiratet, hat Pflegegeldstufe 1

Hilfsmittel: kommt mit einem Rollator zur Untersuchung.

Kommt zur amtsseitig vorgeschriebenen Nachuntersuchung.

Ich beantrage die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel weil ich wegen der Schmerzen im Kreuz und in den Kniegelenken kaum mehr gehen kann.

Aktuelle Beschwerden:

Wegen des Mammacarzinomes auf der rechten Seite (Ablatio) gehe ich regelmäßig zur Nachsorgeuntersuchung. Bislang ist kein Rezidiv nachgewiesen worden aber ich wurde vor kurzem auf der linken Seite punktiert wegen Verdacht auf Krebs, Befund habe ich aber noch keinen. Ich habe pausenlos Schmerzen in der Wirbelsäule und in beiden Kniegelenken und bekomme dagegen Infiltrationen, Infusionen und nehme viele Schmerzmittel. Zusätzlich habe ich auch Schmerzen und eine Steifigkeit in der rechten Hand und kann sie kaum bewegen.

Aktuelle Medikamente: Codidol, dielnsulin, Janumet, TASS, Voltaren , Amelior, Sortis

Relevantes aus den beigelegten Befunden;

Aktenblatt 63 BZ ist mit der gegenwärtigen Medikation ausrechend eingestellt (BZ um: 135 Hbalc um: 7,2)

Aktenblatt 69 Bestätigung über Pflegegeldstufe 1

Aktenblatt 54-55 Gutachten im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht 2015 in welchem keine erheblichen Funktionseinschränkungen am Bewegungsapparates objektiviert werden konnten.

Untersuchungsbefund:

Grösse: 1,62 m Gewicht:88 kg BMI: 33,53

guterA Z und adipöser EZ Psychischer Eindruck: klagend, jammernd Der Blutdruck ist mit 140/80 normoton Haut/farbe: normal die Schleimhäute sind gut durchblutet.

Die Atmung ist Vesikuläratmung

Kopf: Zähne- Prothese , HNAP unauffällig Rachen bland Tonsillen bland

Sinnesfunktionen: altersentsprechend

Hals: keine Einflussstauung, Schilddrüse und schluckverschieblich

Lymphknoten: nicht palpabel

Thorax: symmetrisch Hämatom li Mamma nach rezenter PE, rechts Ablatio

Cor: rhythmisch und normfrequent, Herztöne rein

Pulmo: Vesikuläratmung, Basen gut verschieblich, normaler Klopfschall,

Wirbelsäule: KJA:0 cm FBA:

HWS: endlagige Bewegungseinschränkungen in allen Ebenen SWS:

endlagige Bewegungseinschränkungen in allen Ebenen LWS:

mittelgradige Bewegungseischränkungen FBA :nicht vorgezeigt

Abdomen: Bauchdecken: weich über Thoraxniveau

Leber: nicht palpabel Milz: nicht palpabel Rectal: nicht untersucht

Nierenlager: frei

Obere Extremitäten: bei Untersuchung starke Abwehrspannung, Schultergelenke bds

endlagige Einschränkung aller Funktionen, Schulternackengriff und Schürzengriff bds erschwert möglich, Verspannung der ganzen Muskulatur. Re UA und Arm etwas verschwolleen, krampfhaft verspannter Widerstand gegen passive Untersuchung.

Kreuzgriff: etwas erschwert möglich Nackengriff: etwas erschwert möglich

Untere Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich,

Rechts: Hüftgelenk: Beugung 120 R:20-0-20

Kniegelenk: 0-0-90 TEP

OSG; frei beweglich USG: frei beweglich

Links: Hüftgelenk: Beugung 90 R: 20-0-20

Kniegelenk: 0-0-100

OSG: frei beweglich USG: frei beweglich

Varizen: keine Fußpulse: beidseits palpabel keine Ödeme

Fersenstand : nicht vorgezeigt Zehenstand : nicht vorgezeigt

Neurologisch: grob neurologisch ob

Gesamt Mobilität-Gangbild: etwas zappelig und langsam, jedoch auch ohne Rollator möglich

Ergebnis der durchgeführten Untersuchung vom: 15.07.2016

Lfd. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Pos. Nr. G.d.B.%

.Nr. Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger

als sechs Monate andauern werden::

1 Verlust der rechten Brust nach Mammacarzinom 08.03.01 40

Heranziehung dieser Position mit dem oberen Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da mehr als fünf Jahre ohne Rezidiv bei kompletter Ablatio.

2 Diabetes mellitus 09.02.02 30

Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da unter Insulintherapie stabile Stoffwechselsituation.

3 Funktionseinschränkung beider Kniegelenke 02.05.19 30

Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da Zustand nach Endoprothese rechts und Gonarthrose links bei beidseitig erhaltener Beugefunktion bis 90°

4 Abnützungen der Wirbelsäule 02.01.02 30

Heranziehung dieser Position, da maßgebliche radiologische Veränderungen bei mittelgradigen Funktionseinschränkungen.

Unterer Rahmensatz, da ohne radikuläre Symptomatik.

5 Arterielle Hypertonie 05.01.02 20

Heranziehung dieser Position, da höherdosierte Kombinationstherapie erforderlich

6 Polyarthrosen 02.02.01 20

Oberer Rahmensatz, da Mehrgelenksbeteiligung bei geringen Belastungseinschränkungen.

7 Carpaltunnelsyndrom links 04.05.06 10

Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da geringgradig ohne signifikante Muskelschwäche.

Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Die führende funktionelle Einschränkung Nr. 1 wird durch die funktionelle Einschränkung lfd. Nr. 2,3,4 um gemeinsam um 1 Stufe(n) erhöht

Begründung: Die Leiden 2,3, und 4 stellen gemeinsam eine relevante Zusatzbehinderung dar. Die anderen Leiden erhöhen nicht weiter

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten

Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

xxxx

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Herabsetzung der Pos 1 des VGA um 2 Stufen , da Ablauf der Heilungsbewährung. Anhebung der Pos 4 des VGA um 1 Stufe, da funktionelle Verschlechterung. Neuaufnahme von aktuellem Leiden Pos 6

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Infolge Ablaufs der Heilungsbewährung (Leiden 1) kommt es insgesamt zu einem Absinken des Gesamt GdB. um 3 Stufen

[X] Dauerzustand

......

Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

1 Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine

Bei der amtsseitigen Untersuchung konnten sowohl an den oberen wie auch an den unteren Extremitäten keine erheblichen Funktionseinschränkungen objektiviert werden. Selbstständiges Gehen, auch ohne Rollator war im Untersuchungsraum möglich. Der verwendete Rollator dient der Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühles, die behinderungsbedingte Erfordernis eines Rollators ist jedoch aus allgemeinmedizinischer Sicht nicht gegeben.

2 Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

......"

Mit Datum 30.08.2016 wurde der Beschwerdeführerin auf ihren Antrag vom 31.03.2016 von der belangten Behörde ein nunmehr unbefristeter Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von nunmehr 50 v.H. ausgestellt. Diesem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu. Die beantragte Zusatzeintragung ist hingegen nicht in diesem Behindertenpass eingetragen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 05.08.2016 wurde der am 31.03.2016 eingelangte Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, das eingeholte Sachverständigengutachten vom 23.07.2016, das einen Bestandteil der Begründung bilde, werde der Entscheidung zu Grunde gelegt. Diesem Gutachten zufolge würden die Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Der Antrag sei daher abzuweisen. Das eingeholte Sachverständigengutachten wurde der Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Bescheid zugestellt.

Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde vom 05.08.2016, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen worden war, erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch den KOBV, mit Schriftsatz vom 26.08.2016 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht folgenden Inhaltes:

"Das Sozialministeriumservice hat festgestellt, dass es der Beschwerdeführerin zumutbar ist, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Das Sozialministeriumservice stützt sich dabei auf das Ergebnis des allgemeinmedizinisch eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. G. vom 15.07.2016.

Dazu wird von der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass es ihr aufgrund der vorliegenden Leiden - Verlust der rechten Brust nach Mammakarzion, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Karpaltunnelsyndrom links, Funktionseinschränkungen beider Kniegelenke, Abnützungen der Wirbelsäule, Poiyarthrosen, Rhizarthrose links, Heberdenarthrose II rechts und Rheuma - keinesfalls möglich und zumutbar ist, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen.

Es liegen sehr wohl, entgegen den Ausführungen des Sachverständigen, erhebliche Funktionsstörungen und Bewegungseinschränkungen am gesamten Bewegungsund Stützapparat vor, welche es der Beschwerdeführerin unmöglich machen, öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen.

Die Beschwerdeführerin ist nur mehr in der Lage, eine sehr kurze Wegstrecke (keine 100 m gehfähig) gehend zurückzulegen, sowie ist sie bei Wegen außer Haus auf die Inanspruchnahme eines Rollators angewiesen.

Die Feststellung des Sachverständigen, dass die behinderungsbedingte Erfordernis eines Rollators nicht gegeben ist, ist nicht schlüssig und nachvollziehbar.

Der Beschwerdeführerin ist es zwar selbstständig möglich, sich innerhalb ihres Wohnbereiches (mit Hilfe von Anhalten an Möbelstücken) selbständig fortzubewegen, jedoch ist bei Wegen außer Haus die Benützung eines Rollators unbedingt erforderlich. Ohne Zuhilfenahme dieser Gehhilfe ist es der Beschwerdeführerin nicht möglich, die Wohnung zu verlassen. Der verwendete Rollator dient dabei sicherlich nicht, wie vom Sachverständigen ausgeführt, nur zur Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls, sondern ist dieser um sich auf den noch möglichen kurzen Wegdistanzen außerhalb ihres Wohnbereiches fortbewegen zu können, für die Beschwerdeführerin unbedingt erforderlich.

Durch die nunmehr ebenfalls bestehende Schädigung an der rechten Hand wird die Benützung des Rollators jedoch zusätzlich erschwert. Weiters sind auch die Beine der Beschwerdeführerin geschwollen und bestehen ständig Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule.

Sowohl das Erreichen als auch eine sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel (überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt, etc.) sind bei der Beschwerdeführerin keinesfalls gewährleistet.

Weiters wird von der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass aus dem allgemeinmedizinischen Gutachten nicht hervorgeht, welche Befunde vom Sachverständigen berücksichtigt wurden. Aktuelle Befunde, welche von der Beschwerdeführerin zur Untersuchung mitgebracht wurden, wurden vom Sachverständigen nicht eingesehen bzw. mitberücksichtigt.

Ein "Gutachten", dass sich darauf beschränkt, die "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" zu verneinen und Ausführungen darüber vermissen lässt, aus welchen Gründen der ärztliche Sachverständige zu dieser Beurteilung gelangt ist, stellt aber keine schlüssige und damit keine taugliche Grundlage für eine zu treffende Entscheidung dar.

Die vorliegenden gutachterlichen Ausführungen sind nicht geeignet, den Anforderungen an ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten zu genügen. Auf die konkrete Fähigkeit der Beschwerdeführerin zur Benützung öffentlicher Verkehrsmitte, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. wird in dem Gutachten nicht eingegangen.

Die Beschwerdeführerin bringt dazu vor, dass es in der Entscheidung des Sozialministeriumservices keine nachvollziehbare Begründung gibt, warum es ihr zumutbar sei, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen.

Entgegen den Ausführungen des Sozialministeriumservices ist die Beschwerdeführerin bei Wegen außer Haus sehr wohl auf die Inanspruchnahme eines Rollators angewiesen. Es ist der Beschwerdeführerin keinesfalls möglich und zumutbar, in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und auszusteigen (hohe Trittbretter können keinesfalls mehr bewältigt werden) sowie ist auch eine sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel keinesfalls gewährleistet.

Bei augenscheinlicher Betrachtung des vorliegenden Gangbildes der Beschwerdeführerin sind die vorliegenden gutachterlichen Ausführungen keinesfalls geeignet, den Anforderungen an ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten zu genügen.

Beweis:

> bereits vorliegende Befunde

> beiliegende Befunde

> Durchführung einer mündlichen Verhandlung

> einzuholende Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen der

¿ Neurologie/Psychiatrie

¿ Orthopädie

¿ Internen Medizin/Rheumatologie

Aus genannten Gründen stellt die Beschwerdeführerin die

ANTRÄGE

1.

Das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge geben, den erstinstanzlichen Bescheid aufheben und dem Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" stattgeben.

2.

In eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Name der Beschwerdeführerin"

Der Beschwerde wurden medizinischen Befunde beigelegt, die überwiegend aus dem Zeitraum noch vor der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und der Verfassung des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens vom 23.07.2016 sowie der Erlassung des angefochtenen Bescheides datieren und die sohin zum Zeitpunkt der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und der Erstellung des medizinischen Sachverständigengutachtens bereits existent waren und daher auch keine seit dieser persönlichen Begutachtung erfolgte Veränderung des Gesundheitszustandes darzutun vermögen. Was die der Beschwerde beigelegten medizinischen Unterlagen betrifft, die eine Datierung nach Erstellung des im gegenständlichen Verfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens aufweisen, so handelt es sich hierbei um die erste Seite einer zweiseitigen Ambulanzkarte eines näher genannten Krankenhauses vom 12.08.2016, die eine Befundbesprechung vom 12.08.2016 dokumentiert und die das im eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 23.07.2016 neu als Leiden 6 festgestellte Leiden "Polyarthrosen" bestätigt, sowie darüber hinaus um Terminbestätigungen, datiert mit 12.08.2016, die eine Terminvereinbarung zur nächsten ambulanten Kontrolle in einer näher genannten rheumatologischen Ambulanz am 16.09.2016 beinhalten. Weitere medizinische Unterlagen wurden der Beschwerde nicht beigelegt.

Mit Begleitschreiben vom 21.11.2016 legte die Beschwerdeführerin einen Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 03.11.2016 vor, mit der der Beschwerdeführerin seitens der Pensionsversicherungsanstalt rückwirkend ab 01.09.2016 ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 2 zuerkannt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H.

Die Beschwerdeführerin stellte am 31.03.2016 beim Sozialministeriumservice den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden Funktionseinschränkungen:

1. Verlust der rechten Brust nach Mammacarzinom; mehr als fünf Jahre ohne Rezidiv bei kompletter Ablatio

2. Diabetes mellitus; unter Insulintherapie stabile Stoffwechselsituation

3. Funktionseinschränkung beider Kniegelenke; Zustand nach Endoprothese rechts und Gonarthrose links bei beidseitig erhaltener Beugefunktion bis 90°

4. Abnützungen der Wirbelsäule; maßgebliche radiologische Veränderungen bei mittelgradigen Funktionseinschränkungen, keine radikuläre Symptomatik

5. Arterielle Hypertonie; höherdosierte Kombinationstherapie erforderlich

6. Polyarthrosen; Mehrgelenksbeteiligung bei geringen Belastungseinschränkungen

7. Carpaltunnelsyndrom links; geringgradig ohne signifikante Muskelschwäche

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Befundungen und Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 23.07.2016 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Vorliegen eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. sowie zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den vorliegenden Funktionseinschränkungen und die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führt, gründen sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 23.07.2016, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 15.07.2016. Unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und insbesondere nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin wurde vom medizinischen Sachverständigen auf Grundlage der zu berücksichtigenden und unbestritten vorliegenden Funktionseinschränkungen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Beschwerdeführerin zumutbar ist.

Der medizinische Sachverständige gelangte unter den von ihm geprüften Gesichtspunkten auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin zu dem Schluss, dass im Falle der Beschwerdeführerin öffentliche Verkehrsmittel zumutbar sind, weil die bei der Beschwerdeführerin vorliegende Leiden zusammengefasst nicht maßgebend sind, um zu einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer dauerhaft vorhandenen Mobilitätseinschränkung im Sinne der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zu führen.

Der medizinische Sachverständige führte unter Bedachtnahme auf die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Funktionseinschränkungen auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung aus, dass im Rahmen der Untersuchung sowohl an den oberen wie auch an den unteren Extremitäten keine erheblichen Funktionseinschränkungen objektiviert werden konnten. Selbstständiges Gehen, auch ohne Rollator war im Untersuchungsraum möglich. Der verwendete Rollator dient der Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls, das behinderungsbedingte Erfordernis eines Rollators ist jedoch aus allgemeinmedizinischer Sicht nicht gegeben.

Diese Schlussfolgerungen des medizinischen Sachverständigen finden insbesondere Bestätigung in den Aufzeichnungen des sachverständigen Gutachters zur persönlichen Untersuchung am 15.07.2016 im Rahmen der (oben wiedergegebenen) Statuserhebung zu den unteren Extremitäten bzw. zur Gesamtmobilität und zum Gangbild ("Untere Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Rechts: Hüftgelenk: Beugung 120 R:20-0-20; Kniegelenk: 0-0-90 TEP; OSG: frei beweglich; USG: frei beweglich; Links: Hüftgelenk: Beugung 90 R: 20-0-20 ; Kniegelenk:

0-0-100; OSG: frei beweglich; USG: frei beweglich; Varizen: keine;

Fußpulse: beidseits palpabel; keine Ödeme; Fersenstand : nicht

vorgezeigt; Zehenstand: nicht vorgezeigt; ...... Gesamt

Mobilität-Gangbild: etwas zappelig und langsam, jedoch auch ohne Rollator möglich."), aus denen sich ergibt, dass bei der Beschwerdeführerin zwar durchaus und unzweifelhaft Funktionseinschränkungen vorliegen, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, dass aber erhebliche Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten - im Sinne des Vorliegens erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit nach dem Maßstab des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen - wie in der Beschwerde geschildert (der Beschwerdeführerin sei es keinesfalls möglich, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen, sie sei nur mehr in der Lage, eine sehr kurze Wegstrecke [keine 100 m] gehend zurückzulegen sowie sei sie außer Haus auf die Inanspruchnahme eines Rollator angewiesen) nicht in entsprechendem Ausmaß objektiviert werden konnten. Dies gilt auch für das Beschwerdevorbringen, durch die nunmehr ebenfalls bestehende Schädigung an der rechten Hand werde auch die Benützung des Rollator zusätzlich erschwert; abgesehen davon, dass die zwingende Notwendigkeit der Benützung eines Rollators auf Grundlage der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen nicht objektiviert werden konnte, konnte im eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten auf Basis der erfolgten persönlichen Untersuchung keine maßgebliche Funktionseinschränkung der rechten Hand in dem Sinne, dass die Greifunktion maßgeblich beeinträchtigt und beispielsweise ein Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln unmöglich wäre, festgestellt werden ("Obere Extremitäten: bei Untersuchung starke Abwehrspannung, Schultergelenke bds; endlagige Einschränkung aller Funktionen, Schulternackengriff und Schürzengriff bds erschwert möglich, Verspannung der ganzen Muskulatur. Re UA und Arm etwas verschwollen, krampfhaft verspannter Widerstand gegen passive Untersuchung. Kreuzgriff: etwas erschwert möglich, Nackengriff:

etwas erschwert möglich"). Was das festgestellte Carpaltunnelsyndrom links betrifft, so wurde dieses als geringfügig ohne signifikante Muskelschwäche festgestellt. Auch das Besteigen eines öffentlichen Verkehrsmittels ist in Anbetracht des im Rahmen der persönlichen Untersuchung festgestellten Bewegungsumfanges der Knie- und Hüftgelenke möglich.

Insoweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdenachreichung ausführt, nunmehr Pflegegeld der Stufe 2 zu beziehen, so ist nochmals darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen von bei der Beschwerdeführerin bestehender Funktionsbeeinträchtigungen unbestritten ist, was auch durch den Pfleggeldbezug durchaus bestätigt wird, jedoch vermag mit den vorliegenden Funktionseinschränkungen noch keine Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen dargetan zu werden.

Die der Beschwerde beigelegten medizinischen Befunde, die überwiegend aus dem Zeitraum noch vor der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und der Verfassung des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens vom 23.07.2016 sowie der Erlassung des angefochtenen Bescheides datieren, waren zum Zeitpunkt der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und der Erstellung des medizinischen Sachverständigengutachtens bereits existent und vermögen daher - abgesehen davon, dass sie nicht in Widerspruch stehen zu den vom beigezogenen medizinischen Sachverständigen vorgenommenen Beurteilungen - auch keine seit dieser persönlichen Begutachtung erfolgte Veränderung des Gesundheitszustandes darzutun. Was die der Beschwerde beigelegten medizinischen Unterlagen betrifft, die eine Datierung nach Erstellung des im gegenständlichen Verfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens aufweisen, so handelt es sich hierbei um die erste Seite einer zweiseitigen Ambulanzkarte eines näher genannten Krankenhauses vom 12.08.2016, die eine Befundbesprechung vom 12.08.2016 dokumentiert und die das im eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 23.07.2016 neu als Leiden 6 festgestellte Leiden "Polyarthrosen" bestätigt, sowie darüber hinaus um Terminbestätigungen, datiert mit 12.08.2016, die eine Terminvereinbarung zur nächsten ambulanten Kontrolle in einer näher genannten rheumatologischen Ambulanz am 16.09.2016 beinhalten. Diese medizinischen Unterlagen vermögen zu keiner veränderten Beurteilung zu führen.

Hinsichtlich der bestehenden Funktionseinschränkung und deren Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tätigte die Beschwerdeführerin in der Beschwerde daher kein ausreichend konkretes und belegtes Vorbringen, das die Beurteilungen des medizinischen Sachverständigen entkräften hätte können; sie legte der Beschwerde keine Befunde bei, die geeignet wären, die durch den medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden im Sinne nachhaltiger, zumindest sechs Monate dauernder Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates zu belegen bzw. eine wesentliche Verschlimmerung bestehender Leiden zu dokumentieren und damit das Vorliegen erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin beruhenden medizinischen Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 23.07.2016 und wird dieses in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:

" § 1 ....

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a)......

b)......

......

2. ......

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)......"

In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, StF: BGBl. II Nr. 495/2013, wird betreffend § 1 Abs. 2 Z 3 (in der Stammfassung) unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall in Betracht kommend - Folgendes ausgeführt:

"§ 1 Abs. 2 Z 3:

...

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

...

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-

hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-

schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-

nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-

anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),

-

schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-

fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-

selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

-

vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten