TE Bvwg Beschluss 2018/3/29 W195 2189127-1

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Veröffentlicht am 29.03.2018
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Entscheidungsdatum

29.03.2018

Norm

B-VG Art.130 Abs1 Z2
B-VG Art.131 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W195 2189127-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Maßnahmenbeschwerde der XXXX, vertreten durch XXXX, XXXX, vom XXXX gegen die Mitteilung über das Bestehen einer Notifizierungspflicht bei bestimmten Abfällen beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin beantragte mit Eingabe vom XXXX bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß

§ 6 Abs. 1 Z 2 und 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) hinsichtlich bestimmter Abfälle (Verschnittmaterial aus der Herstellung von beschichtetem Papier).

1.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom XXXX (idF eines Berichtigungsbescheides vom XXXX), GZ. XXXX, wurde aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin festgestellt, dass es sich bei den in Rede stehenden Abfällen um Kunststoffabfälle handle (Spruchpunkt a.), die Zuordnung dieser Abfälle zum Code 070213 gemäß europäischem Abfallverzeichnis und der Abfallschlüsselnummer 57119 gemäß ÖNORM S 2100 iVm der Abfallverzeichnisverordnung zu erfolgen habe (Spruchpunkt b.), diese Abfälle der grünen Liste Gruppe B 3010 gemäß Anhang III der

EU-Abfallverbringungsverordnung zuzuordnen seien und damit keiner Notifizierungspflicht gemäß dieser Abfallverbringungsverordnung unterliegen würden (Spruchpunkt c.).

1.3. Mit Bescheid vom XXXX, GZ. XXXX, änderte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom XXXX im Spruch dahingehend ab, dass es sich bei den in Rede stehenden Abfällen, welche einen Mittelwert der Nicht-Biomasse (Kunststoff) von 68,1 % ± 4,3 %, einen Anteil von Biomasse (Papier) von im Mittel 27,0 % ± 2,6 % und einen Gehalt an Aluminium von durchschnittlich 1,7 % aufweisen würden, um Materialverbunde aus Kunststoff, Cellulose und Metall handle (Spruchpunkt a.), die Zuordnung dieser Abfälle zum Code 070213 gemäß dem Europäischen Abfallverzeichnis und der Abfallschlüsselnummer 57129 gemäß ÖNORM S 2100 idF gemäß Anlage 5, Ziffer III der Abfallverzeichnisverordnung zu erfolgen habe (Spruchpunkt b.) und diese Abfälle nicht als Einzeleintrag in Anhang III, IIIB, IV oder IVA eingestufte Abfälle gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. b) Z iii) EG-Verbringungsverordnung darstellen und damit dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung gemäß der EG-Verbringungsverordnung unterliegen würden (Spruchpunkt c.).

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht XXXX.

1.4. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes XXXX vom XXXX,

GZ. XXXX, wurde dieser Beschwerde stattgegeben, der bekämpfte Bescheid des Bundesministers vom XXXX behoben (Spruchpunkt I.) und die ordentliche Revision zugelassen (Spruchpunkt II.).

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

1.5. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX, Ro XXXX, wurde das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes XXXX vom XXXX wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

2.1. Mit an die Beschwerdeführerin gerichtetem E-Mail vom XXXX führte das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus aus, dass die erfolgte Aufhebung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes XXXX vom XXXX durch den Verwaltungsgerichtshof dazu geführt habe, dass seitens des Bundesministeriums, jedenfalls bis zu einer allfälligen Erlassung einer anders lautenden Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht, nunmehr von einer Notifizierungspflicht der in Rede stehenden Abfälle ausgegangen werde. Jede weitere grenzüberschreitende Verbringung derartiger Abfälle ohne Notifizierung und ohne die erforderlichen Zustimmungen der beteiligten Behörden werde zur Anzeige gebracht.

2.2. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob die Beschwerdeführerin dagegen die nunmehr verfahrensgegenständliche Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, welche sie unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einbrachte. Die Beschwerdeführerin erachte sich durch den "Befehl" (der am selben Tag vor Übermittlung des E-Mails auch telefonisch gegeben worden sei), anfallende Abfälle gemäß EU-Abfallverbringungsverordnung zu notifizieren und die damit zusammenhängende Androhung einer Anzeige, als in ihren subjektiven Rechten verletzt. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes ergebe sich im vorliegenden Fall, da die gegenständlichen Fragen der abfallwirtschaftsrechtlichen Notifizierungspflicht Gegenstand der unmittelbaren Bundesverwaltung seien. Die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus sei für die Bewilligung und Überprüfung von Abfallimporten und -exporten offenbar nicht unzuständige Behörde.

Die Beschwerdeführerin stellte die Anträge, die angefochtenen Verwaltungsakte für rechtswidrig zu erklären und dem Bund den Ersatz der verzeichneten Kosten binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution aufzutragen.

3. Mit Datum vom XXXX langte die verfahrensgegenständliche Maßnahmenbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

Gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3); gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 2 B-VG (Z 4). Gemäß Abs. 2 ist es darüber hinaus möglich, durch Bundes- oder Landesgesetz sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze (Z 1) oder Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens (Z 2) oder Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten (Z 3) vorzusehen.

Das Verwaltungsgericht des Bundes erkennt gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG, soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens seine Zuständigkeit zu prüfen und eine etwaige Unzuständigkeit wahrzunehmen (VwGH 29.10.2015, Ro 2015/07/0019).

Das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 wird nicht unmittelbar von Bundesbehörden und damit in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen (vgl. Art. 131 B-VG). Sachlich zuständiges Verwaltungsgericht ist daher ausnahmslos das Landesverwaltungsgericht (Bumberger/Hochholdinger/Niederhuber/Wolfslehner, Abfallwirtschaftsgesetz 2002² [2014], § 87c K9). Dies gilt auch dann, wenn die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Abfallverbringung entscheidet. Vor dem Hintergrund, dass auch gegen diesbezüglich von der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus erlassene Bescheide die Landesverwaltungsgerichte anzurufen sind (vgl. Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 [2015], § 87c Rz 10 mwN), fallen in deren Zuständigkeit jedenfalls auch Maßnahmenbeschwerden gegen (seitens der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus) in diesem Zusammenhang allfällige gesetzte Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

Einem Bundesminister "im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung" - in einem bestimmten Ausmaß und unter Einhaltung sonstiger verfassungsrechtlicher Vorgaben - Agenden zur Besorgung in erster Instanz zu übertragen, ist verfassungsrechtlich zudem auch nicht ausgeschlossen (vgl. VfGH 10.10.2017, G419/2016).

Die gegenständliche - ausdrücklich und ausschließlich - an das Bundesverwaltungsgericht gerichtete Maßnahmenbeschwerde ist unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes daher zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung hat die Zurückweisung der Beschwerde infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zum Inhalt und folgt dabei den diesbezüglich eindeutigen verfassungsgesetzlichen Vorgaben, sodass schon deshalb nicht von einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, ausgegangen werden kann (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage [trotz allenfalls fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes] VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Kompetenzlage, Landesverwaltungsgericht, Maßnahmenbeschwerde,
mittelbare Bundesverwaltung, Unzuständigkeit BVwG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W195.2189127.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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