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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr.Lenhart, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Jörg Baumgärtel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Juni 1999, Zl. MA 65 - 8/183/99, betreffend Aussetzung des Verfahrens in Angelegenheit Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 38 AVG das bei der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, gegen den Beschwerdeführer anhängige Verfahren betreffend Entziehung der Lenkberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in einem bereits anhängigen, näher bezeichneten Verwaltungsstrafverfahren der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Meidling, wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1a StVO 1960 ausgesetzt.
In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, im Verwaltungsstrafverfahren werde als Hauptfrage entschieden, ob der Beschwerdeführer die ihm angelastete Übertretung begangen habe. Bei der zu treffenden Ermessensentscheidung sei von Bedeutung, dass die selbständige Beurteilung der Vorfrage durch die Kraftfahrbehörde zu Doppelgeleisigkeiten im Ermittlungsverfahren führe. Außerdem seien divergierende Entscheidungen möglich mit der Notwendigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG. Da die Kraftfahrbehörde zur selbständigen Beurteilung der Vorfrage noch nicht in der Lage gewesen sei und die Voraussetzungen für die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG vorlägen, sei das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsstrafverfahrens auszusetzen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 16. Oktober 1999, B 1266/99-6, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer geltend, er habe ein eminentes Interesse daran, innerhalb "einer schicklichen Zeit" eine Entscheidung zu erhalten. Die Pflicht zur Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist sei den Verwaltungsverfahrensgesetzen immanent, weil bei Nichtentscheidung innerhalb von sechs Monaten die Möglichkeit eines Devolutionsantrages bestehe.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Auffassung der belangten Behörde steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der in einer Konstellation wie der vorliegenden die Aussetzung des Entziehungsverfahrens bis zum Abschluss des betreffenden Verwaltungsstrafverfahrens zulässig ist (siehe dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1991, Zl. 91/11/0094, vom 7. April 1992, Zl. 91/11/0152, und vom 26. März 1998, Zl. 97/11/0323, jeweils mwN). Der in der zitierten Rechtsprechung genannte und auch im angefochtenen Bescheid erwähnte Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie steht auch im vorliegenden Fall im Vordergrund, weil es unzweckmäßig ist, dass die Kraftfahrbehörde parallel neben der Verwaltungsstrafbehörde ein Ermittlungsverfahren führt. Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie könnte dann nicht als vorrangig angesehen werden, wenn die Kraftfahrbehörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren zur selbständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage gewesen wäre. Dass ein Ermittlungsverfahren gar nicht notwendig gewesen wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht und ist auch aufgrund der Aktenlage nicht erkennbar.
Aus der vom Beschwerdeführer in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gestellten Entscheidungspflicht der Behörde innerhalb von sechs Monaten (§ 73 Abs. 1 AVG) - diese Frist beträgt im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung zufolge § 29 Abs. 1 FSG sogar nur drei Monate - ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Weder die im § 73 Abs. 1 AVG genannte Entscheidungsfrist von sechs Monaten noch gesetzlich angeordnete kürzere Entscheidungsfristen ändern etwas an der Berechtigung der Behörde, das Verfahren gemäß § 38 AVG auszusetzen (siehe auch dazu das zuvor zitierte Erkenntnis vom 26. März 1998, ferner die hg. Erkenntnisse vom 1. Oktober 1996, Zl. 96/11/0233, und vom 25. August 1998, Zl. 97/11/0391, mwN). Ist die Behörde gemäß § 38 AVG berechtigt, die Entscheidung einer Vorfrage abzuwarten, ist ein allfälliger Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG abzuweisen (siehe auch dazu das zuvor zitierte Erkenntnis vom 25. August 1998, mwN).
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 11. April 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999110349.X00Im RIS seit
20.11.2000