TE Vwgh Erkenntnis 2018/3/1 Ra 2017/16/0102

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Veröffentlicht am 01.03.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litc;
ALSAG 1989 §3 Abs1a Z6;
AVG §59 Abs1;
BAO §280 Abs1 litd;
BAO §93 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, LL.M., über die Revision der C GmbH in G, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, LL.M., Rechtsanwalt in 8010 Graz, Muchargasse 30, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 4. Mai 2017, Zl. RV/4200033/2010, betreffend Altlastenbeitrag für das vierte Quartal 2006 sowie Säumnis- und Verspätungszuschlag, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Graz), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 bewilligte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz den Abbruch von drei Betriebsgebäuden und einem Verwaltungsgebäude mit Ausnahme eines Traforaumes auf näher angeführten Grundstücken. Dabei wurde u. a. die Auflage erteilt, den Keller mit hygienisch einwandfreiem Material aufzufüllen.

2 Mit Bescheid vom 3. Jänner 2008 schrieb das Zollamt Graz der revisionswerbenden Gesellschaft mbH (Revisionswerberin) einen Altlastbeitrag für das vierte Quartal 2006 in näher angeführter Höhe samt einem Verspätungszuschlag und einem Säumniszuschlag vor. Das Zollamt habe der Revisionswerberin vorgehalten, dass sich aus den dem Zollamt übermittelten Baurestmassennachweisen im Zusammenhang mit "ggstdl. Abbrüchen" hinsichtlich des angefallenen Betonbruches von rund 12.000 Tonnen ergäben, wovon 8.838 Tonnen in "ggstdl. Gelände" wieder eingebaut worden seien. Darauf sei geantwortet worden, dass die beim Abbruch entstandenen Geländevertiefungen im Bereich der Kellerräume mittels Bodenaushubmaterial aufgefüllt worden seien und dass "zum Zweck der Oberflächenbefestigung 8.838 Tonnen Betonabbruch gebrochen" und damit das Grundstück oberflächlich zur besseren Nutzung als Parkfläche oder zur besseren Befahrbarkeit befestigt worden seien. Die Geländeverfüllung (Füllung der Kellerräume und die Oberflächenabdeckung) sei im vierten Quartal 2006 vorgenommen worden. Zum Zeitpunkt der Entstehung der Altlastenbeitragsschuld sei die Baumaßnahme jedenfalls objektiv nicht erkennbar gewesen, weil die Aufschüttungsmaßnahmen ganz allgemein der Vorbereitung der Bebauung und Verwertung des gegenständlichen Grundstückes gedient hätten.

3 Mit Schriftsatz vom 28. Jänner 2008 beantragte die Revisionswerberin beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz die Feststellung,

a) ob die in Rede stehenden qualitätsgesichert aufbereiteten Baurestmassen zum Zeitpunkt der Verfüllung des Grundstückes Abfälle gewesen seien, in eventu

b) ob diese Verfüllung zulässigerweise im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß durchgeführt worden sei und damit dem Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG unterliege.

4 Mit Schriftsatz vom 1. Februar 2008 erhob die Revisionswerberin Berufung gegen den Bescheid vom 3. Jänner 2008 und führte aus, die durch den Abbruch entstandenen Gruben und Vertiefungen des Grundstückes seien entsprechend dem Bau- und Abbruchbescheid und der Notwendigkeit der Wiederanpassung an die umliegenden Grundstücke mit einwandfreiem Material wiederverfüllt worden. Für diese Verfüllung seien für die tiefer gelegenen Grundstücksteile (ehemalige Kellerräumlichkeiten, unterirdische Verbindungsgänge) in der Größe von rund 4.000 m2 bis zu einer Sohlhöhe von im Schnitt rund 50 cm unter Geländeoberkante Bodenaushub und für die restlichen 50 cm bis zur ursprünglichen Geländeoberkante qualitätsgesichert aufbereitete Baurestmassen verwendet worden.

5 Mit Bescheid vom 15. Juli 2008 stellte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz fest, dass die als Oberflächenschüttung auf der näher angeführten Liegenschaft aufgebrachten Materialien nicht im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme verwendet worden und demgemäß auch nicht von der Altlastenbeitragspflicht ausgenommen seien.

6 Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. Dezember 2009 wies das Zollamt Graz die Berufung gegen den Abgabenbescheid vom 3. Jänner 2008 als unbegründet ab.

7 Dagegen brachte die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 15. Jänner 2010 eine (Administrativ-)Beschwerde ein, in der sie zusammengefasst vorbrachte, bei der in Rede stehenden Verfüllung und Novellierung des Grundstückes habe es sich um eine Tätigkeit gehandelt, die im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme (Abbruch der Anlagen und Gebäude sowie Auffüllung des Kellers) durchgeführt worden und mit Baubescheid der Stadt Graz vom 15. Dezember 2003 aufgetragen worden sei.

8 Mit Erkenntnis vom 4. September 2014 sprach das Landesverwaltungsgericht Steiermark im Instanzenzug über den Antrag vom 28. Jänner 2008 ab.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 25. Oktober 2016, Ra 2014/07/0081, einen Teil des erwähnten Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Zwischen den Parteien bestehe Übereinstimmung darüber, dass die ehemaligen Kellerräumlichkeiten und unterirdischen Verbindungsgänge bis zu einer Sohlhöhe von rund 50 cm unter Geländeoberkante mit im vorliegenden Fall nicht gegenständlichen Bodenaushubmaterial wiederverfüllt worden seien. Für die restlichen 50 cm bis zur ursprünglichen Geländeoberkante seien die verfahrensgegenständlichen Baurestmassen über das gesamte Grundstück aufgebracht worden, um eine Trag- und Drainageschicht zu errichten. Das lediglich in diesem Punkt bekämpfte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes übersehe, dass mit der Auflage 5 der Bau- und Abbruchbewilligung vom 15. Dezember 2003 nur angeordnet worden sei, Keller mit hygienisch einwandfreiem Material aufzufüllen. Die Errichtung einer über die bloße Verfüllung der Keller hinausgehenden, das gesamte Grundstück umfassenden Trag- und Drainageschicht sei im Abbruchbescheid nicht vorgesehen. Sohin könne von einer Verwendung der Baurestmassen im unbedingt erforderlichen Ausmaß nicht ausgegangen werden.

10 Mit Erkenntnis vom 2. März 2017 stellte das Landesverwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren unter Punkt I.

des Spruches fest, dass

a)        "die zur Oberflächenbefestigung verwendeten recyclierten

Baurestmassen Abfälle darstellen und ... eine beitragspflichtige

Tätigkeit vorliegt";

b)        "die zur Verfüllung des Kellers im Sinne des

Abbruchbescheides der Baubehörde ... verwendeten

qualitätsgesicherten Baurestmassen gemäß § 3 Abs. 1a Z 6 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG nicht der Altlastenbeitragspflicht unterliegen."

11 Die Verfüllung des Kellergeschoßes auf dem in Rede stehenden Grundstück mit recyclierten qualitätsgesicherten Baurestmassen sei durch die Auflage 5 des baurechtlichen Abbruchbescheides rechtskonform erfolgt. "Die darüber hinausgehende Errichtungen einer Drainageschicht mit demselben Material war zwar abfalltechnisch unbedenklich, jedoch vom baurechtlichen Bescheid nicht erfasst." Auch aus dem erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 2016 ergebe sich, dass zumindest jene Baurestmassen nicht der Beitragspflicht nach dem Altlastensanierungsgesetz unterlägen, die in Ausführung des baurechtlichen Genehmigungsbescheides zur Verfüllung des Kellergeschoßes des Abbruchhauses verwendet worden seien.

12 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und bestätigte damit den Bescheid des Zollamtes Graz vom 3. Jänner 2008. Es sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

13 Das Bundesfinanzgericht sei bei seiner abgabenrechtlichen Entscheidung an das die Vorfrage beantwortende Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 2. März 2017 gebunden.

14 Im Revisionsfall seien die ehemaligen Kellerräumlichkeiten und unterirdischen Verbindungsgänge der abgerissenen Baulichkeiten, die nach den im Akt erliegenden Plänen nur einen Teil der Grundstücksfläche betroffen hätten, bis zu einer Sohlhöhe von rund 50 cm unter Geländeoberkante mit im vorliegenden Fall nicht gegenständlichen Bodenaushubmaterial wieder verfüllt worden. Für die restlichen 50 cm bis zur ursprünglichen Geländeoberkannte seien die im vorliegenden Fall verfahrensgegenständlichen Baurestmassen "über das gesamte Grundstück aufgebracht, um eine Trag- und Drainageschicht zu errichten". Unstrittig sei, dass es sich bei diesen Baurestmassen um qualitätsgesichert aufbereitete Baurestmassen handle und deren gleichbleibende Qualität gewährleistet sei.

15 Das Landesverwaltungsgericht sei in seinem Erkenntnis davon ausgegangen, dass zumindest jene Baurestmassen, die in Ausführung des baurechtlichen Genehmigungsbescheides zur "Verfüllung des Kellergeschoßes" des Abbruchhauses verwendet worden seien, nicht der Beitragspflicht unterlägen.

16 Allein der Spruch des Bescheides (gemeint: Erkenntnisses) des Landesverwaltungsgerichtes entfalte jedoch normative Wirkung. Die Begründung sei nicht der Rechtskraft fähig und entfalte damit keine Bindungswirkung.

17 Die Revisionswerberin habe in Stellungnahmen vom 16. März und vom 5. April 2017 im Wesentlichen ausgeführt, jene Bereiche, in denen sich der Keller des abgerissenen Gebäudes befunden habe und die mit Baurestmassen verfüllt worden seien, erfüllten den Baubescheid der Stadt Graz und unterlägen damit nicht der Beitragspflicht. Die Oberkante des Kellers sei nicht ebenerdig, sondern zwischen 70 cm und einem Meter über der Geländeoberkante gelegen gewesen. Daher handle sich bei der Verwendung jenes Teiles der Baurestmassen, der für den Bereich dieses Kellers verwendet worden sei, jedenfalls um eine Baumaßnahme, die nicht der Beitragspflicht unterliege. Aufgrund der Pläne habe das Gebäude eine Größe von 4.077 m2 gehabt. Das gesamte Grundstück habe eine Größe von 10.397 m2 gehabt. Damit seien 6.320 m2 nicht vom Abbruchbescheid und der dort angesprochenen Verfüllung umfasst. Bei einer Verfüllhöhe von einem halben Meter und einer nicht vom Abbruchbescheid angesprochene Fläche von 6.320 m2 ergebe sich demnach 3.160 m3 Schüttmaterial. Umgerechnet mit dem Faktor 1,6 für Schüttmaterial errechne sich so eine beitragspflichtige Masse von 5.056 t.

18 Entgegen dieser Ansicht der Revisionswerberin und entgegen den das Bundesfinanzgericht nicht bindenden Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes in den Erwägungsgründen dessen Erkenntnisses vom 2. März 2017, ergebe sich für das Bundesfinanzgericht keineswegs, dass zumindest jene Baurestmassen, die in Ausführung des baurechtlichen Genehmigungsbescheides zur "Verfüllung des Kellergeschoßes" des Abbruchhauses verwendet worden seien, nicht der Beitragspflicht unterlägen.

19 Infolge der Bindungswirkung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes sei die Errichtung einer über die bloße Verfüllung der Keller hinausgehenden, das gesamte Grundstück umfassend Trag- und Drainageschicht nicht vom Abbruchbescheid erfasst. Deshalb könne die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen nicht durchdringen, auch die 50 cm ab der Sohlhöhe im Bereich der ehemaligen Kelleräumlichkeiten zur Errichtung einer Drainage- und Tragschicht verwendeten Baurestmassen seien beitragsfrei.

20 Daher sei - wie vom Zollamt im Bescheid vom 3. Jänner 2008 zutreffend erfolgt - der Abgabenbemessung die Gesamtmenge der Baurestmassen von 8.838 Tonnen zugrunde gelegt worden, die für die Geländeveränderung am Grundstück zur Errichtung einer das gesamte Grundstück umfassenden Trag- und Drainageschicht verwendet worden sei.

21 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgericht vor.

22 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); das Zollamt Graz brachte mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2017 eine Revisionsbeantwortung ein, worauf die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2017 replizierte.

23 Die Revisionswerberin erachtet sich ersichtlich im Recht verletzt, dass nur für die Mengen an Baurestmassen ein Altlastenbeitrag festgesetzt wird, die aufgrund des im Instanzenzug über den Feststellungsantrag absprechenden Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes beitragspflichtig sind.

24 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

25 Gemäß § 3 Abs. 1 lit. c des Altlastensanierungsgesetzes (im Folgenden: ALSAG) unterliegt dem Altlastenbeitrag das Verfüllen von Geländeunebenheiten (u.a. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (u.a. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen.

26 Gemäß § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG sind von der Beitragspflicht näher angeführte mineralische Baurestmassen ausgenommen, sofern diese Abfälle im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit c leg. cit. verwendet werden.

27 Die Bezirksverwaltungsbehörde hat gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 ALSAG in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid u.a. festzustellen ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt.

28 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

29 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

30 Die Revisionswerberin trägt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, das Bundesfinanzgericht habe sich entgegen näher zitierter Rechtsprechung nicht an die die Vorfrage der Altlastenbeitragspflicht beantwortende Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 2. März 2017 gehalten.

31 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

32 Das Bundesfinanzgericht geht offenbar davon aus, dass die Feststellung des Landesverwaltungsgerichtes in Punkt I a) des Spruches des erwähnten Erkenntnisses vom 2. März 2017, wonach "die zur Oberflächenbefestigung verwendeten recyclierten Baurestmassen

Abfälle darstellen und ... eine beitragspflichtige Tätigkeit

vorliegt" das gesamte Grundstück und somit auch jene Flächen erfasse, auf denen nach dem Abriss im Bereich der früheren Kellerräume Geländevertiefungen entstanden waren. Dabei erachtet sich das Bundesfinanzgericht lediglich an den Spruch, nicht jedoch an die Begründung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes gebunden. Deshalb seien die gesamten von der Revisionswerberin bekanntgegebenen Baurestmassen, die zur Herstellung der Trag- und Drainageschicht verwendet worden seien, der Bemessung des Altlastenbeitrages zu Grunde zu legen.

33 Das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen steht dann im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß iSd § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG, wenn diese Tätigkeit etwa vom Abbruchbescheid der Baubehörde (in Form einer Auflage) mit umfasst ist. Mineralische Baurestmassen sind somit nur in dem Ausmaß von der Ausnahme der Beitragspflicht nach § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG erfasst, das durch die Baumaßnahme (hier: Abriss und Auflagen) gerechtfertigt ist (vgl. etwa VwGH 25.10.2016, Ra 2014/07/0081).

34 Der im vorliegenden Revisionsfall maßgebliche Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 15. Dezember 2003 enthält als Auflage unter Punkt 5: "Der Keller ist mit hygienisch einwandfreiem Material aufzufüllen."

     35 Dem entsprechend stellte das Landesverwaltungsgericht

Steiermark in seinem Erkenntnis vom 2. März 2017 unter Punkt I b

seines Spruches fest, dass "die zur Verfüllung des Kellers im

Sinne des Abbruchbescheides ... verwendeten qualitätsgesicherten

Baurestmassen ... nicht der Altlastenbeitragspflicht unterliegen".

36 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfaltet der Spruch eines Bescheides oder Erkenntnisses Bindungswirkung (vgl. etwa VwGH 30.6.2017, 2013/07/0262), welche ein Ausdruck der Rechtskraft der Entscheidung ist (vgl. etwa VwGH 28.2.2012, 2010/15/0169).

37 Ist der Spruch einer Entscheidung allerdings unklar, ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl. etwa VwGH 26.6.2014, 2013/15/0062).

38 Im Revisionsfall erfolgte im Bereich der erwähnten Kellerunebenheiten bis zu einer Höhe von 50 cm unterhalb der Geländeoberkante die Verfüllung mit hier nicht in Rede stehendem Bodenaushub. Der darüber liegende Raum bis zur Geländeoberkante war dem Abbruchbescheid (Auflage 5) zu Folge ebenfalls zu verfüllen.

39 Die Ansicht, dass die Verfüllung der Kellerräumlichkeiten 50 cm unterhalb der Geländeoberkante geendet hätte und die darauf liegende Trag- und Drainageschicht nicht mehr eine Verfüllung des Kellers darstellte - wie sie in der Revisionsbeantwortung zum Ausdruck kommt - wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Eine Verfüllung einer Geländeunebenheit hat - unabhängig ob gleichzeitig eine Oberflächenbefestigung damit verbunden ist - bis zur Geländeoberkante zu erfolgen.

40 Die dazu verwendeten in Rede stehenden Baurestmassen dienten damit einerseits der im Abbruchbescheid geforderten Verfüllung, andererseits gleichzeitig auch der Oberflächenbefestigung, der Herstellung einer Trag- und Drainageschicht.

41 Dem Wortlaut zufolge würden diese Baurestmassen daher sowohl unter Spruchteil a) wie auch unter Spruchteil b) des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes vom 2. März 2017 fallen. Der Wortlaut des Spruches ist demnach unklar.

42 Zur Deutung des nicht eindeutigen Spruches des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes ist demnach auch die Begründung des Erkenntnisses heranzuziehen.

43 Sowohl die Begründung des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 25. Oktober 2016, Ra 2014/07/0081, welches dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 2. März 2017 vorangegangen war, wie auch die Begründung dieses Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes sprechen davon, dass die Oberflächenbefestigung durch Herstellung einer das gesamte Grundstück umfassenden Trag- und Drainageschicht, die über die bloße Verfüllung der Keller hinausgehe, im Abbruchbescheid nicht vorgesehen sei.

44 Soweit eine Oberflächenbefestigung durch eine Trag- und Drainageschicht auf der Fläche des ehemaligen Kellers erfolgte und gleichzeitig eine Verfüllung des Kellers darstellt, steht sie allerdings im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Abbruchbescheid und ist daher auch von Punkt b) des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes vom 2. März 2017 erfasst.

45 Im Zusammenhang mit der Begründung ist Spruchteil b) des Erkenntnisses so zu deuten, dass er den Spruchteil a) einschränkt und Spruchteil a) des Erkenntnisses somit nur jene Baurestmassen betrifft, die nicht die ehemaligen Kellerflächen betreffen und nicht auch zur Verfüllung dieser Flächen, sondern ausschließlich zur Herstellung einer Trag- und Drainageschicht verwendet wurden.

46 Nähme man nämlich die dabei verwendeten Baurestmassen deshalb von der Befreiung von der Beitragspflicht aus, weil sie den Tatbestand des Spruchteiles a) des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes vom 2. März 2017 erfüllen, bliebe für Spruchteil b) des Erkenntnisses, dessen Tatbestand diese Baurestmassen auch erfüllen, kein Raum.

47 Soweit die Baurestmassen im Revisionsfall somit auch der Verfüllung dienten, durften sie vom Bundesfinanzgericht nicht dem Altlastenbeitrag unterzogen werden.

48 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

49 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am 1. März 2018

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017160102.L00

Im RIS seit

06.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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