TE Vwgh Erkenntnis 2018/2/28 Ra 2017/15/0054

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2018
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §280 Abs1 lite;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1988 §5;
VwGG §41;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck in 4840 Vöcklabruck, Franz Schubert-Straße 37, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 17. Jänner 2017, Zl. RV/5101086/2013, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 2001 (mitbeteiligte Partei: K GmbH & Co KG in A, vertreten durch Dr. Norbert Nawratil, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 4020 Linz, Stelzhammerstraße 12), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Im angefochtenen Erkenntnis wird anfangs der Erwägungen zunächst ausgeführt, dass auf Grund der Beschwerdeeinschränkung vom 27. Dezember 2016 nur mehr der Entnahmewert und das Quadratmeterausmaß der Liegenschaft M Gasse 4 strittig seien. Das Bundesfinanzgericht sehe sich außerstande, den "wahren" Sachverhalt festzustellen. Da die streitgegenständlichen Liegenschaftsübertragungen bis ins Jahr 1956 zurückreichten, sei es nur sehr schwer möglich, das flächenmäßige Ausmaß von betrieblich und nicht betrieblich genutzten Grundstücksflächen zum 30. April 2001 festzustellen. Eine Zurückverweisung des Beschwerdefalles wegen der nicht mehr genau ermittelbaren entnommenen Grundstücksflächen sei aus dem Aspekt der Verfahrensverzögerung nicht tunlich: Zum einen sei die mitbeteiligte KG bereits am 6. September 2003 im Firmenbuch gelöscht worden, zum anderen habe das Finanzamt durch Mängel in der "Bescheidproduktion" (Ergehen von Nichtbescheiden) eine überlange Verfahrensdauer bewirkt und schließlich sei die streitgegenständliche Liegenschaft bereits verkauft und seien Beschwerdeverfahren der ehemaligen Gesellschafter nach wie vor offen.

2 Was die Höhe der Quadratmeterpreise anlange, könne sich das Bundesfinanzgericht auf das Gutachten des ehemaligen Amtssachverständigen vom 20. August 2001 stützen. Das Bundesfinanzgericht folge daher im Ergebnis dem im Gutachten angenommenen Quadratmeterpreis von 4.000 S (290,69 EUR). Damit teile es den Ansatz der Betriebsprüfung nicht, die den Quadratmeterpreis in Höhe des im Zeitpunkt der Liegenschaftsentnahme bereits bekannten Verkaufspreises (der nach Meinung des Bundesfinanzgerichtes aber "von subjektiven Umständen des Käufers" bestimmt war) von 4.500 S (327,03 EUR) zu Grunde gelegt habe. Das Gutachten vom 20. August 2001 sei schlüssig und entspreche den Bewertungsvorgaben von Lehre und Rechtsprechung. Es sei daher davon auszugehen, dass die im genannten Gutachten angeführte Beschreibung des Lage- und Bauzustandes den Tatsachen zum Entnahmezeitpunkt 30. April 2001 entsprochen habe.

3 Das Bundesfinanzgericht schließe sich zudem dem von der steuerlichen Vertretung modifizierten Berechnungsvorschlag vom 21. Mai 2014 an, weil dieser die höchste Wahrscheinlichkeit an Richtigkeit hinsichtlich des Ausmaßes der entnommenen Teilgrundstücksflächen beinhalte. Dieser Lösungsansatz sei unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Beschwerdefalles (genaues Ausmaß der entnommenen Grundstücksflächen nicht mehr ermittelbar) vertretbar. Die nunmehrige Beendigung der Bewertungsfrage sei insbesondere durch die am 3. Juni 2014 abgehaltene Erörterung möglich geworden.

4 Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesfinanzgericht für unzulässig, da die Lösung von Sachfragen nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sei.

5 Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision des Finanzamtes, welches das angefochtene Erkenntnis für rechtswidrig erachtet, weil dem Betriebsvermögen der mitbeteiligten Partei lediglich eine Teilfläche von 5.619 m2 an Grundvermögen und nicht das in der Bilanz ausgewiesene Ausmaß von 12.245 m2 zugeordnet und der Feststellung der Einkünfte zu Grunde gelegt worden sei. Zur Zulässigkeit wird in der Revision ausgeführt, das angefochtene Erkenntnis weiche von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit ab, als die Widmung von Wirtschaftsgütern zum gewillkürten Betriebsvermögen (soweit nicht notwendiges Betriebs- oder Privatvermögen vorliege) durch Aufnahme in die Bücher erfolge (Hinweis u. a. auf VwGH 27.6.2013, 2010/15/0205). Wenn das Bundesfinanzgericht nur auf die betriebliche Verwendung von Liegenschaften bzw. Liegenschaftsteilen abstelle, ohne deren buchmäßigen Erfassung Bedeutung zuzumessen, habe es die Rechtslage verkannt. Das Bundesfinanzgericht vertrete im Ergebnis den unzutreffenden Rechtsstandpunkt, dass es hinsichtlich der Zuordnung zum Betriebsvermögen im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 lediglich darum gehe, ob Liegenschaften betrieblich verwendet werden.

6 Die mitbeteiligte KG hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Die Revision ist zulässig und begründet.

9 Wirtschaftsgüter, die weder zum notwendigen Privatvermögen, noch zum notwendigen Betriebsvermögen gehören, stellen im Bereich der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 gewillkürtes Betriebsvermögen dar, wenn der Steuerpflichtige seinen Entschluss, die Wirtschaftsgüter als gewillkürtes Betriebsvermögen zu behandeln, durch entsprechende buchmäßige Behandlung dokumentiert (vgl. VwGH 27.6.2013, 2010/15/0205, und 17.1.1995, 94/14/0077).

10 Im bekämpften Feststellungsbescheid des Finanzamtes wurde auf den Betriebsprüfungsbericht vom 16. Dezember 2005 verwiesen, in dem mit näherer Begründung die Feststellung getroffen wurde, dass sich die Liegenschaft M Gasse 4 im Ausmaß vom 12.243 m2 im (notwendigen oder jedenfalls gewillkürten) Betriebsvermögen befunden habe. Gegen diese Feststellung wandte sich u. a. die Berufung (nunmehr Beschwerde) der mitbeteiligten Partei. Es wurde beantragt, eine Fläche von 5.619 m2 als Privatvermögen zu behandeln und somit lediglich eine Fläche von 6.624 m2 dem (notwendigen) Betriebsvermögen zuzurechnen. Dazu wurde auf ein Gutachten vom März 1986 verwiesen; auf die vom Finanzamt behauptete bilanzielle Behandlung der Liegenschaft wurde nicht eingegangen. Dem Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 21. Mai 2014 ist "als Antwort auf die (Name der Betriebsprüferin)" zu entnehmen, dass "die Erfassung in den Anlageverzeichnissen der Firmen den tatsächlichen Bestand der Grundstücksflächen im Betriebsvermögen zum Entnahmestichtag nicht widerspiegeln" könne.

11 Im angefochtenen Erkenntnis wird zu diesem Punkt ausgeführt, dass "das flächenmäßige Ausmaß von betrieblichen bzw. nicht betrieblich genutzten Grundstücksflächen zum 30.04.2001 nur sehr schwer möglich" sei. Das Bundesfinanzgericht schließe sich dem modifizierten Berechnungsvorschlag vom 21. Mai 2014 an, da dieser die höchste Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Ausmaßes der entnommenen Grundstücksfläche (5.619 m2) für sich habe.

12 Nach der ständigen Rechtsprechung muss die Bescheidbegründung erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in der Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist Nichts anderes gilt für ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/13/0005, mit weiteren Nachweisen).

13 Den Ausführungen des Bundesfinanzgerichtes kann implizit entnommen werden, dass es die tatsächliche betriebliche Nutzung der strittigen Liegenschaftsflächen als entscheidend angesehen und die Ansicht des Finanzamtes, entscheidend sei die bilanzielle Behandlung des gesamten Grundstückes als Betriebsvermögen, verworfen hat. Damit hat es - wie vom Finanzamt zutreffend gerügt -

die Rechtslage verkannt. Feststellungen zum Vorliegen notwendigen Privatvermögens bezüglich des in die Bücher aufgenommen gewesenen Grundstückes wurden nicht getroffen. Der Hinweis auf das Gutachten vom März 1986 und dem "modifizierten Berechnungsvorschlag" der mitbeteiligten Partei erweist sich als inhaltsleer, weil darin auf die bilanzielle Behandlung der Liegenschaft nicht eingegangen wird. Überdies ist dem Bundesfinanzgericht bei der Ermittlung des Entnahmewertes auch insoweit ein Fehler unterlaufen, als Betriebsvermögen und Privatvermögen laut Gutachten vom März 1986 verwechselt wurden.

14 Das angefochtene Erkenntnis war nach dem Gesagten wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 28. Februar 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150054.L00

Im RIS seit

06.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten