TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/21 W200 2171836-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.03.2018
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Entscheidungsdatum

21.03.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W200 2171836-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien vom 10.08.2017, Zl. 21611454600024, mit welchem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

wie folgt abgeändert:

Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen auf Grund des in Höhe von fünfzig (50) von Hundert (vH) festgestellten Grades der Behinderung vor.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei stellte am 15.03.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses unter Anschluss eines Konvolutes insbesondere neurologischer medizinischer Unterlagen.

Das vom Sozialministeriumservice eingeholte allgemeine medizinische Gutachten vom 19.07.2017 ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. und gestaltete sich wie folgt:

Anamnese:

Siehe auch VGA vom 19.10.2016: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 30%, Rezidivierende depressive Episode bei Erschöpfungssyndrom und psychotischen Symptomen30%, Hepatopathie 20%, Autoimmunthyreoiditis 10%, Migräne 10%, Karpaltunnelsyndrom bds. 10%, Abnützungserscheinungen beider Hüftgelenke 10% Gesamt. GdB 40%

Derzeitige Beschwerden:

Mir geht es sehr schlecht. Ich habe mittlerweile meinen sechsten Bandscheibenvorfall. Meine Schleimbeutel an beiden Hüften und Ellenbeugen sind entzündet. Ich habe Schmerzen in der Halswirbelsäule und habe immer wieder ein Zittern in den Händen

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Mirtabene, Saroten, Sertralin, Pantoprazol, Parkemed

Sozialanamnese:

verheiratet, 1 Sohn, Beruf: AMS

(...)

Untersuchungsbefund: (...)

Klinischer Status - Fachstatus:

53 Jahre

Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet

Caput: Visus: unauffällig Zähne: saniert, Rachen bland, Hörvermögen nicht eingeschränkt

keine Lippenzyanose, Sensorium: altersentsprechend, HNA frei

Collum: SD: schluckverschieblich, keine Einflussstauung,

Lymphknoten: nicht palpabel

Thorax. Symmetrisch, elastisch

Cor: Rhytmisch, rein, normfrequent

Pulmo: Vesikuläratmung, keinen Atemnebengeräusche, keine Dysponoe

Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar, Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei.

Pulse: Allseits tastbar

Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. Durchführbar, wird erschwert dargestellt, grobe Kraft wird als vermindert, schwere Taschen können jedoch noch getragen werden, Faustschluß und Spitzgriff bds. durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben, emotional getriggerter Tremor

Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. mit Abstützen durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert dargestellt, Beweglichkeit in beiden Hüftgelenken und Kniegelenken nicht prüfbar, deutliche Gegeninnervation, unbeobachtet keine relevante Funktionsminderung objektivierbar, stabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird unauffällig angegeben, keine Varikositas, keine Ödeme bds.

Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im Stehen: wird bis Kniehöhe gezeigt

Rotation und Seitwärtsneigung wird als hochgradig eingeschränkt dargestellt

Gesamtmobilität-Gangbild:

Kommt mit einer UA-Stützkrücke langsamen Gangbildes, trägt schwere Taschen, trägt Lendenstützmieder gut sichtbar über der Oberbekleidung,freies Gehen möglich, wird gebückt mit gebeugten Knien und Schritt für Schritt dargestellt.

Status Psychicus:

bewußtseinsklar, orientiert, kein kognitives-mnestisches Defizit,

Gedankenstruktur: geordnet, kohärent, keine Denkstörung, Konzentration ungestört, Antrieb unauffällig, Stimmungslage klagend

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da bei Zervikalsyndrom und rezidivierender Kopfschmerzsymptomatik mäßiggradige funktionelle Einschränkungen nur objektivierbar sind.

02.01.02

30

2

Rezidivierende depressive Episode bei Erschöpfungssyndrom und psychotischen Symptomen. Wahl der Position mit 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz, da chronifiziertes Zustandsbild.

03.06.01

30

3

Hepatopathie Wahl der Position mit 1 Stufe über dem oberen Rahmensatz, da erhöhte Leberfunktionsparameter.

07.05.01

20

4

Migräne. Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da medikamentös behandelbar bei Fehlen einer Prophylaxetherapie.

04.11.01

10

5

Karpaltunnelsyndrom bds. Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da ohne muskuläre Defizite.

04.05.06

10

6

Abnützungserscheinungen beider Hüftgelenke. Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da keine maßgebliche Funktionseinschränkung objektivierbar

02.02.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Weil der führende GdB unter der Position 1 durch Leiden 2 um Stufe 1 erhöht wird. Begründung: da eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung gegeben ist. Die übrigen Leiden erhöhen nicht weiter, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken."

Mit Bescheid des Sozialministeriumservice vom 10.08.2017 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen.

Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde, welcher abermals medizinische Unterlagen angeschlossen waren, holte das BVwG ein Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie ein, welches Folgendes ergab:

"Anamnese:

54 Jahre alte Frau, die alleine zur Untersuchung kommt. Sie trägt eine Krücke in der rechten Hand. Trägt ein Mieder wegen einer Skoliose. Habe 30 Jahre lang im Elektronischen Archiv des Krankenhauses Speising gearbeitet und ist in Invaliditätspension. Verheiratet, 1 erwachsener Sohn. Sie stammt aus Polen.

Frühere Erkrankungen:

Siehe auch Vorgutachten

+ Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und mehrfach Bandscheibenvorfälle

und Cervicalsyndrom + Carpaltunnelsyndrom beidseits

+ Skoliose

+ Coxarthrose beidseits

+ Schilddrüsenbeschwerden

+ Migräne

+ Depressionen seit Jahren

+ Tremor unklarer Genese

Vegetativ: Größe: 167 cm Gewicht: 61 kg Nikotin: 0 Alkohol: 0

Drogen: 0

Medikamentöse Therapie:

Ethyrox 175 yg 1x1, Sertralin 100 mg 1x1, Saroten 25 mg 1, Mirtabene 45 mg 1,

Neurologischer Status:

Im Kopf- und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Keine Halbseitenzeichen. Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe. Keine pathologischen Reflexe. Sämtliche Koordinationsversuche regelrecht. Romberg, Unterberger, Zehen- und Fersenstand unauffällig. Gangbild unauffällig. Auffällig die Skoliose im Brust/Lendenwirbelsäulenbereich. Trägt Mieder.

Psychischer Status:

Bewusstseinsklar und allseits orientiert. Keine Denkstörungen. Keine psychotische Symptomatik. Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit herabgesetzt. Gedankenductus regelrecht. Befindlichkeit durchgängig klagsam, focusiert auf die Schmerzen und Beschwerden. Nicht auf andere Inhalte zu lenken. Depressiv. Antriebsvermindert. Schlafgestört, trotz der Medikation. Nicht ins Positive zu affizieren. Instabil. Keine Suizidalität.

Beantwortung der gestellten Fragen, die bitte dem Akt zu entnehmen sind:

I.

1. Aus nervenfachärztlicher Sicht leidet die Beschwerdeführerin an einer depressiven Störung, Position 03.06.01 mit 40 %. Oberer Rahmensatz, da trotz Medikation nicht stabil. Includiert die Schmerzsymptomatik, einschließlich der Migräne, sodass das Leiden Nummer 4 des Vorgutachtens entfällt. (Aktenblatt, AB, 35)

2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt nunmehr 50 von Hundert, da nunmehr das führende Leiden, die Depression, mit 40 %, durch das Leiden 1 des Vorgutachtens, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, 02.01.02, 30 %, um 1 Stufe erhöht wird, da eine wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt. Die weiteren Leiden 3,5 und 6 erhöhen nicht weiter, wegen fehlender Relevanz. Leiden 4 entfällt, da im führenden Leiden 1, der Depression, nunmehr includiert.

3. Ja. Eine Veränderung zum Gutachten vom 19.7.2017, AB 32 bis 36 ist objektivierbar, da laut Einschätzungsverordnung als Kriterium für 30 % die Depression unter "Medikation stabil sein müsste", was sie nachweislich nicht ist. Siehe Befund Dr. Ines Hertling, AB 53, vom 22.12.2016.

4. Die Behinderte ist in Folge des Ausmaßes ihrer Gebrechen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb geeignet.

5. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."

Im gewährten Parteiengehör nahm die Beschwerdeführerin das Gutachten zustimmend zur Kenntnis. Das Sozialministeriumservice gab keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.: Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 von 100.

1.2.: Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

Allgemeinmedizinischer Status:

Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar, Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei.

Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. Durchführbar, wird erschwert dargestellt, grobe Kraft wird als vermindert, schwere Taschen können jedoch noch getragen werden, Faustschluß und Spitzgriff bds. durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben, emotional getriggerter Tremor

Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. mit Abstützen durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert dargestellt, Beweglichkeit in beiden Hüftgelenken und Kniegelenken nicht prüfbar, deutliche Gegeninnervation, unbeobachtet keine relevante Funktionsminderung objektivierbar, stabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird unauffällig angegeben, keine Varikositas, keine Ödeme bds.

Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im Stehen: wird bis Kniehöhe gezeigt, Rotation und Seitwärtsneigung wird als hochgradig eingeschränkt dargestellt.

Neurologischer Status:

Im Kopf- und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Keine Halbseitenzeichen. Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe. Keine pathologischen Reflexe. Sämtliche Koordinationsversuche regelrecht. Romberg, Unterberger, Zehen- und Fersenstand unauffällig. Gangbild unauffällig. Auffällig die Skoliose im Brust/Lendenwirbelsäulenbereich. Trägt Mieder.

Psychischer Status:

Bewusstseinsklar und allseits orientiert. Keine Denkstörungen. Keine psychotische Symptomatik. Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit herabgesetzt. Gedankenductus regelrecht. Befindlichkeit durchgängig klagsam, focusiert auf die Schmerzen und Beschwerden. Nicht auf andere Inhalte zu lenken. Depressiv. Antriebsvermindert. Schlafgestört, trotz der Medikation. Nicht ins Positive zu affizieren. Instabil. Keine Suizidalität.

1.3.: Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

depressiven Störung Oberer Rahmensatz, da trotz Medikation nicht stabil. Inkludiert die Schmerzsymptomatik, einschließlich der Migräne

03.06.01

40

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da bei Zervikalsyndrom und rezidivierender Kopfschmerzsymptomatik mäßiggradige funktionelle Einschränkungen nur objektivierbar sind.

02.01.02

30

3

Hepatopathie Wahl der Position mit 1 Stufe über dem oberen Rahmensatz, da erhöhte Leberfunktionsparameter.

07.05.01

20

4

Karpaltunnelsyndrom bds. Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da ohne muskuläre Defizite.

04.05.06

10

5

Abnützungserscheinungen beider Hüftgelenke. Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da keine maßgebliche Funktionseinschränkung objektivierbar

02.02.01

10

Der Gesamtgrad

der Behinderung beträgt 50%.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das vom BVwG eingeholte nervenfachärztliche Sachverständigengutachten vom 26.01.2018 ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Die darin festgestellte Änderung verglichen zu dem vom Sozialministeriumservice eingeholten Gutachten vom 19.07.2017 beschreibt die Fachärztin für Psychiatrie dahingehend, dass das Kriterium der Einschätzungsverordnung für die Einstufung mit 30 % - die Depression müsste unter Medikation stabil sein - nachweislich unter Zugrundelegung eines fachärztlichen Befundes nicht vorliegt. Deshalb stuft sie das Leiden "depressive Störung" unter Pos.Nr. 03.06.01 mit 40% (oberer Rahmensatz, da trotz Medikation nicht stabil. Inkludiert die Schmerzsymptomatik, einschließlich der Migräne) ein.

In weiterer Folge wurde durch die psychiatrische Gutachterin nunmehr eine Zusammenfassung des allgemeinmedizinischen Gutachtens mit dem eigenen nervenfachärztlichen Gutachten vorgenommen. Dies führte zur Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung von 40% auf 50%, da das Leiden 1 des Vorgutachtens, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, 02.01.02, 30 %, um 1 Stufe erhöht wird, da eine wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt. Die weiteren Leiden 3, 5 und 6 (des Vorgutachtens) erhöhen wegen fehlender Relevanz nicht weiter.

Der Inhalt des Gutachtens wurde von der Beschwerdeführerin zustimmend zur Kenntnis genommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

In den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 % festgestellt. Festgehalten wurde, dass sich in der Gesamtbeurteilung somit eine Erhöhung des Behinderungsgrades der beschwerdeführenden Partei ergibt. Die angeführten Sachverständigengutachten sind schlüssig und nachvollziehbar, sie weisen keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Da ein Grad der Behinderung von 50 vH festgestellt wurde und dieser Feststellung im Rahmen des Parteiengehörs nicht widersprochen wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. (§ 24 Abs. 2 Z.1 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Zur Klärung des Sachverhaltes war von der belangten Behörde ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten und vom BVwG ein nervenfachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt worden. In den vorzitierten Gutachten wurde der Zustand der Beschwerdeführerin im Detail dargelegt.

Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurden die Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W200.2171836.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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