Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des J in P, vertreten durch Mag. Christian Planinc, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Obere Schmiedgasse 7, gegen den auf Grund des Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 10. August 1999, Zl. LGS 600/ALV/1218/1999-He/Pa, betreffend Zurückzahlung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1999, Zl. 96/08/0092, zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den damals bekämpften Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf; die belangte Behörde habe - ausgehend von ihrer rechtlich unzutreffenden Annahme, dass die mit der Erzielung von Mieteinkünften verbundenen Aufwendungen (insbesondere jene, die zur Schaffung des vermietbaren Wohnraumes aufgewendet werden mussten) nicht abzugsfähig seien - die gesamten Mieteinkünfte des Beschwerdeführers in der Höhe von S 6.300,-- monatlich als "Nettomiete" der Beurteilung der Notlage des Beschwerdeführers zu Grunde gelegt.
Mit dem Ersatzbescheid vom 22. Juni 1999 hob die belangte Behörde in Stattgebung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid diesen auf; die Aufwendungen für den Erhalt der Mieteinnahmen seien so hoch, dass ein Einkommen aus der Vermietung nicht auf die Notstandshilfe des Beschwerdeführers angerechnet werden könne.
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Deutschlandsberg vom 6. Juli 1999 änderte dieses nunmehr seinen Bescheid vom 31. Mai 1995 "ab". Mit diesem war der Beschwerdeführer zur Rückzahlung unberechtigt empfangener Notstandshilfe im Gesamtbetrag von S 77.859,-- verpflichtet worden. Unter Anwendung des "§ 68 Abs. 2 AVG wurde nunmehr der Bescheid vom 31. Mai 1995 dahingehend abgeändert", dass der Rückforderungsbetrag auf S 12.700,-- herabgesetzt wurde.
Mit ihrem Bescheid vom 10. August 1999 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers nicht statt und änderte den angefochtenen Bescheid insoferne ab, als der Rückforderungsbetrag von S 12.700,-- auf S 15.477,-- erhöht wurde.
In seiner dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten darin verletzt, "dass ein zu geringer Freibetrag hinsichtlich des Einkommens der Ehegattin des Beschwerdeführers festgestellt wurde und somit ein zu hoher Betrag der dem Beschwerdeführer bei der Buchung des Notstandshilfebetrages angerechnet wird und ihn daher eine Rückzahlungsverpflichtung trifft" (Beschwerdepunkt gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG).
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde hätte nicht aufgegriffen, dass dem erstinstanzlichen Bescheid weder ein Datum noch eine "Geschäftszahl" zu entnehmen seien, zeigt er - unabhängig davon, ob dies überhaupt zutrifft - damit keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides auf; nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich weder das Datum (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1990, Zl. 89/06/0141, mwN) noch die "Geschäftszahl" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1995, Zl. 93/12/0135; die darin angestellten Überlegungen gelten auch für den Bereich des AVG) ein wesentliches Bescheidmerkmal. Am Bescheidcharakter der erstinstanzlichen Erledigung ist daher nicht zu zweifeln.
Die Beschwerde bringt weiters unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Behörde habe zusätzliche Erhebungen bezüglich der vom Beschwerdeführer getätigten Aufwendungen unterlassen; bei Durchführung dieser Erhebungen wäre sie zum Schluss gekommen, "dass diese jedenfalls ein Ausmaß erreichen, welche einen derart großen Abzug der verfahrensgegenständlichen Mieteinkünfte zur Folge hätte, dass eine Kürzung der dem Beschwerdeführer zustehenden Notstandshilfe nicht gerechtfertigt" sei. Dem ist - abgesehen vom oben bezeichneten "Beschwerdepunkt" - zu entgegnen, dass die belangte Behörde - wie die Beschwerde im Übrigen im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Rechtswidrigkeit des Inhalts des bekämpften Bescheides selbst zutreffend erkennt - davon ausgeht, dass Mieteinkünfte beim Beschwerdeführer nicht (mehr) anzurechnen seien.
Das weitere Beschwerdevorbringen bezieht sich auf die Anrechnung des Ehegatteneinkommens. Der Beschwerdeführer verweist insoweit auf § 6 Abs. 4 der Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973 idF BGBl. Nr. 533/1993 (zu der zu berücksichtigenden Gesetzeslage und zum Grundsatz der Zeitraumbezogenheit kann auf das bereits erwähnte Erkenntnis vom 16. Februar 1999 verwiesen werden).
Diese Bestimmung lautet (auszugsweise) wie folgt:
"(4) In berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. Krankheit bzw. Behinderung in der Familie, Aufwendungen aus Anlass einer Schwangerschaft oder einer Niederkunft, Aufwendungen aus Anlass von Todesfällen in der Familie, Rückzahlungsverpflichtungen für Darlehen, die aus Anlass der Gründung eines Hausstandes oder zur Beschaffung einer Wohnung aufgenommen worden sind, besondere Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens, können die im Abs. 3 angeführten Einkommensgrenzen bis zu 50 v.H. erhöht werden. ..."
Der Beschwerdeführer verweist nun darauf, dass auch seine Ehegattin Aufwendungen in der Form von Kreditrückzahlungen habe; die Aufnahme der Kredite hätten der Errichtung bzw. Renovierung von zu vermietenden Wohnräumen gedient. Es sei nun nicht einzusehen, warum diese Aufwendungen bei ihm, nicht jedoch bei seiner Ehegattin einkommensvermindernd berücksichtigt würden; es sei weiters unverständlich, warum Kreditraten für ein Darlehen, das zur Sanierung der eigenen Wohnung diene, auch bei der Ehegattin als Rückzahlungsverpflichtungen für Darlehen, die aus Anlass der Gründung eines Hausstandes oder zur Beschaffung einer Wohnung aufgenommen wurden, berücksichtigt würden, nicht jedoch die anderen Kreditraten, die als besondere Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens anzurechnen gewesen wären.
Die belangte Behörde hält dem in ihrer Gegenschrift in Übereinstimmung mit dem Inhalt des bekämpften Bescheides entgegen, dass Mieteinkünfte bei der Ehefrau des Beschwerdeführers - ebenso wie bei diesem - nicht einbezogen worden wären; als anzurechnendes Einkommen der Gattin sei nur das aus ihrem Dienstverhältnis als kaufmännische Angestellte angesehen worden.
Abgesehen davon hat der Verwaltungsgerichtshof in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 1993, Zl. 92/08/0187), dass Rückzahlungsverpflichtungen für Darlehen, die - bei Vorhandensein einer geeigneten Wohnung - für die Errichtung eines Eigenheimes aufgenommen worden sind, keine berücksichtigungswürdigen Fälle im Sinne des § 6 Abs. 4 Notstandshilfeverordnung sind. Die in diesem Erkenntnis ausgesprochenen Überlegungen (auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) sind auch auf den Beschwerdefall übertragbar; Rückzahlungsverpflichtungen für Kredite, die dem Ausbau und der Renovierung zu vermietender Wohnungen und damit der Schaffung künftiger Einkommensquellen dienen, sind nicht berücksichtigungswürdige Fälle im Sinne der erwähnten Bestimmung. Dies folgt auch im Beschwerdefall aus einem Vergleich mit den anderen, beispielsweise aufgezählten berücksichtigungswürdigen Fällen in § 6 Abs. 4 leg. cit. Auch kann bei derartigen Verbindlichkeiten, wie sie im Beschwerdefall eingegangen wurden, nicht davon gesprochen werden, dass es sich dabei um "besondere Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens" handelt, liegt doch eine (nicht ungewöhnliche) Investitionsentscheidung den Aufwendungen zu Grunde.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen im Rahmen des Beschwerdepunktes geltend gemachten Rechten nicht verletzt worden ist, so dass auch die behaupteten Verfahrensmängel nicht wesentlich sein können.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 31. März 2000
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle ErfordernisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999020345.X00Im RIS seit
11.02.2002