Entscheidungsdatum
04.12.2017Norm
VStG §27Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerde von X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. Jänner 2017, Zeichen: 0041224/2016, betreffend eine Strafe nach dem BStMG
zu Recht:
I. Das angefochtene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. Jänner 2017 wird wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision unzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Mit Strafverfügung vom 14.04.2016 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land über die Beschwerdeführerin (kurz „Bf“) eine Geldstrafe von 300 Euro mit der Begründung verhängt, dass sie in der Gemeinde X auf der A7 bei km X am 28.01.2016 ein Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 01.07.2016, welches an die „Landespolizeidirektion OÖ“ gerichtet war und bei dieser am 05.07.2016 einlangte, wurde erklärt, dass die „Anzeige [...] gemäß § 29a VStG 1991 aufgrund eines Einspruches abgetreten [wird]“. In diesem Schreiben scheint folgender Empfänger auf:
„Landespolizeidirektion OÖ
Sicherheits- und verwaltungspolizeiliche Abteilung
Referat SVA 1 - Strafamt
Nietzschestraße 33
4021 Linz“.
Mit Schreiben der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 12.07.2016 (gerichtet an: „Magistrat der Landeshauptstadt Linz“) wurde die Anzeige „zur Durchführung des Strafverfahrens gem. § 26 VStG der dortigen Behörde abgetreten“.
Mit dem angefochtenen Straferkenntis vom 13.01.2017 wurde über die Bf eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Stunden) mit der Begründung verhängt, dass sie als Lenkerin mit einem näher konkretisierten Fahrzeug am 28.01.2016 die A7 bei km X benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Eingabe der Bf vom 08.02.2017, welche als Beschwerde zu werten ist.
II. Der unter Punkt I. dargestellte/festgestellte Verfahrensgang/Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den im Behördenakt vorhandenen Schriftstücken.
III. In rechtlicher Hinsicht ist folgendes auszuführen:
III.1. Gemäß § 26 Abs. 1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften über die sachliche Zuständigkeit keine Bestimmungen enthalten, in Verwaltungsstrafsachen die Bezirksverwaltungsbehörden zuständig. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist in Verwaltungsstrafsachen in den Angelegenheiten des sachlichen Wirkungsbereiches der Landespolizeidirektionen im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig.
Gemäß § 27 VStG ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist.
Gemäß § 29a VStG kann die zuständige Behörde das Strafverfahren oder den Strafvollzug (unter bestimmten Voraussetzungen) an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat.
Die Übertragung des Strafverfahrens nach § 29a VStG ist nach stRsp (vgl. etwa VwGH 24.02.2012, 2008/02/0360) eine Verfahrensanordnung. Die Rechtsfolge des Übertragungsaktes besteht in der Begründung der (örtlichen) Zuständigkeit der delegierten Behörde. Diese Rechtsfolge tritt allerdings nur dann ein, wenn der Übertragungsakt rechtmäßig ist (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz 785). Bei Anführung einer „falschen“ Behörde in der Verfahrensanordnung ist diese Anordnung ohne Wirkung (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz 785 mwN; VwGH 20.01.1982, 0858/80; 11.05.1983, 82/03/0216). Die in der Anordnung angeführte Behörde kann auch nicht „weiter übertragen“, sodass durch die „Weiterleitung“ einer Übertragungsanordnung an die zuständige Behörde keine Übertragung im Sinne des § 29a VStG bewirkt wird (vgl. VwGH 20.01.1982, 0858/80; 11.05.1983, 82/03/0216).
III.2. Gemäß § 27 VwGVG ist vom Landesverwaltungsgericht eine allfällige Unzuständigkeit der belangten Behörde von Amts wegen aufzugreifen.
Im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde weder gemäß § 27 VStG (Tatort ist in der Gemeinde X) noch aufgrund des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 01.07.2016 zur Entscheidung zuständig. Das Schreiben vom 01.07.2016 ist zwar als Verfahrensanordnung gemäß § 29a VStG anzusehen, allerdings ist dieses an die Landespolizeidirektion Oberösterreich gerichtet, sodass dadurch eine Zuständigkeit der belangten Behörde nicht begründet werden konnte (vgl. Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz 785 mN aus der Rsp des VwGH). Dies gilt auch für die Weiterleitung des Schreibens durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich an die belangte Behörde (vgl. VwGH 20.01.1982, 0858/80; 11.05.1983, 82/03/0216).
Das angefochtene Straferkenntnis ist daher wegen Unzuständigkeit aufzuheben.
Eine Verhandlung war nicht abzuhalten, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (vgl. § 44 Abs. 2 VwGVG).
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision: Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Beurteilung der Zuständigkeit der belangten Behörde im Hinblick auf die Anordnung gemäß § 29a VStG erfolgte im Einklang mit der Rsp des VwGH.
Schlagworte
Verwaltungsstrafverfahren; Übertragung an unzuständige BehördeAnmerkung
Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGOB:2017:LVwG.400220.2.HWZuletzt aktualisiert am
03.06.2020