TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/27 W154 2189969-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.03.2018
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Entscheidungsdatum

27.03.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W154 2189969-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin im Verfahren des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Ägypten alias Algerien alias Marokko, betreffend die weitere Anhaltung in Schubhaft aufgrund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2017, Zl. 565243606/171356005-BMI-BFA-RD-ST, zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die Verfahrenspartei reiste im Jahr 2011 illegal in Österreich ein und stellte am 12.09.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, der in Folge negativ entschieden wurde. Die Entscheidung erwuchs in Folge in Rechtskraft.

Von 17.11.2011 bis 02.03.2012 war die Verfahrenspartei in Österreich meldeamtlich als obdachlos gemeldet, darüber hinaus weist die Verfahrenspartei amtliche Meldungen lediglich in polizeilichen Anhaltezentren auf.

Am 27.02.2012 stellte die Verfahrenspartei einen Asylantrag in der Schweiz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 19.06.2015, Zahl IFA: 565243606, VZ 150684964, wurde gegen die Verfahrenspartei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Zi. 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass gemäß § 46 FPG die Abschiebung der Verfahrenspartei nach Ägypten zulässig sei. Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG eine Frist von 4 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dieser Bescheid wurde der Verfahrenspartei am 19.06.2015 durch Hinterlegung im Akt zugestellt.

Vom 22.11.2016 bis 27.02.2017 befand sich die Verfahrenspartei in Schubhaft und musste aufgrund einer Aussetzung des Vorführungstermins bei der ägyptischen Botschaft aus der Schubhaft entlassen werden.

Am 03.07.2017 wurde die Verfahrenspartei in Klagenfurt angehalten und einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen. Auf Grund ihres illegalen Aufenthaltsstatus sowie des Umstandes, dass die Verfahrenspartei weder identitätsbezeugende Dokumente sowie Barmittel vorlegen konnte und über keine aufrechte Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet verfügte, wurde sie festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Klagenfurt verbracht. In der anschließenden Einvernahme zur möglichen Schubhaftverhängung gab die Verfahrenspartei an, dass sie Österreich hätte verlassen wollen, dass sie sich bereits seit 2011 in Österreich und seit 2016 in Klagenfurt aufgehalten habe, dass sie gesund sei und in Österreich keinerlei Anbindungen habe. Am 04.07.2017 wurde über die Verfahrenspartei erneut die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung nach Ägypten angeordnet. Am 10.10.2017 wurde die Verfahrenspartei aus der Schubhaft entlassen, da bis zu jenem Zeitpunkt kein Ersatzreisedokument seitens der ägyptischen Botschaft hatte erlangt werden können und keine Aussicht auf eine baldige Ausstellung eines solchen Dokumentes in Aussicht stand.

Am 29.11.2017 wurde die Verfahrenspartei in Mürzzuschlag im Zug nach Wien ohne Fahrkarte angetroffen und anschließend nach einer Kontrolle durch die Polizei gemäß des seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erlassenen Festnahmeauftrages vom 29.11.2017 festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Graz eingeliefert.

Am 30.11.2017 wurde die Verfahrenspartei seitens des BFA einvernommen. Die Einvernahme gestaltete sich insoweit schwierig, als sich die Verfahrenspartei anfänglich weigerte, die Zelle zu verlassen und zur Einvernahme zu kommen. Nach kurzer Überredung kam die Verfahrenspartei doch zur Einvernahme. Während der Einvernahme redet die Verfahrenspartei ununterbrochen in einem Mix aus deutschen Fragmenten, Arabisch, Französisch und Englisch, weshalb diese nicht zu verstehen war. Auf höfliche Zurechtweisungen reagierte sie völlig ignorant und wurde laut. Auf höfliche Bitte, die Einvernahme in Arabisch zu führen, reagierte die Verfahrenspartei mit Verweigerung. Sie stellte Forderungen und weigerte sich, mit dem Dolmetscher zu reden. Die Darlegung des Sachverhaltes unterbrach die Verfahrenspartei ständig in verschiedensten Sprachen. Die Verfahrenspartei gab unter anderem an, dass sie den Bundespräsidenten kenne, sowie dass Bundeskanzler Kern ihr Onkel und die Frau des türkischen Präsidenten ihre Tante sei. Der Sachverhalt wurde der Verfahrenspartei seitens des Dolmetschers in Arabisch vorgebracht.

Die Einvernahme wurde in Folge nach ständigen Unterbrechungen, Schreitiraden und Ignoranz des Fremden dem Einvernahmeleiter und dem Dolmetscher gegenüber abgebrochen. Im Einvernahmeprotokoll wurde des Weiteren ausgeführt, dass es sich bei der Verfahrenspartei dem Dialekt nach um einen algerischen Staatsangehörigen handeln würde, was den Schluss nahe liegen ließe, dass sich die Verfahrenspartei deshalb ständig weigere, in ihrer Muttersprache Arabisch zu antworten. Die Einvernahme wurde schließlich auf Grund des unkooperativen Verhaltens und unhöflichen Benehmens der Verfahrenspartei abgebrochen.

Mit Bescheid des BFA vom 30.11.2017,Zahl:

565243606/171334982-BMI-BFA-RD-ST, wurde über die Verfahrenspartei Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Bescheid wurde der Verfahrenspartei am 30.11.2017 zusammen mit der Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG persönlich zugestellt, wobei die Verfahrenspartei die Annahme der Schriftstücke verweigerte.

Am 02.12.2017 wurde die Verfahrenspartei aufgrund ihres renitenten Verhaltens ins Anhaltezentrum (AHZ) Vordernberg überstellt. Noch am selben Tag wurde der Verfahrenspartei vom Amtsarzt im AHZ Vordernberg auf Grund gesundheitlicher Probleme Haftunfähigkeit attestiert. Sie wurde umgehend aus der Schubhaft im AHZ Vordernberg entlassen und zur weiteren Behandlung in das LSF- Graz Süd (Landeskrankenhaus) überstellt.

Am 06.12.2017 wurde die Verfahrenspartei aus dem LSF- Graz Süd entlassen und auf Grundlage eines am selben Tag erlassenen Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG in das Polizeianhaltezentrum Graz überstellt.

Mit Bescheid des BFA vom 06.12.2017, Zahl:

565243606/171356005-BMI-BFA-RD-ST, wurde über die Verfahrenspartei die verfahrensgegenständlich zu überprüfende Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Zi 1 FPG zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Verfahrenspartei nicht österreichischer Staatsangehöriger sei, die Identität mangels entsprechender Dokumente nicht feststehe und sich die Verfahrenspartei nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte. Die Behörde habe ein Verfahren zur Beendigung des Aufenthaltes der Verfahrenspartei durchzuführen. Die Verfahrenspartei habe in Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz und keine sozialen bzw. familiären Kontakte. Sie sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert, verfüge nicht über ausreichende Barmittel, um den Lebensunterhalt zu bestreiten und sei bisher nicht freiwillig ausgereist. Sie besitze auch kein gültiges Reisedokument. Die Verfahrenspartei habe im Verfahren versucht, die wahre Identität durch äußerst unkooperatives Verhalten der Behörde gegenüber zu verschleiern. Die Behörde gehe aufgrund des Verhaltens der Verfahrenspartei von Fluchtgefahr aus, weshalb die Entscheidung, erneut Schubhaft über die Verfahrenspartei anzuordnen, verhältnismäßig, notwendig und zielführend sei. Von der Verhängung eines gelinderen Mittels sei im gegenständlichen Fall aufgrund des Umstandes, dass die Verfahrenspartei im Bundesgebiet ohne Unterstand sei und diese selbst angegeben habe, dass sie keine Möglichkeit zur geordneten Unterkunftnahme habe und die Verfahrenspartei in den Einvernahmen beharrlich versucht habe, die Behörde über deren wahre Identität im Unklaren zu lassen, abgesehen worden. Die Behörde gelange daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen würden und die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessen Verhältnis stehe und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten sei.

Dieser Bescheid wurde der Verfahrenspartei am 06.12.2017 zusammen mit der Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG persönlich zugestellt, wobei die Verfahrenspartei die Annahme der Schriftstücke verweigerte.

Am 07.12.2017 wurde die Verfahrenspartei auf Grundlage eines Überstellungsauftrages vom Polizeianhaltezentrum Graz in das Polizeianhaltezentrum Wien- Rossauer Lände überstellt. Am 20.12.2017 wurde die Verfahrenspartei in das Polizeianhaltezentrum Wien-Hernalser Gürtel überstellt, wo die Schubhaft bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt vollzogen wird.

Mit Bescheid des BFA vom 11.12.2017, Zahl:

565243606/171339739-BMI-BFA-RD-ST, wurde der Verfahrenspartei ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gegen sie gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen. Des Weiteren wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten sowie Algerien zulässig sei. Darüber hinaus wurde gegen die Verfahrenspartei ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde der Verfahrenspartei zusammen mit einer Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG persönlich am 11.12.2017 zugestellt, die Bestätigung der Übernahme der Schriftstücke sowie die Annahme der Schriftstücke wurden seitens der Verfahrenspartei verweigert.

2. Vor Ablauf der gesetzlich vorgesehenen 4- Monatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) legte das BFA den verfahrensgegenständlichen Akt zur Durchführung der vorgesehenen Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Verlängerung der aufrechten Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. In der angeschlossenen abschließenden Stellungnahme wurde seitens des BFA explizit darauf hingewiesen, dass aufgrund des Ergebnisses der Einvernahme am 30.11.2017 im Polizeianhaltezentrum Graz am 01.12.2017 seitens des BFA Verfahren zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes für die Staaten Algerien, Marokko und Tunesien gestartet worden seien. Eine negative Identifizierung durch die tunesische Botschaft in Wien sei bereits erfolgt. Identifizierungen durch die Staaten Marokko und Ägypten würden seitens der zuständigen Abteilung des BFA nach wie vor urgiert. Eine Vorführung zur Identifizierung durch die algerische Botschaft sei am 22.01.2018 erfolgt. Ein Ergebnis sei noch ausständig, da laut Mitteilung der zuständigen Abteilung des BFA noch Erhebungen durch die algerischen Behörden in Algerien notwendig seien und diese in der Regel ca. 3-4 Monate benötigen würden, in Ausnahmefällen auch länger.

Die Verfahrenspartei versuche, ihre wahre Identität zu verschleiern, indem sie dem Dolmetscher keine Antworten in der Muttersprache Arabisch habe geben wollen, um so eine Feststellung ihrer Herkunft durch den Dolmetscher zu verhindern. Es werde festgehalten, dass es sich bei der Person der Verfahrenspartei laut Einvernahme vom 30.11.2017 im PAZ Graz mit allergrößter Wahrscheinlichkeit um einen algerischen Staatsangehörigen handeln dürfte. Es sei zusammenfassend davon auszugehen, dass die Verfahrenspartei dieses unkooperative Verhalten nur deswegen gesetzt habe, um zum einen einer Identifikation seiner Person entgehen zu können, um wieder auf freien Fuß entlassen zu werden und um ihren erwiesener Maßen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet weiter fortsetzen zu können.

Auf Grund all dieser Tatsachen sei in jenem Fall schlüssiger Weise eine hohe Fluchtgefahr angenommen worden. Da es sich bei der Verfahrenspartei mit aller Wahrscheinlichkeit um einen algerischen Staatsbürger handele, wird die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für Algerien als sehr wahrscheinlich angenommen. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien seitens der Behörde bereits drei Schubhaftprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG erfolgt, wobei jedes Mal festgestellt worden sei, dass die Schubhaft nach wie vor aus den im Schubhaftbescheid vom 06.12.2017 angeführten Gründen unbedingt erforderlich sei und kein gelinderes Mittel anwendbar scheine. Da nun die Ausstellung eines Heimreisezertifikates von der algerischen Botschaft als wahrscheinlich angesehen werde, sei nach Ansicht der Behörde die Anhaltung gemäß § 76 Abs. 2 Z1 FPG weiterhin erforderlich, zumal von der Verfahrenspartei in Gesamtschau ihres an den Tag gelegten Verhaltens eine erhebliche Fluchtgefahr ausgehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Allgemein:

Die Verfahrenspartei befindet sich seit 06.12.2017 in Schubhaft. Die gesetzliche Viermonatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) läuft am 06.04.2018 ab.

Der der laufenden Haft zugrunde liegende Schubhaftbescheid ist nicht in Beschwerde gezogen worden.

Mit Bescheid des BFA vom 11.12.2017, Zahl:

565243606/171339739-BMI-BFA-RD-ST, wurde der Verfahrenspartei ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gegen sie gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen. Des Weiteren wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten sowie Algerien zulässig sei. Darüber hinaus wurde gegen die Verfahrenspartei ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde der Verfahrenspartei zusammen mit einer Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG persönlich am 11.12.2017 zugestellt, die Bestätigung der Übernahme der Schriftstücke sowie die Annahme der Schriftstücke wurden seitens der Verfahrenspartei verweigert. Der Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs zwischenzeitig in Rechtskraft.

Im Übrigen hat sich keine Änderung der Umstände für die seinerzeitige Verhängung der Schubhaft im Verfahren ergeben.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

Gesundheitszustand bzw. Haftfähigkeit:

Die Verfahrenspartei weist Verhaltensauffälligkeiten auf. Ihr wurden deshalb seitens des Amtsarztes Medikamente verordnet, deren Einnahme die Verfahrenspartei von Anbeginn der Schubhaft verweigert. Die Verfahrenspartei verweigert auch immer wieder amtsärztliche Kontrollen, er verhält sich jedoch gegenwärtig im Alltag weitgehend unauffällig. Die Haftfähigkeit der Verfahrenspartei ist zum Entscheidungszeitpunkt gegeben.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung :

Die Verfahrenspartei wurde am 21.01.2018 einer Delegation der algerischen Botschaft zum Zweck der Identitätsprüfung vorgeführt. Die endgültige Identifizierung seitens der algerischen Botschaft liegt noch nicht vor, eine solche ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht unwahrscheinlich. Nach erfolgter Identifizierung ist mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates erfahrungsgemäß zeitnah zu rechnen.

Privat- und Familienleben:

Die Verfahrenspartei hat keine Familienangehörigen oder sonstige soziale Kontakte im Bundesgebiet und ist in Österreich nicht erwerbstätig. Sie verfügt kaum über Barmittel und ist daher nicht selbsterhaltungsfähig. Sie war zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft meldebehördlich im Bundesgebiet nicht registriert.

Öffentliche Interessen:

Die Verfahrenspartei stellte am 12.09.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, der in Folge negativ entschieden wurde. Die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft. Die Verfahrenspartei ist in Folge in die Schweiz weitergereist, wo sie einen Asylantrag stellte, und reiste in Folge abermals in das Bundesgebiet ein, wo sie sich - außer während behördlich angeordneter Anhaltungen - im Verborgenen aufhielt. Während der Einvernahme am 30.11.2017 zur Anordnung einer neuerlichen Schubhaft verhielt sich die Verfahrenspartei dem Behördenvertreter und dem Dolmetscher gegenüber im höchsten Maß unkooperativ und versuchte durch ungebührliches Verhalten insbesondere die Feststellung ihrer Identität und sohin in weiterer Folge die zügige Erlangung eines Ersatzreisedokumentes zu vereiteln.

2. Beweiswürdigung:

Die Angaben über den Verfahrensgang und die hierzu ergangenen Feststellungen beziehen sich auf die Angaben im vorliegenden Akt. Unter Heranziehung der Bestimmungen zur Fristenberechnung gemäß § 32 AVG ergibt sich, dass der Ablauf der Viermonatsfrist auf den 06.04.2018 fällt.

Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft ergibt sich, dass der Verfahrenspartei mit Bescheid des BFA vom 11.12.2017, Zahl:

565243606/171339739-BMI-BFA-RD-ST, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gegen sie gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen wurde. Des Weiteren wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten sowie Algerien zulässig sei. Darüber hinaus wurde gegen die Verfahrenspartei ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde der Verfahrenspartei zusammen mit einer Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG persönlich am 11.12.2017 zugestellt, die Bestätigung der Übernahme der Schriftstücke sowie die Annahme der Schriftstücke wurden seitens der Verfahrenspartei verweigert.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der seinerzeitige Schubhaftbescheid nicht in Beschwerde gezogen wurde. Ebenso konnte aufgrund der Aktenlage festgestellt werden, dass sich die wesentlichen Umstände im Rahmen der Schubhaft seit der seinerzeitigen Verhängung der Schubhaft durch Bescheid, nicht verändert haben. Die Rückkehrentscheidung vom 11.12.2017 ist durchsetzbar.

Die Feststellungen zum aktuellen Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit ergeben sich aus dem Verfahrensakt sowie einem seitens des erkennenden Gerichts aktuell angeforderten Auszug aus dem Krankenakt der Verfahrenspartei.

Die Feststellung, dass die Verfahrenspartei der algerischen Botschaft bereits vorgeführt wurde, ergibt sich aus den Unterlagen im Akt sowie aus der mit 19.03.2018 datierten Stellungnahme des BFA. Das Ermittlungsverfahren hat hierzu keine anderslautenden Hinweise ergeben.

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben der Verfahrenspartei sowie über deren kaum vorhandenen Barmittel und deren mangelnde Fähigkeit, sich in Österreich selbst zu erhalten, ergeben sich im Wesentlichen aus den unwidersprochen gebliebenen Angaben im Schubhaftbescheid sowie aus dem Verfahrensakt.

Die Feststellung zum mangelnden Kooperationswillen der Verfahrenspartei ergibt sich aus dem Verfahrensakt. Die Verfahrenspartei hat im Verfahren mehrfach versucht, falsche Angaben insbesondere zu seiner Staatsangehörigkeit zu geben, weshalb davon auszugehen ist, dass dies unter anderem bewusst zur Erschwerung bzw. Vereitelung der Abschiebung aus Österreich geschehen ist. Es ist auch damit zu rechnen, dass die Verfahrenspartei in Freiheit belassen - wie schon vor seiner Inschubhaftnahme - untertauchen würde, um die eigene Abschiebung zu vereiteln. Des Weiteren hat die Verfahrenspartei auch versucht, durch ungebührliches Verhalten eine Einlieferung in ein Landeskrankenhaus und so eine mögliche Entlassung aus der Schubhaft zu erwirken, um so gegebenenfalls einer Abschiebung zu entgehen oder diese zumindest zu erschweren. Aufgrund dieses Verhaltens der Verfahrenspartei ist das öffentliche Interesse einer gesicherten Außerlandesbringung der Verfahrenspartei nach wie vor gegeben und die Fortsetzung der Schubhaft auch weiterhin verhältnismäßig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.1.2. Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Andernfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene Viermonatsfrist hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Betrachtet man die Interessen der Verfahrenspartei an den Rechten ihrer persönlichen Freiheit in Bezug auf ihre familiären bzw. sozialen Verhältnisse so zeigt sich, dass die Verfahrenspartei im Bundesgebiet weder über Familienangehörige noch über sonstige Kontaktpersonen verfügt. Die Verfahrenspartei ist zudem in Österreich nicht legal erwerbstätig. Sie hat letztendlich gar keine Anknüpfungspunkte zu Österreich und verfügt auch über keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet. Die Verfahrenspartei verfügt kaum über Barmittel und brachte keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage. Sie ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig. Außerdem tauchte die Verfahrenspartei nach Abschluss ihres Asylverfahrens unter und war auch sonst für die Behörden nicht greifbar, woraus zu schließen ist, dass die Verfahrenspartei nicht willig zur Kooperation mit den Behörden ist. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass (wenn überhaupt) lediglich geringe soziale Bindungen der Verfahrenspartei zu Österreich entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass die Verfahrenspartei durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt ist, zumal die Verfahrenspartei auch diesbezüglich einer engmaschigen medizinischen Kontrolle unterliegt.

Aufgrund der dem Gericht vorgelegten Stellungnahme des BFA lässt sich aus derzeitiger Sicht auch erkennen, dass eine zügige Außerlandesbringung der Verfahrenspartei als nicht unwahrscheinlich anzusehen ist. So wurde die Verfahrenspartei schon der algerischen Botschaft vorgeführt und die Ermittlungen zur Feststellungen der tatsächlichen Staatsangehörigkeit sind im Laufen. Dabei muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es ausschließlich durch das ungebührliche Verhalten der Verfahrenspartei im Verfahren es bislang zu einer Verzögerung bei der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes gekommen ist.

Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung der Verfahrenspartei nach heutigem Wissensstand zeitnah realistisch erscheint.

Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft, einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen ist. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung der Verfahrenspartei durchzuführen sein. Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass eine weitere Fortsetzung der Schubhaft durch Überschreitung der Viermonatsfrist des § 80 FPG weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch die Voraussetzungen für eine nunmehr über die Viermonatsfrist hinausgehende Schubhaft weiter vorliegen.

3.2. Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, war die Revision daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Amtswegigkeit, Einvernahme, Fluchtgefahr, gesundheitliche
Beeinträchtigung, Haftfähigkeit, Identität, Mitwirkungspflicht,
Schubhaft, Sicherungsbedarf, Staatsangehörigkeit, Überprüfung,
Verhältnismäßigkeit, Verschleierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2189969.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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