Entscheidungsdatum
19.03.2018Index
L55007 Baumschutz LandschaftsschutzNorm
NatSchG Tir 2005 §2 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Herrn AA, Z, vertreten durch Rechtsanwalt
BB, Adresse 1, Y, gegen 1. den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.11.2017, Zl **** betreffend Auftrag nach § 17 TNSchG 2005 und 2. gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.11.2017, Zl **** betreffend Übertretung nach § 7 Abs 1 lit c iVm § 45 Abs 1 lit a Tiroler Naturschutzgesetz 2005 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.11.2017, Zl ****, betreffend Erteilung eines verwaltungspolizeilichen Auftrages nach dem Tiroler Naturschutzgesetz wird insofern Folge gegeben, als dass Spruchpunkt B) I) ersatzlos behoben wird, Spruchpunkt B) II) erhält die Bezeichnung B) I) und lautet wie folgt:
Gemäß § 17 Abs 1 lit a TNSchG 2005 wird Herrn AA untersagt, Wasser zum Betrieb der der Versorgung seines Almgebäudes im Bereich des Grundstückes .**1 dienenden Kleinwasserkraftanlage auf Grundstück **2/1 KG Z abzuleiten.
Im Übrigen wird diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.
2. Der Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.11.2017, Zl ****, betreffend Übertretung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid in Spruchpunkt 1) behoben und das dazu geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Aufgrund einer anonymen Anzeige, eingelangt bei der belangten Behörde am 06.09.2016, wurde diese darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer bei seiner Alm ein Wasserkraftwerk betreibt.
Weitere Erhebungen haben ergeben, dass eine Genehmigung für dieses Wasserkraftwerk sowohl in wasserrechtlicher, als auch in naturschutzrechtlicher Hinsicht nicht besteht. Nach Vornahme eines Lokalaugenscheins, an welchem neben dem Vertreter der belangten Behörde auch der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsvertreter und der Bürgermeister der Standortgemeinde teilgenommen hat, hat die belangte Behörde einerseits mit Bescheid zur Zl **** auf Grundlage sowohl des WRG, als auch des TNSchG 2005 verwaltungspolizeiliche Aufträge erlassen. Konkret lauten diese Aufträge wie folgt:
„A) Die Bezirkshauptmannschaft Y als Wasserrechtsbehörde gemäß § 98 (1) letzter Satz Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2017 (in der Folge kurz WRG), entscheidet wie folgt:
Gemäß § 138 (1) lit. a WRG wird AA, Adresse 2, Z der Auftrag erteilt, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes die im Spruchpunkt C näher beschriebenen Maßnahmen bis längstens 30.06.2018 durchzuführen.
B) Die Bezirkshauptmannschaft Y als Naturschutzbehörde gemäß § 42 (1) Tiroler Naturschutzgesetz 2005, zuletzt geändert mit LGBl. Nr 32/2017 (in der Folge kurz TNSchG), entscheidet wie folgt:
I) Gemäß § 17 (1) lit. b TNSchG wird AA, Adresse 2, Z der Auftrag erteilt, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes die im Spruchpunkt C näher beschriebenen Maßnahmen bis längstens 30.06.2018 durchzuführen.
II) Gemäß § 17 (1) lit. a TNSchG wird AA, Adresse 2, Z untersagt, die zur Versorgung seines Almgebäudes im Bereich des Gst. .**1 bestehende Kleinwasserkraftanlage auf Gst. **2/1 KG. Z zu betreiben.
C) Maßnahmen:
1. Der im Bereich der Wasserfassung auf Gst. **2/1 KG. Z (ca. 200 m bachaufwärt bzw. ca. 75 Höhenmeter oberhalb der CC) befindliche „Hochbehälter“ (Holztrog) ist samt den oberirdischen Zu- und Ableitungen zu entfernen und ist das Material abzutransportieren und ordnungsgemäß zu entsorgen.
2. Die maschinellen Anlagenteile im Krafthaus (ca. 10 m unterhalb der CC) einschließlich der oberirdischen Zu- und Ableitungen auf Gst. **2/1 KG. Z sind zu entfernen und ist das Material abzutransportieren und ordnungsgemäß zu entsorgen.“
Außerdem hat die belangte Behörde mit Bescheid zu Zl ****ein Straferkenntnis wieder den Beschwerdeführer mit folgendem Inhalt erlassen:
„Sie haben zumindest im Sommer 2016 im Bereich Ihres Almgebäudes „CC“
KG. Z unmittelbar hinter dem Stallgebäude ein Wasserkraftwerk zur Versorgung Ihres Almgebäudes betrieben
1. ohne im Besitz der dafür gemäß § 7 (1) lit. c Tiroler Naturschutzgesetz 2005 erforderlichen naturschutzrechtlichen Bewilligung gewesen zu sein und
2. ohne im Besitz der dafür gemäß § 9 (2) Wasserrechtsgesetz 1959 erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung gewesen zu sein.
Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach
1. § 7 (1) lit. c i.V.m. § 45 (1) lit. a Tiroler Naturschutzgesetz 2005
2. § 9 (2) i.V.m. § 137 (2) Zi. 1 Wasserrechtsgesetz 1959
Gemäß § 137 (2) 1. Satz Wasserrechtsgesetz 1959 und § 45 (1) letzter Satz Tiroler Naturschutzgesetz 2005 wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils
€ 300,-- (insgesamt somit € 600,--) verhängt.
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von jeweils 24 Stunden.
Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens insgesamt € 60,-- zu bezahlen.
Gemäß § 45 (1) Zi. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wird das mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Y vom 21.10.2016, Zl. ****, eingeleitete Strafverfahren wegen des Verdachtes einer Übertretung nach § 3 lit. a der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet DD. LGBl. Nr. 50/1984, eingestellt, da diese Tat keine Verwaltungsübertretung nach dieser Schutzgebietsverordnung darstellt. Zum Zeitpunkt der Errichtung der gegenständlichen Kraftwerksanlage war das Landschaftsschutzgebiet noch nicht verordnet.“
Gegen beide Bescheide wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht ein Rechtsmittel eingebracht. In den Rechtsmitteln wird auf das wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass lediglich die das Tiroler Naturschutzgesetz 2005 betreffenden Spruchpunkte bekämpft würden; die wasserrechtlichen Teile – sohin der verwaltungspolizeiliche Auftrag nach § 138 WRG, als auch die Verhängung einer Strafe aufgrund einer Übertretung des
§ 9 Abs 2 WRG 1959 – sind unbekämpft geblieben.
Inhaltlich wird betreffend die Erteilung eines verwaltungspolizeilichen Auftrages nach dem TNSchG bzw der bezughabenden Verwaltungsübertretung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz ausgeführt, dass gegenständliche Kraftwerksanlage aufgrund ihres Alters nicht naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig sei. So sei im vorliegenden Fall bereits urkundlich seit 1882 das Recht verbrieft, zur Übertragung der Wasserkraft mechanische Einrichtungen zu errichten. Auf dieser Grundlage sei zunächst ein Wasserrad errichtet worden, Ende der 1970-er Jahre bzw Anfang 1980 sei sodann ein Kleinwasserkraftwerk errichtet worden. Der Bestand des Kleinwasserkraftwerkes sei seit seiner Errichtung im Jahr 1979/1980 unverändert geblieben. Zumal zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage diese nicht naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig gewesen sei und der Betrieb im Wesentlichen gleich wie seit der Errichtung erfolge, bestehe keine naturschutzrechtliche Bewilligungspflicht, damit auch keine Grundlage für die Erlassung eines verwaltungspolizeilichen Auftrages nach dem Tiroler Naturschutzgesetz bzw eines Straferkenntnisses wegen einer Übertretung des Tiroler Naturschutzgesetzes in diesem Zusammenhang.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat am 01.03.2018 in den vorliegenden Beschwerdesachen eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde auch ein Erkenntnis zu den eingebrachten Beschwerden verkündet. Dazu wurde mit Schriftsatz vom 14.03.2018 gemäß § 29 Abs 2a VwGVG die Ausfertigung der Entscheidung beantragt.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer hat Ende der 70-er, Anfang der 80-er Jahre des vorherigen Jahrtausends im Bereich der Almwirtschaft auf dem Grundstück .**1, KG Z , eine Kleinwasserkraftanlage errichtet. Das diesbezügliche Krafthaus befindet sich unterhalb des Weges auf dem Gst. **2/1. Die Wasserfassung befindet sich ebenfalls auf dem
Gst. **2/1, wobei die Druckrohrleitung eine Länge von ca 200 m aufweist und sich die Wasserfassung selbst ca 75 Höhenmeter oberhalb des Almgebäudes befindet. Die Anlage ist jährlich lediglich während der Almzeit, also von Anfang/Mitte Juni bis Ende September in Betrieb. Die Wasserentnahme erfolgt dabei derart, dass ein Schlauch in das vorbeifließende Gewässer eingelegt wird und dieser seitlich durch „Wasen“, sohin Rasenziegel, abgedichtet wird; von dort erfolgt eine Ableitung des Wassers zu einem hölzernen Hochbehälter, von welchem das Kraftwerk gespeist wird.
Das Einlegen und anschließende Abdichten der Einleitung erfolgt jeweils zu Beginn der Almsaison und wird am Ende der Almsaison die Leitung wieder entnommen und der Rasenziegel seitlich gelagert; im kommenden Frühjahr wird sodann dieses Prozedere unter zu Hilfenahme desselben Rasenziegels wiederholt.
Festgestellt wird somit, dass im Bereich der Wasserfassung keine dauerhafte Anlage errichtet wurde, sondern zum Beginn jeder Almsaison aufs Neue ein entsprechender Schlauch eingelegt und dieser seitlich abgedichtet wird. Eine Genehmigung für diese Anlage besteht weder nach dem Tiroler Naturschutzgesetz, noch nach dem WRG 1959.
III. Beweiswürdigung:
Die wesentlichen Feststellungen stützen sich auf die Aussage des Beschwerdeführers. So ergibt sich der Zeitpunkt der Erstellung der Anlage gleich wie der Umstand, dass die Wasserentnahme bzw die dazu erforderliche Vorrichtung (Einlegen eines Schlauches samt seitlicher Abdichtung) jedes Jahr bei Beginn der Almsaison aufs Neue erfolgt. Die Aussagen betreffend die Ausführung der Anlage wurden vom Vertreter der belangten Behörde, welcher ebenfalls an der durchgeführten mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, im Wesentlichen bestätigt.
Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts waren die weiteren Beweisanträge des Beschwerdeführers entbehrlich: so kommt einem Gutachten der Abteilung Almwirtschaft dazu von vorn herein keine Relevanz zu wie auch die Einholung eines kraftwerkstechnisches Gutachten nicht erforderlich war. Soweit außerdem die Einvernahme eines Mitarbeiters der Abt. Almwirtschaft beim Amt der Tiroler Landesregierung beantragt wurde wird genauso festgehalten, dass von vorn herein damit keine Erkenntnisse betreffend die Bewilligungspflicht der Anlage gewonnen werden können.
IV. Rechtslage:
Zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage Ende der 70-er/Anfang der 80-er Jahre des vergangenen Jahrtausends ist das Gesetz vom 28. November 1974 über die Erhaltung und die Pflege der Natur (Tiroler Naturschutzgesetz) LGBl Nr 15/1975 in Geltung gestanden. In § 6 des TNSchG 1975 wurde ua eine Bewilligungspflicht für die Errichtung baulicher Anlagen im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern vorgesehen. Eine Bewilligungspflicht für die Ableitung oder Entnahme von Wasser zum Betrieb von Stromerzeugungsanlagen, wie nunmehr durch § 7 Abs 1 lit c normiert, hat zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bestanden. Außerdem war nicht die Errichtung von Anlagen, wie nunmehr durch § 7 Abs 1 lit b TNSchG 2005 normiert, schlechthin naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig, sondern nur die Errichtung von baulichen Anlagen. Diese Bewilligungspflichten wurden erst mit dem Gesetz vom 09. Mai 1990, mit dem das Tiroler Naturschutzgesetz geändert wird, LGBl Nr 52/1990, eingeführt.
Die wesentlichen Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes in der nunmehr geltenden Fassung lauten wie folgt:
„§ 2
Ausnahmen vom Geltungsbereich
(…)
(2) Maßnahmen der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung bedürfen keiner Bewilligung nach diesem Gesetz. Dies gilt nicht für Maßnahmen in Auwäldern (§ 8), in Feuchtgebieten (§ 9), in Natura 2000-Gebieten nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 zweiter Satz, in Naturschutzgebieten und in Sonderschutzgebieten nach Maßgabe der §§ 21 Abs. 3 und 22 Abs. 2 lit. b Z 2, sowie für das vorsätzliche Töten, Fangen oder Stören von geschützten Tierarten (§ 24) und Vögeln (§ 25) oder das vorsätzliche Beschädigen, Vernichten oder Entfernen ihrer Entwicklungsformen, Fortpflanzungs- und Ruhestätten oder Nester, sofern hiefür in diesem Gesetz oder in Verordnungen nach § 24 Abs. 1 und 3 lit. a entsprechende Verbote festgesetzt sind.
(…)
§ 7
Schutz der Gewässer
(1) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern und von stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m² folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:
a)
das Ausbaggern;
b)
die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen;
c)
die Ableitung oder Entnahme von Wasser zum Betrieb von Stromerzeugungsanlagen;
d)
die Änderung von Anlagen nach lit. b und c, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden.
(…)
§ 17
Rechtswidrige Vorhaben
(1) Wird ein nach diesem Gesetz, einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze bewilligungspflichtiges Vorhaben, ausgenommen Werbeeinrichtungen, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einem in diesen Vorschriften enthaltenen Verbot, ohne dass hiefür eine Ausnahmebewilligung vorliegt, ausgeführt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid
a)
die weitere Ausführung des Vorhabens oder die Verwendung einer Anlage zu untersagen und
b)
die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen; ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich oder kann der frühere Zustand nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand festgestellt werden, so ist dieser zu verpflichten, den geschaffenen Zustand auf seine Kosten so zu ändern, dass den Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 bestmöglich entsprochen wird.
(…)“
V. Erwägungen:
Festgehalten wird zunächst, dass sich der Beschwerdeführer nicht auf § 2 Abs 2 TNSchG 2005 stützen kann, zumal das Errichten von Anlagen selbst nicht als Maßnahme der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung gilt (vgl dazu schon VwGH 18.10.1993, 92/10/0134).
Unter Hinweis auf die oben wiedergegebene Darstellung der Rechtslage wird festgehalten, dass die Errichtung des Krafthauses bzw auch die Ableitung von Wasser ohne die Errichtung einer baulichen Anlage im fraglichen Gewässer zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage Ende der 1970-er/Anfang der 1980-er Jahre naturschutzrechtlich nicht bewilligungspflichtig gewesen ist. Allerdings wird im vorliegenden Fall die Entnahme von Wasser nicht durch ein dauerhaftes Bauwerk vorgenommen, sondern erfolgt die Entnahme von Wasser jeweils am Beginn einer Almsaison aufs Neue.
Unter Hinweis auf die oben wiedergegebenen Feststellungen wird sohin jeweils zum Beginn der Almsaison ein Schlauch in das Gewässer eingelegt, welcher durch Rasenziegel seitlich abgedichtet wird. Insofern hat sich im Verhältnis vom TNSchG 1974 zum TNSchG 1990 eine maßgebliche Änderung der Rechtslage ergeben: während nämlich nach dem TNSchG 1974 das Einlegen des Schlauches mangels Errichtung einer baulichen Anlage, sohin einer Anlage, zu deren Errichtung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind (vgl dazu etwa VwGH 19.12.2012, 2012/10/0001) nicht genehmigungspflichtig gewesen ist, ist das seit in Kraft treten des TNSchG 1990 sehr wohl der Fall. Zudem wurde mit dieser Novelle auch das Ableiten von Wasser zur Stromerzeugung naturschutzrechtlich einer Bewilligungspflicht unterworfen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu etwa VwGH 31.03.2009, 2007/10/0270) ist – im Unterscheid zu einer baulichen Anlage – unter einer Anlage iSd aktuell geltenden Tiroler Naturschutzgesetzes alles zu verstehen, was durch die Hand des Menschen angelegt wird. Für das Vorliegen einer Anlage ist es demnach nicht entscheidend, ob diese durch bauliche Maßnahmen geschaffen wird. Insofern stellt das Einlegen eines Schlauchs in ein Gewässer mit einer seitlichen Abdichtung ein Errichten einer Anlage iSd § 7 Abs 1 lit b TNSchG 2005 dar.
Festgehalten wird, dass sich der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht auf einen erteilten Konsens berufen kann, sondern nur darauf, dass zum Zeitpunkt der Errichtung des Krafthauses und der dazugehörenden Wasserableitung dieses Vorhaben nicht nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 bewilligungspflichtig gewesen ist. Allerdings wurde im vorliegenden Fall keine vollständige Anlage errichtet, sondern lediglich ein Krafthaus samt einem Hochbehälter und diesbezüglicher Ableitung zum Krafthaus, wobei allerdings die entscheidende Wasserableitung aus dem Gewässer zum Betrieb der Anlage nicht dauerhaft ausgeführt wurde, sondern als temporäre Anlage, welche jeweils zum Beginn der Almsaison hergestellt und am Ende der Almsaison wiederum entnommen wird. Insofern kann sich der Beschwerdeführer nicht darauf stützen, dass die Anlage als gesamtes zum Zeitpunkt der Errichtung nicht bewilligungspflichtig gewesen ist, da er einen wesentlichen Teil der Anlage mit Beginn jeder Almsaison wiederum aufs Neue herstellt. Vor diesem Hintergrund kann sich der Beschwerdeführer sohin nicht darauf berufen, dass die Anlage nicht naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig wäre, zumal sie zu einem Zeitpunkt errichtet wurde, zu welchen die Bewilligungspflicht noch nicht bestanden hat: Durch das jährlich neu erfolgte Einlegen eines Schlauchs in das Gewässer wird einerseits jeweils wiederum aufs Neue eine Ableitung von Wasser aus einem natürlichen fließenden Gewässer zum Betrieb einer Stromerzeugungsanlage hergestellt bzw andererseits eine Anlage im Gewässer errichtet.
Vor diesem Hintergrund ist für das Landesverwaltungsgericht Tirol offensichtlich, dass eine konsenslose Maßnahme, nämlich einerseits das Errichten einer Anlage in Gewässer, andererseits das Ableiten von Wasser zum Betrieb einer Stromerzeugungsanlage, erfolgt und diese Maßnahme aufgrund der jährlich wiederkehrenden neuen Errichtung der Ableitung spätestens seit dem Inkrafttreten des TNSchG 1990 bewilligungspflichtig ist.
Im Recht ist die Beschwerde allerdings damit, dass dem Beschwerdeführer betreffend den verwaltungspolizeilichen Auftrag nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach Spruchpunkt C nicht aufgetragen werden kann, zumal sich die Errichtung des Hochbehälters sowie der maschinellen Anlagenteile für sich als nicht naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig zum Errichtungszeitpunkt erweisen (vgl dazu auch die von der belangten Behörde im Zusammenhang mit dem bekämpften Straferkenntnis vorgenommene teilweise Einstellung des geführten Verwaltungsstrafverfahrens).
Zum Straferkenntnis Zl ****:
Dazu wird dem Beschwerdeführer angelastet, zumindest im Sommer 2016 ein Wasserkraftwerk betrieben zu haben, ohne in Besitz der dafür gemäß § 7 Abs 1 lit c Tiroler Naturschutzgesetz 2005 erforderlichen naturschutzrechtlichen Bewilligung gewesen zu sein.
Festgehalten wird, dass § 7 Abs 1 Tiroler Naturschutzgesetz oder eine andere Bestimmung dieses Gesetzes den Betrieb eines Wasserkraftwerks nicht schlechthin einer behördlichen Bewilligungspflicht unterwirft, sondern nur wie bereits dargestellt einerseits das Ableiten von Wasser zum Betrieb einer Stromerzeugungsanlage bzw das Errichten von Anlagen im Bereich eines Gewässers. Zumal daher der Betrieb der Wasserkraftanlage für sich nicht naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig ist, konnte dies dem Beschwerdeführer auch nicht verwaltungsstrafrechtlich zur Last gelegt werden und war das Verwaltungsstrafverfahren dazu einzustellen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auf die in der Entscheidung zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen. Insofern liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dünser
(Richter)
Schlagworte
Wasserableitung zum Betrieb einer StromerzeugungsanlageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.15.0023.6Zuletzt aktualisiert am
04.04.2018