Entscheidungsdatum
22.03.2018Norm
BEinstG §14Spruch
W255 2158885-1/10E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Vorsitzenden und den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Rainer GEISSLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Josef LACHMANN gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 10.04.2017, OB: XXXX , betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung, beschlossen:
A)
Das Verfahren wird eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Bundessozialamtes vom 03.09.2003 wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) dem Kreis der begünstigten Behinderten angehöre.
2. Mit Bescheid des Bundessozialamtes vom 13.06.2013 wurde der Grad der Behinderung mit 70 v.H. festgesetzt.
3. Am 19.12.2016 stellte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumservice (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung und legte ein Konvolut an medizinischen Befunden und Unterlagen vor.
4. Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Einschätzungsverordnung in Auftrag, in welchem nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin mit Gutachten vom 05.04.2017 die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Pos.Nr.
GdB%
1
Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates, Abnützung der Wirbelsäule, Zustand nach 2 x Bandscheibenoperation, chronischer Schmerzzustand, Cervikobrachialsyndrom, Zustand nach Schulteroperation rechts, multiple Gelenksabnützungen Unterer Rahmensatz, da derzeit keine Schmerzmedikation notwendig und auch keine motorischen Ausfälle
02.02.03
50
2
Verlust der Gebärmutter Fixer Rahmensatz
08.03.02
10
3
Latente Schilddrüsenunterfunktion Unterer Rahmensatz, da gute Therapierbarkeit
09.01.01
10
4
G. Z. Multiple Allergien inklusive Wespengiftallergie Fixer Rahmensatz
01.01.01
10
5
Insulinresistenz G. Z. Unterer Rahmensatz, da Gewichtsreduktion und Diät notwendig
09.02.01
10
zugeordnet und
ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. angeführt wurde. Begründend führte der Sachverständige aus, dass Leiden 1 durch die übrigen Leiden nicht weiter angehoben werde, da es an einem negativen wechselseitigen Zusammenwirken fehle.
5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10.04.2017 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass der Grad der Behinderung ab 19.12.2016 mit 50 v.H. neu festgesetzt worden sei. Dies erfolgte unter Zugrundelegung des oben angeführten ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 05.04.2017, welches der Beschwerdeführerin als Beilage übermittelt wurde.
6. Mit Schreiben vom 23.05.2017 erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Josef LACHMANN, fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung begehre. Hinsichtlich des Bewegungsapparates sei es zur Verschlechterung des Zustands der Wirbelsäule, insbesondere hinsichtlich der Bandscheibenproblematik, gekommen. Es sei somit unverständlich, warum es nicht zu einer höheren Einschätzung gekommen sei. Die Beschwerdeführerin leide an Schmerzen und müsse sich einer Therapie unterziehen. Sie leide allerdings auch an einer Allergie gegen Schmerzmittel. Die Feststellung, dass sie keine Schmerzmedikation nehme, sei somit nicht richtig. Weiters leide sie an einer Bursitis Trochanterica (Schleimbeutelentzündung Oberschenkel), welche im aktuellen Gutachten nicht mehr erfasst worden sei, da keine Befunde vorgelegt worden seien. Schließlich werde in dem Gutachten vermutete dass die Inkontinenz durch eine Operation behoben worden sei, was jedoch nicht der Fall sei. Diese sei daher erhöhend zur führenden funktionellen Einschränkung zu berücksichtigen.
Die Beschwerdeführerin stellte keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Sie legte ihrer Beschwerde weitere Befunde bei.
7. Am 26.05.2017 wurden die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
8. Das Bundesverwaltungsgericht holte anlässlich des Beschwerdevorbringens ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie vom 03.12.2017 ein. In diesem wurden auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 04.10.2017 folgende Funktionseinschränkungen medizinisch festgestellt:
"ad 1) Einschätzung des Grades der Behinderung:
1) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zustand nach zweimaliger Bandscheibenoperation L4/L5, Cervikolumbalsyndrom 02.01.02 30%
Unterer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden bei mäßig eingeschränkter Beweglichkeit ohne neurologisches Defizit.
2) Geringgradige Funktionseinschränkungen beider Schultergelenke 02.02.01 10%
G.Z. Unterer Rahmensatz, da geringgradige funktionelle Einschränkung beidseits.
3) Verlust der Gebärmutter 08.03.02 10%
Fixer Richtsatzwert
Ad 2) Einschätzung und Begründung des Gesamtgrades der Behinderung:
30%
Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da keine relevante ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
Leiden 3 erhöht nicht, da kein ungünstiges Zusammenwirken mit Leiden 1."
9. Mit Schreiben vom 28.12.2017 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihnen die Möglichkeit gegeben binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.
Beide Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben jedoch unbeantwortet.
10. Mit Schreiben vom 28.02.2018 teilte die Beschwerdeführerin jedoch über ihren rechtsfreundlichen Vertreter mit, dass sie die Beschwerde vom 23.05.2017 zurückziehe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die vertretene Beschwerdeführerin hat die fristgerecht eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 10.04.2017, OB: 80205507800023, mit Schreiben vom 28.02.2018 zurückgezogen.
2. Beweiswürdigung:
Die Eingabe vom 28.02.2018 ist eindeutig formuliert und lässt kein Zweifel am Willen der Beschwerdeführerin, die Beschwerde zurückziehen zu wollen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A)
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 63 Abs. 4 AVG ist die Zurückziehung einer Berufung zulässig und wird diese mit dem Zeitpunkt ihres Einlangens bei der Behörde wirksam. Ab diesem Zeitpunkt ist - mangels einer aufrechten Berufung - die Pflicht der Berufungsbehörde zur Entscheidung weggefallen und das Berufungsverfahren ist einzustellen (siehe etwa VwGH vom 25.07.2013, Zl. 2013/07/0106). Dies muss grundsätzlich auch für die Zurückziehung einer Beschwerde, die beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist, gelten (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 K 6). Allerdings ist das Verfahren diesfalls gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 31 VwGVG mit Beschluss einzustellen. Dieser Beschluss ist allen Verfahrensparteien zur Kenntnis zu bringen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 28 K 3, § 31 K 2 und K 6).
Da die Beschwerdeführerin die mit 23.05.2017 datierte Beschwerde zurückgezogen hat, ist der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Grundlage entzogen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, Anmerkung 5 zu § 28 VwGVG, mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG III § 66 Rz 56f), weshalb das eingeleitete Verfahren durch das Bundesverwaltungsgericht einzustellen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat oben einerseits ausgeführt, dass die Zurückziehung der Beschwerde unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des VwGH zur Zurückziehung der Berufung zulässig ist und dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes andererseits nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes in Beschlussform zu ergehen hat. Insoweit trifft das Gesetz selbst eine klare Anordnung, sodass diesbezüglich eine Rechtsfrage nicht offen und die Revision daher unzulässig ist (VwGH vom 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Schlagworte
Verfahrenseinstellung, ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W255.2158885.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.04.2018