TE Bvwg Beschluss 2018/3/21 W262 2169165-1

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Veröffentlicht am 21.03.2018
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Entscheidungsdatum

21.03.2018

Norm

BEinstG §14
BEinstG §2
BEinstG §3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W262 2169165-1/13E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 19.07.2017, OB XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten beschlossen:

A) Das Beschwerdeverfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde

gemäß § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer beantragte am 02.03.2017 die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2 und 14 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) und legte ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vor.

2. In der Folge wurde seitens des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet) ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.05.2017 erstatteten - Gutachten vom 13.07.2017 wurde die Funktionseinschränkung (degenerative Wirbelsäulenveränderungen) der Leidensposition zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.07.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß §§ 2 und 14 Abs. 1 und 2 BEinstG abgewiesen (erster Satz des Spruches) und festgestellt, dass der Grad der Behinderung "30 vom Hundert" beträgt (zweiter Satz des Spruches). Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf die für die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten geltende Voraussetzung eines Gesamtgrades der Behinderung von 50 v.H. und darauf, dass ein solcher Gesamtgrad im Ermittlungsverfahren nicht habe festgestellt werden können. Als Beilage zum Bescheid übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine Kopie des dem Bescheid zugrunde gelegten medizinischen Sachverständigengutachtens vom 13.07.2017.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch die THUM WEINREICH SCHWARZ CHYBA REITER Rechtsanwälte OG, am 22.08.2017 fristgerecht Beschwerde und legte weitere Befunde vor.

5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 29.08.2017 vorgelegt.

6. In weiterer Folge wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie eingeholt. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstatteten Gutachten vom 01.12.2017 wurde mit näherer Begründung nach der Einschätzungsverordnung gleichbleibend ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt.

7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.01.2018 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen drei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

8. Mit Schreiben vom 29.01.2018 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er das Gutachten akzeptiere und eine Weiterführung der Angelegenheit nicht beabsichtige. Weiters wurde die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekanntgegeben.

9. Über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes teilte der Beschwerdeführer am 07.02.2018 ausdrücklich mit, dass er die Beschwerde zurückziehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Eingaben vom 29.01.2018 und vom 07.02.2017 zog der Beschwerdeführer seine Beschwerde zurück.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerde zurückgezogen hat, ergibt sich aus dem Inhalt der Email vom 07.02.2018 und der schriftlichen Eingabe vom 29.01.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus Art. 131 Abs. 2 B-VG, § 14 Abs. 2 iVm § 19b Abs. 1 BEinstG und § 7 BVwGG.

Zu A) Einstellung des Verfahrens:

3.3. Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).

Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. z.B. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).

Eine solche eindeutige Erklärung lag vor, da der Beschwerdeführer die Zurückziehung - wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde - mit seinen Eingaben vom 29.01.2018 und vom 07.02.2018 eindeutig zum Ausdruck gebracht hat.

In welchen Fällen "das Verfahren einzustellen" ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Der angefochtene Bescheid ist aufgrund der vom Beschwerdeführer erklärten Zurückziehung der Beschwerde rechtskräftig geworden. Damit ist einer Sachentscheidung insoweit die Grundlage entzogen, weshalb mit Beschluss die Einstellung des betreffenden Beschwerdeverfahrens auszusprechen war.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde ist ihrem Wesen nach mit einer Zurückweisung vergleichbar. Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.

Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde und deren ausdrücklichen Zurückziehung hinreichend geklärt ist. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH). Diese Judikatur ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch auf Fälle übertragbar, in denen ein Erledigungsanspruch (erst) nach Beschwerdeeinbringung verloren geht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zur Einstellung bei Zurückziehung etwa VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320; 29.04.2015, Fr 2014/20/0047). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung, Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W262.2169165.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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