Entscheidungsdatum
05.02.2018Norm
GewO 1994 §13 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin
MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde des DS, vertreten durch RA Ing. Mag. Andreas Gartner, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 4. April 2017, AMW1-G-1721/001, betreffend die Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrens-
gesetz (VwGVG) Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass er wie folgt zu lauten hat:
Dem Antrag von Herrn DS auf Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung wegen gerichtlicher Verurteilung gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 für die Ausübung des Gewerbes „Schneeräumung, Betreuung und Reinigung von Verkehrsflächen (Sommer- und Winterdienst)“ wird stattgegeben und gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung erteilt.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Schreiben vom 9. Jänner 2017 hat DS, wohnhaft in ***, *** gemäß § 26 GewO 1994 um Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund des § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 GewO 1994 für die Ausübung des Gewerbes „Schneeräumung, Betreuung und Reinigung von Verkehrsflächen (Sommer- und Winterdienst)“ angesucht.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 4. April 2017, AMW1-G-1721/001, wurde der Antrag um Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund des § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 GewO 1994 zur Ausübung des Gewerbes „Schneeräumung, Betreuung und Reinigung von Verkehrsflächen (Sommer- und Winterdienst)“, gemäß §§ 26 und 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 GewO 1994 als unbegründet abgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass DS mit Urteil des Landesgerichtes *** vom 31. Jänner 2013, ***, rechtskräftig am 5. Februar 2013, wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 288 Abs. 1 und 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten verurteilt worden sei, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachgesehen worden sei.
In gegenständlichem Urteil sei festgestellt worden, dass er versucht habe, am Heuboden des landwirtschaftlichen Anwesens seiner Eltern AS und MS ohne deren Einwilligung, dadurch, dass er einen lose gepressten Heuballen mit seinem Feuerzeug entzündet habe, eine Feuersbrunst zu verursachen, wodurch Teile des Unterbaus des Heubodens, die Dachkonstruktion und die Dacheindeckung beschädigt sowie gelagerte Futtermittel vernichtet worden seien. Es sei nur deshalb beim Versuch geblieben, weil es nicht zu einer großen, von einem Menschen nicht mehr beherrschbaren Ausdehnung eines Feuers, also nicht zu einem ausgedehnten Feuer im Sinne einer Entfesselung einer der menschlichen Kontrolle entgleitenden Naturgewalt gekommen sei. Des Weiteren habe er versucht, eine Zeugin dazu zu bestimmen, bei ihrer förmlichen Vernehmung vor Beamten des LKA NÖ im Zuge des Strafverfahrens falsch auszuzusagen.
Eine Tilgung der Verurteilungen sei noch nicht eingetreten.
Nach dem Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister würden gegen ihn folgende Verurteilungen vorliegen:
• Übertretung nach §§ 52 lit. a Z.10a, 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 vom 8.6.2016, rechtskräftig am 24.6.2016, Strafbetrag € 55,00
• Übertretung nach §§ 14 Abs. 8, 37a FSG vom 3.11.2014, rechtskräftig am 25.11.2014, Strafbetrag € 300,00
• Übertretung nach §§ 4 Abs. 5, 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960 vom 19.9.2013, rechtskräftig am 12.10.2013, Strafhöhe € 600,00
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO erst dann zu erteilen, wenn die in dieser Bestimmung genannte Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes gar nicht bestehe. Gerade die Neugründung eines Unternehmens und die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Erfolg der Unternehmung würden eine große persönliche Herausforderung darstellen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass er unter einem derartigen Druck stehend, bei nicht entsprechender Entwicklung seiner Unternehmung oder bei Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Aufträgen, Kurzschlusshandlungen ähnlich seiner beiden Verurteilungen setzen werde.
Überdies weise sein Verwaltungsstrafregister seit 2013 drei Delikte auf, die sich im straßenpolizeilichen bzw. verkehrsrechtlichen Bereich befinden würden. Es sei daher auch im Hinblick darauf, dass sein Gewerbe sich hauptsächlich bzw. fast ausschließlich im Straßenverkehr abspiele, nicht auszuschließen, dass er bei der Ausübung des Gewerbes in Situationen gelange, aus denen er mit der Setzung strafbarer Handlungen zu gelangen versuche. Hier werde insbesondere auf das Vergehen der Bestimmung zur falschen Beweisaussage verwiesen, welches er als vermeintlichen Ausweg und unter dem Druck eines strafgerichtlichen Verfahrens begangen habe.
Für die Gewerbebehörde sei nach der Eigenart der vom Antragsteller begangenen strafbaren Handlungen und auch nach seiner Persönlichkeit die Begehung von gleichen oder ähnlichen Straftaten bei Ausübung des Gewerbes „Schneeräumung, Betreuung und Reinigung von Verkehrsflächen (Sommer- und Winterdienst)“ zu befürchten.
Dagegen hat DS, vertreten durch RA Ing. Mag. Andreas Gartner, ***, ***, fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufzuheben und dem Antrag auf Nachsicht stattzugeben.
Zur Begründung wurde vorgebracht, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides völlig lebensfremd, zum Teil auch tatsachenwidrig sei und dass die belangte Behörde zudem verwechsle, dass lediglich die Eigenart der beiden von ihm begangenen vor Gericht strafbaren Handlungen im Hinblick auf die Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftaten bei der künftigen Ausübung des beantragten Gewerbes zu beurteilen sei und nicht wie weit er bei der Schneeräumung von Straßen oder Parkplätzen künftig Verwaltungsübertretungen begehe.
Er habe die dreijährige Probezeit ohne Widerruf der bedingten Strafnachsicht hinter sich gebracht. Die Behörde übersehe, dass er sich durch die Ausübung des Gewerbes „Sommer- und Winterdienst“ tatsächlich nicht in eine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Erfolg seiner Unternehmung begebe und die Ausübung dieses Gewerbes tatsächlich für ihn keine große persönliche Herausforderung darstelle, weshalb weder die Gefahr eines Misslingens bestehe, noch dass er durch diese Tätigkeit künftig derart unter Druck stehen könnte, dass die Befürchtung bestehe, dass er künftig erneut dritte Personen bestimme, falsche Beweisaussagen in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu tätigen, um aus dieser Drucksituation, die eben gar nicht entstehen könne, zu gelangen.
Er sei Betriebsführer des landwirtschaftlichen Betriebes seiner Eltern und verwende zur Ausübung des beantragten Gewerbes den bestehenden Maschinenpark. Es sei daher tatsächlich der wirtschaftliche Druck künftig für ihn geringer, wenn er in der „toten Jahreszeit“ seine Maschinen durch das Schneeräumen besser auslasten könne. Die Befürchtung, dass er durch das künftige Schneeräumen andere zur falschen Beweisaussage bestimme, sei nicht nur lebensfremd, sondern auch von einem falschen Sachverhalt ausgehend und daher rechtlich nicht haltbar.
Mit Schreiben vom 10. Mai 2017 hat die Bezirkshauptmannschaft Amstetten die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt. Zugleich wurde mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 26. Jänner 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Amstetten zur Zahl AMW1-G-1721/001, und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zur Zahl LVwG-AV-576/001-2017.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:
Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:
Mit Schreiben vom 9. Jänner 2017 hat DS gemäß § 26 GewO 1994 um Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund des § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 GewO 1994 für die Ausübung des Gewerbes „Schneeräumung, Betreuung und Reinigung von Verkehrsflächen (Sommer- und Winterdienst)“ angesucht.
Gegen DS liegt folgende rechtskräftige noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilung vor:
Landesgericht *** vom 31.1.2013, ***, rechtskräftig am 5.2.2013:
Wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 288 Abs. 1 und 4 StGB wurde DS zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten verurteilt, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachgesehen wurde.
Mit diesem Urteil wurde DS unter Spruchpunkt I. für schuldig befunden, dass er am 14. Februar 2012 gegen 4:10 Uhr in *** versucht hat, an einer fremden Sache, nämlich am Heuboden des landwirtschaftlichen Anwesens seiner Eltern AS und MS ohne deren Einwilligung dadurch, dass er einen lose gepressten Heuballen mit seinem Feuerzeug entzündete, eine Feuersbrunst zu verursachen, wodurch Teile des Unterbaus des Heubodens, die Dachkonstruktion und die Dacheindeckung beschädigt sowie gelagerte Futtermittel vernichtet worden sind. Es ist nur deshalb beim Versuch geblieben, weil es nicht zu einer großen, von einem Menschen nicht mehr beherrschbaren Ausdehnung eines Feuers, also nicht zu einem ausgedehnten Feuer im Sinne einer Entfesselung einer der menschlichen Kontrolle entgleitenden Naturgewalt gekommen ist.
Unter Spruchpunkt II. wurde er für schuldig befunden, das er versucht hat, SK dazu zu bestimmen, vor Beamten des Landeskriminalamtes Niederösterreich im Zuge des nach der Strafprozessordnung zum Aktenzeichen *** geführten Strafverfahrens als Zeugin bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch auszusagen, und zwar
1. am 7. November 2012, indem er seine Lebensgefährtin CM erfolgreich dazu bestimmte, bei SK zweimal anzurufen und ihr zu sagen, dass sie lügen und bei der Polizei angeben solle, dass sie ihn nicht kennen würde;
2. am 10. November 2012, indem er sie durch Übermittlung mehrerer SMS dazu aufforderte, bei der Polizei fälschlich anzugeben, dass sie ihn nicht kennen würde.
Mildern wurde das Geständnis, das Alter unter 21 Jahren, der bisher ordentlichen Lebenswandel sowie der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist, gewertet.
Erschwerend wurde das Zusammentreffen eines Verbrechens und zweier Vergehen sowie die Tatbegehung während anhängigem Verfahren zum Strafantrag vom 19. Dezember 2012 gewertet.
Eine Tilgung der Verurteilung ist noch nicht eingetreten.
Nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragungen wird die Tilgung voraussichtlich mit 5. Februar 2023 eintreten.
Während der Probezeit und auch danach ist er nicht erneut strafgerichtlich auffällig geworden.
Der nunmehrige Beschwerdeführer arbeitet am Bau, wobei er in den Wintermonaten arbeitslos gemeldet ist. Um diese Zeit sinnvoll zu nutzen, möchte er das gegenständliche Gewerbe bzw. den Winterdienst ausüben. Seit 2015 ist er Betriebsführer am landwirtschaftlichen Hof seiner Eltern, zu denen er ein gutes Verhältnis hat. Auch nach der strafgerichtlichen Verurteilung war das Verhältnis nicht getrübt.
Die gegenständlich beabsichtigte Gewerbeausübung wird aufgrund einer Vereinbarung mit der Firma A durchgeführt. Im Zusammenhang mit dem Winterdienst räumt er Parkflächen und Gehsteige, indem er mit einem kleinen Traktor mit einem Schneeräumschild und einem Streugerät hinten fährt. Die eingesetzten Maschinen sind bereits im landwirtschaftlichen Betrieb vorhanden. Die Tätigkeit wird schon jetzt von ihm ausgeübt, wobei das Gewerbe derzeit nicht auf ihn angemeldet ist, sondern formal durch seine Mutter im Auftrag der Firma A durchgeführt wird. Mit der Firma A besteht eine Pauschalvereinbarung in der Höhe von Euro 11.000, sodass es keine Rolle spielt, wie viele Stunden tatsächlich anfallen.
Gegen Herrn DS liegen folgende rechtskräftige nicht getilgte Verwaltungsvorstrafen vor:
Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 19. September 2013, AMS2-V-13 86029/3:
Wegen Übertretung des § 4 Abs. 5, § 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960: Geldstrafe in Höhe von Euro 600,--, Ersatzfreiheitsstrafe 277 Stunden
Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 3. November 2014, AMS2-V-14 79101/3:
Wegen Übertretung des § 14 Abs. 8, § 37a Führerscheingesetz: Geldstrafe in Höhe von Euro 300,--, Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden. Die Begehung dieses Deliktes wurde im Führerscheinregister vorgemerkt.
Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 8. Juni 2016, AMS2-V-16 28393/3:
Wegen Übertretung des § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960, § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960: Geldstrafe in Höhe von Euro 55,--, Ersatzfreiheitsstrafe 25 Stunden
Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 25. Juli 2017, AMS2-V-17 56594/3:
Wegen Übertretung des § 9 Abs. 1 lit. c iVm § 5 Abs. 3 und § 6 NÖ Kraftfahrzeugabstellabgabegesetz und der Verordnung des Gemeindesrates:
Geldstrafe in Höhe von Euro 40,--, Ersatzfreiheitsstrafe 61 Stunden
Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 16 Juni 2017, AMS2-V-17 58496/3:
SP1: Wegen Übertretung des § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960, § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960: Geldstrafe in Höhe von Euro 55,--, Ersatzfreiheitsstrafe 25 Stunden
SP2: Wegen Übertretung des § 102 Abs. 10 KFG 1967: Geldstrafe in Höhe von Euro 20,--, Ersatzfreiheitstrafe 4 Stunden
SP3: Wegen Übertretung des § 102 Abs. 10, § 134 Abs. 1 KFG 1967: Geldstrafe in Höhe von Euro 20,--, Ersatzfreiheitstrafe 4 Stunden
SP4: Wegen Übertretung des § 102 Abs. 10, § 134 Abs. 1 KFG 1967: Geldstrafe in Höhe von Euro 20,--, Ersatzfreiheitstrafe 4 Stunden
Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 18. September 2017, AMS2-V-17 78573/5:
Wegen Übertretung des § 5 Abs. 1, § 99 Abs. 1b StVO 1960: Geldstrafe in Höhe von Euro 1100,--, Ersatzfreiheitsstrafe 254 Stunden
Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 10. November 2017, AMS2-V-17 78942/3:
Wegen Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO 1960, § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960: Geldstrafe in Höhe von Euro 40,--, Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden
Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 10. November 2017, AMS2-V-17 79283/3:
Wegen Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO 1960, § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960: Geldstrafe in Höhe von Euro 40,--, Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden
Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen betreffend die strafgerichtlichen Verurteilungen beruhen auf der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich im Akt der Bezirkshauptmannschaft Amstetten bzw. auf der Einsichtnahme in das strafrechtliche Urteil des Landesgerichtes *** zur Zahl ***. Der Beschwerdeführer hat zwar in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er die gegenständliche Tat der versuchten Brandstiftung nicht begangen habe, sie jedoch bei der Einvernahme bei der Polizei zugegeben habe, um nicht in Untersuchungshaft genommen zu werden. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass das Landesverwaltungsgericht an eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung gebunden ist. Die Feststellungen betreffend die Verwaltungsvorstrafen beruhen auf der Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafregisterauszug der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 25. Jänner 2018.
Das erkennende Gericht konnte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein persönliches Bild vom Beschwerdeführer machen, der einen aufrichtigen Eindruck hinterlassen hat. Er hat glaubhaft dargelegt, dass das Verhältnis zu seinen Eltern auch nach der strafrechtlichen Verurteilung nicht getrübt war und er weiterhin ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern hat. Dafür spricht auch, dass er seit dem Jahr 2015 Betriebsführer am Hof der Eltern ist und dass er jetzt die Tätigkeit, die Gegenstand des gegenständlichen Gewerbes ist, bereits für seine Mutter ausübt. Dass das gegenständliche Gewerbe aufgrund einer Pauschalvereinbarung mit der A ausgeübt wird, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Seiner glaubhaften Aussage folgt das Gericht auch in Bezug auf die Motivation, das gegenständliche Gewerbe im Winter auszuüben, um die saisonbedingte Zeit der Arbeitslosigkeit durch eine sinnvolle Tätigkeit zu überbrücken.
In rechtlicher Hinsicht wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wie folgt erwogen:
Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:
§ 28 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet:
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1.
der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.
die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
§ 13 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lautet:
(1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie
1.
von einem Gericht verurteilt worden sind
a)
wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder
b)
wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und
2.
die Verurteilung nicht getilgt ist.
Von der Ausübung eines Gastgewerbes sind natürliche Personen ausgeschlossen, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31a des Suchtmittelgesetzes, BGBl. I Nr. 112/1997, in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Bei Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusammenzuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch, wenn mit den angeführten Ausschlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.
§ 26 Abs. 1 GewO 1994 lautet:
(1) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.
Aufgrund der Verurteilung durch das Landesgericht *** vom 31. Jänner 2013, ***, zu einer Freiheitstrafe von 18 Monaten, welche noch nicht getilgt ist, liegt der Gewerbeausschlussgrund des § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 GewO 1994 vor, sodass gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 zu prüfen ist, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit der Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist. Bei dieser Prognose ist auf die Eigenart der strafbaren Handlung gleichermaßen wie auf die Persönlichkeit der Verurteilten und eine allfällige positive Persönlichkeitsentwicklung Bedacht zu nehmen. Zu berücksichtigen sind alle äußeren Umstände, die auf die Persönlichkeitsentwicklung – sei es im positiven oder negativen Sinn – von Einfluss sein können, wie z. B. die unbescholtene Lebensführung seit Tatbegehung, der Rückfall in neuerliche Straftaten, etc. Diese Umstände sind mit der Eigenart und Schwere begangener Straftaten sowie stets mit Blick auf die Frage abzuwägen, ob eine nachvollziehbare (begründete) Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Antragssteller bei Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen wird. Diese Abwägung kann in der Regel auf Grund allgemein menschlicher Erfahrungen vorgenommen werden, die Einholung eines psychologischen Gutachtens ist daher nicht erforderlich (vgl. Grabler, Stolzlechner, Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung 1994, 32011, § 26 Rz 10).
Bei der Eigenart der strafbaren Handlung ist auf das beeinträchtige Rechtsgut abzustellen. Auf den gegenständlichen Fall umgelegt bedeutet dies: Die Brandstiftungsdelikte zählen zu den gemeingefährlichen Straftaten, beim Vergehen der versuchten Bestimmung zur Falschaussage ist das beeinträchtigte Rechtsgut der Schutz der Rechtspflege.
Hinsichtlich des Gewerbeausschlussgrundes des § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b Gewerbeordnung 1994 ist festzuhalten, dass diese Verurteilung bereits mehr als 5 Jahre zurückliegt und der nunmehrige Beschwerdeführer keine einschlägige weitere Straftat, auch nicht nach Ablauf der Probezeit, begangen hat.
Wie gering die Gefahr der Begehung eines neuerlichen Gemeingefährdungsdeliktes im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Gewerbe ist, wird schon dadurch deutlich, dass der Beschwerdeführer auch nach seiner strafgerichtlichen Verurteilung ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern hatte, sodass er seit 2015 am elterlichen Hof als Betriebsleiter beschäftigt ist. Darüber hinaus vertraut ihm seine Mutter so sehr, dass er für sie die Tätigkeit des gegenständlichen Gewerbes aufgrund einer Vereinbarung mit der Firma A bereits ausübt, ohne dass es irgendwelche Beanstandungen gegeben hätte.
Die Verwaltungsstrafregisterauskunft des nunmehrigen Beschwerdeführers weist einige Verwaltungsvorstrafen auf, darunter zwei Vorstrafen wegen Lenkens eines Fahrzeugs im alkoholisierten Zustand (AMS2-V-17 78573/5 und AMS2-V-14 79101/3).
Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass im gegenständlichen Verfahren nicht zu beurteilen ist, ob der Beschwerdeführer eine neuerliche Verwaltungsübertretung in Ausübung des gegenständlichen Gewerbes, insbesondere eine Übertretung der Bestimmungen der StVO 1960 oder des FSG begehen wird, sondern ob er eine gleiche oder ähnliche Straftat, wie die, die der Verurteilung durch das Landesgericht *** zugrunde liegen, begehen wird. Die Verwaltungsstrafen zeigen freilich, dass der Beschwerdeführer gegen keine diese Strafverfügungen oder das Straferkenntnis Berufung bzw. nunmehr Beschwerde erhoben hat, sondern die Bestrafung vielmehr akzeptiert hat. Aus dem Umstand, dass es sich bei den Verwaltungsvorstrafen bis auf einen Fall um Strafverfügungen handelt, ist zu sehen, dass er nicht einmal Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben hat, sondern vielmehr die Strafe ohne Einleitung eines behördlichen Ermittlungsverfahrens akzeptiert hat. Da es nach der gegenständlichen strafgerichtlichen Verurteilung auch nicht zu einem neuerlichem Delikt gegen die Rechtspflege gekommen ist, ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Ausübung des gegenständlichen Gewerbes eine gleiche oder ähnliche Straftat neuerlich begehen wird.
Aufgrund der Persönlichkeit des Verurteilten bzw. aufgrund des Eindrucks, den er in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, geht das erkennende Gericht daher davon aus, dass die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist. Im Hinblick darauf, dass die eingesetzten Maschinen im landwirtschaftlichen Betrieb bereits vorhanden sind und das gegenständliche Gewerbe aufgrund einer Pauschalvereinbarung mit der Firma A durchgeführt wird, besteht kein wirtschaftlicher Druck, der letztlich den Beschwerdeführer zu strafbaren Handlungen verleiten könnte. Zudem bietet das gegenständliche Gewerbe nicht die Möglichkeit der Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prognose der seit Begehung des Delikts verstrichene Zeitraum zu berücksichtigen (vgl. VwGH 28.9.2011, 2011/04/0148 mit Hinweis auf E 27.5.2009, 2009/04/0101). Im Hinblick darauf, dass die strafgerichtlichen Verurteilungen im privaten Umfeld ihre Ursache hatten und der Beschwerdeführer trotz der Verurteilung ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern hat und die Tätigkeit des gegenständlichen Gewerbes bereits für seine Mutter, ohne dass es Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte, ausübt, scheint der seit der gegenständlichen Straftat vergangene Zeitraum von mehr als fünf Jahren, in denen er sich wohl verhalten hat, ausreichend, um von einer tiefgreifenden Änderung des aus diesen Straftaten abzuleitenden Persönlichkeitsbildes auszugehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden
Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Ausschluss; Nachsicht;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.576.001.2017Zuletzt aktualisiert am
09.04.2018