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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art132;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in Wien I, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 28. Oktober 1999, Zl. UVS-01/V/29/1/98, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 22. März 1995 erhob der Beschwerdeführer eine auf §§ 51 ff FrG 1992 gestützte Beschwerde an die belangte Behörde, welche von dieser zunächst mit Bescheid vom 19. Juni 1996 im stattgebenden Sinne erledigt wurde. Dieser Bescheid wurde sodann vom Verwaltungsgerichtshof infolge einer Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres mit Erkenntnis vom 5. September 1997, Zl. 97/02/0188, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Dieses Erkenntnis wurde den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens am 16. Oktober 1997 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 11. September 1998 erhob der Beschwerdeführer die zur hg. Zl. 98/02/0328 protokollierte Säumnisbeschwerde, weil die belangte Behörde nicht innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 73 Abs. 1 AVG über seine Schubhaftbeschwerde entschieden habe.
Mit Verfügung vom 23. September 1998 (zugestellt am 16. Oktober 1998) trug der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde auf, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Nach Ablauf der gesetzten Frist legte die belangte Behörde (nach viermaligen Aktenbetreibungen) den nachgeholten und nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 28. Oktober 1999 vor, der dem Vertreter des Beschwerdeführers am 10. Dezember 1999 zugestellt wurde. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1999 wurde das Säumnisbeschwerdeverfahren gemäß § 36 Abs. 2 VwGG wegen Nachholung des versäumten Bescheides eingestellt.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid vom 28. Oktober 1999; unter anderem wird Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 2 erster Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.
Die belangte Behörde bleibt während der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG zur Nachholung des versäumten Bescheides gesetzten Frist zuständig, verliert diese Zuständigkeit aber mit Ablauf dieser Frist. Damit die Frist gewahrt ist, muss innerhalb derselben der Bescheid durch die belangte Behörde erlassen werden. Erlassen ist der Bescheid gegenüber der Partei, die die Säumnisbeschwerde erhoben hat, wenn er ihr oder ihrem Vertreter zugestellt bzw. mündlich verkündet worden ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1992, Zlen. 92/01/0148, 0149, und die dort zitierte Rechtsprechung). Der nach Ablauf der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist erlassene Bescheid ist wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, wenn der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit als Beschwerdepunkt geltend macht (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit 3. Auflage, S. 535 angeführte hg. Rechtsprechung).
Im Beschwerdefall war die gemäß § 36 Abs. 2 VwGG der belangten Behörde zur Nachholung des versäumten Bescheides gesetzte dreimonatige Frist am 16. Jänner 1999 abgelaufen. Der nachgeholte Bescheid wurde erst am 10. Dezember 1999 durch Zustellung an den Vertreter des Beschwerdeführers erlassen.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen der vom Beschwerdeführer ausdrücklich geltend gemachten Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben (vgl. den hg. Beschluss vom 23. September 1998, Zl. 98/01/0277).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Zur Klarstellung sei gesagt, dass die belangte Behörde nach Zustellung dieses Erkenntnisses wieder zuständig wird und ihr zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides (neuerlich) eine Frist von sechs Monaten zur Verfügung steht (vgl. näher den zitierten hg. Beschluss vom 23. September 1998, Zl. 98/01/0277).
Wien, am 31. März 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000020008.X00Im RIS seit
20.11.2000