TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/22 W255 2160832-1

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Veröffentlicht am 22.03.2018
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Entscheidungsdatum

22.03.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W255 2160832-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Vorsitzenden und den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Rainer GEISSLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland (KOBV), gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 23.01.2017, OB:

XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Dem Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vom 04.11.2017 wird stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 04.11.2016 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und legte ein Konvolut an Unterlagen und Befunden vor.

2. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 14.12.2016 ein, in welchem auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers folgende Funktionseinschränkungen medizinisch festgestellt wurden:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Zustand nach bösartiger Neubildung im linken Lungenunterlappen Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da keine Fernabsiedelungen dokumentiert sind.

13.01.03

50

2

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da deutlich restriktive Ventilationsstörung, medikamentös kompensiert

06.06.03

50

Der Grad der Behinderung betrage 60 von Hundert (v.H.). Begründend führte die Sachverständige aus, dass Leiden 1 durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht werde, da eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege.

Die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wurde als medizinisch zumutbar erachtet.

3. Am 24.01.2017 wurde ein Behindertenpass an den Beschwerdeführer versandt.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23.01.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) abgewiesen. Begründend stützte sich die belangte Behörde auf das Gutachten vom 14.12.2016, wonach die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht gegeben seien. Das Sachverständigengutachten wurde dem Beschwerdeführer als Beilage des Bescheides übermittelt.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der nunmehr vertretene Beschwerdeführer mit Schreiben vom 31.03.2017 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass der Bescheid rechtswidrig sei. Er könne nur mehr 20 Meter gehen und verfüge darüber hinaus auch nicht über ausreichend Kraft in den oberen und unteren Extremitäten. Bei Belastung leide er an Atemnot und habe einen reduzierten Allgemeinzustand.

Er beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Lungenheilkunde. Weiters wurde ein Privatgutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.01.2017 vorgelegt.

6. Am 08.06.2017 wurde der Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

7. Seitens des Bundesverwaltungsgerichts wurde in der Folge die neuerliche Begutachtung des Beschwerdeführers durch einen Facharzt für Lungenheilkunde veranlasst:

Im Gutachten eines Facharztes für Lungenheilkunde vom 20.09.2017 wurde nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers und Erhebung des klinischen Status sowie Erstellung einer neuen Diagnoseliste ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht nicht zumutbar sei.

8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.10.2017 wurden beide Verfahrensparteien über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen zum Ergebnis der Beweisaufnahme eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht abzugeben.

Beide Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist seit 23.01.2017 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 v.H.

Am 04.11.2016 stellte der Beschwerdeführer unter anderem einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Zustand nach Entfernung der gesamten linken Lunge am 09.12.2015 wegen Bronchuskarzinom und vorangehender Chemotherapie;

2) Schwere fortgeschrittene chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD IV) mit ausgeprägter Überblähung der rechten Lunge;

3) Reduzierter Allgemein- und Ernährungszustand.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung, medizinischer Einschätzung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Gutachten des Facharztes für Lungenheilkunde vom 20.09.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" liegen zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass und der gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und Funktionseinschränkungen sowie zum Vorliegen der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gründen sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Gutachten des Facharztes für Lungenheilkunde vom 20.09.2017, basierend auf einer persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers. Darin wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Das Gutachten setzt sich auch nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffene medizinische Beurteilung basiert auf den im Rahmen persönlicher Untersuchungen erhobenen Befunden und entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Der Gutachter berücksichtigte auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde.

Der Beschwerdeführer leidet an einem Zustand nach Entfernung der gesamten linken Lunge wegen Bronchuskarzinom und vorangegangener Chemotherapie sowie an einer schweren fortgeschrittenen COPD IV mit ausgeprägter Überblähung der rechten Lunge. Aufgrund der Kombination aus einer schweren COPD IV und der Entfernung der gesamten linken Lunge liegt eine ungünstige wechselseitige Leidenspotenzierung vor, welche zu einer hochgradigen Mobilitätseinschränkung führt. Aufgrund der bösartigen Grunderkrankung ist der Allgemein- und Ernährungszustand reduziert und es ist eine deutliche körperliche Schwäche objektivierbar. Darüber hinaus ist eine allgemeine Muskelschwäche vorhanden.

Auch hinsichtlich des Gangbilds des Beschwerdeführers ergibt sich, dass die Ganggeschwindigkeit, wie auch die Gangsicherheit reduziert sind. Anmarschwege von 300 bis 400 Metern sind für den Beschwerdeführer selbstständig und ohne Pausen nicht mehr bewältigbar. Hieraus ergibt sich, dass ein sicheres Besteigen eines öffentlichen Verkehrsmittels oder der Transport in einem solchen nicht gewährleistet sind.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 20.09.2017. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familienname, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

[...]

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

[...]

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, StF: BGBl. II Nr. 495/2013, lautet auszugsweise:

"§ 1 ....

(2) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: 1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a)......

b)......

......

h) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich

der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über

außergewöhnliche Belastungen aufweist;

diese Eintragung ist bei Vorliegen einer Gallen-, Leber- oder

Nierenerkrankung mit einem festgestellten Grad der Behinderung von

mindestens 20% vorzunehmen.

.........

2. ...... 3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des

Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(3) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(4)......"

Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, ist gemäß § 5 Abs. 1 leg.cit. mit 1. Jänner 2014 in Kraft getreten. Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. Nr. 86/1991, ist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 außer Kraft getreten.

Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das Gutachten des Facharztes für Lungenheilkunde vom 20.09.2017 zu Grunde gelegt. Unter Berücksichtigung der gutachterlichen medizinischen Beurteilung ist dem Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar. Durch die hochgradige Funktionsstörung der Atemorgane ist dem Beschwerdeführer ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich.

Wie aus dem Gutachten des Facharztes für Lungenheilkunde vom 20.09.2017 ersichtlich, geht der Gutachter aktuell von einem (deutlich) höheren Grad der Behinderung aus, als von der belangten Behörde bisher festgestellt. Es wäre daher für den Beschwerdeführer ein Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung bei der belangten Behörde möglich.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen überprüft. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W255.2160832.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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