TE Bvwg Beschluss 2018/3/22 I414 1428987-2

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Veröffentlicht am 22.03.2018
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Entscheidungsdatum

22.03.2018

Norm

AsylG 2005 §10
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I414 1428987-2/7Z

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien und den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 08.01.2018, Zl. XXXX, beschossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 21.08.21012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 22.08.2012 wurde der Beschwerdeführer durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

3. Die niederschriftliche Einvernahme durch das Bundesasylamt fand am 29.08.2012 statt.

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.08.2012, Zl. XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (spruchpunkt II.), und die der Beschwerdeführer gem § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

5. Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.08.2012, Zl. XXXX, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, Zl. XXXX, rechtskräftig am 01.12.2012 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

7. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 11.12.2012, Zl. XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot erlassen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2015, Zl. W211 1428987-1/22E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.08.2012, Zl. XXXX, hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gem. § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen und das Verfahren wurde betreffend Spruchpunkt III. gem. § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

9. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 27.11.2017 wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs im Sinne des § 45 Allgemeines Verfahrensgesetz (AVG) die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.

10. Bezüglich des Parteiengehörs vom 27.11.2017 langte mit Schriftsatz vom 06.12.2017 eine Stellungnahme bei der belangten Behörde ein. Dem Schriftsatz waren nachfolgende Dokumente angeschlossen: Berechtigungskarte für den Verkauf der Zeitschrift "Augustin", Verfahrenskarte gem. § 57 AsylG, Empfehlungsschreiben des Herrn Mag. Wolfgang K. vom 08.08.2016, Empfehlungsschreiben von Frau Anna N., Empfehlungsschreiben von Frau Cecilia F., Bescheinigung über die ehrenamtliche Mitarbeit ausgestellt von der "XXXX", Bescheinigung über die bestandene ÖSD-Prüfung A2 Grundstufe Deutsch 2, Zertifikat über die nicht bestandene ÖSD Prüfung B1, Kursbestätigung über die Teilnahme an den B1 Deutsch-Kurs, Aufenthaltsbewilligung der XXXX "Studierende" gültig bis zum 16.10.2017, Legitimationskarte der Republik Österreich (Kategorie "GRÜN") von Frau XXXX, Angestellte bei der IAEO (Internationale Atomenergie-Organisation), gültig bis zum 31.01.2017, Studienblatt von Frau XXXX bzw. Studienbestätigungen, ÖSD Zertifikat über die nicht bestandene B2 Prüfung von Frau XXXX, Anmeldung zur Aufnahme von XXXX in das Verzeichnis der Wiener Kindergärten, Schulbesuchsbestätigung von XXXX, Aufenthaltsbewilligung von XXXX "Familiengemeinschaft", gültig bis zum 16.10.2017 sowie weitere Bestätigungen.

11. Mit gegenständlich bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom 08.01.2018, Zl. XXXX wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), die belangte Behörde erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und gegen den Beschwerdeführer ein auf Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde aberkannt (Spruchpunkt VI.).

12. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 10.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

13. Mit fristgerecht eingebrachtem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dabei wurde zusammenfassend ausgeführt, dass der Bescheid in seinem gesamten Inhalt angefochten werde. Der Beschwerdeführer sei schon seit sechs Jahren in Österreich und schon alleine aus diesem Grund wäre eine mündliche Einvernahme erforderlich gewesen, um den Grad seiner Integration und der Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens klären zu können bzw. ihm Gelegenheit zu bieten, den Vorwürfen persönlich entgegenzutreten. Hinsichtlich des Einreiseverbotes sei festzustellen, dass die Begründung, der Beschwerdeführer würde wegen seiner strafrechtlichen Verurteilung eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen, nicht alleine aus der Verurteilung an sich zu schließen sei, sondern auch auf die persönliche Situation bezogen eine Zukunftsprognose zu erstellen sei. Die belangte Behörde sei diesbezüglich nicht auf die Tatsache eingegangen, dass er nunmehr große Anstrengungen unternommen habe, einen anständigen Lebenswandel zu führen, die österreichischen Gesetze zu achten, insbesondere da er nunmehr durch das erleiden des Haft Übels eingesehen habe, dass seine damalige Tat ein Fehler war und, dass er seit 2012 nicht mehr straffällig geworden sei.

Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers sei nur eine unzureichende Behandlung mit seinem Vorbringen erfolgt. Der bloße Verweis der belangten Behörde auf die Aufenthaltsdauer könne die Integration des Beschwerdeführers in Österreich nicht entkräften.

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde die Mindestkriterien für eine überzeugende Argumentation in keiner Weise erfüllt und insbesondere nicht in sich konsistent sei.

14. Mit fristgerecht eingebrachtem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich Beschwerde an das Bundesveraltungsgericht. Dabei wurde zusammenfassend ausgeführt, dass der Bescheid in seinen gesamten Inhalt angefochten werde. Der Beschwerdeführer befinde sich seit mehr als fünf halb Jahren in Österreich, er sei für die Behörden durchgehend auffindbar gewesen und habe am Verfahren mitgewirkt. Die lange Verfahrensdauer sei dem Beschwerdeführer nicht vorzuwerfen. Der Beschwerdeführer lebe in Österreich mit seiner Familie. Seine Tochter gehe in die Schule und seine Gattin sei bei der IAEO (Internationale Atomenergie-Organisation) angestellt. Der Beschwerdeführer spreche Deutsch zumindest auf A2 Niveau, er arbeite als Zeitungsverkäufers und engagiere sich ehrenamtlich.

Die belangte Behörde gehe fälschlicherweise davon aus, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle und verhängte deswegen zu Unrecht ein Einreiseverbot gegen ihn. Dabei stütze sich die belangte Behörde auf die Verurteilung des Beschwerdeführers aus dem Jahr 2012. Die Verurteilung des Beschwerdeführers liege nunmehr mehr als fünf Jahre zurückliegt und sei mittlerweile getilgt. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die belangte Behörde mit Erlassung einer Rückkehrentscheidung mehr als zwei Jahre warten würde, wenn der Beschwerdeführer eine akute Gefahr für die österreichische Rechtsordnung darstellen würde.

15. Mit Beschwerdevorlage vom 12.3.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 15.3.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBL. I 2013/33 i.d.F. BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenverordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/184, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörden in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Aufgrund der Tatsache, dass vom Bundesverwaltungsgericht binnen einer Woche in einem Eilverfahren eine Annahme über die Gefahr einer Grundrechtsverletzung beziehungsweise Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit zu treffen ist, ist davon auszugehen, dass hier mit einer Gefahrenprognose aufgrund der Aktenlage vorzugehen ist. Schon im Hinblick darauf, dass Grundrechte oder sonstige massive Interessen des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden könnten, dürfen die anzulegende Prüfdichte und der Wahrscheinlichkeitsgrad nicht allzu hoch sein. Gewissheit kann in diesem Stadium des Verfahrens nicht vorausgesetzt werden, weil damit das Schicksal der Beschwerde schon entschieden wäre.

Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde. Zur Klärung des Sachverhaltes ist die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht notwendig.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.

Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I414.1428987.2.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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