Entscheidungsdatum
26.01.2018Norm
BAO §4 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde der G GmbH, nunmehr vertreten durch die Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, ***, ***, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Statutarstadt Wiener Neustadt vom 7. April 2017, AZ. WN/50768/BW-VG-BP/1, mit welchem eine Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 17. November 2016, AZ. WN/50768/BW-VG-BP/1, betreffend die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe, als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 279 Bundesabgabenordnung - BAO
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Aufgrund eines Antrages der G GmbH (in der Folge: die Beschwerdeführerin) wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 7. Jänner 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1, die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung von zwei Wohngebäuden mit insgesamt 18 Wohneinheiten und weiteren Bauwerken (Müllplatzüberdachung, Abstellräume mit Carport und ein weiteres Carport) auf dem Grundstück in ***, *** (KG ***; EZ ***, Grst.Nr. ***) erteilt. Gleichzeitig wurde das Grundstück gemäß § 23 Abs. 3 NÖ Bauordnung zum Bauplatz erklärt.
Gegen diesen Bescheid wurde seitens eines Nachbarn Berufung erhoben.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Statutarstadt Wiener Neustadt vom 8. Juni 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1, wurde die Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Die Beschwerdeführerin war am 22. Juni 2015 grundbücherliche Alleineigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstückes in ***, *** (KG ***; EZ ***, Grst.Nr. ***).
Mit Abgabenbescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 17. November 2016, Zl. WN/50768/BW-VG-BP/1, wurde der G GmbH gemäß § 38 NÖ Bauordnung 2014 anlässlich der Erklärung des zum Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld im Eigentum der G GmbH stehenden Grundstückes Nr. ***, EZ ***, zum Bauplatz eine Aufschließungsabgabe in Höhe von € 38.658,12 vorgeschrieben.
Der Berechnung zugrunde gelegt wurden eine Berechnungslänge von 57,2713, ein Bauklassenkoeffizient von 1,5 sowie ein Einheitssatz von € 450.
Gegen diesen Bescheid brachten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24. November 2016 das Rechtsmittel der Berufung ein.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass Mitte 2015 die Liegenschaft verkauft worden sei und sich aus dem geschlossenen Kaufvertrag ergebe, dass die G GmbH für die Abgaben nicht aufzukommen hätte.
Auf der Grundlage eines Beschlusses des Stadtsenates der Statutarstadt Wiener Neustadt vom 3. April 2017 wurde der nunmehr angefochtene Bescheid des Stadtsenates der Statutarstadt Wiener Neustadt vom 7. April 2017, WN/50768/BW-VG-BP/1, ausgefertigt. Die Berufung wurde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wurde ausgeführt, dass der für die Entstehung der Abgabenschuld maßgebliche Zeitpunkt der Tag der Rechtskraft des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 NÖ Bauordnung zu sehen sei, sohin im konkreten Fall der 21. Juli 2015. Als Abgabenschuldner sei zufolge des Grundsatzes der Zeitbezogenheit von Abgaben der Grundstückseigentümer zum Zeitpunkt 21. Juli 2015 heranzuziehen gewesen. Das Eigentumsrecht der A GmbH sei außerbücherlich mit Kaufvertrag vom 8. Juli 2015 begründet worden, die Übertragung des Eigentumsrechtes habe jedoch erst mit grundbücherlicher Einverleibung mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 12. August 2015 stattgefunden. Werde das bücherliche Eigentum an einer Liegenschaft nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld übertragen, so sei Abgabenschuldner nicht der Rechtsnachfolger, sondern derjenige, der im Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld bücherlicher Liegenschaftseigentümer gewesen sei. Abgabenschuldner sei also der bücherliche Eigentümer des von der Bauplatzerklärung betroffenen Grundstückes zum Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung, d.h. der Bauplatzerklärung mit Rechtskraft des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 NÖ Bauordnung 2014, sohin am 21. Juli 2015, daher die G GmbH.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2016 brachte die Beschwerdeführerin dagegen fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde ein. In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die G GmbH erstmals mit Bescheid vom 7. April 2017 darüber informiert worden sei, dass der Stadtsenat als Baubehörde II. Instanz über die Berufung mit Bescheid vom 8. Juni 2015 entschieden habe und die Rechtskraft des Bescheides der Baubehörde II. Instanz am 21. Juli 2015 eingetreten sei, da sie den Bescheid vom 8. Juni 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1, am 22. Juni 2015 nicht erhalten hätten, sondern erstmals mit E-Mail vom 9. Mai 2017. Die Rechtskraft dieses Bescheides habe daher frühestens nach dem 7. Juni 2017 eintreten können und könne daher erst mit diesem Zeitpunkt ein Abgabenbescheid für die Aufschließungsabgabe festgesetzt werden. Unter Verweis auf das bisherige Vorbringen wurde ausgeführt, dass es sich auf der Übernahmebestätigung des Bescheides vom 8. Juni 2015, nicht um die Unterschrift des Geschäftsführers der G GmbH handle. Dieser habe sämtliche Mitarbeiter der G GmbH mit 30. März 2015 gekündigt, sodass nur durch ihn persönlich eine Übernahme des Bescheides von der Post hätte erfolgen können, indem er zu diesem Zeitpunkt als Geschäftsführer als Einziger für die Firma tätig gewesen sei. Er könne nur vermuten, dass die Post irrtümlich den Bescheid (richtig wohl: den Rückschein) bei einem anderen Mieter in dem Bürokomplex, wo auch die G GmbH eingemietet gewesen sei, habe unterschreiben lassen. Vorgelegt wurde ein Schreiben der NÖ Gebietskrankenkasse vom 24. Mai 2017, wonach zwischen 1. April 2015 und 1. Juli 2015 keine Dienstnehmer seitens der G GmbH angemeldet gewesen seien.
Es wurden die Anträge an das Landesverwaltungsgericht gestellt, die Rechtskraft des Bescheides vom 8. Juni 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1, mit 21. Juli 2015 aufzuheben und mit frühestens 7. Juni 2017 zu bestätigen und die Bescheide vom 17. November 2016, Zl. WN/50768/BW-VG-BP/1, mit welchem die Aufschließungsabgabe festgesetzt wurde, und vom 7. April 2017, Zl. WN/50768/BW-VG-BP/1, aufzuheben.
Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Seitens der Statutarstadt Wiener Neustadt wurde die Beschwerde unter Anschluss der Bezug habenden Verwaltungsakte (Bau- sowie Abgabenakt) dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 10. August 2017 zur Entscheidung vorgelegt.
Vorausgeschickt wird, dass mit diesem Erkenntnis ausschließlich über die Beschwerde gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 7. April 2017, Zl. WN/50768/BW-VG-BP/1, abgesprochen wird, indem entsprechend der Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich die Zuständigkeit der erkennenden Richterin sich ausschließlich auf das Abgabenverfahren erstreckt.
Über den mit der Beschwerde gegen den Bescheid vom 8. Juni 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1, verbundenen Antrag, die Feststellung der Rechtskraft dieses Bescheides neu festzusetzen, wurde bereits mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 17. August 2017, LVwG-AV-972/001-2017, abgesprochen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 23. Jänner 2018 eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Abwesenheit der Parteien durchgeführt. Mit Schreiben vom 22. Jänner 2018 teilte die Ehefrau des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin AH mit, dass ihr Mann zur Verhandlung nicht erscheinen könne, da er krank sei. Dieser habe versucht, den Anwalt der Beschwerdeführerin zu bitten, die Verhandlung zu verrichten, was wegen einer Terminkollision des Anwaltes nicht möglich sei. Es wurde um Verlegung des Termines ersucht. Vorgelegt wurde eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung des AH, wonach dieser ab 19. Jänner 2018 arbeitsunfähig sei, keine Bettruhe einhalten müsse und von 9 bis 11 Uhr sowie von 14 bis 17 Uhr Ausgehzeit habe.
Mit Schreiben vom 22. Jänner 2018 wurde seitens der Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte GmbH & Co KG die Erteilung der Vertretungsvollmacht mitgeteilt und eine Vertagungsbitte gestellt mit der Begründung, dass der zuständige Jurist der Rechtsanwaltskanzlei zum ausgeschriebenen Verhandlungstermin eine Terminkollision habe, der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zudem erkrankt sei.
Diese Schreiben können nicht als Entschuldigung für die Nichtteilnahme an der Verhandlung gewertet werden. So wurde einerseits keine ärztliche Bestätigung betreffend einer Verhandlungsunfähigkeit vorgelegt, sondern wurde vielmehr ausgeführt, dass keine Bettruhe eingehalten werden müsse und eine tägliche Ausgehzeit bestehe, welche eine Teilnahme an der Verhandlung ohne weiteres ermöglicht hätte.
Des Weiteren war ein persönliches Erscheinen des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin gar nicht verlangt und hätte die Möglichkeit bestanden, sich vertreten zu lassen.
Der Vertagungsbitte eines Rechtsanwaltes – der im Übrigen im gegenständlichen Verfahren noch gar nicht in Erscheinung getreten war – wegen Terminkollision war jedenfalls keine Folge zu geben, sondern hätte sich dieser substituieren lassen können.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen JW sowie Einsichtnahme in den gesamten erst- und zweitinstanzlichen Abgabenakt sowie Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.
Der Zeuge JW gab an, dass er als Zustellorgan der Österreichischen Post AG die verfahrensgegenständliche Zustellung vorgenommen habe. Er habe an den konkreten Zustellvorgang keine Erinnerung mehr. Er mache es immer so, dass er – wenn er behördliche Sendungen in Häusern zuzustellen habe, in denen mehrere Firmen eingemietet seien (wie an der im Gegenstand relevanten Adresse ***, ***), an der Bürotüre der jeweiligen Firma anläute und wenn ihm geöffnet werde, dem Anwesenden die Sendung unter der Annahme, es handle sich um einen Arbeitnehmer des Empfängers, aushändige und den Zustellnachweis unterschreiben lasse.
Daraus ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Mit Berufungsbescheid des Stadtsenates der Statutarstadt Wiener Neustadt vom 8. Juni 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1, wurde der Bescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 7. Jänner 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1, mit welchem das Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***, zum Bauplatz erklärt wurde, bestätigt. Dieser Bescheid ist mit Zustellung am 22. Juni 2015 in Rechtskraft erwachsen.
[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]
„…
…“
(Quelle: Zustellnachweis RSb aus Bauakt der Statutarstadt Wiener Neustadt)
An diesem Tag war die G GmbH grundbücherliche Alleineigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstückes.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
…
2.2. NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 i.d.F. LGBl. 89/2015:
Abgaben
§ 38
Aufschließungsabgabe
(1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2
1. ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder
2. eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z 2, 3 und 5 erteilt wird.
Die Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage auf einem Bauplatz gilt als erstmalig, wenn auf diesem Bauplatz am 1. Jänner 1970 und danach kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist.
Die Aufschließungsabgabe nach Z 2 ist nicht vorzuschreiben, wenn die Errichtung eines Gebäudes nach § 23 Abs. 3 vorletzter Satz bewilligt wird. Wird auf demselben Bauplatz ein weiteres Gebäude im Sinn des § 23 Abs. 3 erster Satz oder eine großvolumige Anlage errichtet, ist die Abgabe vorzuschreiben.
….
(3) Die Aufschließungsabgabe (A) ist eine einmal zu entrichtende, ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012.
Sie wird aus dem Produkt von Berechnungslänge (BL), Bauklassenkoeffizient (BKK) und Einheitssatz (ES) errechnet:
A = BL x BKK x ES
Bei der Vorschreibung ist jeweils der zum Zeitpunkt der Bauplatzerklärung oder Erteilung der Baubewilligung (Abs. 1) geltende Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz anzuwenden.
…..
(4) Die Berechnungslänge ist die Seite eines mit dem Bauplatz flächengleichen Quadrates:
Bauplatzfläche = BF BL = ?BF
(5) Der Bauklassenkoeffizient beträgt:
in der Bauklasse I
1,00 und
bei jeder weiteren zulässigen Bauklasse
um je
0,25 mehr,
in Industriegebieten ohne Bauklassenfestlegung
2,00
bei einer Geschoßflächenzahl
- bis zu 0,8
1,5
- bis zu 1,1
1,75
- bis zu 1,5
2,0
- bis zu 2,0
2,5 und
- über 2,0
3,5
Ist eine höchstzulässige Gebäudehöhe festgelegt, ist der Bauklassenkoeffizient von jener Bauklasse abzuleiten, die dieser Gebäudehöhe entspricht.
Im Baulandbereich ohne Bebauungsplan beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25 sofern nicht eine Höhe eines Gebäudes bewilligt wird, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.
(6) Der Einheitssatz ist die Summe der durchschnittlichen Herstellungskosten
- einer 3,00 m breiten Fahrbahnhälfte,
- eines 1,25 m breiten Gehsteiges,
- der Oberflächenentwässerung und der Beleuchtung der Fahrbahnhälfte
und des Gehsteiges
pro Laufmeter.
Dabei ist für die Fahrbahn eine mittelschwere Befestigung einschließlich Unterbau und für Fahrbahn und Gehsteig eine dauernd staubfreie Ausführung vorzusehen.
Der Einheitssatz ist mit Verordnung des Gemeinderates festzusetzen.
…
(9) Die Gemeinde hat die Entrichtung der Aufschließungsabgabe dem Grundbuchsgericht bekanntzugeben, das diese Tatsache im Gutsbestandsblatt ersichtlich zu machen hat.
2.3.
Zustellgesetz in der zum Zustellzeitpunkt gültigen Fassung BGBl. I Nr. 5/2008:
Ersatzzustellung§ 16. (1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die – außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt – zur Annahme bereit ist.
…
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Rechtsfrage, ob die Aufschließungsabgabe gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 dem Grunde nach zu Recht vorgeschrieben wurde. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der Abgabenvorschreibung aufzuzeigen:
Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH vom 25. Juli 2014, Zl. 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus Sicht des Abgabenpflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.
Wenn § 38 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 von der Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides spricht, so setzt die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe einen rechtskräftigen Bescheid über die Bauplatzerklärung bzw. Baubewillligung voraus und ist davon auszugehen, dass damit der Eintritt der formellen Rechtskraft gemeint ist, dass also den Parteien des Verfahrens dagegen kein ordentliches Rechtsmittel mehr zusteht. Diese formelle Rechtskraft tritt im Falle der Erhebung von Rechtsmitteln mit der Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung ein (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 26.4.2015, Zl. 2004/06/0042).
Der Abgabentatbestand ist – wie von den Abgabenbehörden zutreffend ausgeführt -durch die Rechtskraft des Bescheides des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 8. Juni 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1, mit dem die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung zweier Wohngebäude mit insgesamt 18 Wohneinheiten und weiteren Bauwerken auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück erteilt und dieses zum Bauplatz erklärt wurde, erfüllt.
Es ist daher zunächst zu prüfen, wann die Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung der Baubehörde (Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 8. Juni 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1) an die Beschwerdeführerin erfolgte.
Wenn die Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht behauptet, es sei erstmals mit Mail vom 9. Mai 2017 der Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 8. Juni 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1, zugestellt worden, so ist dem entgegen zu halten, dass dem im Akt einliegenden Zustellnachweis (RSb) zu entnehmen ist, dass die Sendung am 22. Juni 2015 von einem Arbeitgeber/Arbeitnehmer des Empfängers übernommen und der Rückschein unterfertigt wurde.
Die vom Zusteller erstellten Zustellnachweise sind öffentliche Urkunden, die den Beweis dafür erbringen, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist. Der Gegenbeweis ist jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO offen. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzubieten, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsmäßigen Zustellung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 27. August 1996, 96/05/0054). Indem ein ordnungsgemäß ausgefüllter Rückschein vorliegt, wonach ein Arbeitgeber/Arbeitnehmer der Empfängerin am 22. Juni 2015 die verfahrensgegenständliche Sendung (Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 8. Juni 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1) übernommen hat, ist von einer ordnungsgemäßen Zustellung dieses Bescheides auszugehen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die G GmbH habe zu diesem Zeitpunkt keine Arbeitnehmer gehabt und die Unterschrift auf der Übernahmebestätigung sei nicht jene des Geschäftsführers AH, der der Einzige sei, an den am 22. Juni 2015 hätte zugestellt werden können, ist nicht geeignet, einen Zustellmangel glaubhaft zu machen.
Ist von der Echtheit der Unterschrift auf dem Rückschein auszugehen, so stellt es keinen Verfahrensmangel dar, wenn eine Aufnahme von Beweisen zum allgemein gehaltenen Vorbringen, ein Poststück nicht erhalten zu haben, unterbleibt (VwGH vom 27. Februar 1992, 92/02/0080). Die Unterschrift auf dem verfahrensgegenständlichen Zustellnachweis ist im Übrigen mit anderen in den Verwaltungsakten vorhandenen Unterschriften des Geschäftsführers AH durchaus kompatibel.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 8. Juni 2015, Zl. WN/50768/BW-BV-BB/1, am 22. Juni 2015 zugestellt wurde und in Rechtskraft erwachsen ist und war an diesem Tag die Beschwerdeführerin grundbücherliche Alleineigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, weshalb im Ergebnis die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Statutarstadt dem Grunde nach zu Recht eine Aufschließungsabgabe mit Bescheid vorgeschrieben haben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Festsetzung von Abgaben nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat (vgl. VwGH vom 10. Dezember 2008, Zl. 2005/17/0055, und vom 7. Oktober 2005, Zl. 2005/17/0168).
Weder werden die Richtigkeit der Bemessungsgrundlagen bzw. der Abgabenberechnung von der Beschwerdeführerin konkret in Abrede gestellt, noch erkennt das Verwaltungsgericht Unrichtigkeiten der Abgabenberechnung.
Der Abgabenanspruch der Gemeinde auf die Aufschließungsabgabe gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 besteht dem Grunde und auch in der vorgeschriebenen Höhe zu Recht.
Im Ergebnis konnte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides festgestellt werden, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Aufschließungabgabe; Abgabenfestsetzung; Verfahrensrecht; Zustellung; Zustellnachweis;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.971.001.2017Zuletzt aktualisiert am
05.04.2018