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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des C in L, vertreten durch Dr. Wilfried Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 8. Juli 1999, Zl. 3-50-02/99/E2, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen und den Feststellungen im angefochtenen Bescheid hat der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde zwei Beschwerden eingebracht. In der am 15. März 1999 bei der belangten Behörde eingelangten Beschwerde stellte der Beschwerdeführer den Antrag, seine Festnahme durch Beamte eines Gendarmeriepostens, seine anschließende Inhaftnahme und fortgesetzte Freiheitsentziehung für rechtswidrig und unverhältnismäßig zu erklären.
In der am 23. April 1999 bei der belangten Behörde eingelangten Beschwerde stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die Verweigerung der Kontaktaufnahme mit seinem Rechtsbeistand sowohl durch die einschreitenden Gendarmeriebeamten als auch durch die Bezirkshauptmannschaft Bregenz als Verletzung des verfassungsgesetzlich Gewähr leisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit festzustellen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die am 12. März 1999 um 20.25 Uhr erfolgte Festnahme und die anschließende Anhaltung in Schubhaft bis um 17.15 Uhr des 15. März 1999 für rechtswidrig erklärt. Ferner wurde der dem Beschwerdeführer gebührende Kostenersatz näher bestimmt, der Bund zum entsprechenden Kostenersatz verpflichtet und das Mehrbegehren abgewiesen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, die behauptete Verletzung des § 65 Abs. 2 Z. 1 FrG (1997) liege nicht vor. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt verlangt habe, dass sein Rechtsanwalt von seiner Festnahme verständigt werde. Gegen den Beschwerdeführer sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 14. Mai 1998 ein auf sechs Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe der gegen dieses Aufenthaltsverbot gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 3. Juli 1998, Zl. AW 98/21/0247, aufschiebende Wirkung zuerkannt. Von diesem Beschluss habe die Bezirkshauptmannschaft Bregenz offensichtlich - vermutlich wegen der zuständigkeitshalber erfolgten Übermittlung des (nicht vollständigen) Fremdenpolizeiaktes - keine Kenntnis gehabt. Der Beschluss über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung habe demnach zur Folge gehabt, dass die auf § 62 FrG 1997 gegründete Festnahme sowie die auf § 61 FrG 1997 gegründete Anhaltung in Schubhaft nicht rechtmäßig gewesen seien. "Der Beschwerde" sei daher stattzugeben und die erfolgte Freiheitsentziehung für rechtswidrig zu erklären gewesen. Ein gesonderter "Anspruch" (gemeint wohl: Abspruch) über die behauptete Verletzung des § 65 Abs. 2 Z. 1 FrG (1997) sei unter Hinweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Februar 1996, Zl. 96/02/0054, nicht erforderlich gewesen. Da die am 23. April 1999 erhobene Beschwerde mit der Schubhaftbeschwerde vom 15. März 1999 in Zusammenhang stehe und kein Anspruch auf gesonderten Abspruch über das Beschwerdevorbringen vom 23. April 1999 bestehe, sei der Schriftsatzaufwand nur einmalig zuzusprechen gewesen. Das Mehrbegehren sei daher abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 11. Oktober 1999, B 1486/99-3, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt - mit zum Teil unsachlichen Worten - u.a. vor, die in der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffene Feststellung, dass die behauptete Verletzung des § 65 Abs. 1 Z. 1 FrG (1997) nicht vorliege, stelle zweifelsfrei einen normativen Ausspruch im Sinne einer bescheidmäßigen Erledigung dar. Die Behörde lege auch ausdrücklich dar, warum sie diesen Ausspruch nicht im Spruch ihres Bescheides erledigt habe, nämlich, weil ein gesonderter Abspruch über die behauptete Verletzung des § 65 Abs. 2 Z. 1 FrG (1997) nicht erforderlich gewesen sei. Die Heranziehung der von der belangten Behörde zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. April 1996 sei denkunmöglich, weil es in dieser Entscheidung um einen ganz anderen Sachverhalt gegangen sei. Der Umstand, dass die belangte Behörde über die Kontaktnahmeverweigerung nicht im Spruch des angefochtenen Bescheides abgesprochen habe, ändere nichts am Bescheidcharakter und am normativen Erledigungswert der Entscheidung.
Nach § 65 Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 (kurz: FrG 1997), BGBl. Nr. 75/1997, ist auf Verlangen eines gemäß § 63 Abs. 1 leg. cit. Festgenommenen diesem ohne unnötigen Aufschub zu gestatten, einen Angehörigen oder eine sonstige Person seines Vertrauens sowie einen Rechtsbeistand von der Festnahme zu verständigen.
Die bereits in Bezug auf das Begehren des Beschwerdeführers nach § 65 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 wiedergegebene Begründung des angefochtenen Bescheides sowie der Hinweis auf die Abweisung des Kostenmehrbegehrens des Beschwerdeführers lassen mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die belangte Behörde - hinsichtlich der behaupteten Verletzung des § 65 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 zumindest einschlussweise - auch über jene Anträge absprach, die mit dem bei ihr am 23. April 1999 eingelangten Schriftsatz gestellt wurden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit dem bereits zitierten Beschluss vom 23. Februar 1996, Zl. 96/02/0054, zu dem im damaligen Beschwerdefall anzuwendenden FrG 1992 ausgesprochen, dass ein Anspruch auf gesonderten Abspruch über das vom Beschwerdeführer unter anderem geltend gemachte Recht, in einer ihm verständlichen Sprache vom Grund seiner Festnahme in Kenntnis gesetzt zu werden, weder im Zusammenhang mit einer (bloßen) Abschiebung noch im Zusammenhang mit einer Inschubhaftnahme besteht; vielmehr kann dies im Rahmen der Beschwerde gegen die Abschiebung als solche oder einer Schubhaftbeschwerde vorgebracht werden - vgl. allerdings im Zusammenhang mit der erforderlichen, vom Beschwerdeführer darzutuenden Relevanz eines solchen Vorbringens das hg. Erkenntnis vom 25. November 1994, Zl. 94/02/0301. Diese Rechtsanschauungen sind auch auf die Bestimmungen des § 65 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 übertragbar.
Sowohl die Pflicht zur Verständigung eines nach § 63 Abs. 1 FrG 1997 Festgenommenen vom Grund seiner Festnahme als auch das Recht auf Verständigung bestimmter Personen auf Verlangen des Festgenommenen werden in § 65 (vgl. Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1) FrG 1997 unter dem gemeinsamen Begriff "Rechte des Festgenommen" geregelt. Es ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu ersehen, weshalb beim Recht der Verständigung bestimmter Personen nach § 65 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. - anders als beim Recht auf Verständigung vom Grund der Festnahme nach § 65 Abs. 1 leg. cit. - etwa im Falle einer Inschubhaftnahme ein Anspruch auf gesonderten Abspruch bestehen soll, zumal einem Fremden auch nach dem FrG 1997 die Möglichkeit der Erhebung einer Schubhaftbeschwerde (vgl. § 72 leg. cit.) zusteht.
Unbestritten ist, dass die Rüge des Beschwerdeführers betreffend Unterlassung der Verständigung seines Rechtsbeistandes im Zusammenhang mit seiner Inschubhaftnahme stand, weshalb ihm im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen ein Anspruch auf gesonderten diesbezüglichen Abspruch fehlte. Da der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vor der belangten Behörde
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wenngleich bereits aus einem anderen Grund - ohnedies obsiegte, vermag er im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen
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unbeschadet des von ihm in Zweifel gezogenen Zutreffens der in der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffenen Feststellung, es liege die behauptete Verletzung nach § 65 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 nicht vor - auch keine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid aufzuzeigen. Es erübrigt sich daher auch, auf die von ihm geltend gemachten Verfahrensrügen näher einzugehen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 31. März 2000
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter Abspruch Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000020011.X00Im RIS seit
11.05.2001