TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/23 W202 2163398-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.03.2018
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Entscheidungsdatum

23.03.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W202 2163398-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHLAFFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.06.2017, Zl. 1077870004/150859195, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.03.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 und 55 FPG idgF abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 14.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde dazu am 16.07.2015 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer im Zuge der Erstbefragung vor, dass er in Indien eine Auseinandersetzung mit einer Drogenbande gehabt habe. Grund dafür sei ein Verkehrsunfall gewesen, bei dem sie ihm die Schuld gegeben hätten. Sie seien aber betrunken gewesen und der Beschwerdeführer habe den Vorfall der Polizei gemeldet und Anzeige erstattet. Daraufhin sei er von dieser Bande bedroht und misshandelt worden. Da diese Gruppe von Politikern unterstützt werde, habe er die Anzeige zurückgezogen. In weiterer Folge sei er von dieser Bande aufgefordert worden, für sie zu arbeiten. Der Beschwerdeführer habe sich geweigert, ihrer Aufforderung zu folgen und sei deshalb von der Gruppe verschleppt und mit dem Tode bedroht worden. Der Beschwerdeführer sei geflüchtet und habe beschlossen sein Heimatland zu verlassen.

Während seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) am 23.05.2017 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes zu Protokoll (Fehler im Original):

" (...)

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Wie verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

VP: Gut.

LA: Können Sie sich konzentrieren?

VP: Ja.

LA: Werden Sie im Verfahren von jemanden vertreten oder besteht für jemand eine Zustellvollmacht.

VP: Nein.

LA: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Ich möchte sicher sein können, das alles, was Sie gesagt haben, auch so gemeint wurde.

VP: Ok.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja.

LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

VP: Mir geht es gut. Kein Arzt und keine Medikamente.

LA: Können Sie Beweismittel oder Dokumente in Vorlage bringen?

VP: Ich habe einen österreichischen Führerschein.

LA: Nennen Sie mir bitte Ihren Namen sowie Geburtsdatum und Geburtsort.

VP: XXXX, geb. am XXXX in XXXX (Indien)

LA: Geben Sie chronologisch alle Adressen an, an denen Sie bisher - also bis zu Ihrer Ausreise aus Ihrem Heimatland - aufhältig waren!

VP: XXXX, XXXX, XXXX, XXXX - von Geburt bis zur Ausreise war ich nur dort aufhältig

LA: Wie heißen Ihre Eltern, wie alt sind sie und wo leben sie?

VP: Mein Vater heißt XXXX ca. 46 Jahre, meine Mutter heißt XXXX ist ca. 45 Jahre alt, leben an der selben Adresse wie ich damals.

LA: Womit haben Ihre Angehörigen in Indien ihren Lebensunterhalt bestritten?

VP: Mein Vater hat mit Grundstücken gehandelt. Befragt gebe ich an, dass er Bauunternehmer ist. Er hat sowohl gebaut als auch gekauft.

LA: Sind Sie verheiratet, haben Sie Kinder?

VP: Ich bin verheiratet und habe eine Tochter.

LA: Wie heißt Ihre Ehefrau und Ihre Tochter, wann und wo sind sie geboren?

VP: XXXX, geb. am XXXX. Meine Tochter heißt XXXX und ist am XXXX geboren. Meine Frau ist in Delhi geboren und meine Tochter ist in XXXX geboren.

LA: Welche Ausbildung haben Sie im Herkunftsland absolviert?

VP: 12 Jahre Grundschule.

LA: Was haben Sie gearbeitet? Was haben Sie nach Beendigung der Schule danach gemacht?

VP: Nach meiner Hochzeit habe ich ein Textilgeschäft betrieben. Befragt gebe ich an, dass meine Frau nicht gearbeitet hat.

LA: Sind Sie vorher schon mal aus Indien ausgereist?

VP: Nein.

LA: Haben Sie Geschwister?

VP: Ja, eine Schwester XXXX ist 1 Jahr älter als ich und lebt in UP.

LA: Welche Verwandten haben Sie noch in Indien?

VP: Ich habe noch einen Onkel mit seiner Familie. Es gibt noch andere Verwandte, die sind aber weiter entfernt.

LA: Haben Sie regelmäßig Kontakt zu Ihren Eltern, Geschwister und Ehefrau?

VP: Ja. Fast jeden Tag einmal. Befragt gebe ich an, dass ich per WhatsApp mit ihnen schreibe.

LA: Wie geht es Ihren Eltern gesundheitlich?

VP: Mein Vater ist zuckerkrank, es geht.

LA: Wie geht es Ihrer Frau und Tochter?

VP: Denen geht es gut.

LA: Verstehen Sie den Dolmetscher einwandfrei?

VP: Ja.

LA: Hatten Sie Probleme mit Sicherheitsbehörden/Sicherheitsorgane, Gerichte oder Militär?

VP: Ich hatte Probleme mit der Alkali Dal. Befragt gebe ich an, dass ich mit Sicherheitsbehörde, Gerichte oder Militär keine Probleme hatte.

LA: Haben Sie oder hatten Sie einen indischen Reisepass oder einen anderes Identitätsdokument?

VP: In Indien hatte ich einen Reisepass. Befragt gebe ich an, dass der Reisepass der Schlepper mitgenommen hat als er mich hiergelassen hat.

LA: Wie sind Sie eingereist?

VP: Illegal mit dem Auto von Moskau. Ab Moskau weiß ich die Länder nicht.

LA: Wie lange hat die Organisation der Ausreise gedauert?

VP: Ca. 1 Monat

LA: Wann haben Sie beschlossen Indien zu verlassen?

VP: Das war schon 2015 nach dem Streit. Im April oder Mai.

LA: Wann haben Sie Indien verlassen?

VP: Am 10. Juni 2015 bin ich nach Moskau geflogen.

LA: War Österreich Ihr Zielland?

VP: Nein, England.

LA: Welcher Volksgruppe/ Kaste gehören Sie an?

VP: Arora

LA: Welche Religion haben Sie?

VP: Hindu

LA: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes?

VP: Nein.

LA: Waren Sie jemals politisch oder religiös tätig? Sind Sie Mitglied einer Partei oder einer Organisation?

VP: Nein. Mein Vater war und ist Anhänger in der Congress Partei.

LA: Welche Sprachen sprechen Sie?

VP: Punjabi, Hindi, und hier habe ich einen A1 Kurs gemacht. Befragt gebe ich an, dass ich zu Hause ein Zertifikat für diesen Kurs habe.

LA: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen und in Österreich einen Asylantrag gestellt? Nennen Sie bitte all Ihre Fluchtgründe!

VP: Ich war mit meiner Familie von einer Familie unterwegs nach Hause. Wir hatten einen Auffahrunfall mit 3-4 Burschen die Alkoholisiert waren. Ich habe versucht mit bei ihnen zu entschuldigen und den Schaden am Auto zu bezahlen. Die Burschen haben mich aber verprügelt, deshalb habe ich Anzeige bei der Polizei erstattet. Die Beschuldigten wurden aufs Wachzimmer bestellt. Mein Vater und ich waren auch dort. Wir haben angeboten, den Schaden zu bezahlen um die Sache zu beenden. Die Burschen waren einverstanden. Der Vermittler, der diesen Vergleich zustande gebracht hat war sehr schlau. Er hat mich zu sich bestellt und wir fuhren zu den Beschuldigten. Ich sah, dass die Burschen dort Drogen aufbereiteten und verkauften. Die Burschen verlangten dass ich für sie arbeite. Ich lehnte ab mit Drogen zu arbeiten. Da hat einer mir mit einem Metallgegenstand auf den Hinterkopf geschlagen. Der Vermittler hat mir dann geholfen, dass ich von dort flüchten konnte. Die Burschen hatten mir gedroht, falls ich zur Polizei gehe sie mich umbringen würden. Wegen all diesen Umständen hat mein Vater meine Ausreise organisiert und nach Delhi geschickt. Nach 1-2 Wochen Aufenthalt in Delhi bin ich nach Moskau geflogen.

LA: Haben Sie nun all Ihre Fluchtgründe genannt?

VP: Ja.

LA: Von welcher Seite wurden Sie angegriffen?

VP: Von hinten. Befragt gebe ich an, dass die Person nach dem Angriff nicht weggelaufen sind, weil ich in ihrem Zimmer war.

LA: Wurden Sie danach ohnmächtig?

VP: Nein, ich habe geblutet.

LA: Suchten Sie einen Arzt auf?

VP: Ja, ich ging zu einem Familienarzt.

LA: Um welchen Vermittler hatte es sich gehandelt?

VP: Es war einer von den Politikern. Er ist offizieller Vermittler. Er ist ein Mediator.

LA: Konkretisieren Sie!

VP: Der Vermittler sagte, wir fahren zu den Burschen, weil der Streit beigelegt ist. Als ich dort gekommen bin waren alle sehr freundlich. Dann wurde mir erklärt, dass mit Drogen gehandelt wird. Mir wurde ein gutes finanzielles Angebot gemacht. Ich habe abgelehnt. Einer hat von hinten auf mich eingeschlagen. Ich bin vom Sessel gefallen und haben alle auf mich eingeschlagen. Der Vermittler hat die Burschen dazu gebracht aufzuhören. Dann gab er mir ein Zeichen, dass ich weglaufen soll. Ich bin dann weggelaufen, direkt nach Hause gelaufen. Befragt gebe ich an, dass er mich hingebracht hat, das ist seine Aufgabe. Er hat mich auf dem Motorrad dorthin gebracht.

LA: Hat der Vermittler Sie direkt von der Polizeistation zu den Burschen gebracht?

VP: Das war 2 Tage nachdem wir auf dem Wachzimmer waren.

LA: Wie haben Sie Kontakt mit dem Vermittler aufgenommen?

VP: Mit einem Bekannten meines Vaters. Er ist sehr bekannt in der Gegend. Befragt gebe ich an, dass ich keinen direkten Kontakt mit den Burschen hatte. Der Mann war auch im Wachzimmer und hat die Versöhnung herbeigeführt.

LA: Sie gaben vorhin etwas anderes bekannt!

VP: Ich hatte gesagt, es gab einen Vermittler. Befragt gebe ich an, dass die Polizei die Burschen ins Wachzimmer bestellt haben und wir haben den Vermittler mitgenommen.

LA: Was passierte nachdem Sie geflohen sind?

VP: Dann bin ich von dort weggelaufen. Ich habe zu Hause meinen Vater angerufen, und er hat einen Arzt angerufen. Der Arzt ist nach Hause gekommen und hat meinen Kopf genäht und einen Verband gemacht.

LA: Was passierte danach?

VP: Der Arzt hat vorgeschlagen, dass ich das Land verlassen soll. Ich war dann noch 1 Woche dort und habe Drohungen bekommen, danach bin ich nach Delhi gefahren.

LA: Um welche Drohungen hat es sich gehandelt?

VP: Es waren telefonische Drohungen. Befragt gebe ich an, dass ich sie persönlich nicht mehr gesehen habe.

LA: Wie lang haben Sie sich im Gebäude aufgehalten?

VP: Halbe bis dreiviertel Stunde. Befragt gebe ich an, dass der Vermittler sich dort aufgehalten hat. Es war eine Art Bauernhof wo es Zimmer gab, und Büffel und Kühe.

LA: Wenn der Vermittler sich so lange dort aufgehalten hat, warum sind Sie nicht mit ihm wieder zurück gefahren?

VP: Die Leute haben mich geschlagen und ich musste weglaufen. Befragt gebe ich an, dass ich nicht weiß was der Vermittler gemacht hat, ich bin weggelaufen. Nachher hat mein Vater den Vermittler angerufen und ihm vorgeworfen warum er ihn dorthin gebracht hat.

LA: Können Sie sich innerhalb Indiens an einem anderen Ort niederlassen?

VP: Ich wollte nach England, weil ich dort eine Tante habe. Die Leute hatten politische Kontakte, und deshalb hatte ich Angst.

LA: Was hätten Sie im Fall einer Rückkehr zu befürchten?

VP: Ich habe Angst vor den Burschen. Wenn Sie wollen kann ich Ihnen eine Kopie der Versöhnung zukommen lassen.

LA: Wurden Sie jemals in Haft genommen?

VP: Nein.

LA: Haben Sie Einwände dagegen, dass erforderlichenfalls weitere Ermittlungen zu Ihrem Vorbringen in Indien, auch unter Einschaltung eines Verbindungsbeamten oder eines Vertrauensanwaltes, durchgeführt werden? Es werden dabei keinesfalls persönliche Daten an die Behörden Ihres Heimatstaates weitergegeben.

VP: Ich habe keine Einwände.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in das vom BFA zur Beurteilung Ihres Falles herangezogene Länderinformationsblatt zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

VP: Ich brauche es nicht.

LA: Sind Sie der Arbeit wegen nach Österreich gekommen?

VP: Nein um mein Leben zu schützen.

LA: Sind Sie in Österreich von irgendwelchen Personen abhängig?

VP: Nein.

LA: Wie finanzieren Sie sich den Aufenthalt in Österreich? Womit bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

VP: Ich stelle Zeitungen zu.

LA: Gehen Sie schwarzarbeiten?

VP: Nein ich bin selbstständig in einer Firma. Ich bin in einer Kleintransportfirma. Befragt gebe ich an, dass die Firma XXXX.

LA: Haben Sie in Österreich Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert?

VP: Einen A1 Kurs. Im 1. Juni fange ich mit dem A2 Kurs an.

LA: Sind oder waren Sie in Vereinen oder Organisationen in Österreich tätig oder nehmen Sie auf andere Weise am sozialen bzw. kulturellen Leben in Österreich teil?

VP: Nein.

LA: Haben Sie Familienangehörige in Österreich?

VP: Nein.

LA: Leben Sie mit jemand in Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft? Wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft!

VP: Nein.

LA: Wie sieht Ihr Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich aus? Zum wem haben Sie Kontakt, mit wem haben Sie Umgang?

VP: Ich habe nur einen guten Freund aus XXXX.

LA: Wie gestalten Sie Ihre Freizeit in Österreich?

VP: Ich schlafe viel, weil die Zeitungszustellungszustellung in der Nacht ist. Am Wochenende hänge ich die Zeitungsstände auf.

LA: Fühlen Sie sich integriert?

VP: Ja.

LA: Wie stellt sich die Integration dar?

VP: Mir gefällt es hier. Ich gehe auch öfter in den Prater spazieren.

LA: Die Einvernahme wird beendet. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen?

VP: Ja.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben?

VP: Nein.

LA: Haben Sie den Dolmetscher verstanden?

VP: Ja.

(...)"

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.06.2017 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) ab, erteilte einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht, erließ gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte fest, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs. 1-3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Beweiswürdigend führte das BFA mit näherer Begründung aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein Glaube geschenkt werde.

Rechtlich hielt das Bundesamt zu Spruchpunkt I. fest, dass sämtliche im Rahmen seines Verfahrens getätigten Ausführungen als unglaubwürdig zu befinden gewesen seien. Es sei einer der wesentlichsten Voraussetzungen des Asylgesetzes, dass der Antragsteller glaubhafte Angaben mache. Der Beschwerdeführer sei jedenfalls nicht in der Lage gewesen, dem Glaubwürdigkeitsanspruch des Gesetzes gerecht zu werden, weshalb es in seinem Fall keinesfalls zu Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und damit verbunden zur Anerkennung als Flüchtling kommen habe können, zumal nichts hervorgekommen sei, das eine Verfolgung oder Furcht vor solcher glaubhaft annehmen ließe. In Indien bestünde nicht eine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung ausgesetzt wäre.

Zu Spruchpunkt II. führte das BFA aus, dass wie schon in der Begründung zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag ausgeführt in seinem Fall von einer Glaubhaftmachung der Gefährdungslage nicht gesprochen werden könne. In seinem Fall sei nichts dahingehend ersichtlich, dass er im Falle der Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnte. Auch aus der allgemeinen Situation in seinem Heimatstaat bzw. der zur erwartenden Rückkehrsituation alleine lasse sich eine solche nicht ableiten. Zudem stehe ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. In Anbetracht dessen, dass es sich bei ihm um eine erwachsene und gesunde Person handle, könne erwartet werden, dass er sich im Heimatland eine Existenz aufbaue. Auch aus der allgemeinen Lage in seinem Heimatland sei keine Gefährdung ersichtlich.

Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt aus, dem Beschwerdeführer werde eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nach § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Der Beschwerdeführer habe keine sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet, es bestehe kein Eingriff in sein Familienleben. Weiters führte das Bundesamt eine Abwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK durch und kam zu dem Schluss, dass die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die privaten Interessen des Beschwerdeführers überwiegen würden, sodass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässig sei. Da eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG nicht vorliege, sei im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1-4 FPG genannten Voraussetzungen seine Abschiebung nach Indien zulässig.

Zu Spruchpunkt IV. führte das Bundesamt aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides betrage, weil in seinem Fall keine Gründe für eine längere Frist hätten festgestellt werden können.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den gegenständlichen Bescheid rechtzeitig Beschwerde und erstattete im Wesentlichen Folgendes Vorbringen:

Der Beschwerdeführer sei in einer Auseinandersetzung mit einer Drogenbande involviert gewesen, man habe ihm einen Verkehrsunfall angelastet, den er jedoch nicht begangen habe. Er sei verschleppt und bedroht worden und habe daher das Land verlassen müssen. Der Vorfall betreffend den Autounfall sei vom Beschwerdeführer konkret dargestellt worden, er habe eine Anzeige bei der Polizei erstattet und versucht, den Schaden zu begleichen. Der Beschwerdeführer sei in diesem Zusammenhang in eine Falle gelockt und bedroht worden, da er nicht für die Drogenbande tätig werden wolle. Er sei verletzt worden und habe deswegen auch einen Arzt konsultieren müssen. Die Täter hätten auch politische Verbindungen, weshalb der Beschwerdeführer Angst bekommen habe. Der Beschwerdeführer spreche mittlerweile die deutsche Sprache, und habe sich einen Bekanntenkreis aufgebaut. Das Verfahren der Erstbehörde sei mangelhaft geblieben. Erst bei Erforschung des maßgebend zugrunde liegenden Sachverhalts hätte die Behörde zu einem anderen Bescheidinhalt gelangen müssen. Sämtliche Angaben seien schlüssig gewesen und hätten durch einen Sachverständigen/Vertrauensanwalt hinterfragt werden können und müssen. Der Beschwerdeführer gehe einer selbstständigen Tätigkeit nach und sei zudem der deutschen Sprache bereits entsprechend derart mächtig, dass sich dieser im Alltag verständigen könne.

Die Beschwerde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den bekämpften Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz Folge gegeben und ihm der Status des Asylberechtigten, in eventu der Status des subsidiär Schutzberechtigten erteilt werde, in eventu, den Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückzuverweisen, in eventu dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG zu erteilen zu erteilen sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.

Am 21.03.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei der sich im Wesentlichen Folgendes ereignete:

"R: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?

BF: Ja.

R: Leiden Sie an chronischen Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen?

BF: Nein.

R: Sie sind also gesund?

BF: Ja, bin ich.

R: Was hat Sie bewogen, Ihr Heimatland zu verlassen?

BF: Ich hatte einen Streit. Ich war mit meiner Familie unterwegs. Ich war mit dem Auto unterwegs. Wir sind auf dem Rückweg von einem Fest gewesen. Es gab einen Unfall mit einem anderen PKW. Diese Leute waren von der BJP und der AKALI DAL. Ich stieg aus dem Auto und habe gesagt, dass ich die ganze Entschädigung bezahlen werde. Meine Gegner waren betrunken. Das waren drei Leute. Sie haben angefangen mich zu verprügeln. Danach sind sie weggegangen. Ich habe das Autokennzeichen notiert. Ich habe bei der Polizei eine Anzeige erstattet. Danach bin ich nach Hause gegangen. Dann wurden diese Leute von der Polizei festgenommen. Mein Vater wurde auch zur Polizeistation vorgeladen. Die Gegner haben vorgeschlagen, dass wir die Anzeige zurückziehen sollen und ohne die Polizei eine Lösung finden. Eine Person, die bei uns sehr einflussreich ist, hat gesagt, er wird mit uns beiden Parteien als Mediator arbeiten und eine Lösung gemeinsam finden. Wir haben eine Lösung gefunden. Zwei, drei Tage nach dieser Besprechung bin ich in deren Stall, wo Tiere gehalten worden sind, eingeladen worden. Der Stall befindet sich in den Feldern außerhalb einer Ortschaft. Mein Vater hat den Mediator, der mich auch begleitet hat, gewarnt, dass er seinen Sohn nur mitschickt, weil er in Sicherheit ist, da auch der Mediator mit ist. Der Mediator meinte, dass er den Kontakt mit der gegnerischen Partei suche, damit der Kontakt aufrecht bleibt und keine weitere Feindschaft entsteht. Der Begleiter hat auch nicht genau gewusst, was dort stattfinden wird. Als wir dort hinkamen, hat man uns Sitzplätze angeboten und man sagte uns, dass wir das Notwendige besprechen werden. Ich habe gefragt, worüber wir sprechen wollen und was ich tun muss. Sie sagten, ich müsse bei ihren Drogengeschäften mitarbeiten, sie seien am Markt und könnten sich alles leisten. Ich habe gesagt, dass ich so etwas noch nie gemacht habe, ich gehöre zu einer anständigen Familie. Ich habe das Angebot abgelehnt. Hinter mir standen zwei Leute. Als sie gehört habe, dass ich "Nein" gesagt habe, haben sie angefangen, mich zu schlagen. Eine Person hatte eine schwere, eiserne Kugel in der Hand, mit der er mir auf den Kopf schlug. Ich drohte ihnen mit der Polizei, dass ich Anzeige erstatten würde. Ich blutete am Kopf. Der Mediator warnte sie ebenfalls, dass ich unter seinem Schutz stünde, da er mich hergebracht hatte. Sie schlugen mich weiter und drängten den Mediator auf die Seite. Er versuchte, mich zu schützen. Er sagte mir, dass ich so schnell, wie möglich von dort verschwinden solle. Ich flüchtete von dort, kam nach Hause, rief meinen Vater an. Es kam dann unser Hausarzt zu uns nach Hause, dieser nähte meine Wunde. Ich ging mit meinem Vater zur Polizei, aber die Polizei wurde zuvor schon von den Gegnern informiert. Die Polizei führte keine Ermittlungen in dieser Sache durch. Nachdem meine Nähte gezogen worden waren, schlug mein Hausarzt vor, dass ich ins Ausland gehen sollte, weil die Gegner mich nicht in Ruhe lassen würden. Es kam dann auch der Mediator, er entschuldigte sich bei mir und sagte, dass er von dem allen nichts gewusst hätte. Er meinte, dass die gegnerischen Leute unter Drogeneinfluss gestanden seien. Er warnte uns, dass diese Leute sehr gefährlich sein könnten, weshalb ich meinen Heimatort verlassen sollte. Ich ging dann nach Delhi, wo ich mich ca. einen Monat aufhielt. In Delhi wohnte ich bei meiner Tante mütterlicherseits. Diese Leute erfuhren davon. Es erschienen dort drei oder vier Leute. Sie haben mir nochmals nahe gelegt, ins Drogengeschäft einzusteigen. Sie boten mir viel Geld an. Ich lehnte trotzdem ab. Sie schlugen mir vor, in zwei, drei Tagen wiederzukommen und ich sollte mir das Ganze in der Zwischenzeit überlegen. Ich übersiedelete dann von meiner Tante zu meinen Schwiegereltern, da ich hoffte, dass meinen Gegnern diese Adresse nicht bekannt sei. Ich hatte meinen Reisepass bei mir. Meine Eltern sprachen mit einem Schlepper, um meine Reise nach England zu organisieren.

R: Wann sind Sie dann ausgereist?

BF: Im Juni 2015.

R: Wie lange haben Sie sich bei Ihren Schwiegereltern aufgehalten?

BF: Ca. 6 Tage.

R: Wie lange haben Sie sich bei Ihrer Tante aufgehalten?

BF: Ca. 7 Tage.

R: Wo haben Sie die restliche Zeit in Delhi verbracht?

BF: Im Mai fand dieser Vorfall statt. Dann ist entschieden worden, dass ich nach England zu meinen Verwandten fahre. 15 Tage dauerte es, bis ich ein Visum für Moskau erhielt. Dann habe ich Indien verlassen, um nach England zu gehen.

R wiederholt die Frage.

BF: Das war die ganze Zeit, die ich in Delhi gewesen bin. Ich konnte nicht mehr in Delhi bleiben, da meine Gegner dahinter kamen.

R: Sie haben zuvor angegeben, dass Sie ca. einen Monat in Delhi gewesen sind?

BF: Es waren ca. 15-20 Tage, die ich in Delhi verbracht habe.

R: Wie viel ist 6+7?

BF: 13.

R: Sie haben jetzt gerade gesagt, dass Sie 15-20 Tage in Delhi verbracht haben. Wo haben Sie die restliche Zeit verbracht?

BF: Ich bin zur Botschaft gegangen. Ich bin in Delhi herumgegangen, nachdem ich erfahren hatte, dass diese Leute mich suchen.

R: Wo haben Sie gewohnt? Wo haben Sie die Nächte verbracht?

BF: Im Hotel oder im Auto.

R: Warum haben Sie nicht einfach bei Ihren Schwiegereltern gewohnt?

BF: Es ist nicht üblich, dass man lange bei seinen Schwiegereltern wohnt. Sie hatten eine kleine Wohnung , eine Mietwohnung.

R: Warum haben Sie das bislang im Verfahren noch nicht vorgebracht, dass die Gegner auch nach Delhi kamen und Sie dort auch gefunden haben?

BF: Diese Leute, die mich in Delhi besuchten, waren nicht direkt meine Gegner, sondern Leute der BJP und der AKALI DAL. Sie schlugen mich auch nicht. Ihr Hauptziel war, dass ich zurück in den Punjab gehe und den Leuten im Drogengeschäft helfe.

R: Warum sollten die Leute von der BJP und der AKALI DAL das tun?

BF: Da dort die Situation so schlecht ist, macht man wegen Geld alles.

R: Das beantwortet noch nicht meine Frage, weswegen Sie den Umstand, dass Leute zu Ihnen nach Delhi gekommen seien, noch nie vorgebracht haben.

BF: In meinem letzten Interview erzählte ich das auch.

R: Wie lange haben Sie sich insgesamt nun in Delhi aufgehalten? 1 Monat oder 15-20 Tage?

BF: 15-20 Tage.

R: Beim BFA sprachen Sie noch von 1-2 Wochen Aufenthalt in Delhi.

BF: Ja, ca. zwei Wochen, 13-14 Tage. Damals stand ich unter großem Druck. Als mich die Leute in Delhi fanden, bin ich beinahe verrückt geworden, wie diese mich dort finden konnten.

R: Wie heißt denn dieser Mediator?

BF: Er wird als XXXX gerufen. Er war kein enger Verbündeter, sondern bloß ein Mediator.

R: Warum haben Sie bei Ihrer Erstbefragung noch ausgesagt, dass Sie von dieser Bande erst bedroht und misshandelt wurden, nachdem Sie Anzeige bei der Polizei erstattet haben?

BF: Ja, so habe ich es auch erzählt, nach der Anzeige bin ich zum Stall gegangen, um eine endgültige Lösung für unseren Streit zu finden.

R: Zuvor sind Sie nicht geschlagen worden?

BF: Das erste Mal, als der Unfall stattfand.

R: Bei der Erstbefragung haben Sie das nicht gesagt. Da haben Sie von den Misshandlungen erst nach der Anzeige gesprochen.

BF: Ich sagte auch bei der Erstbefragung, dass diese Personen betrunken waren und mich beim Unfall geschlagen haben. Sie beschuldigten mich, dass ich den Unfall verschuldet hätte. Trotzdem ich bereit war, den Schaden zu begleichen, schlugen sie mich.

R: Bei der Erstbefragung war auch die Rede davon, dass Sie von dieser Gruppe auch verschleppt wurden. Danach war nicht mehr die Rede davon.

BF: Nein, das habe ich nie behauptet. Ich berichtete damals auch, dass ich zu diesem Stall gegangen bin, um diese Leute zu treffen. Wenn sie mich verschleppt hätten, hätten sie mich nicht am Leben gelassen.

R: Wann hatten Ihr Vater und Sie das erste Mal Kontakt zu diesem Mediator in dieser Sache?

BF: Das war in der Polizeiinspektion. Der Mediator kannte uns, wir kannten ihn nicht. Das ist eine Person, die zwischen Streitparteien vermittelt und dafür Geld bekommt.

R: Warum haben Sie bei Ihrer Einvernahme vor dem BFA dann ausgesagt, dass Ihr Vater und Sie den Vermittler zu der Polizei mitgenommen hätten?

BF: Wir haben ihn mitgenommen?

R: Laut Ihrer Aussage vor dem BFA, ja.

BF: Dieser traf uns in der Polizeiinspektion, ob mein Vater ihn kannte oder er uns kannte, kann ich nicht sagen.

R: Wie viele Personen haben sich damals in diesem Stall aufgehalten?

BF: Mit uns beiden ca. 6 bis 7 Personen. Es gab dort Personen, die mit uns zusammen saßen und es gab andere, die Tiere gemolken haben.

R: Wie lange waren Sie in diesem Stall?

BF: Ca. eine halbe bis dreiviertel Stunde.

R: Wie lange haben Sie sich noch zu Hause aufgehalten, nach diesem Vorfall im Stall, bis Sie dann nach Delhi gegangen sind?

BF: Ca. 4-7 Tage, so genau kann ich das nicht mehr sagen. Ich ging weg, nachdem ich wiederum Anzeige erstattet habe und sah, dass keine Ermittlungen seitens der Polizei durchgeführt wurden.

R: Warum sollten diese Personen Sie so drängen, dass Sie bei deren Drogengeschäft mithelfen sollen, was macht das für einen Sinn?

BF: Sie wollten angesehene Personen zwingen mitzumachen, weil die nicht so schnell in Verdacht geraten, in ein Drogengeschäft involviert zu sein.

R: Wie war es Ihnen möglich, von diesem Stall dort wegzulaufen, wenn mehrere Personen auf Sie einschlugen?

BF: Der XXXX half mir, indem er mir sagte, dass ich weglaufen sollte, er würde die Leute aufhalten. Auf der Hinterseite war eine kleine Tür, aus der ich rauslief.

R: Wie soll denn das einer Personen gegen 6-7 Personen gelingen? Wie soll eine Person diese Personen allein aufhalten?

BF: Der XXXX sagte mir, dass er mit den Leuten sprechen werde, ich solle in der Zwischenzeit weglaufen. Der XXXX würde die Leute ablenken. Ich blutete stark, die Gegner dachten, dass mir eine schlimmere Verletzung passiert sei.

R: Als Sie nach dem Vorfall im Stall zu Hause waren, ist da noch etwas passiert?

BF: Abgesehen davon, dass mich diese Leute immer wieder angerufen haben und sagten, dass es keinen Sinne habe, die Polizei zu involvieren und es vorteilhaft wäre, in einem Drogengeschäft mitzuarbeiten, nicht.

R: Wie viel Zeit ist zwischen dem Umstand, als Sie damals am Wachzimmer waren und dem Vorfall im Stall vergangen?

BF: Ca. 4-5 Tage.

R: Beim BFA haben Sie noch davon gesprochen, dass Sie zwei Tage, nachdem Sie auf dem Wachzimmer waren, zu dem Stall gefahren wären.

BF: Zwei Tage nach dem Unfall war ich bei der Polizei und zwischen Polizei und Stall waren es zwei weitere Tage.

R: Wie sind Sie zu diesem Stall gekommen?

BF: Ich fuhr mit dem XXXX mit dem Motorrad.

R: Was hat Sie veranlasst, überhaupt zu diesem Stall mitzugehen?

BF: Der Mediator bekam Geld dafür, dass keine Feindschaft zwischen uns entsteht.

R: Was für eine Feindschaft? Es handelt sich um einen Autounfall, wo Sie den Schaden beglichen haben?

BF: Wir haben uns begrüßt, aber wie sie wegen dem Drogengeschäft angefangen haben, ist dieses Problem entstanden. Sie wollten Kinder aus den reichen Familien zur Mitarbeit zwingen.

R: Warum sind Sie nicht in eine andere, größere Stadt innerhalb Indiens übersiedelt?

BF: Ich blieb noch in Delhi und die Leute kamen dahinter, wo ich in Delhi war.

R: Da haben Sie aber noch bei Ihrer Tante gewohnt. Aber wie sollen diese Personen, wenn Sie jetzt von Österreich nach Indien zurückgehen sollten, herausfinden, dass Sie sich überhaupt wieder in Indien befinden und wo genau Sie sich befinden, wenn Sie sich außerhalb Ihrer engeren Heimat ansiedeln?

BF: Diese Leute kommen irgendwie dahinter. Sie fragen meine Freunde und Bekannten über meinen Aufenthaltsort. Über Facebook kann man heutzutage alles erfahren.

R: Sie müssen den Aufenthaltsort ja nicht bekannt geben.

BF: Auch wenn es nicht notwendig ist, meinen Aufenthaltort bekannt zu geben, sind die Leute der BJP und der AKALI DAL überall. Sie sind in Immobiliengeschäfte involviert.

R: Wer von Ihrer Familie lebt derzeit noch in Indien?

BF: Meine Eltern und meine Frau, die zu ihren Eltern nach Delhi übersiedelt ist.

R: Was ist mit Geschwistern, Onkel und Tanten?

BF: Meine Schwester ist in U.P. Meine Gegner waren auch bei meiner Schwester.

R: Wann waren die Gegner bei Ihrer Schwester?

BF: Nachdem ich nach Österreich gekommen bin, ca. drei Monate danach.

R: Sprechen Sie Deutsch?

BF auf Deutsch: Ein bisschen.

R: Haben Sie Deutschkurse besucht?

BF auf Deutsch: Ja, A1. Auf Punjabi: Ich habe auch ein Zeugnis mit.

BF legt Bestätigung vor, die in Kopie als Beilage ./1 zum Akt genommen wird.

BF: Ich habe auch vor einen A2 Kurs zu besuchen.

R: Gehen Sie einer Arbeit nach?

BF: Früher habe ich als Zeitungszusteller in der Nacht gearbeitet. Ab 01.04.2018 kann ich wieder beginnen, als Selbstständiger zu arbeiten.

R: Welches Gewerbe haben Sie denn angemeldet?

BF legt eine Urkunde der Wirtschaftskammer Wien vor, diese wird als Beilage ./2 in Kopie zum Akt genommen.

BF: Ich habe einen Autoführerschein. Ich werde dann als Lieferant für XXXX arbeiten.

R: Wie lange hat es gedauert, dass Sie Ihr Gewerbe angemeldet haben, nachdem Sie in Österreich eingereist sind?

BF: Nachdem ich hergekommen war, habe ich innerhalb von einem oder eineinhalb Monaten einen Antrag gestellt und dann hat es noch einen weiteren Monat gedauert, bis ich den Gewerbeschein bekommen habe.

R: Das ist ziemlich schnell gegangen. Woher haben Sie gewusst, wie man bei uns ein Gewerbe anmeldet?

BF: Als ich herkam und im Lager war, haben die Inder untereinander gesprochen, was man hier machen kann. Nachdem ich das Lager verlassen hatte, wohnte ich zusammen mit anderen Indern und sie sagten mir, wie man hier einen Antrag stellt und einen Gewerbeschein bekommt. Ich hatte damals keine Arbeit. Ich hatte nur meinen Führerschein mit, welchen ich übersetzen ließ, damit ich hier fahren darf und dann begann ich mit der Arbeit.

R: Haben Sie österreichische Freunde?

BF: Ja, einer heißt XXXX, eine XXXX, eine XXXX, einer XXXX.

R: Woher kennen Sie diese Personen und was machen Sie mit diesen?

BF: Ich traf diese Leute zum Beispiel an der Tankstelle. XXXX half mir zum Beispiel bei der Antragsstellung zum Gewerbe, so entstand unsere Freundschaft. Ich ging einige Male mit ihm spazieren.

R: Beim BFA haben Sie noch ausgesagt, dass Sie keine österreichischen Freunde haben.

BF: Ja, das hat sich in der Zwischenzeit geändert.

R: Damals hatten Sie sich aber schon knappe zwei Jahre in Österreich aufgehalten, Sie hatten Ihr Gewerbe schon angemeldet.

BF: Damals habe ich nur die Inder und Pakistani als Freunde gehabt. Als ich das Gewerbe wieder aufnehmen wollte, hat mir XXXX wieder geholfen.

R: Haben Sie Familienangehörige in Österreich?

BF: Nein.

R: Wo wohnen Sie?

BF: Im 15. Bezirk.

R: Was ist das für eine Wohnung?

BF: Das ist eine Mietwohnung, ich zahle dafür 120 EUR im Monat.

R: Sind Sie der Hauptmieter?

BF: Nein, das ist ein anderer Inder.

R: Wer wohnt aller in dieser Wohnung?

BF: Zusammen mit drei anderen Indern, wir sind gesamt vier Leute.

R: Sind Sie in irgendwelchen Vereinen tätig oder Organisationen? Engagieren Sie sich in irgendeiner Weise sozial?

BF: Ich gehe regelmäßig in den Sikh-Tempel, um freiwillige religiöse Dienste zu verrichten und gehe auch regelmäßig in den Fitnessclub.

R: Das könnten Sie aber in Indien auch?

BF: Ja, als ich in Indien wohnte, machte ich das auch immer.

R: Möchten Sie noch etwas vorbringen?

BF: Nein.

R: Ich habe Ihnen mit der ursprünglichen Ladung einen Bericht zur allgemeinen Situation in Indien mitgeschickt, möchten Sie dazu etwas sagen?

BF: Die Situation in Indien ist zurzeit sehr schlecht. Das Drogengeschäft ist viel mehr in Punjab geworden.

R: Ist das alles?

BF: Ja, das ist alles."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Er stammt aus dem Punjab und bekennt sich zum Hinduismus. In seiner Heimat absolvierte der Beschwerdeführer zwölf Jahre die Schule. Seine Gattin, seine Tochter sowie seine Eltern halten sich weiterhin in Indien auf. Sein Vater ist als Bauunternehmer tätig. Nach der Heirat mit seiner Gattin betrieb der Beschwerdeführer in Indien ein Textilgeschäft. Weiters hat der Beschwerdeführer eine Schwester, die in Uttar Pradesch lebt. Der Beschwerdeführer reiste am 12.06.2015 mit einem Flugzeug legal aus seiner Heimat aus. Im Juli 2015 gelangte der Beschwerdeführer in das Bundesgebiet, wo er am 14.07.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer Indien verlassen habe, weil er dort einer konkreten Gefährdung ausgesetzt wäre.

Im Bundesgebiet meldete der Beschwerdeführer kurz nach seiner Einreise das Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 Kilogramm nicht übersteigt" am Standort Wien 15 an. Gegenwärtig ruht das Gewerbe, dass der Beschwerdeführer am 01.04.2018 wieder aufnehmen will, er will dann als Lieferant für den XXXX tätig werden. Mittlerweile verfügt der Beschwerdeführer über einige österreichische Bekanntschaften bzw. Freundschaften. Er lebt im 15. Wiener Gemeindebezirk, in Untermiete mit drei weiteren Indern. Im Bundesgebiet besucht der Beschwerdeführer regelmäßig den Sikh-Tempel, um freiwillige religiöse Dienste zu verrichten, weiters geht er regelmäßig in einen Fitnessclub. In sonstigen Vereinen oder Organisationen ist der Beschwerdeführer nicht tätig. Die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers sind gering, er hat einen Deutschkurs auf Niveau A1 im Jahre 2015 regelmäßig besucht. Der Beschwerdeführer ist gesund und erwerbsfähig.

Zur Lage in Indien:

Politische Lage

Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA Factbook 12.12.2016; vgl. auch: AA 16.8.2016, BBC 27.9.2016). Die - auch sprachliche - Vielfalt Indiens wird auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 27.9.2016). Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten (AA 9.2016a). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 13.4.2016). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 9.2016a).

Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster (AA 16.8.2016), der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist durchgesetzt (AA 9.2016a). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die über einen dreistufigen Instanzenzug verfügt, ist verfassungsmäßig garantiert (AA 16.8.2016). Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative (GIZ 11.2016). Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird. Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft (AA 9.2016a).

Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 13.4.2016). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene (AA 16.8.2016).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 13.4.2016). Das Präsidentenamt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 9.2016a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister (GIZ 11.2016).

Wahlen zum Unterhaus finden nach einfachem Mehrheitswahlrecht ("first-past-the-post") alle fünf Jahre statt, zuletzt im April/Mai 2014 mit knapp 830 Millionen Wahlberechtigten (AA 16.8.2016). Dabei standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber: Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der Bharatiya Janata Party (BJP - Indische Volkspartei) und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht sowie die aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangene Aam Aadmi Party (AAP) (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Abgesehen von kleineren Störungen, verliefen die Wahlen korrekt und frei (AA 16.8.2016).

Als deutlicher Sieger mit 336 von 543 Sitzen löste das Parteienbündnis NDA (AA 16.8.2016), mit der hindu-nationalistischen BJP (AA 9.2016a) als stärkster Partei (282 Sitze), den Kongress an der Regierung ab (AA 16.8.2016). Die seit 2004 regierende Kongress-geführte Koalition unter Manmohan Singh erlitt hingegen große Verluste, womit Sonia Gandhi und Sohn Rahul nun auf die Oppositionsbank rücken (Eurasisches Magazin 24.5.2014; vgl. auch:

FAZ 16.5.2014, GIZ 11.2016). Die AAP, die 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen erringen konnte, errang landesweit nun nur vier Sitze (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Der BJP Spitzenkandidat, der bisherige Ministerpräsident von Gujarat, Narendra Modi, wurde zum Premierminister gewählt (AA 16.8.2016) und steht seit 16.5.2014 (GIZ 11.2016) einem 65-köpfigen Kabinett vor (AA 16.8.2016).

Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 12.2016).

Unter Premierminister Modi betreibt Indien eine aktivere Außenpolitik als zuvor. Die frühere Strategie der "strategischen Autonomie" wird zunehmend durch eine Politik "multipler Partnerschaften" mit allen wichtigen Ländern in der Welt überlagert. Wichtigstes Ziel der indischen Außenpolitik ist die Schaffung eines friedlichen und stabilen globalen Umfelds für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Profilierung als aufstrebende Großmacht (AA 9.2016b). Ein ständiger Sitz im VN-Sicherheitsrat ist dabei weiterhin ein strategisches Ziel (GIZ 12.2016). Gleichzeitig strebt Indien eine stärkere regionale Verflechtung mit seinen Nachbarn an. Indien ist Dialogpartner der südostasiatischen Staatengemeinschaft (Association of Southeast Asian Nations - ASEAN) und Mitglied im "ASEAN Regional Forum" (ARF). Auch bilateral hat Indien in den letzten Monaten seine Initiativen in den Nachbarländern verstärkt. Überdies nimmt Indien am East Asia Summit und seit 2007 auch am Asia-Europe Meeting (ASEM) teil. In der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) hat Indien im Februar 2016 von Russland den diesjährigen Vorsitz übernommen. Bei ihrem Treffen in Ufa im Juli 2015 beschloss die Shanghai Cooperation Organisation (SCO), Indien und Pakistan nach Abschluss der Beitrittsprozeduren als Vollmitglieder aufzunehmen (AA 9.2016b).

Die Beziehungen zum gleichfalls nuklear gerüsteten Nachbarn Pakistan haben sich jüngst erneut zugespitzt. In den Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit haben sich wiederholt Phasen des Dialogs und der Spannungen bis hin zur kriegerischen Auseinandersetzung abgelöst.

Größtes Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen ist weiterhin das Kaschmirproblem (AA 9.2016b).

Indien ist durch das Nuklearabkommen mit den USA ein Durchbruch gelungen. Obwohl es sich bis heute weigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, bedeutet das Abkommen Zugang zu Nukleartechnologie. Ebenfalls positiv hat sich das Verhältnis Indiens zu China entwickelt. Zwar sind die strittigen Grenzfragen noch nicht geklärt, aber es wurden vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart, um zumindest in dieser Frage keinen Konflikt mehr herauf zu beschwören. Auch ist man an einer weiteren Steigerung des bilateralen Handels interessiert, der sich binnen eines Jahrzehnts mehr als verzehnfacht hat (GIZ 12.2016).

Die Beziehungen zu Bangladesch sind von besonderer Natur, teilen die beiden Staaten doch eine über 4.000 km lange

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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