TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/7 98/19/0232

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2000
beobachten
merken

Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §23 Abs5;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde der am 19. März 1967 geborenen AB in Wien, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juni 1998, Zl. 123.341/2-III/11/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 25. September 1997 (Einlangen beim Landeshauptmann von Wien am 7. Oktober 1997) die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.

Dieser gemäß § 112 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) als solcher auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gewertete Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juni 1998 gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei am 21. Dezember 1995 unrechtmäßig nach Österreich eingereist und habe am 22. Dezember 1995 einen Asylantrag gestellt. Die Beschwerdeführerin sei während der Dauer ihres Asylverfahrens nicht vorläufig zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen. In der Folge sei dieser Asylantrag in beiden Instanzen abgewiesen worden. Der dagegen eingebrachten Beschwerde der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof sei die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt worden.

Der in Rede stehende Antrag sei vom Ehegatten der Beschwerdeführerin bei der österreichischen Botschaft in Rom eingebracht worden, während die Beschwerdeführerin sich im Bundesgebiet aufgehalten habe. Gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 hätte die Beschwerdeführerin aber den gegenständlichen Erstantrag vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen gehabt. Diese Voraussetzung habe die Beschwerdeführerin nicht erfüllt, weshalb ihr Antrag abzuweisen gewesen sei.

§ 14 Abs. 2 FrG 1997 entspreche im Wesentlichen dem § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG). In ständiger Rechtsprechung habe der Verwaltungsgerichtshof zur letztgenannten Bestimmung judiziert, dass die Antragstellung vor der Einreise auch für ehemalige Asylwerber - trotz eventueller Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz - von wesentlicher Bedeutung sei. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Da dem Gesetzgeber des FrG 1997 - Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus den Materialien - nicht zu unterstellen sei, dass die Beweggründe zur Erlassung des § 14 Abs. 2 FrG 1997 einen anderen Hintergrund hätten als die, die zur Erlassung des § 6 Abs. 2 AufG geführt hätten, könne davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin auch im Hinblick auf Art. 8 MRK entbehrlich sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 14 Abs. 2 und § 23 Abs. 1 und 5 FrG 1997 lauten (auszugsweise):

"§ 14. ...

(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; ...

...

§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. ...

...

(5) Eine weitere Niederlassungsbewilligung ist auch solchen Fremden auf Antrag zu erteilen, die auf Dauer niedergelassen bleiben, für die Niederlassung aber deshalb bisher keiner Niederlassungsbewilligung bedurften, weil sie auf Grund des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, zum dauernden Aufenthalt berechtigt waren, oder weil sie Niederlassungsfreiheit genossen; die Abs. 2 und 4 gelten."

Die Beschwerdeführerin behauptet, es sei ihr bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens vor den Verwaltungsbehörden eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, diesbezügliche Feststellungen zu treffen. Der Umstand sei auch wesentlich, weil damit keine Erstantragstellung vorliege. Selbst wenn man aber die Meinung vertreten wollte, dass die belangte Behörde ihren Antrag zu Recht als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gewertet habe, hätte die Beschwerdeführerin dem § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 Genüge getan, weil ihr Ehegatte den Antrag ohnedies bei der österreichischen Botschaft in Rom übergeben habe. Es wäre der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihr "laufendes Asylverfahren" unzumutbar gewesen, persönlich ins Ausland zu reisen, um den Niederlassungsantrag zu stellen. Schließlich sei der belangten Behörde die Verletzung von Verfahrensvorschriften vorzuwerfen, weil sie es unterlassen habe, auf die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin einzugehen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 4. Februar 2000, Zl. 98/19/0317, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, darlegte, eröffnet auch der Umstand, dass ein Fremder während der Dauer seines Asylverfahrens zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, nicht die Möglichkeit der Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 5 FrG 1997. Dies gilt auch dann, wenn der Fremde im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im Niederlassungsverfahren noch vorläufig aufenthaltsberechtigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2000, Zl. 99/19/0207). Umso weniger könnte daher der von der Beschwerdeführerin hier behauptete Umstand, sie sei, wenn auch nicht bei Erlassung des angefochtenen Bescheides, so doch noch im Zeitpunkt ihrer Antragstellung vorläufig aufenthaltsberechtigt gewesen, zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung an sie führen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 25. Februar 2000 ausführte, handelt es sich bei Fremden, die nach dem Asylgesetz 1991 oder 1997 vorläufig aufenthaltsberechtigt waren, nicht um solche, die im Sinne des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 bereits niedergelassen sind und bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigten.

Demnach war für die Beschwerdeführerin § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 maßgebend. Diese Anordnung gilt nämlich sowohl für Fremde, die vor ihrer Antragstellung auf Erteilung einer Bewilligung während der Dauer eines Asylverfahrens vorläufig aufenthaltsberechtigt waren, als auch für solche, die während der Anhängigkeit eines Asylverfahrens aufenthaltsberechtigt sind (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2000).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/19/0269, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführte, ist § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 als Anordnung an die entscheidende Behörde aufzufassen, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten ist. Für die Beurteilung des Vorliegens der in Rede stehenden Erfolgsvoraussetzung ist ungeachtet des Zeitpunktes der Antragstellung die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgebend. Wie in diesem Erkenntnis weiters ausgeführt wurde, weist § 14 Abs. 2 FrG 1997 keine Regelungslücke in Ansehung von Personen auf, die vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes nach Österreich eingereist sind.

Weiters ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Erfolgsvoraussetzung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 nicht Genüge getan, wenn der Antrag durch einen Vertreter im Ausland gestellt wird, während sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1999, Zlen. 99/19/0068, 0069).

Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4. Februar 2000, Zl. 98/19/0317, ausgeführt, dass der Gesetzgeber des § 14 Abs. 2 FrG 1997 auf die während eines berechtigten Aufenthaltes nach dem Asylgesetz 1991 oder 1997 begründeten privaten und familiären Interessen eines Fremden im Inland Bedacht genommen und sich bewusst dafür entschieden hat, die Antragstellung vom Inland aus nur im Falle des Verlustes des Asyls zu erlauben. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 MRK durch die Niederlassungsbehörde kam daher - selbst unter dem Gesichtspunkt des von der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof behaupteten vorläufigen Aufenthaltsrechtes während der Dauer ihres Asylverfahrens - nicht in Betracht.

Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber die Antragstellung vom Inland auf Fälle des Verlustes von Asyl beschränkt hatte, sind beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden. Die auch vom Fremdengesetz 1997 verfolgte Zielvorstellung, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch die Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutze der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, Asylwerber in Ansehung ihrer privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als Fremde, die erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragen. Eine Einschränkung eines allenfalls durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes der Beschwerdeführerin auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch ihren Voraufenthalt begründeten persönlichen Interessen durch die vorliegende, auf § 14 Abs. 2 FrG 1997 gestützte Entscheidung erweist sich aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK als gerechtfertigt (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 4. Februar 2000).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 7. April 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998190232.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten