Entscheidungsdatum
01.02.2018Norm
VwGVG 2014 §28 Abs1Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch MMag. Dr. Michaela Lütte als Einzelrichterin über die als Beschwerde zu behandelnde Berufung der GF Gesellschaft m.b.H. (seit 13. März.2013 im Firmenbuch gelöscht), gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 23. Oktober 2010, Zl. WST1-G-1209/010-2008, betreffend Entziehung der Konzession nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 den
BESCHLUSS
1. Das Verfahren wird gemäß §§ 28 Abs. 1 iVm 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) eingestellt.
2. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) iVm Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.
Begründung:
1. Verfahrensgang und Feststellungen:
1.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 23. Oktober 2010, WST1-G-1209/010-2008, wurde der GF Gesellschaft m.b.H. (in der Folge: beschwerdeführende Gesellschaft) die Konzession für die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises mit Kraftfahrzeugen unter Beistellung des Lenkers aufgrund besonderer Aufträge (Bestellungen) (Mietwagen-Gewerbe mit Omnibussen) mit zwei Fahrzeugen im Standort ***, ***, gemäß § 5 Abs. 1 und 4 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 (GelverkG), in der damals geltenden Fassung, wegen fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit entzogen.
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft, vertreten durch ihre handelsrechtliche Geschäftsführerin EF, mit Schreiben vom 12. November 2010 rechtzeitig Berufung.
1.3. Die beschwerdeführende Gesellschaft war unter FN *** im Firmenbuch eingetragen. Mit Beschluss des Landesgerichtes *** vom 27. März 2012 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet und diese aufgelöst (Eintragung im Firmenbuch am 29. März 2012). Mit Beschluss des Landesgerichtes *** vom 02. Jänner 2013 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben (Eintragung im Firmenbuch am 24. Jänner 2013) und die Löschung der Firma gemäß § 40 des Firmenbuchgesetzes (FBG) verfügt (Eintragung im Firmenbuch am 13. März 2013).
1.4. Die Konzession der beschwerdeführenden Gesellschaft endigte mit deren Zurücklegung am 05. April 2012.
1.5. Mit Schreiben vom 04. Jänner 2018 gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich – vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur deklarativen Wirkung der Löschung einer Gesellschaft im Firmenbuch – der (gegebenenfalls noch existierenden) beschwerdeführenden Gesellschaft, der belangten Behörde, der im Firmenbuch eingetragenen handelsrechtlichen Geschäftsführerin der beschwerdeführenden Gesellschaft sowie dem im Rahmen des Konkursverfahrens ausgewiesenen Masseverwalter die Gelegenheit, zum Untergang der Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft im Hinblick auf die im Firmenbuch ersichtlich gemachte Löschung der Firma sowie zu einer daran anknüpfenden Einstellung des Beschwerdeverfahrens Stellung zu nehmen.
1.6. Die belangte Behörde erstattete keine Stellungnahme. Der Masseverwalter teilte mit Schreiben vom 10. Jänner 2018 mit, seit der Aufhebung des Konkurses in keiner Rechtsbeziehung zur vormaligen Schuldnerin zu stehen.
Das an die beschwerdeführende Gesellschaft als Empfängerin an den im Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) zuletzt ersichtlichen Standort der Gewerbeberechtigung verfügte Schreiben wurde – gemäß dem Rückschein – dem „Empfänger“ am 10. Jänner 2018 zugestellt und ist mit „F“ unterzeichnet. Das Schreiben an die handelsrechtliche Geschäftsführerin EF, verfügt an deren Hauptwohnsitz, der dem zuletzt ersichtlichen Standort der Gewerbeberechtigung entspricht, wurde – gemäß dem Rückschein – am 10. Jänner 2018 von einem „Mitbewohner“ übernommen und ist mit der (scheinbar gleichen) Unterschrift „F“ versehen. Eine Stellungnahme zum Untergang der Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde jeweils nicht erstattet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen einschließlich des dargelegten Verfahrensgangs konnten in unbedenklicher Weise im Hinblick auf die eindeutigen Inhalte des vorliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Gerichtsaktes des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich sowie aufgrund der Einsichtnahmen in das Firmenbuch und Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) am 28. Dezember 2017 sowie in das Zentrale Melderegister 04. Jänner 2018 getroffen werden.
3. Rechtslage:
3.1. Art. 151 Abs. 51 Z 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) lautet:
„(51) Für das Inkrafttreten der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 51/2012 geänderten oder eingefügten Bestimmungen und für das Außerkrafttreten der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Bestimmungen sowie für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt Folgendes:
8. Mit 1. Jänner 2014 werden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern […] aufgelöst; […] Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren […] geht auf die Verwaltungsgerichte über […].“
3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten:
„§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
[…]
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
[…]“
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]“
„§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
[…]“
3.3. § 40 des Firmenbuchgesetzes (FBG) lautete zum Zeitpunkt der Löschung der Firma:
„§ 40. (1) Eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, kann auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder der Steuerbehörde oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Eine Abwicklung findet nicht statt. Sofern das Vorhandensein von Vermögen nicht offenkundig ist, gilt eine Kapitalgesellschaft bis zum Beweis des Gegenteils auch dann als vermögenslos, wenn sie trotz Aufforderung durch das Gericht die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die Lageberichte (§§ 277 ff UGB) von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht vollständig vorlegt.
(2) Vor der Löschung sind die nach dem Sitz der Gesellschaft zuständige gesetzliche Interessenvertretung und die Steuerbehörde zu hören, sofern diese nicht ohnehin selbst Antragsteller waren. Äußern sich diese Stellen binnen vier Wochen nicht, so gilt ihre Zustimmung als gegeben.
(3) Gerichte und Steuerbehörden haben einander die erbetenen für die Vollziehung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
(4) Stellt sich nach der Löschung das Vorhandensein von Vermögen heraus, das der Verteilung unterliegt, so findet die Abwicklung statt. Die Abwickler sind auf Antrag eines Beteiligten vom Gericht zu ernennen.“
3.4. § 1 Abs. 2 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes 1996 (GelverkG) lautet:
„(2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, mit der Maßgabe, daß die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als reglementierte Gewerbe gelten, auf die § 95 Abs. 2 der GewO 1994 anzuwenden ist.“
3.5. § 85 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lautet auszugsweise:
„§ 85. Die Gewerbeberechtigung endigt:
[…]
3. mit dem Untergang der juristischen Person (§ 11 Abs. 1);
[…]
7. mit der Zurücklegung der Gewerbeberechtigung, im Falle von Fortbetrieben gemäß § 41 Abs. 1 Z 1 bis 3 mit der Zurücklegung des Fortbetriebsrechtes;
[…]“
4. Erwägungen:
4.1. Zur Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich:
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich anhängigen Berufungsverfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übergegangen. Die Berufung ist nunmehr als Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zu behandeln.
4.2. Zur Einstellung des Verfahrens:
4.2.1. Das Verfahren ist gemäß §§ 28 Abs. 1 iVm 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen, wenn die beschwerdeführende Partei untergeht und kein Rechtsträger die Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren fortsetzt (vgl. Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz. 22; s. auch VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035, mwN, wonach ein Verfahren, das nach dem Wegfall der Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Partei nicht fortzuführen ist, in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde einzustellen ist).
4.2.2. Nach den oben getroffenen Feststellungen wurde die beschwerdeführende Gesellschaft infolge der Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens im Firmenbuch amtswegig gelöscht (vgl. § 40 FBG).
4.2.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 19.04.2017, Ra 2017/17/0066 mwN) wirkt die Löschung einer GmbH im Firmenbuch jedoch insofern nur deklarativ, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist (vgl. auch bei Ritz, BAO5 § 79 Rz. 11; s. aber auch OGH 22.04.2014, 7 Ob 55/14k, wonach die Vermögenslosigkeit der aus diesem Grund gelöschten GmbH „bis zum Beweis des Gegenteils ... anzunehmen" ist).
4.2.4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat im vorliegenden Fall – mangels anderer Ermittlungsergebnisse – von der Vollbeendigung der beschwerdeführenden Gesellschaft mit der Rechtsfolge des Untergangs ihrer Rechtspersönlichkeit auszugehen:
Zu dem vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingeräumten Gehör zur Frage des Untergangs der Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft (zu dieser Vorgehensweise vgl. etwa VwGH 15.09.2011, 2007/04/0013, s. auch VwGH 19.04.2017, Ra 2017/17/0066) wurde – mit Ausnahme der Mitteilung des Masseverwalters – keine Stellungnahme erstattet.
Es wurde daher von keiner Seite vorgebracht oder hätte sich für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in sonstiger Weise ergeben, dass die beschwerdeführende Gesellschaft – trotz der im Firmenbuch ersichtlich gemachten Löschung ihrer Firma – noch über Vermögen verfügen würde (vgl. auch VwGH 15.09.2011, 2007/04/0013, mwN). Auch sind dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich keine Anträge betreffend eine allfällige Nachtragsliquidation bekannt oder im Firmenbuch ersichtlich.
Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass das an die beschwerdeführende Gesellschaft gerichtete Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 04. Jänner 2018 entsprechend dem Rückschein dem „Empfänger“, unterzeichnet mit „F“, zugestellt wurde, weil die Zustelladresse der Adresse des Hauptwohnsitzes der gleichnamigen handelsrechtlichen Geschäftsführerin sowie der Adresse eines im Firmenbuch ausgewiesenen gleichnamigen Gesellschafters entspricht.
4.2.5. Da auch sonst kein Rechtsträger die Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft in Bezug auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffend die Entziehung der – seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft bereits am 05. April 2012 zurückgelegten und damit geendeten – Konzession fortsetzt, ist das Verfahren infolge des Untergangs der Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft einzustellen.
5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und konnte entfallen, da der für die Entscheidung über die Beschwerde maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage klar hervorgeht und weder Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) noch Art. 47 der Grundrechtecharta (GRC) dem Entfall der mündlichen Verhandlung entgegenstehen (vgl. § 24 Abs. 1 und 4 VwGVG).
6. Zur Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war, weil sich die Entscheidung auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0343) und die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Verfahrensrecht; Löschung; Einstellung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.5.001.2010Zuletzt aktualisiert am
05.04.2018