Entscheidungsdatum
22.03.2018Norm
BBG §40Spruch
W255 2168254-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Vorsitzenden und den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Rainer GEISSLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 24.07.2017, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 20.06.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet), einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO, welcher auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde. Sie legte ihrem Antrag ein Konvolut an medizinischen Befunden und Unterlagen bei.
2. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 24.07.2017 ein. In diesem wurden nach einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungeb den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Kniegelenksarthrose links mehr als rechts Wahl dieser Positionsnummer mit dem unteren Rahmensatz, da nur links Beugehemmung besteht
05.02.19
20
2
Incipiente Coxarthrose rechts Wahl dieser Position mit dem untern Rahmensatz, da ohne relevanter Beweglichkeitseinschränkung
02.05.07
10
zugeordnet und
nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Begründend führt der Sachverständige aus, dass das führende Leiden 1 durch Leiden 2 nicht erhöht werde, da eine zu geringe funktionelle Relevanz vorliege.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24.07.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da die Beschwerdeführerin mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 20 v. H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das ärztliche Sachverständigengutachten vom 24.07.2017, wonach der Grad der Behinderung 20 v.H. betrage. Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 03.08.2017 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ihr ihre Knie und Hüften Probleme bereiten würden. Ein normales Ausgehen sei ohne die Injektion von Schmerzmitteln überhaupt nicht möglich. Sie verwende eine Kniebandage sowie eine Krücke und nehme Massagen in Anspruch und sei in ärztlicher Behandlung. Sie habe sich nach einem Sturz auch die große Zehe gebrochen und könne keine normalen Schuhe tragen. Weiters sei sie für eine Operation angemeldet, doch die Wartezeiten hierfür seien lang. Aufgrund ihrer Behinderung könne sie keine langen Wegstrecken zurücklegen. Das Auto sei ihr aber eine große Hilfe. Die öffentlichen Verkehrsmittel könne sie nicht nutzen.
Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht gestellt.
5. Mit Schreiben vom 14.08.2017 legte die Beschwerdeführerin weitere Befunde vor.
6. Am 21.08.2017 wurde der Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
7. Mit Schreiben vom 28.08.2017 verständigte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführerin, dass die Beschwerde am 22.08.2017 eingelangt ist und von diesem Zeitpunkt an keine neuen Tatsachen und Beweismittel mehr vorgebracht werden dürfen.
8. Die Beschwerdeführerin legte in weiterer Folge neue Befunde vor.
9. Anlässlich des Beschwerdevorbringens holte das Bundesverwaltungsgericht ein weiteres Sachverständigengutachten der Fachrichtung Orthopädie ein.
Im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.12.2017, wurden auf Basis einer persönlichen Untersuchung folgende Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Einschätzung des Grades der Behinderung:
Pos.Nr.
GdB %
1
Knietotalendoprothese links, beginnende Kniegelenksarthrose rechts Unterer Rahmensatz, da komplikationsloser Verlauf linkes Kniegelenk, rechts keine relevante funktionelle Einschränkung feststellbar.
02.05.19
20
2
Beginnende Hüftgelenksarthrose Unterer Rahmensatz, da ohne relevante Beweglichkeitseinschränkung
02.05.07
10
3
Bluthochdruck Wahl dieser Position, da unter medikamentöser Therapie stabil.
05.01.01
10
zugeordnet und
nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. eingeschätzt. Begründend führte die Sachverständige aus, dass Leiden 1 durch Leiden 2 nicht erhöht werde, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliege. Leiden 3 erhöhe ebenfalls nicht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung von Leiden 1 vorliege.
10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.01.2018 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.
11. Die Beschwerdeführerin brachte am 12.02.2018 eine Stellungnahme ein, in welcher sie im Wesentlichen ausführt, dass sie im linken Knie eine Prothese eingesetzt bekommen habe. Nach der Rehabilitation habe sie Probleme beim Gehen und beim Stiegensteigen und müsse immer noch mit Krücken gehen. Im Knie habe sie Schmerzen und verspüre einen großen Druck. In der rechten Hand habe sie ein Karpaltunnelsyndrom, sodass ihr die Finger einschlafen würden und sie kein Gefühl darin habe. Durch ihre Behinderung fühle sie sich krank und unsicher.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin brachte am 20.06.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO ein, welcher von der belangten Behörde auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde.
Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Gesundheitsschädigungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Knietotalendoprothese links, beginnende Kniegelenksarthrose rechts;
2) Beginnende Hüftgelenksarthrose;
3) Bluthochdruck.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 20 v. H.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.12.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages und dessen Wertung durch die belangte Behörde basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden ZMR Auszug und ihren eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Die österreichische Staatsbürgerschaft ergibt sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen der Antragstellung.
Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.12.2017. In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Untersuchung auseinander. Die getroffene Einschätzung, basierend auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden, entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Führendes Leiden der Beschwerdeführerin ist eine Knietotalendoprothese links und beginnende Kniegelenksarthrose rechts. Die Gutachterin ordnete diese Funktionseinschränkung korrekt der Positionsnummer 02.05.19 zu, welche beidseitige Funktionseinschränkungen geringen Grades der Kniegelenke betrifft. Im rechten Knie ist in Übereinstimmung mit den Kriterien der gewählten Positionsnummer eine aktive Beweglichkeit von 0-0-130° gegeben. Die Beweglichkeit des linken Knies beträgt aktuell 0-10-40°, jedoch ist hierbei zu beachten, dass links ein postoperativer Status vorliegt, bei dem von keiner Verschlechterung auszugehen ist. Allgemein gilt, dass eine einschätzungsrelevante Behinderung nur dann vorliegt, wenn die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen besteht, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. Darüber hinaus ist die Beschwerdeführerin in der Lage frei zu stehen, die Beinlänge ist ident und es liegen symmetrische Muskelverhältnisse vor.
Weiters wurde auch die beginnende Hüftgelenksarthrose rechts in dem Gutachten entsprechend berücksichtigt und korrekt der Positionsnummer 02.05.07 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, welche einseitige Funktionseinschränkungen geringen Grades betrifft. Bei der Beurteilung kommt es hierbei maßgebend auf die Streck- und Beugefähigkeit des Gelenks an. Im Fall der Beschwerdeführerin diagnostizierte die Gutachterin nachvollziehbar, dass keine relevanten Beweglichkeitseinschränkungen gegeben sind.
Schließlich wurde auch der Bluthochdruck korrekt der Positionsnummer 05.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, welche einen fixen Rahmensatz von 10 v.H. vorsieht.
Ein Karpaltunnelsyndrom an der rechten Hand konnte von der Sachverständigen im Rahmen der Untersuchung nicht objektiviert werden: Die Beschwerdeführerin ist in der Lage den Unterarm zu drehen, die Handgelenke, Daumen und Langfinger sind seitengleich beweglich und es ist ein Grob- und Spitzgriff uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss gestaltet sich als komplett und die Kraft ist beidseits unauffällig ausgestaltet. Die Sensibilität wurde als ungestört angegeben.
Insgesamt wurden somit die im Beschwerdevorbringen angeführten Funktionseinschränkungen in dem neu eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt. Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Dass die Gutachterin die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin tatsachenwidrig beurteilt habe, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden.
Der nachgereichte Befund vom 20.09.2017 eines Krankenhauses und der Röntgenbefund vom 18.09.2017 können aufgrund der Neuerungsbeschränkung nicht berücksichtigt werden. Diesbezüglich darf auf die diesbezüglichen Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen werden.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es der Antragstellerin, so sie der Auffassung ist, dass ihre Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl zu entkräften.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.12.2017. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 155/2017, lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
[...]
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
[...]
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
[...]
§ 45.
(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
[...]
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
Mit der Novelle BGBl. I 57/2015 hat der Gesetzgeber für das Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz (§ 46 BBG) ein - eingeschränktes - Neuerungsverbot eingeführt, das in den Gesetzesmaterialien als "Neuerungsbeschränkung" bezeichnet wird. Nach dem im Beschwerdefall anwendbaren § 46 dritter Satz BBG dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Im Gesetzeswortlaut ("in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht") kommt zum Ausdruck, dass die Neuerungsbeschränkung nicht für das Beschwerdeverfahren als Ganzes (d.h. einschließlich des behördlichen Beschwerdevorverfahrens), sondern erst ab dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (ab Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht und somit nicht bereits im behördlichen Beschwerdevorverfahren) gelten soll. Neuerungen, die bereits in der Beschwerde vorgebracht werden, sind daher von vornherein nicht von der Beschränkung erfasst (vgl. dazu auch den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 564 BlgNR 25. GP).
Befunde die von der Beschwerdeführerin nach dem 21.08.2017 vorgelegt wurden, können somit nicht berücksichtigt werden.
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.12.2017 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 20 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in dem Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen unsubstantiierten Einwendungen nicht geeignet, das vorliegende aktuelle Gutachten zu entkräften. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 20 v.H. beträgt.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem über Veranlassung des Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, welches auf einer persönlichen Untersuchung beruht, auf alle Einwände und vorgelegten Atteste der Beschwerdeführerin in fachlicher Hinsicht eingehen und welchem die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Beide Parteien haben zudem keinen Verhandlungsantrag gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W255.2168254.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.04.2018