TE Bvwg Beschluss 2018/3/23 W139 2184493-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.03.2018
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Entscheidungsdatum

23.03.2018

Norm

BVergG 2006 §12 Abs1 Z2
BVergG 2006 §2 Z16 lita sublitii
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §3 Abs1
BVergG 2006 §312 Abs2
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs1
BVergG 2006 §322 Abs1
BVergG 2006 §322 Abs2
BVergG 2006 §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W139 2184493-2/26E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Kristina HOFER als Vorsitzende sowie Mag. Roland LANG als fachkundigen Laienrichter der Auftraggeberseite und MMag. Dr. Christoph WIESINGER als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über den Antrag der XXXX , vertreten durch Huber I Berchtold Rechtsanwälte OG, Getreidemarkt 14, 1010 Wien, vom 15.01.2015 betreffend das Vergabeverfahren "Gütertransporte, Übersiedlungen und Kühllogistik - GZ 3292.02934" der Republik Österreich (Bund), der Inhouse GmbH der Wirtschaftskammern Österreichs sowie weiterer Auftraggeberinnen gemäß Drittkundenliste, alle vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH, diese vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen:

A)

Der Antrag, "das Bundesvergabeamt möge die angefochtene Entscheidung über die Auswahl der Rahmenvereinbarungspartner vom 19.01.2018 für nichtig erklären", wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 29.01.2018, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung über die Auswahl der Rahmenvereinbarungspartner vom 19.01.2018 verbunden mit einem Antrag auf Gebührenersatz und einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher die Untersagung des Abschlusses der betreffenden Rahmenvereinbarung begehrt wurde.

Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Antragsgegnerinnen, die Republik Österreich, die Inhouse GmbH der Wirtschaftskammern Österreichs und andere seien Auftraggeber iSd Bundesvergabegesetzes 2006 idgF (BVergG). Das Bundesverwaltungsgericht sei diesbezüglich in der zugrundeliegenden Bekanntmachung als zuständige Stelle für Nachprüfungsverfahren ausgewiesen worden. Die Auftraggeberinnen hätten als Verfahrensart für die gewünschte Dienstleistung im Oberschwellenbereich ein offenes Verfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit drei Unternehmern nach dem Bestbieterprinzip gewählt. Angefochten werde die gesondert anfechtbare Entscheidung vom 19.01.2018, mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung betreffend Los 2 - Gütertransporte und Übersiedlungen abgeschlossen werden soll.

Die Erbringung der ausschreibungsgegenständlichen Dienstleistung liege in der zentralen Geschäftstätigkeit der Antragstellerin, weshalb die Antragstellerin ein begründetes Interesse an der Erbringung dieser Leistung habe. Aufgrund einer Beibehaltung der Rechtswidrigkeit im Zuge dieser Auftragsvergabe drohe der Antragstellerin ein massiver (wirtschaftlicher) Schaden, welcher unter anderem im entgangenen Gewinn, in Kosten der Rechtsverfolgung sowie der Verfahrensteilnahme sowie im Verlust eines seltenen Referenzprojektes liege, da derartig umfassende Dienstleistungen aufgrund des engen österreichischen Anbietermarktes kaum wieder zu erlangen seien. Dabei sei zu bedenken, dass ein Leistungszeitraum dieses Auftrages von fünf Jahren vorgesehen sei. Mit der Abgabe ihres Angebotes habe die Antragstellerin ihr Interesse an der weiteren Teilnahme am gegenständlichen Vergabeverfahren bis zum Abschluss der Rahmenvereinbarung und Beauftragung im Zuge der Rahmenvereinbarung bereits hinreichend kundgetan. Sie bezeichnete die Rechte, in denen sie sich als verletzt erachte. Der Nachprüfungsantrag sei fristgerecht eingebracht worden. Die erforderlichen Pauschalgebühren für den Nachprüfungs- und den Provisorialantrag seien vergaberechtskonform in entsprechender Höhe entrichtet worden.

Zu den Gründen der Rechtswidrigkeit führte die Antragstellerin zusammengefasst aus, dass sie die Ausscheidensentscheidung vom 05.01.2018 rechtzeitig bekämpft habe. Ungeachtet dieses beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Nachprüfungsverfahrens hätten die Auftraggeberinnen die nunmehr angefochtene Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung getroffen. Die Auftraggeberinnen seien dem Ersuchen um Zurückziehung der Ausscheidenentscheidung nicht nachgekommen, weswegen die Antragstellerin zur Stellung des gegenständlichen Nachprüfungsantrages gezwungen sei. Die Antragstellerin erhebe daher das Vorbringen im bereits anhängigen Verfahren zur GZ W139 2182913-1 zum integrierenden Bestandteil dieses weiteren Nachprüfungsverfahrens samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Bei rechtskonformer Anwendung der bestandsfesten Ausschreibungsbestimmungen sei das Angebot der Antragstellerin nicht auszuscheiden und hätte die Antragstellerin als Rahmenvereinbarungspartner ausgewählt werden müssen.

Die Auftraggeberinnen hätten das Bestbieterprinzip gewählt und neben dem Preis auch Qualitätskriterien vorgesehen. Das Zuschlagskriterium "Qualität" werde gemäß den bestandsfesten Ausschreibungsbestimmungen mit Subkriterien bzw Sub-Subkriterien bewertet. Die Antragstellerin habe für das gegenständliche Los 2 ein wirtschaftlich sehr attraktives Angebot gelegt, weshalb ihr Angebot bei weitem das kostengünstigste Angebot sei. Darüber hinaus habe sie ihr Angebot hinsichtlich der zu vergebenden Qualitätspunkte (Zuschlagskriterien 2a, 2b und 2c) optimiert. Die Antragstellerin gehe daher zu Recht davon aus, dass sie als Rahmenvereinbarungspartnerin (Bestbieterin) ausgewählt werden hätte müssen.

Ungeachtet der ohnehin gesetzlichen Verpflichtung zur transparenten Offenlegung der Bestbieterermittlung hätten sich die Auftraggeberinnen mit der Festlegung unter Punkt 9.3. zur Bekanntgabe der Bewertungsergebnisse darüber hinaus selbst auferlegt, dass die Bewertungen zu den Subkriterien 2b (Referenzen Zusatzanforderungen) und 2c (Referenzen Projektleiter - Standorte) der erfolgreichen Angebote offengelegt werden würden. Die angefochtene Entscheidung, mit welcher die Unternehmen der Rahmenvereinbarung bekanntgeben worden seien, enthalte jedoch die lapidare Information über die erzielten Gesamtpunkte sowie die nicht konkretisierte, leere Begründung: "Das Angebot der erfolgreichen Bieter war aufgrund der festgelegten Zuschlagskriterien am besten zu bewerten. Es handelt sich daher um das wirtschaftlich günstigste Angebot." Aufgrund der insgesamt fünf fristgerecht gelegten Angebote sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Auftraggeberinnen bloß zwei Unternehmen ausgewählt hätten. Die Antragstellerin gehe begründet davon aus, dass die weiteren Angebote ausgeschieden worden seien. Insofern sei die Antragstellerin ungeachtet ihrer Angebotsbewertung als Rahmenvereinbarungspartner auszuwählen.

Die Antragstellerin halte unter Verweis auf das Urteil des EUGH in der Rechtssache C-100/12 Fastweb fest, dass sie selbst für den ausdrücklich bestrittenen Fall, dass ihr Angebot auszuscheiden wäre, ein Recht auf transparente Offenlegung der Bestbieterermittlung habe.

Die Vorgehensweise bei der Begründung der angefochtenen Entscheidung widerspreche den gesetzlichen Anforderungen an die Begründungtiefe einer gesondert anfechtbaren Entscheidung und den bestandsfesten Ausschreibungsbestimmungen der Auftraggeberinnen. Der Antragstellerin sei eine Überprüfung der Bestbieterermittlung - selbst bei Kenntnis des jeweiligen Angebotspreises - unmöglich. Neben dem Angebotspreis würden weitere Zuschlagskriterien in die Bestbieterermittlung einfließen (Zuschlagskriterium 2a, 2b und 2c). Eine Nachvollziehbarkeit der einzelnen Bewertungsschritte (wegen mehreren Unbekannten) sei mathematisch unmöglich. Die Antragstellerin sei angesichts einer nicht überprüfbaren Entscheidung gezwungen, einen Nachprüfungsantrag alleine deshalb zu legen, um den für die Auftraggeberinnen geltenden Transparenzgrundsatz von sich aus zu erzwingen. Diese leere Begründung bzw "Nicht-Begründung" stelle für sich eine objektiv rechtswidrige Entscheidung der Auftraggeberinnen dar, weil eine Überprüfung für die Antragstellerin unmöglich sei. Ebenso stelle diese Leerformel als Entscheidungsbegründung eine Verletzung des europarechtlich gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes dar. Entgegen den Intentionen des Gesetzgebers habe die Antragstellerin mit dieser Begründung nicht alle Informationen erhalten, um die Chancen eines allfälligen Nachprüfungsantrages abzuwägen oder konkretes Vorbringen erstatten zu können. Eine nachträgliche Bekanntgabe dieser erforderlichen Informationen sei nicht möglich. Mangels Überprüfbarkeit der zugrundeliegenden Bestbieterermittlung sei die angefochtene Entscheidung intransparent und daher rechtswidrig.

2. Am 31.01.2018 erteilten die Auftraggeberinnen allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und verwiesen darauf, dass die Unterlagen des Vergabeverfahrens bereits im Rahmen des zur Zahl W139 2182913-1 geführten Nachprüfungsverfahrens übermittelt wurden.

3. Am 02.02.2018 erhob die XXXX , vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, Bartensteingasse 2, 1010 Wien begründete Einwendungen und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz selbst ausführe, ihr Angebot sei von den Auftraggeberinnen mit Schreiben vom 05.01.2018 ausgeschieden worden. Vor einer allfälligen Entscheidung über das Vorbringen der Antragstellerin in Hinblick auf die Auswahl der Rahmenvereinbarungspartner sei jedenfalls die Vorfrage zu klären, ob das Angebot der Antragstellerin rechtskräftig auszuscheiden sei. In diesem Fall komme ihr aus Sicht der mitbeteiligten Partei in Hinblick auf die Anfechtung der Auswahl der Rahmenvereinbarungspartner keine Antragslegitimation mehr zu. Es liege kein mit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-100/12 Fastweb vergleichbarer Fall vor. Zum einen erscheint der von der Antragstellerin angebotene Gesamtpreis 1b in Los 2 ungewöhnlich niedrig. Es sei nach der Erfahrung der mitbeteiligten Partei davon auszugehen, dass dieser Gesamtpreis nur bei einer Nicht-Einhaltung der einschlägigen kollektivvertraglichen Regelungen erreicht werden könne. Allein auf Grund dieses Umstandes, sei das Angebot der Antragstellerin aus Sicht der mitbeteiligten Partei gemäß § 129 Abs 1 Z 3 und Z 7 BVergG auszuscheiden. Des Weiteren scheine das Angebot der Antragstellerin den zwingenden bestandsfesten Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen in Pkt. 5.2.1, wonach die Weitergabe des gesamten Auftrages und die Weitergabe von definierten kritischen Leistungsteilen unzulässig sei, zu widersprechen. Laut Firmenreport des Auftragnehmerkatasters scheine die Antragstellerin in Österreich derzeit insgesamt lediglich vier Mitarbeiter zu beschäftigen. Daraus lasse sich schließen, dass die Antragstellerin im Auftragsfall jedenfalls wesentliche bzw kritische Leistungsteile durch Subunternehmer erbringen lassen müsste und somit eine unzulässige Weitergabe des Auftrags vorläge. Auch aus diesem Grund wäre die Antragstellerin aus Sicht der mitbeteiligten Partei daher gemäß § 129 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG auszuscheiden.

Im Übrigen gehe die mitbeteiligte Partei, obwohl sie die der Antragstellerin zugegangene Zuschlagsentscheidung nicht kenne, davon aus, dass die Vorwürfe der Antragstellerin unbegründet und unrichtig seien, und die Auftraggeberinnen die Zuschlagsentscheidung ordnungsgemäß begründet haben. Überdies sei aus der laut Antragstellerin vorgebrachten angeblichen "Nicht-Begründung" des Bewertungsergebnisses für die Antragstellerin nichts gewonnen, da ihr daraus (selbst für den Fall einer nicht ausreichenden Begründung der Auswahl der Rahmenvereinbarungspartner) kein Schaden entstehen könne bzw habe können, da das Angebot der Antragstellerin - wie oben dargelegt - auszuscheiden wäre.

5. Am 02.02.2018 äußerte sich überdies die XXXX . zum gegenständlichen Nachprüfungsantrag und führte aus, dass die "Zuschlagsentscheidung" gemäß den Ausschreibungsbedingungen zu Recht erfolgt sei.

4. Am 06.02.2018 nahmen die Auftraggeberinnen zum gesamten Antragsvorbringen Stellung.

Zur fehlenden Antragslegitimation der Antragstellerin - zum Ausscheidenstatbestand der fehlenden Eignung: Die zu BVwG GZ W139 2182913-1/3Z anhängige Frage der Rechtmäßigkeit der Ausscheidensentscheidung der Auftraggeberinnen vom 05.01.2018 betreffend das Angebot der Antragstellerin im konkreten Vergabeverfahren bilde eine prioritär zu entscheidende Vorfrage für das gegenständliche Verfahren. Sollte das BVwG im Verfahren zu BVwG GZ W139 2182913-1/3Z den Antrag der Antragstellerin zurück- bzw abweisen, so läge jedenfalls ein rechtskräftig aus dem Vergabeverfahren ausgeschiedenes Angebot der Antragstellerin vor und würde dieser damit keine Antragslegitimation hinsichtlich der mit dem gegenständlichen Vergabekontrollverfahren angefochtenen Auswahlentscheidung zukommen.

Die Antragstellerin versuche durch die isolierte Herausstreichung einiger Phrasen in Festlegungen der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen (AAB) ihre Eignung zu fingieren. Eine isolierte Betrachtungsweise einzelner Begriffe bzw Bestimmungen der Ausschreibungsunterlage sei jedoch (nach ständiger Rechtsprechung) weder zulässig, noch halte die Argumentation der Antragstellerin einer genaueren Betrachtung der AAB stand.

Aus der Zusammenschau der Festlegungen in Punkt 6.1 Rz 47, 50 und 54 AAB ergebe sich klar, dass die Eignung nicht nur punktuell im Zeitpunkt der Angebotsöffnung und im Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist bei einem erneuten Aufruf zum Wettbewerb vorzuliegen habe. Vielmehr ergebe sich schon aus der seitens der Antragstellerin selbst zitierten Rz 47, dass die Eignung zum Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist bei einem erneuten Aufruf zum Wettbewerb weiter vorzuliegen bzw zu bestehen habe. Schon der bloße Wortlaut dieser Festlegung lasse erkennen, dass die Eignung zu keinem Zeitpunkt wegfallen dürfe, sondern vielmehr von der Angebotsöffnung über das Verfahren zum Abschluss der Rahmenvereinbarung bis zum Ablauf der Angebotsfrist für einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb weiter vorzuliegen habe.

Dies stehe auch im Einklang mit der oben zitierten Rz 54 AAB, welche ausdrücklich das Fortbestehen der Eignung der Bieter verlange, jedoch von der Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag ignoriert werde. Die Antragstellerin versuche den Festlegungen der AAB einen anderen für sie günstigeren Erklärungsgehalt aufzusetzen, wenn sie vermeine die Wendung in Rz 50, dass die "geforderte Eignung nicht notwendigerweise jeden einzelnen auf Grundlage dieser Rahmenvereinbarung abgerufenen Einzelauftrag ausreichend sein muss" einen zwischenzeitlichen Wegfall der Eignung erlauben würde. Aus der Zusammenschau der oben zitierten Festlegungen ergebe sich jedoch unzweifelhaft, dass sich diese Festlegung auf das Kaskadenprinzip beziehe und damit lediglich festgehalten werde, dass im Zuge eines erneuten Aufrufs zum Wettbewerb die konkret notwendigen Ressourcen für den konkreten Auftrag festgelegt und abgefragt werden würden.

Im Übrigen laufe die Betrachtungsweise der Antragstellerin den klaren rechtlichen Bestimmungen zuwider. Die Materialien zum BVergG 2006 würden klarstellen, dass die Eignung zu den relevanten Zeitpunkten vorliegen müsse und in der Folge nicht mehr verloren gehen dürfe. Insofern sei die Eignungsprüfung keine starre Momentaufnahme. Nachfolgende Entwicklungen seien zwingend zu beachten, sofern für den Auftraggeber konkrete Anhaltspunkte für den Verlust eines Eignungselementes bestehen würden. Auch der VwGH habe - erst jüngst - unter Verweis auf die Materialien zu § 69 BVergG festgehalten, dass die Leistungsfähigkeit nach dem in dieser Bestimmung genannten Zeitpunkt nicht mehr verloren gehen dürfe und jedenfalls bis zur Zuschlagserteilung gegeben sein müsse. Aufgrund der klaren Regelung in § 69 BVergG und den eindeutigen Aussagen des Schrifttums und der höchstgerichtlichen Judikatur müsse die Eignung daher jedenfalls über den Zeitpunkt der Angebotsöffnung hinaus gegeben sein. Dies werde auch durch die Regelungen in den AAB zum gegenständlichen Verfahren nicht geändert.

Die Antragstellerin sei daher zu Recht aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden worden, da - was die Antragstellerin selbst gar nicht bestreite - nach Angebotsöffnung ein Angestellter das Unternehmen verlassen habe und somit die technische Leistungsfähigkeit der Antragstellerin weggefallen sei.

Die Antragstellerin habe mit ihrem Angebot das ausgefüllte Formblatt vorgelegt, in welchem sie alle für den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit herangezogenen Mitarbeiter, darunter ausschreibungskonform auch zwei Angestellte, nämlich XXXX und XXXX , namentlich aufgelistet habe.

Im Zuge der Angebotsprüfung sei die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.11.2017 aufgefordert worden, eine Bestätigung über die Anmeldung zur Sozialversicherung aller zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit genannten Mitarbeiter mittels Anmeldebestätigung der zuständigen Krankenkasse vorzulegen. Dieser Nachforderung sei die Antragstellerin zwar mit 30.11.2017 nachgekommen. Aus den vorgelegten Unterlagen habe sich jedoch ergeben, dass einer der namhaft gemachten Angestellten, XXXX , seit 31.10.2017 nicht mehr bei der Antragstellerin beschäftigt gewesen sei.

Die technische Leistungsfähigkeit der Antragstellerin sei daher seit diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben gewesen. Daran ändere auch das Vorbringen der Antragstellerin, dass der angeführte Angestellte im November 2017 in ein verbundenes Unternehmen, welches nach den Informationen der Auftraggeber nach Angebotsöffnung gegründet worden sei, zu Fortbildungszwecken entsendet worden sei. Dieses Tochterunternehmen sei daher im Angebot der Antragstellerin nicht als Subunternehmer (und daher auch nicht als notwendiger Subunternehmer) genannt worden und könne dieses sohin auch nicht für die Beurteilung der technischen Leistungsfähigkeit herangezogen werden.

Unternehmen, die für den Nachweis der Eignung erforderlich seien, müssten nämlich nach Punkt 5.2.2 AAB immer im Angebot genannt werden. Dies stehe auch im Einklang mit den diesbezüglichen Bestimmungen im BVergG. Die Vorgehensweise der Antragstellerin sei daher aus unternehmerischer Sicht nachvollziehbar sein, jedoch führe sie nichts desto trotz zum Wegfall der Eignung und daher zwingend zur Ausscheidung im gegenständlichen Vergabeverfahren.

Zudem sei aber auch unabhängig von den bestandsfesten Bestimmungen festzuhalten, dass es sich bei der fehlenden Nennung eines eignungsrelevanten bzw notwendigen Subunternehmers jedenfalls um einen unbehebbaren Mangel handle, da ein "Nachschieben" die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbewerbern materiell verbessern würde. Darüber hinaus würde die Nennung von Subunternehmern nach Angebotsöffnung eine Änderung des Angebotsinhaltes darstellen. Jede Angebotsänderung nach Angebotsöffnung stehe jedoch im offenen Verfahren nicht im Einklang mit dem in § 101 Abs 4 BVergG verankerten Verhandlungsverbot, welches auch eine Konkretisierung der Gebote der Gleichbehandlung und des Wettbewerbs in § 19 Abs 1 BVergG darstelle.

Zur fehlenden Antragslegitimation der Antragstellerin - zum Ausscheidensgrund nach § 129 Abs 1 Z 7 BVergG: Festzuhalten sei zudem, dass die Antragstellerin nicht nur aufgrund mangelnder Eignung aus dem gegenständlichen Vergabeverfahren zwingend auszuscheiden gewesen sei, sondern auch, weil diese ein den Ausschreibungsbestimmungen widersprechendes Angebot gelegt habe. Den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote seien unverzüglich auszuscheiden. Das Ausscheiden nicht ausschreibungskonformer Angebote sei nämlich zwingend und stehe nicht zur Disposition des Auftraggebers.

Die Antragstellerin habe in ihrem Angebot als einzigen erforderlichen Subunternehmer die XXXX namhaft gemacht und angegeben, dass diese für XXXX im Ausmaß von XXXX des Auftragswerts herangezogen werde. Laut der seitens der Antragstellerin im Zuge der Aufklärung vom 30.11.2017 vorgelegten Auskunft des Gewerbeinformationssystems übe die XXXX das Gewerbe der Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr mit XXXX Kraftfahrzeugen, sowie die Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässige Gesamtgewichte insgesamt XXXX kg nicht übersteigen würden, eingeschränkt auf XXXX Kraftfahrzeuge aus.

Es sei daher davon auszugehen, dass die XXXX für die Erfüllung von Übersiedlungsleistungen in Anspruch genommen werde. Allerdings würden zu den kritischen Leistungsteilen gemäß Punkt 5.2.1. beinahe sämtliche Übersiedlungsleistungen zählen, sodass die genannte Subunternehmerin offensichtlich zur zumindest teilweisen Erfüllung von kritischen Leistungen herangezogen werde. Bei der XXXX handle es sich jedoch nicht um ein mit der Antragstellerin verbundenes Unternehmen gemäß § 2 Z 40 BVergG. Daraus folge unzweifelhaft, dass das Angebot der Antragstellerin den bestandsfesten Ausschreibungsbestimmungen widerspreche, da die Antragstellerin kritische Leistungsteile an einen Subunternehmer vergebe.

Das Angebot der Antragstellerin sei daher auch aus diesem Grund jedenfalls auszuscheiden. Einer Mängelbehebung sei diese Ausschreibungswidrigkeit, wie oben dargelegt, nicht zugänglich, sodass der gegenständliche Nachprüfungsantrag aufgrund der fehlenden Antragslegitimation der Antragstellerin zurückzuweisen sei.

In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass ein Nachprüfungsverfahren ausschließlich der Durchsetzung subjektiver Rechte von Bietern diene. Eine Verletzung von subjektiven Rechten habe die Antragstellerin in ihrem Vorbringen aber nicht darlegen können, wenn sie aufgrund ihrer verwirklichten Ausscheidensgründe zu Recht vom Vergabeverfahren ausgeschieden worden sei.

Zur vermeintlich fehlenden und unzureichenden Begründung der Auswahlentscheidung führten die Auftraggeberinnen aus, dass eine Zuschlagsentscheidung hinsichtlich ihrer Begründung nur dann mit Rechtswidrigkeit belastet sei, wenn dadurch die Einbringung eines Nachprüfungsantrages erschwert oder behindert werden sollte, was beispielsweise im Fall der "Unterlassung der Begründung" (somit bei [gänzlichem] Fehlen der Begründung einer Zuschlagsentscheidung) anzunehmen sein werde. Dieser Fall liege jedoch gegenständlich jedenfalls nicht vor. Den Anforderungen des § 131 BVergG sei jedenfalls Genüge getan worden. Würde dem Vorbringen der Antragstellerin gefolgt werden, würde dies auf eine unzulässige Überspannung der Begründungspflicht hinauslaufen. Im Übrigen sei die Antragstellerin aufgrund ihrer mangelnden Eignung und der Tatsache, dass sie ein ausschreibungswidriges Angebot gelegt habe, vom gegenständlichen Vergabeverfahren auszuscheiden gewesen, sodass die Mitteilung über die Auswahlentscheidung als reine Formalität anzusehen sei.

5. Am 14.02.2018 nahm die Antragstellerin Stellung und führte aus, die Auftraggeberinnen hätten mit der angefochtenen Entscheidung vom 19.01.2018 dargelegt, dass die Angebotsprüfung abgeschlossen wäre. Tatsächlich haben die Auftraggeberinnen mit der Stellungnahme vom 24.01.2018 - sohin fünf Tage später - einen weiteren Ausscheidensgrund gegen die Antragstellerin geltend gemacht. Dieser weitere Ausscheidensgrund wäre jedenfalls im Wege eines kontradiktorischen Aufklärungsverfahrens vorher aufzuklären gewesen, was allerdings nicht stattgefunden habe. Richtig sei vielmehr, dass die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt zu einer - wie auch immer gearteten - Aufklärung ersucht worden sei.

Im Ergebnis sei die Angebotsprüfung zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung über die Auswahl der Rahmenvereinbarungspartner vom 19.01.2018 nicht abgeschlossen gewesen. Die angefochtene Entscheidung sei daher bereits aus diesem Grund nichtig.

Die Annahme, die Antragstellerin hätte keine Antragslegitimation hinsichtlich des Nachprüfungsantrages auf Nichtigerklärung der Auswahlentscheidung über die Rahmenvereinbarungspartner gehe fehl. Die von den Auftraggeberinnen herangezogene Rechtsprechung sei für den gegenständlichen Sachverhalt nicht einschlägig. Anders als in den von den Auftraggeberinnen zitierten Entscheidungen sei die Antragstellerin gerade nicht rechtskräftig ausgeschieden worden. Insofern bestehe seitens der Antragstellerin ein berechtigtes Interesse an einer rechtskonformen Entscheidung über die Auswahl der Rahmenvereinbarungspartner.

Die Auftraggeber haben die Entscheidung über die Auswahl der Rahmenvereinbarungspartner trotz des anhängigen Nichtigerklärungsverfahrens getroffen und die Antragstellerin zur Wahrung ihres Rechtsstandpunktes dazu gezwungen, auch diese Entscheidung zu bekämpfen. Diese weitere Entscheidung sei angesichts der offenkundig nicht nachvollziehbaren Begründung jedenfalls für nichtig zu erklären und zwar unabhängig davon, ob das Angebot der Antragstellerin allenfalls auch auszuscheiden sei. Das Nachprüfungsverfahren gegen die Entscheidung zur Auswahl der Rahmenvereinbarungspartner sei für die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer subjektiven Rechte erforderlich gewesen. Es sei daher nicht die Zweckmäßigkeit oder Sinnhaftigkeit Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens, wie dies die Auftraggeberinnen erkennen wollen.

6. Am 16.02.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Das Verhandlungsprotokoll lautet auszugsweise wie folgt (Korrekturen allfälliger Rechtschreibfehler und grammatikalischer Fehler durch das BVwG; mP1 = XXXX ):

Zur Entscheidung mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen wird:

Der AG und den mitbeteiligten Parteien wird Gelegenheit gegeben auf die Stellungnahme der ASt vom 14.02.2018 zu replizieren.

mP1: Wie bereits in unserer Stellungnahme vorgebracht: Wir gehen davon aus, dass die ASt keine Antragslegitimation hat, da sie zu Recht ausgeschieden wurde. Insbesondere sind wir der Meinung, dass die ASt die Anforderungen an die Eignung nicht erfüllt, da wir davon ausgehen, dass sie nicht die in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Mitarbeiter beschäftigt. Insbesondere die geforderten 15 Mitarbeiter. Hier hat sich für uns nicht erschlossen, ob die geforderten 15 Mitarbeiter im Unternehmen der ASt beschäftigt sind. Selbst wenn die ASt dieses Eignungserfordernis über Namhaftmachung eines Subunternehmers erfüllen kann würde dies aus unserer Sicht bedeuten, dass in der Ausschreibung klar definierten kritischen Leistungsteile durch Leistungen eines Subunternehmers erbracht werden würden, was gem. den Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen nicht zulässig wäre. Wir sind der Meinung, dass der von der ASt angebotene Gesamtpreis 1b in Los 2 nur dann erreicht werden kann, wenn kollektivvertragliche Vorgaben nicht eingehalten werden.

AG: Wir schließen uns dem Vorbringen an. Seitens der AG werden wie bislang der Ausscheidensgrund des Nichtvorliegens der Eignung (§ 129 Abs. 1 Z 2BVergG) sowie der Weitergabe von kritischen Leistungen an Subunternehmen (§ 129 Abs. 1 Z 7 BVergG) ins Treffen geführt.

AStV: Aus der Gesamtpunkteanzahl der Entscheidung vom 19.01.2018 lässt sich nicht ableiten, ob diese Gesamtpunkteanzahl mit dem Zuschlagskriterium 1a oder 1b errechnet wurde. 1a betrifft den Preis für die Rückübersiedelung LG Salzburg. 1b betrifft den allgemeinen Preis für die Rahmenvereinbarung. Da hier unterschiedliche Preise von allen Bietern gelegt wurden, müssten auch unterschiedliche Gesamtpunktezahlen errechnet werden (zum jeweiligen Zuschlagskriterium 1a oder 1b). Auch aus diesem Grund ist für die ASt die Auswahlentscheidung und Bewertung nicht nachvollziehbar.

AG: Wir bestreiten und verweisen auf die Stellungnahme vom 06.02.2018, insbesondere auf den darin enthaltenen Punkt C.

R: Was wird unter Punkt 9.3 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen unter der bekanntzugebenden Punktebewertung genau verstanden?

AG: Darunter wird die Gesamtbewertung verstanden. So wie sich diese aus Punkt 9.1.2 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen ergibt.

R: Wie ist die Angabe der Gründe für die Bewertung für einzelne Kriterien dann nachzuvollziehen?

AG: Anhand der Angebotsprüfung wurde ersichtlich, dass dahingehend nur Informationen veröffentlicht werden würden die berechtigten Geschäftsinteressen widersprechen und/oder den freien und lauteren Wettbewerb schaden würden und wurden deshalb keine Gründe angeführt.

AStV: Eine mangelhafte Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung kann nicht mit Geschäfts-und Betriebsgeheimnissen begründet werden. Die ASt hat ein Recht darauf, eine nachvollziehbare Angebotsbewertung ihrer Überlegungen für ein Rechtsmittel zugrunde zu legen.

AG: Es wird bestritten und auf das bisherige Vorbringen verwiesen.

mP1: Aus unserer Sicht ist die Zuschlagsentscheidung ausreichend begründet. Insbesondere ist für die ASt selbst bei einer allfälligen mangelhaften Begründung nichts gewonnen, da ihr kein Schaden entstehen kann, da sie nicht antragslegitimiert ist.

AG: Wir schließen uns dem Vorbringen der mP1 an und ein Nachprüfungsverfahren dient nur der subjektiven Rechtswidrigkeitskontrolle.

7. Mit Erkenntnis vom 22.03.2018, W139 2182913-1/32E, wurde der auf die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 05.01.0218 gerichtete Antrag der Antragstellerin vom 15.01.2018 abgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Sachverhalt:

Aufgrund der vorgelegten Stellungnahmen, der Bezug nehmenden Beilagen, der Unterlagen des Vergabeverfahrens, des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung sowie des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes im Verfahren zur Zahl W139 2182913-1 wird folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

Auftraggeberinnen sind die Republik Österreich (Bund), die Inhouse GmbH der Wirtschaftskammern Österreichs sowie weitere Auftraggeber entsprechend der den Ausschreibungsunterlagen beiliegenden Drittkundenlisten. Diese schrieben die verfahrensgegenständliche Leistung "Gütertransporte, Übersiedlungen und Kühllogistik - GZ 3292.02934" in zwei Losen im Juli 2017 als Dienstleistungsauftrag in einem offenem Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit dem Ziel des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer für Los 1 und drei Unternehmern für Los 2 für eine fünfjährige Laufzeit im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip aus (CPV-Code: 60100000). Der geschätzte Auftragswert beträgt gesamt (für beide Lose) EUR 6.442.000,00 ohne USt; für das verfahrensgegenständliche Los 2 EUR 2.000.000,00 ohne USt. Die Angebotsfrist endete ursprünglich am 30. bzw 31.08.2017 und wurde mit der 3. Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen auf den 10.09.2017 verlängert. Die Ausschreibung blieb unangefochten.

Hinsichtlich des Loses 1 wurde die Rahmenvereinbarung am 27.10.2017 abgeschlossen.

Die Antragstellerin beteiligte sich am Vergabeverfahren betreffend Los 2. Die Angebotsöffnung fand am 11.09.2017 statt.

Am 05.01.2018 wurde der Antragstellerin das Ausscheiden ihres Angebotes gemäß § 129 Abs 1 Z 2 BVergG bekannt gegeben.

Diese Ausscheidensentscheidung wurde seitens der Antragstellerin beim Bundesverwaltungsgericht am 15.01.2018 angefochten. Das betreffende Vergabekontrollverfahren wurde beim Bundesverwaltungsgericht zur Zahl W139 2182913-1 geführt.

Via auftrag.at (eTendering Nachricht) wurde der Antragstellerin am 19.01.2018 mitgeteilt, die Rahmenvereinbarung hinsichtlich des Loses 2 mit der XXXX einerseits und der XXXX . andererseits abschließen zu wollen.

Mit Schriftsatz vom 29.01.2018, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, brachte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag gegen die Entscheidung über die Auswahl der Rahmenvereinbarungspartner beim Bundesverwaltungsgericht ein. Gleichzeitig beantragte sie die Untersagung des Abschlusses der Rahmenvereinbarung hinsichtlich des gegenständlichen Vergabeverfahrens. Mit Beschluss vom 02.02.2018, W139 2184493-1/2E, wurde dem Antrag bezüglich der begehrten Sicherungsmaßnahme hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Loses 2 stattgegeben.

Mit Erkenntnis vom 22.03.2018, W139 2182913-1/32E, wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin vom 15.01.2018, "das Bundesvergabeamt möge die angefochtene Ausscheidensentscheidung vom 05.01.2018 für nichtig erklären", ab.

Es wurde weder eine Rahmenvereinbarung (betreffend das verfahrensgegenständliche Los 2) abgeschlossen bzw ein Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch die eingangs (unter II.1.) angeführten Beweismittel. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens keine Bedenken ergeben. Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den von den Verfahrensparteien eingebrachten Schriftsätzen, den Vergabeunterlagen, den Angaben in der mündlichen Verhandlung und dem Verfahrensakt zur Zahl W139 2182913-1.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs 1 BVergG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 291, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz gemäß § 319 Abs 3 oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungsantrages handelt, in Senaten. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

Auftraggeberinnen im Sinne des § 2 Z 8 BVergG sind die Republik Österreich (Bund), die Inhouse GmbH der Wirtschaftskammern Österreichs sowie weitere Auftraggeberinnen gemäß Drittkundenliste. Sie sind öffentliche Auftraggeberinnen gemäß § 3 Abs 1 BVergG. Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 6 BVergG um einen Dienstleistungsauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 2 BVergG, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 312 Abs 2 BVergG iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.

Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberinnen das Vergabeverfahren nicht widerrufen und ein Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 312 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers zuständig.

2. Zulässigkeit des Antrages und Antragslegitimation der Antragstellerin

Mit Schriftsatz vom 29.01.2018 stellte die Antragstellerin den unter Spruchpunkt A) wiedergegebenen Nachprüfungsantrag. Dieser genügt den formalen Voraussetzungen nach § 322 Abs 1 BVergG. Ein Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 322 Abs 2 BVergG liegt vorliegend nicht vor. Der Antrag wurde innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 321 Abs 1 BVergG eingebracht. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet (§ 318 Abs 1 Z 1 BVergG iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe). Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die am 19.01.2018 bekannt gegebene Entscheidung, mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll. Dabei handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 16 lit a sublit ii BVergG.

Gemäß § 320 Abs 1 BVergG kann ein Unternehmer bis zur Zuschlagserteilung bzw bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern 1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und 2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Die Antragstellerin vertritt die Ansicht, dass die gegenständlich angefochtene Auswahlentscheidung angesichts der offenkundig nicht nachvollziehbaren Begründung jedenfalls für nichtig zu erklären sei und zwar unabhängig davon, ob das Angebot der Antragstellerin allenfalls auch auszuscheiden wäre. Der Antragstellerin komme daher jedenfalls Antragslegitimation zu.

Im vorliegenden Fall wurde das Angebot der Antragstellerin durch die Auftraggeberin aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden. Mit Erkenntnis vom 22.03.2018, W139 2182913-1/32E, wies das Bundesverwaltungsgericht den gegen diese Ausscheidensentscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag ab. Das Angebot der Antragstellerin wurde sohin rechtskräftig aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden.

Die Frage nach der Antragslegitimation eines Bieters, dessen Angebot rechtskräftig vom Auftraggeber ausgeschieden wurde, war bereits Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichthofes an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Verwaltungsgerichtshof hielt sodann in seinem Erkenntnis vom 01.02.2017, Ro 2014/04/0069 fest, dass der Gerichtshof der Europäischen Union diese Frage mit Urteil vom 21.12.2016 in der Rechtssache C-355/15, Vamed, dahingehend beantwortet hat, dass "einem Bieter, der durch eine rechtskräftig gewordene Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen wurde, der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung für den betreffenden öffentlichen Auftrag und des Vertragsschlusses verwehrt werden [kann], auch wenn nur er und der Zuschlagsempfänger Angebote abgegeben haben und der ausgeschlossene Bieter vorbringt, dass auch das Angebot des Zuschlagsempfängers hätte ausgeschlossen werden müssen".

Weiters führte der Verwaltungsgerichtshof fallbezogen aus, dass die Revisionswerberin die Möglichkeit der Anfechtung dieser Entscheidung nach Art 1 Abs 3 der Richtlinie 89/665/EWG hatte und die Ausscheidensentscheidung nach Art 2a Abs 2 der Rechtsmittel RL von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt wurde. Der Revisionswerberin kam daher keine Antragslegitimation hinsichtlich der nachfolgenden Zuschlagsentscheidung zu.

Diese Judikatur bestätigte der Verwaltungsgerichtshof zuletzt mit Beschluss vom 07.03.2017, Ro 2014/04/0067, in einem mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Fall.

Da der Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung abgewiesen und das Angebot der Antragstellerin somit rechtskräftig aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden wurde, kommt das - zu Recht ausgeschiedene - Angebot für die Entscheidung über den Abschluss der gegenständlichen Rahmenvereinbarung nicht in Betracht, weswegen der Antragstellerin auch aus einer allenfalls rechtswidrigen Auswahlentscheidung kein Schaden iSd § 320 Abs 1 BVergG entstehen bzw drohen kann. Der auf die Nichtigerklärung der Entscheidung, mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, gerichtete Antrag war daher zurückzuweisen.

Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Zur Begründung darf insbesondere auf die zuvor angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden.

Schlagworte

Antragslegimitation, Ausscheidensentscheidung,
Dienstleistungsauftrag, mündliche Verhandlung, Nachprüfungsantrag,
Nachprüfungsverfahren, Nichtigerklärung, öffentlicher Auftraggeber,
Rahmenvereinbarung, Rechtskraft der Entscheidung, Schaden,
Vergabeverfahren, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W139.2184493.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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