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50/01 GewerbeordnungNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litaLeitsatz
Abweisung eines Eventualantrags des VwGH auf Aufhebung einer Bestimmung der GewO 1994 betreffend die Voraussetzungen für die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers zur Sicherstellung der verwaltungsrechtlichen Verantwortlichkeit und zur Vermeidung des Scheingeschäftsführerwesens; kein Verstoß gegen das Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Zurückweisung des Hauptantrags als zu eng gefasstRechtssatz
Hauptantrag des VwGH auf Aufhebung von §39 Abs2 dritter, vierter und sechster Satz GewO 1994 zu eng gefasst; untrennbarer Zusammenhang zum fünften Satz des §39 Abs2 GewO 1994; im Fall der Aufhebung wäre - nachdem der verweisende fünfte Satz in Folge der Aufhebung zweier Sätze selbst zum dritten Satz geworden ist - nicht mehr ersichtlich, auf welchen Arbeitnehmerbegriff verwiesen wird bzw unter welchen Voraussetzungen das Vorliegen eines Arbeitnehmers "im Sinne des dritten Satzes" zu bejahen ist.
Abweisung des - zulässigen - Eventualantrags auf Aufhebung des §39 Abs2 GewO 1994.
Kein Verstoß gegen die Erwerbsfreiheit.
§39 Abs2 dritter Satz GewO 1994 bewirkt einen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und bildet insofern eine Ausübungsbeschränkung, als Gewerbeinhaber wie die Revisionswerberin darin beschränkt werden, eine von ihr gewählte Person zum (obligatorischen) gewerberechtlichen Geschäftsführer zu ernennen, sofern diese nicht die Anforderungen des §39 Abs2 dritter Satz GewO 1994 - handelsrechtlicher Geschäftsführer oder ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer - erfüllt.
Diese Beschränkung verfolgt - neben dem allgemeinen Ziel des Schutzes vor Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit sowie der Konsumenten durch die Reglementierung bestimmter Tätigkeiten und das Erfordernis eines Befähigungsnachweises in der GewO - insbesondere das - im öffentlichen Interesse gelegene - Ziel, sicherzustellen, dass eine zur redlichen fachkundigen Ausübung des Gewerbes geeignete und dafür verantwortliche Person im gewerberechtlichen Betrieb vorhanden ist, die durch entsprechende Betätigung im Betrieb auch dazu in der Lage ist, diese Verantwortung wahrzunehmen. Die verwaltungsrechtliche Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes bzw für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften erfordert es daher, dass sich der Geschäftsführer entsprechend im Betrieb betätigt. Die Normierung der zusätzlichen Voraussetzungen des §39 Abs2 dritter Satz GewO dient folglich vor allem dazu, den gewerberechtlichen Geschäftsführer - alleine durch seine Stellung im Unternehmen - verstärkt und enger als nach der früheren Rechtslage an das Unternehmen zu binden und damit sicherzustellen, dass dieser im Betrieb über die für seine Verantwortlichkeit notwendigen Beobachtungs-, Informations- und Handlungsmöglichkeiten verfügt. Gleichzeitig sollte damit auch dem Scheingeschäftsführerwesen entgegengewirkt werden.
Die Bestimmung des §39 Abs2 dritter Satz GewO 1994 ist durch die Normierung der zusätzlichen Voraussetzung dazu geeignet, diese im öffentlichen Interesse gelegenen Ziele zu erreichen, da bereits die "typisierte" Betrachtung der Stellung dieser Personen im Unternehmen erwarten lässt, dass diese sich im Unternehmen ausreichend betätigen.
Verhältnismäßigkeit der Regelung.
Dem Gesetzgeber ist bei der Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf beschränken. Ihm steht daher grundsätzlich auch eine Wertung dahingehend zu, welche Funktionen im Unternehmen bereits alleine aus ihrer Stellung eine ausreichende Betätigung im Unternehmen erwarten lassen, ohne dass es zur Sicherstellung einer solchen Betätigung einer lückenlosen und flächendeckenden Kontrolle durch die Verwaltungsbehörden bedürfte.
Durch die "typisierte" Betrachtung sowie die taxative Aufzählung dieser Funktionen wird eine Kontrolle sämtlicher Geschäftsführertätigkeiten durch die Gewerbebehörde entbehrlich, weil sichergestellt ist, dass jedenfalls eine Person als gewerberechtlicher Geschäftsführer vorhanden ist, die sich im Betrieb - entsprechend ihrer gewerberechtlichen Verantwortlichkeit für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes bzw für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften - betätigt. Im Hinblick auf die genannten Zielsetzungen, die der Gesetzgeber mit der angefochtenen Bestimmung verfolgt, kann der VfGH nicht finden, dass der Gesetzgeber seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum überschritten hätte.
Schlagworte
Gewerberecht, Gewerbeberechtigung, Handelsrecht, Erwerbsausübungsfreiheit, Verhältnismäßigkeit, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2018:G227.2017Zuletzt aktualisiert am
30.07.2019