Entscheidungsdatum
19.03.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W131 2103610-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK, als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, BNr XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 28.08.2014, AZ XXXX, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2011, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (= Bf) stellte am 24.03.2011 für das Antragsjahr 2011 einen Mehrfachantrag-Flächen und beantragte ua die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie für das gegenständliche Jahr für die in den Beilagen "Flächenbogen" und "Flächennutzung" näher konkretisierten Flächen. Neben der Bewirtschaftung ihres Heimbetriebes war sie zudem Auftreiberin der XXXX (= P-Alm), BNr XXXX, für die von deren Bewirtschafterin ebenfalls ein Mehrfachantrag-Flächen gestellt wurde.
2. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA; = belangte Behörde) vom 30.12.2011, wurde der Bf für das Antragsjahr 2011 eine Einheitliche Betriebsprämie iHv € 3.004,53 gewährt. Die beantragte Fläche entsprach dabei - mit der Maßgabe, dass für Flächen die die Mindestschlagfläche nicht erreichen, keine Zahlung gewährt werden kann - der ermittelten. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben.
3. Am 17.07.2013 fand auf der P-Alm eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der auch betreffend das gegenständliche Antragsjahr Flächenabweichungen festgestellt wurden. Das Ergebnis dieser Vor-Ort-Kontrolle wurde der Bewirtschafterin der Alm mit Schreiben vom 19.11.2013, zum Parteiengehör übermittelt. Von der Bewirtschafterin der P-Alm, deren Obmann bei der Kontrolle anwesend war und Auskünfte erteilt hat, wurde zum Kontrollbericht keine Stellungnahme abgegeben.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28.08.2014, AZ XXXX, wurde der Bf für das Antragsjahr 2011 eine Einheitliche Betriebsprämie iHv nur noch € 2.584,14 gewährt und zugleich ein Betrag von € 420,39 zurückgefordert. Der neuerlichen Berechnung des Auszahlungsbetrages wurde dabei eine beantragte Fläche von 24,82 ha (davon 13,77 ha anteilige Almfläche) ein "Minimum Fläche/ZA" von 24,69 ha und eine ermittelte Fläche im Ausmaß von nur noch 23,61 ha (davon eine anteilige ermittelte Almfläche von 12,69 ha), zugrunde gelegt. Aufgrund der neuerlichen Berechnung und des Umstandes, dass weniger ermittelte Fläche zur Verfügung steht als das Minimum aus Fläche/Zahlungsanspruch, ergab sich eine Differenzfläche im Ausmaß von 1,08 ha. Da anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle vom 17.07.2013 Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt wurden, musste der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt werden und wurde über die Bf auch eine Flächensanktion verhängt.
5. Gegen diesen Abänderungsbescheid richtet sich die vorliegende rechtzeitig erhobene Beschwerde, welche am 01.09.2014 bei der belangten Behörde einlangte und von dieser mit Schriftsatz vom 18.03.2015 gemeinsam mit den dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt und nach anderweitiger gerichtsabteilungsmäßiger Vorzuständigkeit schließlich der hier erkennenden Gerichts-abteilung zugewiesen wurde.
Darin beantragt die Bf, den angefochtenen Bescheid in der Weise abzuändern, dass die Berechnung der Rückzahlung nach Maßgabe ihrer Beschwerdegründe erfolge und Kürzungen und Ausschlüsse ebenfalls nur nach Maßgabe ihrer Beschwerdegründe verhängt werden. Die Bf moniert die gesetzwidrige Beihilfenberechnung und begründet dies damit, dass für sie als Auftreiberin keine Umstände erkennbar gewesen seien, die sie an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm- oder Weidefutterfläche zweifeln lassen hätte können. Die gesetzlichen Regelung nach § 8i MOG sei im angefochtenem Bescheid nicht zu Grunde gelegt worden, weshalb diesem der Mangel der unrichtigen Sachverhaltsermittlung bzw der Mangel der unrichtigen rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes anhafte.
6. Aus dem Inhalt der Beschwerde ergab sich ua, dass die Bf sich gegen das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle vom 17.07.2013 auf der P-Alm für das Antragsjahr 2010 wendet. Aus diesem Grund wurde die Bf mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.2018 aufgefordert, unter genauer Bezugnahme auf die örtlichen Gegebenheiten der betroffenen Feldstücke bzw Schläge und unter Berücksichtigung der den Antragstellern online im eAMA-GIS zugänglichen Daten ihr Vorbringen dadurch zu konkretisieren, dass sie ausführt, warum und in welchem Umfang sie die Feststellungen der belangten Behörde im Rahmen der stattgefundenen Vor-Ort-Kontrollen für unrichtig halte.
7. Diese Aufforderung wurde der Bf nachweislich am 28.02.2018 zugestellt, blieb von ihr aber unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Bf war im Antragsjahr 2011 neben der Bewirtschaftung ihres Heimbetriebes auch Auftreiberin auf die P-Alm für die von deren Bewirtschafterin ebenfalls ein Mehrfachantrag-Flächen gestellt wurde.
1.2. Am 17.07.2013 fand auf der P-Alm eine Vor-Ort-Kontrolle statt, im Zuge derer Flächenabweichungen festgestellt wurden.
1.3. Mit dem angefochtenen Abänderungsbescheid vom 28.08.2014 wurde der Bf aufgrund des Ergebnisses der Vor-Ort-Kontrolle für das Antragsjahr 2011 eine Betriebsprämie in Höhe von € 2.584,14 gewährt und eine Rückforderung iHv € 420,39 ausgesprochen (davon € 262,86 Abzug Flächensanktion). Dabei wurde von einer beantragten Gesamtfläche von 24,82 ha (davon 13,77 ha Almfläche) ausgegangen, dies bei 24,78 vorhandenen flächenbezogenen Zahlungsansprüchen. Die ermittelte Gesamtfläche betrug 23,61 ha, die ermittelte Almfutterfläche betrug 12,69 ha. Es ergibt sich eine Differenzfläche von 1,08 ha. Anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle vom 17.07.2013 wurden Flächenabweichungen von über 3 % und bis höchstens 20 % festgestellt, weshalb der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche (= Abzug Flächensanktion) gekürzt wurde.
1.4. Es wird festgestellt, dass im Jahr 2011 die Almfutterfläche statt der beantragten 13,77 ha nur 12,69 ha betrug. Die beantragte Gesamtfläche betrug 24,82 ha, die ermittelte Gesamtfläche betrug 23,61 ha, was unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für beihilfefähige Flächen, die die Mindestschlagfläche von 0,10 ha nicht erfüllen keine Zahlung gewährt werden kann, eine Flächendifferenz von 1,08 ha für die Bf ergibt. Es wurden daher Flächenabweichungen von mehr als 3 % und bis höchstens 20 % festgestellt, weshalb auch eine Sanktion verhängt wurde. Der Beihilfebetrag wurde um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt.
Diese Flächenausmaße werden vom Bundesverwaltungsgericht, in Übereinstimmung mit der belangten Behörde, der Entscheidung zugrunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der Sachverhalt ergibt sich aus den der Bf zuzurechnenden Anträgen bzw Eingaben sowie aus jenen Teilen des Verwaltungsakts (einschließlich der unstrittig gebliebenen Teile des angefochtenen Bescheides), die der Bf vorgehalten wurden und nicht (bzw unsubstantiiert) bestritten wurden. Inhalt des Beschwerdevorbringens sind die Verschuldensfrage und die Richtigkeit des Ergebnisses der von der belangten Behörde vorgenommenen Vor-Ort-Kontrolle auf der P-Alm, wobei diese Bestreitung von der Bf - trotz nochmaliger Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht - jedoch weder in der Behauptung konkretisiert noch durch Vorlage entsprechender Belege substantiiert wurde, auch liegen keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte vor, die ausreichenden Grund für die Annahme böten, dass die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle unzutreffend wären, weshalb davon ausgegangen wird, dass das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle vom 17.07.2013 zutreffend ist.
2.2. Darüber hinaus wurden von der Bf auch keine ausreichend konkreten - über die in ihrer Beschwerde sehr pauschal und allgemein gehaltenen Ausführungen hinausgehenden - Anhaltspunkte ins Treffen geführt, warum im vorliegenden Fall von einem fehlenden Verschulden ihrerseits auszugehen sei.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zuständigkeit und Zulässigkeit
Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Entscheidung über die - rechtzeitig und auch sonst zulässig erhobene - Beschwerde zuständig. (Art 130 Abs 1 Z 1, Art 131 Abs 2 B-VG, § 6 MOG 2007, § 1 AMA-G). Die Entscheidung kommt dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu (§ 6 BVwGG).
3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen im Beschwerdefall
3.2.1. Die Art 19 Abs 1 sowie 33 bis 35 und 37 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 des Rates vom 19.01.2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr 1290/2005, (EG) Nr 247/2006, (EG) Nr 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr 1782/2003, ABl L 30 vom 31.01.2009, S. 16, (VO (EG) 73/2009), lauten auszugsweise:
"Artikel 19
Beihilfeanträge
(1) Jeder Betriebsinhaber muss für die Direktzahlungen jedes Jahr einen Antrag einreichen, der gegebenenfalls folgende Angaben enthält:
a) alle landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs und im Fall der Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 die Anzahl und den Standort der Ölbäume auf der Parzelle,
b) die für die Aktivierung gemeldeten Zahlungsansprüche,
c) alle sonstigen Angaben, die in dieser Verordnung oder von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgesehen sind.
Artikel 33
Zahlungsansprüche
(1) Betriebsinhaber können die Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn sie
a) Zahlungsansprüche besitzen, die sie gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 erhalten haben;
b) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung [...],
erhalten haben. [...].
Artikel 34
Aktivierung von Zahlungsansprüchen je beihilfefähige Hektarfläche
(1) Eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die Zahlung der darin festgesetzten Beträge.
(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Ausdruck "beihilfefähige Hektarfläche"
a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs und jede Fläche mit Niederwald mit Kurzumtrieb (KN-Code ex060290 41), die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird,
[...].
Artikel 35
Meldung der beihilfefähigen Hektarflächen
(1) Der Betriebsinhaber meldet die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen diese Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat für die Änderung des Beihilfeantrags festgesetzten Zeitpunkt liegen darf.
(2) Die Mitgliedstaaten können unter ordnungsgemäß begründeten Umständen den Betriebsinhaber ermächtigen, seine Anmeldung zu ändern, sofern er die seinen Zahlungsansprüchen und den Bedingungen für die Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie für die betreffende Fläche entsprechende Hektarzahl einhält.
Artikel 37
Mehrfachanträge
Für die beihilfefähige Hektarfläche, für die ein Antrag auf Zahlung der einheitlichen Betriebsprämie gestellt wurde, kann ein Antrag auf alle anderen Direktzahlungen sowie alle anderen nicht unter diese Verordnung fallenden Beihilfen gestellt werden, sofern in der vorliegenden Verordnung nichts anderes vorgesehen ist."
3.2.2. Die Art 2 Z 23, 12, 21, 25, 26, 55, 57, 58, 73 und 80 der Verordnung (EG) 1122/2009 der Kommission vom 30.11.2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr 73/2009 des Rates hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor, ABl L 2009/316, 65, (im Folgenden: VO (EG) 1122/2009) lauten wie folgt:
"Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Rahmen dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen von
Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009. Es gelten auch folgende Begriffsbestimmungen:
[...]
23. "ermittelte Fläche": Fläche, die allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt; im Rahmen der Betriebsprämienregelung ist die beantragte Fläche nur zusammen mit der entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen als ermittelte Fläche zu betrachten;
Artikel 12
Inhalt des Sammelantrags
(1) Der Sammelantrag muss alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere
a) die Identifizierung des Betriebsinhabers;
b) die betreffende(n) Beihilferegelung(en);
c) die Identifizierung der Zahlungsansprüche entsprechend dem Identifizierungs- und Registrierungssystem gemäß Artikel 7 im Rahmen der Betriebsprämienregelung;
d) die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs, ihre Fläche ausgedrückt in Hektar mit zwei Dezimalstellen, ihre Lage und gegebenenfalls ihre Nutzung mit dem Hinweis, ob die Parzelle bewässert wird;
e) eine Erklärung des Betriebsinhabers, dass er von den Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfen Kenntnis genommen hat.
(2) bis (5) [...]
Artikel 21
Berichtigung offensichtlicher Irrtümer
Unbeschadet der Artikel 11 bis 20 kann ein Beihilfeantrag nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt.
Artikel 25
Rücknahme von Beihilfeanträgen
(1) Ein Beihilfeantrag kann jederzeit schriftlich ganz oder teilweise zurückgenommen werden. [...]
(2) Hat die zuständige Behörde den Betriebsinhaber jedoch bereits auf Unregelmäßigkeiten im Beihilfeantrag hingewiesen oder ihn von ihrer Absicht unterrichtet, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, und werden bei dieser Kontrolle Unregelmäßigkeiten festgestellt, so können die von einer Unregelmäßigkeit betroffenen Teile des Beihilfeantrags nicht zurückgenommen werden.
(3) Rücknahmen nach Absatz 1 versetzen den Antragsteller wieder in die Situation, in der er sich vor Einreichung des betreffenden Beihilfeantrags oder -antragsteils befand.
Artikel 26
Allgemeine Grundsätze
(1) Die in dieser Verordnung geregelten Verwaltungskontrollen und Vor-Ort-Kontrollen werden so durchgeführt, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfen und die Anforderungen und Normen für die anderweitigen Verpflichtungen eingehalten wurden.
(2) [...]
Artikel 55
Nichtanmeldung aller Flächen
(1) Meldet ein Betriebsinhaber für ein bestimmtes Jahr nicht alle in Artikel 13 Absatz 8 genannten Flächen an und beträgt die Differenz zwischen der im Sammelantrag angemeldeten Gesamtfläche einerseits und der angemeldeten Fläche zuzüglich der Gesamtfläche der nicht angemeldeten Parzellen andererseits mehr als 3 % der angemeldeten Fläche, so wird der Gesamtbetrag der dem Betriebsinhaber für dasselbe Jahr zu zahlenden Direktzahlungen je nach Schwere des Versäumnisses um bis zu 3 % gekürzt.
(2) [...]
Artikel 57
Berechnungsgrundlage in Bezug auf die angemeldeten Flächen
(1) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angemeldeten Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angemeldete Fläche berücksichtigt.
(2) Bei einem Beihilfeantrag im Rahmen der Betriebsprämienregelung gilt Folgendes:
-
ergibt sich eine Abweichung zwischen den angemeldeten Zahlungsansprüchen und der angemeldeten Fläche, so wird für die Berechnung der Zahlung die niedrigere der beiden Größen zugrunde gelegt;
-
liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so werden die angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt.
(3) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen die im Sammelantrag angemeldete Fläche über der ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird die Beihilfe, unbeschadet der gemäß den Artikeln 58 und 60 vorzunehmenden Kürzungen und Ausschlüsse, auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.
Unbeschadet von Artikel 30 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 wird jedoch im Falle, dass die Differenz zwischen der ermittelten Gesamtfläche und der für Zahlungen im Rahmen von Beihilferegelungen gemäß den Titeln III, IV und V der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 angemeldeten Gesamtfläche 0,1 ha oder weniger beträgt, die ermittelte Fläche mit der angemeldeten Fläche gleichgesetzt. Für diese Berechnung werden nur Übererklärungen auf Kulturgruppenebene berücksichtigt.
Unterabsatz 2 gilt nicht, wenn diese Differenz mehr als 20 % der für Zahlungen angemeldeten Gesamtfläche beträgt.
Artikel 58
Kürzungen und Ausschlüsse in Fällen von zuviel angemeldeten Flächen
Liegt bei einer Kulturgruppe die angemeldete Fläche für die Zwecke der flächenbezogenen Beihilferegelungen über der gemäß Artikel 57 ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht.
Liegt die Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt. Beläuft sich die Differenz auf mehr als 50 %, so ist der Betriebsinhaber ein weiteres Mal bis zur Höhe des Betrags, der der Differenz zwischen der angemeldeten Fläche und der gemäß Artikel 57 der vorliegenden Verordnung ermittelten Fläche entspricht, von der Beihilfegewährung auszuschließen. Dieser Betrag wird gemäß Artikel 5b der Verordnung (EG) Nr. 885/2006 der Kommission verrechnet. Kann der Betrag im Verlauf der drei Kalenderjahre, die auf das Kalenderjahr der Feststellung folgen, nicht vollständig gemäß dem genannten Artikel verrechnet werden, so wird der Restbetrag annulliert.
Artikel 73
Ausnahmen von der Anwendung der Kürzungen und Ausschlüsse
(1) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.
(2) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung auf die betreffenden Teile des Beihilfeantrags, wenn der Betriebsinhaber die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, der Betriebsinhaber hat von der Absicht der zuständigen Behörde Kenntnis erlangt, bei ihm eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, oder die zuständige Behörde hat den Betriebsinhaber bereits über Unregelmäßigkeiten in Bezug auf den Beihilfeantrag unterrichtet. Die nach Unterabsatz 1 erfolgte Mitteilung des Betriebsinhabers führt zu einer Anpassung des Beihilfeantrags an die tatsächliche Situation.
Artikel 80
Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge
(1) Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 2 berechneten Zinsen verpflichtet.
(2) Die Zinsen werden für den Zeitraum zwischen der im Rückforderungsbescheid an den Begünstigten angegebenen Zahlungsfrist, die nicht mehr als 60 Tage betragen sollte, und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung bzw. des Abzuges berechnet. Der anzuwendende Zinssatz wird nach Maßgabe der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften festgesetzt, darf jedoch nicht niedriger sein als der bei der Rückforderung von Beträgen nach einzelstaatlichen Vorschriften geltende Zinssatz.
(3) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte. Bezieht sich der Irrtum auf Tatsachen, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist."
3.2.3. Die VO (EU) 2016/1393, mit der die Sanktionsbestimmungen des INVEKOS für eine Reihe flächenbezogener Beihilferegelungen gemildert wurden (vgl Art. 19a VO [EU] 640/2014]), gilt für Beihilfe-, Stützungs- und Zahlungsanträge, die sich auf die Antragsjahre oder Prämienzeiträume beziehen, die ab dem 01.01.2016 beginnen und kommt für den gegenständlichen Sachverhalt folglich nicht zur Anwendung. Auch das Günstigkeitsprinzip des Art 2 Abs 2 VO (EG, Euratom) 2988/95 kann nicht herangezogen werden. Bei späterer Änderung der in einer Gemeinschaftsregelung enthaltenen Bestimmungen über verwaltungsrechtliche Sanktionen gelten die im Sinne des Günstigkeitsprinzips weniger strengen Bestimmungen nämlich dann nicht rückwirkend, wenn die Neu-Regelung in einen anderen Regelungszusammenhang eingebettet ist (vgl EuGH vom 11.03.2008, Rs Jager, C-420/06, Rz 73). Ein neuer Regelungszusammenhang ergibt sich klar aus dem fortgeschrittenen Entwicklungsstand des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (7. Erwägungsgrund der VO [EU] 2016/1393) und der Wirksamkeit administrativer Gegenkontrollen mit Hilfe des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen (8. Erwägungsgrund der VO [EU] 2016/1393). Insbesondere wird nunmehr vom reinen Sanktionssystem abgegangen und soll unter jeweiliger Betrachtung auch des Folgejahres ein neues Anreizsystem begründet werden, damit korrekte Meldungen erstattet werden (8. Erwägungsgrund der VO [EU] 2016/1393).
3.2.4. § 8i Abs 1 Marktordnungsgesetz 2007, BGBI I Nr 55/2007 idF BGBI I Nr 47/2014 lautet:
"Regelung für Auftreiber auf gemeinschaftlich genutzte Futterflächen
§ 8i. (1) Betriebsinhabern, die auf gemeinschaftlich genutzte Almen und Weiden Tiere auftreiben, wird die beihilfefähige Fläche entsprechend dem Anteil der von ihnen jeweils aufgetriebenen Tiere zugerechnet. Gemäß Art. 73 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor, ABl. Nr. L 316 vom 30.11.2009 S. 1, finden Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung, wenn für den auftreibenden Betriebsinhaber keine Umstände erkennbar waren, die ihn an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm- oder Weidefutterflächen zweifeln lassen hätten können."
3.3. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde
3.3.1. Im vorliegenden Fall wurde für das Antragsjahr 2010 bei einer beantragten Gesamtfläche im Ausmaß von 24,56 ha (davon 13,51 ha Almfläche) eine ermittelte Gesamtfläche im Ausmaß von tatsächlich nur 23,37 ha (davon 12,45 ha Almfläche) der Beihilfenberechnung zugrunde gelegt und eine Differenzfläche von 1,06 ha bei der Bf festgestellt. Es wurden somit Flächenabweichungen von mehr als 3 % und bis höchstens 20 % festgestellt, weshalb zu Recht eine Flächensanktion verhängt wurde. Das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle ist, wie sich aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergibt, nicht zu beanstanden. Die Bf hat - auch nach nochmaliger Aufforderung durch das BVwG - nicht ausreichend dargelegt, auf Grund welcher Umstände das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle von der Behörde nicht hätte verwendet werden dürfen bzw dieses falsch sei. Die Bf trifft die Verantwortung für die Richtigkeit der von ihr beantragten Flächenausmaße (VwGH 09.09.2013, 2011/17/0216). Daran ändert auch nichts, dass der Antrag (betreffend die Almfutterflächen) nicht von der Bf selbst, sondern durch die Bewirtschafterin der P-Alm gestellt wurde, ist doch die Almbewirtschafterin Verwalterin und Prozessbevollmächtigte der Almauftreiberin und ist ua auch zur Antragstellung für die Auftreiberin bevollmächtigt. Ihre Handlungen sind daher der Bf zuzurechnen (VwGH 17.6.2009, 2008/17/0224).
Auch der Umstand, dass die Behörde zunächst die Flächenangaben der Bf ihrem Bescheid zu Grunde legte, steht einer Abänderung des entsprechenden Bescheides nach Feststellung der objektiven Ausmaße der beantragten Flächen und einer allfälligen Anwendung der in der VO (EG) 1122/2009 vorgesehenen Sanktionen nicht entgegen (VwGH 20.07.2011, 2007/17/0164).
3.3.2. Es ist in diesem Zusammenhang weiters darauf hinzuweisen, dass Art 58 VO (EU) 1306/2013 und ähnlich bisher Art 9 der VO (EG) 1290/2005 die Mitgliedstaaten verpflichten, im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen zu erlassen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere auch zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Dies wurde auch in Art 80 Abs 1 VO 1122/2009 festgelegt. Aus Vorgängerbestimmungen leitete der EuGH das unbedingte Gebot der Rückforderung von zu Unrecht gewährten Prämien, auch aus den Vorjahren, ab (EuGH 19.11.2002, Rs C-304/00 Strawson (Farms) Ltd und J.A. Gagg & Sons, Rn 64). Dies hat zur Folge, dass aktuelle Kontrollergebnisse nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Auch der VwGH hat zuletzt in seinem Erkenntnis vom 09.09.2013, 2011/17/0216, neuerlich ausgesprochen, dass die Verwaltungsbehörden insbesondere berechtigt und verpflichtet sind, die dem Unionsrecht entsprechenden Konsequenzen zu ziehen und die Bescheide, mit denen die Betriebsprämien in einer bestimmten Höhe (aber entgegen dem Unionsrecht) zuerkannt worden sind, abzuändern.
3.3.3. Durchbrochen wird dieses Gebot durch den in Art 80 Abs 3 VO 1122/2009 geregelten Grundsatz des Vertrauensschutzes und durch den Entfall der Rückforderung, wenn ein Behördenirrtum vorliegt, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte. Es liegt jedoch kein Behördenirrtum vor, weil fehlerhafte Flächenangaben in die Sphäre des Antragstellers fallen. Ausgehend von dem Grundsatz, dass den Antragsteller die Verantwortung für die Richtigkeit der von ihm beantragten Flächenausmaße trifft, ist es an ihm gelegen, in Zweifelsfällen die beihilfefähige Fläche selbst oder durch Beauftragte, allenfalls auch unter Beiziehung von Sachverständigen zu ermitteln. Dies ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 7.10.2013, 2013/17/0541). Dass die Bf dahingehende besondere Anstrengungen unternommen hat, wurde von ihr nicht belegt.
3.3.4. Wenn die Bf in ihrer Beschwerde nunmehr auf ihr mangelndes Verschulden - insbesondere aufgrund des Umstandes, dass sie lediglich Auftreiberin auf die P-Alm ist und unter Verweis auf die Bestimmung des § 8i MOG - aufmerksam machen will, gilt diesbezüglich Folgendes:
Dass ein Antragsteller für das Verhalten Dritter einzustehen habe, ist bereits in Art 7 der Verordnung (EG, Euratom) Nr 2988/95 zugrunde gelegt und gilt nicht nur für verwaltungsrechtliche Maßnahmen, sondern auch für Sanktionen (vgl. mit zahlreichen Verweisen auf die Rechtsprechung des EuGH Killmann/Glaser, Verordnung [EG, EURATOM] Nr. 2988/95 [2010], Kommentar zu Art 7). Allerdings finden nach Art 73 Abs 1 VO (EG) Nr 1122/209 die in Kapitel I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse (zu denen auch jene nach Art 58 der Verordnung gehören) dann keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.
Nach den oben angeführten Vorschriften der VO (EG) 73/2009 und 1122/2009 kann nur der Betriebsinhaber (der Almbewirtschafter) einen Beihilfeantrag stellen, wobei bei gemeinsamer Nutzung durch mehrere Betriebsinhaber die Flächen entsprechend deren Nutzungsrechten fiktiv aufgeteilt werden.
Der durch die MOG-Novelle BGBl I Nr 47/2014 eingefügte § 8i MOG 2007 enthält nun auch die explizite Regelung, dass Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung finden, wenn für den Auftreiber keine Umstände erkennbar waren, die ihn an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm- oder Weidefutterflächen zweifeln lassen hätten können. Im allgemeinen Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 142 Blg NR 25.GP, heißt es dazu: "In Umsetzung der im Arbeitsprogramm der Bundesregierung ebenfalls geforderten Vorlage einer Lösung für die Almproblematik wird eine gesetzliche Klarstellung betreffend die Rechtsstellung von Almauftreibern im Verfahren (innerhalb des EU-rechtlichen Rahmens) vorgenommen." In den Erläuterungen zu § 8i heißt es: "Abs 1 sieht neben der anteilsmäßigen Zurechnung von gemeinschaftlich genutzten Alm- und Weideflächen vor, dass für den bloßen Auftreiber im Fall abweichender Flächenangaben keine Kürzungen und Ausschlüsse ("Sanktionen") verhängt werden, wenn für den Auftreiber keine Umstände erkennbar waren, die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Almobmanns/Antragstellers der gemeinschaftlich genutzten Almflächen geweckt hätten. Derartige Angaben sind weiterhin durch entsprechendes Vorbringen des Auftreibers zu belegen, um in Art 73 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 1122/2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr 73/2009 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor, ABl Nr L 316 vom 30.11.2009 S 1, Deckung zu haben. Da diese Vorgangsweise eine weitgehende Auslegung des Art 73 Abs 1 darstellt, ist eine Regelung auf gesetzlicher Basis vorgesehen."
3.3.5. Wie diese Materialien belegen, war dem Gesetzgeber bewusst, dass der Wortlaut des § 8i MOG 2007 eine weite Auslegung des Art 73 Abs 1 VO (EG) 1122/2009 darstellt. Es ist daher fraglich, ob diese Vorschrift unionsrechtskonform ist und vom Bundesverwaltungsgericht angewendet werden darf.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur deren Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. das Urteil vom 13.12.2012, Rs C-11/12 mit weiteren Nachweisen). Hierbei ist unter verschiedenen möglichen Auslegungen diejenige zu wählen, die die praktische Wirksamkeit der Bestimmung zu wahren geeignet ist (vgl etwa EuGH 19.11.2002, Rs C-304/00 Schilling und Nehring, Rz 24).
In Erwägungsgrund 75 zur VO (EG) 1122/2009 wird ausgeführt, dass Kürzungen und Ausschlüsse unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und im Fall der Beihilfevoraussetzungen unter Berücksichtigung bestimmter Probleme infolge höherer Gewalt sowie außergewöhnlicher oder natürlicher Umstände festgelegt werden sollten.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, verlangt, dass die von einer Bestimmung des Unionsrechts eingesetzten Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet sind und nicht über das dazu Erforderliche hinausgehen (EuGH 13.12.2012, Rs C-11/12 mit weiteren Nachweisen). Das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem für Beihilfen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik beruht auf der Mitwirkung und Mitverantwortung des Antragstellers, der mit seinem Antrag bestätigt, dass dieser den Beihilfevoraussetzungen entspricht. Ein wirksames Verfahren setzt voraus, dass die vom Beihilfeantragsteller beizubringenden Informationen von vornherein vollständig und richtig sind, so dass sein Antrag ordnungsgemäß ist und er Sanktionen vermeidet (EuGH 19.11.2002, Rs C-304/00 Schilling und Nehring, Rz 34).
Da der Antragsteller gem Art 80 Abs 1 VO (EG) 1122/2009 jedenfalls verpflichtet ist, den zu Unrecht erhaltenen Beihilfebetrag zurückzuzahlen, dienen die in Art 58 vorgesehenen Sanktionen in erster Linie dem Zweck der Betrugsprävention. Wenn ein Auftreiber allerdings auf derartigen Betrug keinen oder nur sehr begrenzten Einfluss hat, so widerspräche es dem Zweck dieser Norm, sie in diesen Fällen anzuwenden.
Daraus kann geschlossen werden, dass § 8i MOG 2007 dem Unionsrecht nicht widerspricht, wenn er festlegt, dass keine Sanktionen zu verhängen sind, wenn für den Auftreiber keine Umstände erkennbar waren, die ihn an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm- oder Weidefutterflächen zweifeln lassen hätten können. Allerdings ist diese Gesetzesbestimmung derart auszulegen, dass die Wirksamkeit des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems nicht gefährdet ist. Es muss gewährleistet sein, dass die Almauftreiber als diejenigen, die die Beihilfe beziehen, nicht pauschal aus ihrer Verantwortung für die Richtigkeit des Antrags entlassen werden. Gemäß Art 73 Abs 1 VO (EG) 1122/2009 hat der Beihilfeempfänger im Einzelfall zu belegen, dass ihn kein Verschulden trifft, um Sanktionen zu vermeiden.
3.3.6. Die bloße Erklärung, sie habe auf die Angaben der Almbewirtschafterin vertraut und es seien keine Umstände erkennbar gewesen, die sie an der Zuverlässigkeit der Bewirtschafterin der P-Alm zweifeln lassen hätten können - wie sie aufgrund eines immer gleichen Vordruckes in vielen Verfahren zu beobachten sind - reicht als Beleg für die Erfüllung des Tatbestandes des § 8i Abs 1 MOG 2007 nicht aus. Es müssen weitere Umstände hinzutreten, die von der Bf als Auftreiberin zu belegen sind. Dafür, dass die Bf (abgesehen von der pauschalen Behauptung in ihrer Beschwerde) versucht hätte, darzulegen, dass sie an einer fehlerhaften Beantragung kein Verschulden trifft, finden sich keine Anhaltspunkte im Akt. Hinzukommt, dass der Bf mit Schreiben des BVwG - erneut - die Möglichkeit gegeben wurde, eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben. Diese Möglichkeit ließ die Bf jedoch ungenützt verstreichen. Weshalb im vorliegenden Fall davon auszugehen ist, dass die Bf an der fehlerhaften Beantragung ein Verschulden trifft und von der belangten Behörde zu Recht eine Flächensanktion verhängt wurde.
Die Entscheidung der belangten Behörde erfolgte somit zu Recht.
3.4. Zur Entfall der mündlichen Verhandlung
Nach § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil das Gericht einen Sachverhalt zugrunde legen konnte, der mit dem Vorbringen des Beschwerde-führers in Einklang ist (der Sachverhalt, soweit relevant, also unstrittig ist) und das Vorbringen im Übrigen (zum Verschulden) nicht relevant ist. Das Gericht konnte so aufgrund der Akten und des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art 6 Abs 1 MRK oder Art 47 GRC bedeutet hätte; eine Rechtsfrage, die für sich genommen einer Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, wurde nicht aufgezeigt (VwGH 20.3.2014, 2013/07/0146, 17.02.2015, Ra 2015/09/0007). Aus den Gesetzesmaterialien zur geltenden Fassung des § 24 VwGVG (BGBl I 24/2017) ergibt sich im Übrigen, dass eine mündliche Verhandlung, soweit sie ausschließlich der Klärung der Rechtsfrage dienen würde, nicht geboten sei (vgl RV 1255 BlgNR 25. GP, 5).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegend zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Zu vergleichbaren Konstellationen, insbesondere im Zusammenhang mit Rückforderungsverpflichtungen im Fall der Feststellung von Flächenabweichungen anlässlich einer stattgefundenen Vor-Ort-Kontrolle sei auf die genannte Rechtsprechung des VwGH zu verweisen.
Schlagworte
beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit, Berechnung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W131.2103610.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.04.2018