Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei J***** P*****, vertreten durch Dr. Kurt L. Breit, Dr. Thomas Mayr, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei ***** Dr. ***** W*****, vertreten durch Dr. Riess Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 20.536,80 EUR sA und Feststellung (Streitwert: 3.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 4. August 2017, GZ 14 R 67/17a-25, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. März 2017, GZ 14 Cg 38/16k-21, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrt mit ihrer am 14. 7. 2016 eingebrachten Klage vom Beklagten Schmerzengeld, den Ersatz von Behandlungskosten ua sowie die Feststellung seiner Haftung für sämtliche Schäden, die ihr durch seine Behandlung und zweimalige Operation (27. 10. 2011; 4. 7. 2012) ihrer Knieverletzung entstanden seien.
Zur revisionsgegenständlichen Frage der Verjährung brachte sie zusammengefasst vor, die Verjährungsfrist habe erst am 8. 11. 2012 zu laufen begonnen, als sie durch das Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie erfahren habe, dass die Operationen des Beklagten nicht lege artis durchgeführt worden seien. Ab 26. 6. 2014 sei bei der Wiener Patientenanwaltschaft ein Schlichtungsverfahren anhängig gewesen. Der Beklagte habe nie erklärt, Vergleichsverhandlungen als gescheitert anzusehen. Er habe meritorische Stellungnahmen abgegeben, womit er sich auf das Verfahren eingelassen habe. Mit Schreiben vom 9. 2. 2015 habe die Klägerin ein Vermittlungsansuchen an die Schiedsstelle der Ärztekammer für Wien gerichtet. Die Patientenanwaltschaft habe deshalb mit Schreiben vom 11. 2. 2015 das (bei ihr anhängige) Verfahren für beendet erklärt. Der Beklagte habe erst mit E-Mail vom 25. 3. 2015 erklärt, dass er einem Schlichtungsverfahren mit der Klägerin nicht beiwohnen werde. Mit Schreiben vom 26. 3. 2015 sei ihr mitgeteilt worden, dass das Schlichtungsverfahren mangels Einlassung ohne Ergebnis beendet sei. Der Lauf der Verjährungsfrist sei während dieser ganzen Zeit gehemmt gewesen (§ 58a ÄrzteG).
Ihr weiteres an die Schiedsstelle der Ärztekammer Wien gerichtetes Schreiben vom 13. 1. 2016 erachtet die Klägerin nicht mehr als fristenhemmend.
Der Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und brachte dazu vor, die Verjährungsfrist sei nie gehemmt gewesen. Das (an die Patientenanwaltschaft gerichtete) Schreiben der Klägerin sei kein schriftliches Vermittlungsersuchen iSd § 58a ÄrzteG 1998 gewesen. Er habe auch keine Erklärung iSd § 58a ÄrzteG 1998 abgegeben, zur Verhandlung über eine außergerichtliche Regelung der Angelegenheit bereit zu sein. Für das Ende einer allenfalls eingetretenen Hemmung reiche es auch, wenn die fehlende Bereitschaft zu weiteren Vergleichsgesprächen zum Ausdruck gebracht werde. Es habe nie Zweifel geben können, dass der Beklagte keinen Grund sehe, sich auf Vergleichsgespräche einzulassen. Mit seinen Schreiben gegenüber der Patientenanwaltschaft und spätestens mit dem Schreiben an die Ärztekammer Wien habe klar sein müssen, dass weitere Vergleichsbemühungen zwecklos seien. Das Schreiben der Patientenanwaltschaft vom 3. 12. 2014 impliziere, dass sie Vergleichsverhandlungen spätestens dann als gescheitert angesehen habe und eine allfällige Hemmung mit diesem beendet worden sei.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass die Ansprüche nicht verjährt seien. Dazu stellte es fest:
Die Klägerin begab sich am 7. 11. 2012 in Behandlung bei Dr. ***** E*****. Bei diesem Termin erfuhr sie, dass nach wie vor ein Meniskuseinriss im Hinterhorn des rechten Knies besteht und sie nochmals operiert werden müsse. Am 8. 11. 2012 erstattete Dr. ***** E***** ein Gutachten …. Aufgrund dieses Gutachtens erlangte die Klägerin Kenntnis, dass die vom Beklagten durchgeführten Operationen nicht geeignet gewesen wären und nicht lege artis durchgeführt worden seien.
Am 24. 6. 2014 nahm die Klägerin Kontakt zur Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft (idF: Patientenanwaltschaft) auf und beschwerte sich über den Beklagten. Dabei wurde sie „über Tätigkeit der [Patientenanwaltschaft] und über Verjährung“ informiert. Am selben Tag unterfertigte die Klägerin ein Schreiben, mit dem sie der Patientenanwaltschaft Vollmacht erteilte, in alle sie betreffenden Unterlagen der Krankenanstalt ***** sowie weiters des Beklagten Einsicht zu nehmen, Abschriften oder Kopien davon herzustellen und alle als erforderlich erachteten Auskünfte bei Institutionen, Behörden und Personen einzuholen. Unter einem entband sie die Krankenanstalt ***** und den Beklagten von ihrer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht. Dieses Schreiben brachte sie mit ihren Befunden persönlich zur Patientenanwaltschaft.
Mit Schreiben vom 26. 6. 2014 ersuchte die Patientenanwaltschaft den Beklagten, „eine Stellungnahme zum Vorbringen Ihrer Patientin unter Anschluss einer Kopie der Behandlungsunterlagen samt Aufklärungsunterlagen und Einwilligungserklärungen“ abzugeben. …
Mit Schreiben vom 23. 9. 2014 äußerte sich der Beklagte zu den Vorwürfen inhaltlich und führte aus, dass bei der Klägerin kein Behandlungsfehler begangen worden sei. Diese Stellungnahme wurde der Klägerin von der Patientenanwaltschaft weitergeleitet. Daraufhin übermittelte die Klägerin ein Schreiben mit der Chronologie ihrer Untersuchungen, Behandlungen und Operationen.
Mit Schreiben vom 3. 12. 2014 wies die Patientenanwaltschaft die Klägerin darauf hin, dass für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen der Nachweis eines schuldhaften Fehlverhaltens notwendig sei und diese innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger eingeklagt werden müssten, ansonsten trete Verjährung ein.
Mit Schreiben vom 14. 1. 2015 ersuchte die Patientenanwaltschaft den Beklagten um eine weitere Stellungnahme unter Anschluss einer möglicherweise angefertigten Bilddokumentation zur Frage, warum bei der Operation am 4. 7. 2012 die Ruptur des medialen Hinterhorns rechts trotz Hinweisen im MRT-Befund nicht saniert worden sei.
Die Stellungnahme des Beklagten vom 20. 1. 2015 langte bei der Patientenanwaltschaft am 22. 1. 2015 ein. Nach Übermittlung dieser Stellungnahme an die Klägerin schlug die Sachbearbeiterin Mag. ***** T***** der Klägerin am 29. 1. 2015 vor, sich an die Schiedsstelle der Ärztekammer für Wien zu wenden.
Am 9. 2. 2015 übermittelte die Klägerin eine Stellungnahme an die Schiedsstelle der Ärztekammer für Wien und bat um Klärung des Sachverhalts. …
Die Patientenanwaltschaft wies die Klägerin mit Schreiben vom 11. 2. 2015 darauf hin, das ihr Vorbringen bei der Patientenanwaltschaft … „außer Evidenz genommen wird, da dieses nunmehr bei der Schiedsstelle der Ärztekammer überprüft wird“.
Mit Schreiben vom 18. 2. 2015 übersandte der Beklagte [der Ärztekammer] zwei Stellungnahmen aus dem Verfahren vor der Patientenanwaltschaft, nämlich vom 23. 9. 2014 und vom 20. 1. 2015, und bestätigte, dass für ihn Berufshaftpflichtversicherung bestehe.
Mit E-Mail vom 25. 3. 2015 teilte der Beklagte der Ärztekammer für Wien mit, einem Schlichtungsverfahren mit der Klägerin bei der Ärztekammer für Wien nicht beiwohnen. Aus Beil ./G geht weiter seine Stellungnahme hervor, es sei definitiv kein Behandlungsfehler begangen worden. Er habe dies in mehreren ausführlichen Stellungnahmen begründet. Sollte die Patientin anderer Meinung sein, müsse sie den Rechtsweg beschreiten.
Die Schiedsstelle der Ärztekammer für Wien teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 26. 3. 2016 mit und wies sie darauf hin, dass das Verfahren mangels Einlassung ohne Ergebnis beendet ist und ihr zur Durchsetzung ihrer behaupteten Ansprüche der Rechtsweg offen steht. ...
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass die Verjährungsfrist am 8. 11. 2012 zu laufen begonnen habe und vom 24. 6. 2014 bis 25. 3. 2015 als dem Tag, an dem der Beklagte iSd § 58a Abs 1 S 3 ÄrzteG 1998 schriftlich mitgeteilt habe, einem Schlichtungsverfahren nicht beizuwohnen, gehemmt gewesen sei. Es komme nicht darauf an, ob aus dem Inhalt eines früheren Schreibens erkennbar gewesen sei, dass er nicht vergleichsbereit sei. Die Verjährungsfrist wäre daher erst am 9. 8. 2016 abgelaufen.
Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Beklagten keine Folge. § 58a Abs 1 S 3 ÄrzteG 1998 verlange zwar nur eine sinngemäße Erklärung, dass der Schädiger die Vergleichs- bzw Schlichtungsverhandlungen als gescheitert ansehe; dieser Anforderung genüge das Schreiben des Beklagten vom 18. 2. 2015. Dieses Schreiben sei der Klägerin jedoch erst mit Schreiben der Ärztekammer vom 26. 3. 2015 übermittelt worden und zugegangen. Die Ärztekammer als „Vermittler“ sei lediglich als beidseitiger Bote zur (gegenseitigen) Erklärungsübermittlung, nicht aber als Bote zur Empfangnahme von Erklärungen des Gegners („Empfangsbote“) anzusehen, zumal dem Gesetz nicht der Zweck entnommen werden könne, einen Erklärungszugang der die Hemmung beendenden Erklärung an den angeblich Geschädigten bloß zu fingieren. Die Verjährungsfrist wäre daher noch bis zum 10. 8. 2016 gelaufen. Die Revision sei zur Frage zulässig, ob im Hinblick auf die Fristenhemmung auch eine Erklärung des Geschädigten gegenüber der Schiedsstelle genüge.
In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsabweisung.
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
1. § 58a ÄrzteG 1998 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I 2001/110 lautete:
(1) Hat eine Person, die behauptet, durch Verschulden eines Arztes bei dessen Beratung, Untersuchung oder Behandlung geschädigt worden zu sein, schriftlich eine Schadenersatzforderung erhoben, so ist der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt, von dem Tag, an welchem der bezeichnete Schädiger, sein bevollmächtigter Vertreter oder sein Haftpflichtversicherer oder der Rechtsträger jener Krankenanstalt, in welcher der genannte Arzt tätig war, schriftlich erklärt hat, zur Verhandlung über eine außergerichtliche Regelung der Angelegenheit bereit zu sein. Diese Hemmung tritt auch ein, wenn ein Patientenanwalt oder eine ärztliche Schlichtungsstelle vom angeblich Geschädigten oder vom angeblichen Schädiger oder von einem ihrer bevollmächtigten Vertreter schriftlich um Vermittlung ersucht wird, in welchem Falle die Hemmung an jenem Tag beginnt, an welchem dieses Ersuchen beim Patientenanwalt oder bei der ärztlichen Schlichtungsstelle einlangt. Die Hemmung des Laufes der Verjährungsfrist endet mit dem Tag, an welchem entweder der angeblich Geschädigte oder der bezeichnete Schädiger oder einer ihrer bevollmächtigten Vertreter schriftlich erklärt hat, dass er die Vergleichsverhandlungen als gescheitert ansieht oder durch den angerufenen Patientenanwalt oder die befasste ärztliche Schlichtungsstelle eine gleiche Erklärung schriftlich abgegeben wird, spätestens aber 18 Monate nach Beginn des Laufes dieser Hemmungsfrist.
Nach der Rechtsprechung hat § 58a ÄrzteG 1998 den Zweck, dass nach Behandlungsfehlern geführte Vergleichsgespräche vor ärztlichen Schlichtungsstellen oder vergleichbaren Einrichtungen den „Ablauf“ der Verjährung hemmen. Ungeachtet der Verwendung des Begriffs „Ablauf“ in den Gesetzesmaterialien wird inhaltlich eine Fortlaufshemmung normiert (RIS-Justiz RS0121579).
2. Der Beklagte ist zunächst der Ansicht, dass kein fristenhemmendes schriftliches Vermittlungsersuchen iSd § 58a Abs 1 S 2 ÄrzteG 1998 aF vorgelegen habe.
Den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung (21. GP, RV 629 BlgNR S 56) ist nicht zu entnehmen, welcher Zweck mit der Schriftlichkeit des Vermittlungsersuchens verfolgt wird. Objektiv-teleologische Erwägungen sprechen aber dafür, dass damit vor allem ein ernsthafter Wille eines Geschädigten, eine Vermittlung der Patientenanwaltschaft anzustreben, dokumentiert werden soll. Dass damit auch ein Schutz des vermeintlichen Schädigers verfolgt würde, geht daraus nicht hervor, weil das Schlichtungsverfahren nicht zwingend mit einer Zustellung des eigentlichen Vermittlungsersuchens an ihn einhergehen muss.
Hier steht fest, dass die Klägerin am 24. 6. 2014 Kontakt zur Patientenanwaltschaft aufnahm, sich über den Beklagten beschwerte und über die Tätigkeit der Patientenanwaltschaft und über die Verjährung informiert wurde. Daraufhin unterfertigte sie noch am selben Tag ein Schriftstück, mit dem sie der Patientenanwaltschaft die Vollmacht erteilte, in alle sie betreffenden Unterlagen der Krankenanstalt ***** und des Beklagten Einsicht zu nehmen, Abschriften oder Kopien davon herzustellen und alle als erforderlich erachteten Auskünfte bei Institutionen, Behörden und Personen einzuholen. Sie entband darin auch die Krankenanstalt ***** und den Beklagten von deren gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten und stimmte der Verwendung ihrer Daten einschließlich dem Hinweis, dass die Verwendung „der Bearbeitung meiner Eingabe (Beschwerde)“ dient (Beil ./B), ausdrücklich zu. Dieses Schriftstück brachte die Klägerin samt ihren Befunden persönlich zur Patientenanwaltschaft.
Der Oberste Gerichtshof teilt die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Klägerin damit der Patientenanwaltschaft in hinlänglich dokumentierter Weise („schriftlich“) zum Ausdruck brachte, an einer Vermittlung interessiert zu sein und darum zu ersuchen. Dies entspricht auch der in der Entscheidung 2 Ob 4/16a zum Ausdruck kommenden Wertung, in der die protokollierte und mit nachfolgendem Anwaltsschreiben bestätigte Einlassung des Anspruchsgegners in das Verfahren einer „schriftlichen Erklärung“ iSv § 58a Abs 2 S 1 ÄrzteG 1998 gleichgehalten wurde. Auf die Beurteilung des Berufungsgerichts kann daher verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).
3. Der Beklagte ist weiter der Ansicht, dass eine Erklärung, mit der der angebliche Schädiger Behandlungsfehler kategorisch ausschließe und die Forderungen des angeblich Geschädigten zurückweise, als hemmungsbeendend iSd § 58a Abs 1 S 3 ÄrzteG 1998 zu qualifizieren sei. Das gelte auch für eine Erklärung, mit der die Patientenanwaltschaft den angeblich Geschädigten darauf hinweise, dass keine Anhaltspunkte für einen Behandlungsfehler vorlägen und Schadenersatzansprüche, sollten sie dennoch weiter verfolgt werden wollen, innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger bei sonstigem Verjährungseintritt eingeklagt werden müssten.
Soweit der Beklagte damit auf sein Schreiben vom 23. 9. 2014 Bezug nimmt, ist diesem kein solcher Inhalt zu entnehmen. Dass der vermeintliche Schädiger in einer Stellungnahme einen Behandlungsfehler verneint und auf die Problematik im Umgang mit einer Patientin hinweist (s Beil ./F), ist einer Erklärung, die Vergleichsverhandlungen als gescheitert anzusehen, noch nicht gleichzuhalten.
Anderes geht auch nicht zweifelsfrei aus dem Schreiben der Patientenanwaltschaft vom 3. 12. 2014 hervor, weil der Klägerin damit vor allem die Einschätzung der Patientenanwaltschaft über (geringe) Erfolgsaussichten und ein erhebliches Prozesskostenrisiko vermittelt wurde, die Patientenanwaltschaft aber auch in der Folge (Schreiben vom 14. 1. 2015) den Beklagten um eine weitere Stellungnahme zur unterbliebenen Sanierung der Ruptur des medialen Hinterhorns rechts ersuchte, diese der Klägerin am 26. 1. 2015 mit dem Ersuchen um Kontaktaufnahme „zur Besprechung der weiteren Vorgangsweise“ übermittelte und erst am 11. 2. 2015 erklärte, das Vorbringen der Klägerin außer Evidenz zu nehmen. Auch das Schreiben der Patientenanwaltschaft vom 3. 12. 2013 beendete damit die Hemmung der Verjährung nicht.
4. Folgt man danach dem Beklagten darin, dass nicht erst sein Schreiben vom 25. 3. 2015, sondern bereits jenes vom 18. 2. 2015 als Erklärung iSd § 58a Abs 1 S 3 ÄrzteG 1998, die Vergleichsverhandlungen als gescheitert anzusehen, zu verstehen ist, stellt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob diese Erklärung (auch) dem vermeintlich Geschädigten zugehen muss, um hemmungsbeendende Wirkung zu entfalten.
Auch mangels eines anderslautenden Hinweises in den genannten Gesetzesmaterialien ist dazu auf die allgemeine Regel zurückzugreifen, dass eine Erklärung in den Machtbereich des Adressaten gelangt sein muss, um als zugegangen zu gelten (Empfangstheorie, zB RIS-Justiz RS0014078 [T8]; RS0014076). Der erkennende Senat teilt dazu auch die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Schlichtungsstelle zwar Übermittlungsstelle für wechselseitige Erklärungen ist, ihr nach ihrer Aufgabe als Vermittlerin aber nicht die Position eines Empfangsboten des vermeintlich Geschädigten für vom Anspruchsgegner abgegebene Erklärungen zukommt, weil der Geschädigte (bzw sein Vertreter) selbst einschätzen und entscheiden können muss, ob infolge der Erklärung des Anspruchsgegners eine Klagsführung zur Verhinderung des Fristenlaufs erforderlich ist. Andernfalls wäre nicht gesichert, dass der Geschädigte zeitgerecht die zur Wahrung seiner Schadenersatzansprüche erforderlichen (Klags-)Schritte setzen kann. Das liefe dem gesetzlichen Anspruch, dass einem Geschädigten durch die Inanspruchnahme eines derartigen Vermittlungsverfahrens kein Nachteil für die Durchsetzung seiner Ansprüche entstehen soll, zuwider. Dass insofern keine „Symmetrie“ des verjährungshemmenden und des hemmungsbeendenden Tatbestands besteht (Zugang des Vermittlungsersuchens bei der Schlichtungsstelle vs Zugang des Ablehnungsschreibens beim Geschädigten), schadet daher nicht. Zusammenfassend erfordert die hemmungsbeendende Wirkung einer vom bezeichneten Schädiger gegenüber der Schlichtungsstelle angegebenen schriftlichen Erklärung iSd § 58a Abs 1 S 3 ÄrzteG 1998 idF BGBl I 2001/110, in dem Vergleichsverhandlungen als gescheitert angesehen werden, daher den Zugang dieser Erklärung beim vermeintlich Geschädigten.
5. Da die Vorinstanzen folglich zutreffend eine Verjährung der Klagsansprüche verneint haben, war der Revision des Beklagten keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist unanfechtbar (s RIS-Justiz RS0044233), die bezughabenden Revisionsausführungen sind daher unzulässig.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 393 Abs 4 ZPO (RIS-Justiz RS0128615).
Textnummer
E121066European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00064.17B.0227.000Im RIS seit
06.04.2018Zuletzt aktualisiert am
13.05.2019